Lücken treten im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess an verschiedenen Stellen auf. Von Ausnahmen abgesehen, sind Lücken auch positiv und an einigen Stellen sogar zwingend notwendig, um den KVP überhaupt am Laufen zu halten. Der Umgang mit Lücken ist ähnlich wie der Umgang mit Fehlern ein wichtiger Teil der Kultur in einer Organisation, d.h. auch in Unternehmen.
Die Lücke zwischen dem Ist-Zustand und dem Ziel-Zustand ist die wichtigste Lücke im KVP. Wenn es diese Lücke nicht gibt, kann es auch zu keiner Verbesserung mehr kommen, weil jