KVP – eine Frage der Ebenen

Ebene

Respekt für den Menschen bedeutet nicht, alle Menschen gleich zu behandeln. Auch im Lean Manage­ment und dem zugehörigen Konti­nuier­lichen Verbes­serungs­prozess sind nicht alle Menschen gleich. Eine beson­dere Rolle nehmen die KVP-Modera­toren und Führungs­kräfte ein. Die bewusste und gezielte Auswahl der Modera­toren und auch der Führungs­kräfte im weiteren Sinn ist ein zentraler Erfolgs­faktor des Toyota Way und aller auf ihm beruhenden Konzepte. Durch die NLP-Brille können dazu die Logischen Ebenen heran­gezogen werden, wie sie Robert Dilts Mitte der 80er-Jahre in NLP eingeführt hat.

Logische Ebenen sind hierar­chisch angeordnete Stufen des Denkens, die in wechsel­seitiger Beein­flussung stehen. Eine bestimmte Ebene struktu­riert die Informa­tionen der darunter­liegenden Ebenen. Mit den logi­schen Ebenen wird auch beschrieben, wo Verände­rungs­arbeit am zweck­mäßig­sten angesetzt wird. Verände­rungen auf einer Ebene ziehen dadurch auch Verände­rungen auf den darunter­liegenden Ebenen nach sich. Sie können, müssen aber nicht, die darüber­liegenden Ebenen verändern. Die Form der Verände­rungs­arbeit auf den verschie­denen Ebenen ist unter­schied­lich.

Logische Ebenen

  • VI – Vision & Mission
  •  V – Identität
  • IV – Werte, Glaubenssätze, Filter, Meta-Programme
  • III – Fähigkeiten
  •  II – Verhalten
  •  I  – Kontext

Höherliegende Ebenen steuern die darunter­liegenden Ebenen, daher werden Verände­rungen in einer Ebene am besten in der darüber­liegenden Ebene erreicht. Gleichzeitig können auch Verände­rungen auf einer Ebene die höheren Ebenen beein­flussen. Glaubens­sätze (IV) über Fähig­keiten (III) beeinflussen das Verhalten (II), und umge­kehrt beein­flusst Übung auf der Verhal­tens­ebene die Fähig­keiten und die damit erlebten Glaubens­sätze. Idealer­weise berück­sichtigen also Verände­rungs­bestre­bungen immer alle Ebenen.

Ebene I – Kontext

Alles was ist (Ereignisse, Handlungen usw.), findet in einem spezi­fischen Kontext / Umfeld statt. Dies ist die Umwelt, die Umge­bung, in der sich eine Person befindet. Dieses Umfeld hat sowohl zeit­liche als auch räum­liche Aspekte, die sinn­lich erfahr­bar sind. Die zugrunde­liegende Frage­stellung ist nach dem „Wo?“.

Bezogen auf den KVP sind folgende Punkte wichtig:

  • Verbesserung findet immer vor Ort statt (japan.: Gemba), im Wertstrom bei der Wert­schöpfung bzw. den Verschwen­dungen
  • Alle Bereiche, d.h. alle Geschäfts­prozesse sind verbes­serungs­fähig: Produk­tion, Entwick­lung, Vertrieb, Einkauf, Kunden­dienst, um nur ein paar zu nennen.
  • Fokussierung auf die Kunden (extern und intern).

Ebene II – Verhalten

In dieser Ebene geht es um das Verhalten von Menschen, um deren von außen (mit den Sinnen) beobacht­bare Hand­lungen, Aktionen/Reaktionen. Dazu gehört auch die Wortwahl, Gestik, Mimik, Motorik, Atmung. Die Fragestellung ist „Was?“ bzw. „Was genau?“ und wird in Sätzen ohne Hilfs­verben bzw. mit den Hilfs­verben „machen“ und „tun“ beschrieben.

Im Lean Management sind bestimmte Verhaltensformen entscheidend:

  • Qualitätsorien­tierte und konse­quente Einhaltung von Standards in den Prozessen, wie auch auf der Meta-Ebene im Verbes­serungs­prozess
  • Kontinuier­liche Verbesserung aus der Sicht der internen und externen Kunden
  • Maximale Delega­tion der Verbesse­rungs­arbeit auf die unterste mögliche Ebene. Dies kommt beispiels­weise dadurch zum Ausdruck, dass der Mitar­beiter am Band dieses stoppen kann (Stichwort „Andon“).
  • Die Produktion (auch im über­tragenen Sinn) orientiert sich am Bedarf.

Ebene III – Fähigkeiten

Auf der Ebene der Fähigkeiten sind das erste Mal äußerlich nicht erkenn­bare (d.h. nicht ohne Mit­wirkung des Beobach­teten), innere Prozesse im Spiel. Fähig­keiten sind kognitive (Denken) und emotionale Prozesse (Fühlen), die eine Person durch­läuft, damit ein bestimmtes Verhalten möglich wird. Beschrieben werden Fähig­keiten durch das Hilfsverb „können“ und „haben“, letzteres zusammen mit Nomina­lisie­rungen (z.B. Mut, Angst, Kenntnisse und eben Fähigkeiten). Die zugehörige Frage­stellung ist das „Wie?“.

Bezogen auf Lean Moderatoren kommen die Fähigkeiten zum Ausdruck

  • durch ein ausgewogenes Verhältnis von Prozess- und Ergebnis­orien­tierung
  • die Zusammenarbeit in Teams (innerhalb der Prozesse und der Verbes­serung)
  • die intensive und zielge­richtete Kommuni­kation mit allen Betei­ligten
  • Mitarbeiter­orientierte Führung und Weiter­bildung

Die Fähigkeiten der Betei­ligten und die optimale Nutzung im Rahmen der Prozesse machen einen großen Anteil am Erfolg und Ergebnis aus. Es liegt in der Verant­wortung des Mode­rators oder des Prozess­eigen­tümers, zwischen Fähig­keiten und Bereit­schaft der Betei­ligten zu diffe­renzieren und die unter­schied­lichen Defizite geeignet anzu­gehen. Durch unter­schied­liche Reifegrade der Beteiligten kann es zu Entwick­lungs­konflikten zwischen Mitar­beitern unterei­nander, zwischen Mitar­beitern und Vorge­setzten und zwischen den Betei­ligten und dem Mode­rator kommen.

Fähigkeiten einer Person können teil­weise an ihrem Verhalten fest­gemacht werden. Darüber hinaus ist die Kommuni­kation ein zentrales Mittel, um durch die Äuße­rungen Rück­schlüsse auf die inneren Prozesse zu ermög­lichen und damit Fähig­keiten einzu­schätzen.

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

– Albert Einstein

Ebene IV – Werte, Glaubens­sätze, Filter, Meta-Programme

Auf der Ebene der Werte, Glaubens­sätze, Filter und Meta-Programme werden die Fähig­keiten gesteuert, die Menschen einsetzen. Schluss­endlich wird dadurch auch das Verhalten beein­flusst. Die Steue­rung in dieser Ebene geschieht zu einem sehr großen Teil unbewusst. Vorhandene Fähig­keiten eines Menschen kommen nur zum Einsatz, wenn seine Werte und Glaubens­sätze dies zulassen.

Die genannten Mechanismen der Ebene IV beein­flussen die unbewusste Wahr­nehmung eines Menschen, noch bevor er sich dessen bewusst wird.

Ebenso wie Werte haben auch die Glaubens­sätze und resul­tierende Glaubens­systeme tiefgrei­fenden Einfluss auf die Hand­lungen und Fähig­keiten der Betei­ligten. Sie bilden Entschei­dungs­kriterien und Maß­stäbe, Überzeu­gungen, Leit­ideen und letztlich die Moti­vatoren.

Zur Erkennung von Werten, Glaubens­sätzen, Filter, und Meta-Programmen können Fragen gestellt werden wie „Wofür?“, „Was ist wichtig?“, „Warum?“, „Worauf achtest Du?“, „Was bringt es Ihnen?“ In der betref­fenden Kommuni­kation werden Hilfs­verben verwendet wie „wollen“, „müssen“, „sollen“, „dürfen“, „mögen”.

Zentrale Glaubenssätze und Werte im Lean Management sind:

  • Menschen (nicht nur Mitarbeiter) und der Respekt für sie stehen mit an oberster Stelle – jeder Mitar­beiter ist wichtig, immer. Bei Toyota kommt dies in der schon genannten Aussage zum Ausdruck: „Wir entwickeln keine Autos. Wir entwickeln Menschen, die Autos bauen.“
  • Qualität kommt vor Gewinn
  • Alles kann verbessert werden, Verbes­serung endet nie
  • Verbesserungen können ständig statt­finden („daily kaizen“)
  • Ziele werden nur gemeinsam erreicht (Ziel­ent­fal­tungs­prozess „hoshin kanri“), über alle Ebenen

Ebene V – Identität

Natürlich haben alle Beteiligten ein mehr oder weniger bewusstes Verständnis für die Identität ihrer Person. Im Unter­nehmen und damit in den dort ablaufenden Prozessen mit entste­henden Verände­rungen nehmen die Rollen der Betei­ligten entschei­denden Platz ein. Nicht-Berück­sichtigung dieser Rollen kann sehr schnell und heftig zu Macht­konflikten führen, speziell bei und mit betei­ligten Führungs­kräften, deren Einfluss und Selbst­ver­ständnis von Prozessen und resul­tierenden Verände­rungen betroffen sind. Diese Kon­flikte können durch die verfügbare Macht entschei­denden Einfluss auf Erfolg und Ergebnisse der Verände­rungen haben. Dabei müssen auch informelle Führungs­persönlich­keiten mit ihrer Identität berück­sichtigt werden.

Fragestellungen zur Erkundung der Identität sind „Wer bist Du?“ oder Vergleichs­fragen nach „Wie wer?“. Die Antwort und Aussagen sind dann oft mit dem Hilfsverb „sein“ verbunden.

Identitätsaspekte manifestieren sich im Selbst­verständnis eines Unter­nehmens und in den kultu­rellen Leit­bildern, die dort gelebt werden. Nach­haltig erfolg­reiche Unter­nehmen und deren Mitar­beiter leben diese Aspekte täglich.

Ebene VI – Vision & Mission

Diese Ebene geht weit über die einzelne Person hinaus und umfasst mindestens das gesamte Unter­nehmen, in der Regel auch die Einbindung in die Gesell­schaft, die Volks­wirt­schaft bis hin zur Welt­wirt­schaft bzw. Mensch­heits­aspekte.

Auf dieser Ebene gilt es vor allem zu berück­sichtigen, inwieweit die Betei­ligten sich als Teil des Unter­nehmens verstehen oder sich im anderen Extrem­fall bereits in der inneren Kündi­gung befinden. Unter diesen Aspekten muss auch auf dieser Ebene wie den Ebenen darunter der Einfluss einzelner Betei­ligter (Meinungs­führer) auf andere berück­sichtigt werden.

Hier geht es um die „großen Fragen“ im Leben: „Warum leben wir?“, „Warum sind wir hier?“, „Was ist der Sinn des Lebens?“.

Aus diesem Grund wird diese Ebene hier auch eher knapp behandelt, da der Fokus weit über Prozesse und das Unter­nehmen hinausgeht. Die Mitarbeiter sind das höchste Gut des Unter­nehmens. Darüber hinaus trägt das Unter­nehmen auch soziale und ökologische Verant­wortung (Stichwort Corporate Social Responsibility).

Die Logischen Ebenen lassen sich auf Menschen, aber auch auf Organi­sation bzw. im allge­meinen auf Systeme anwenden. Sie erzeugen mehr Verständnis für Verhalten bei Verände­rungen und tief­liegende kultu­relle Prägungen.

Frage: Was sind die Ausprä­gungen Ihrer eigenen Logischen Ebenen, primär im beruf­lichen, aber auch im privaten Kontext? Welchen Unter­schiede aber auch ähnlichen Ausprä­gungen bestehen zwischen dem beruf­lichen und dem privaten Kontext? Welcher Einfluss entsteht dadurch zwischen den beiden Lebens­bereichen? Wie schätzen Sie Mitarbeiter, Kollegen, Vorgesetzte im Bezug auf deren Logische Ebenen ein?

Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.

Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.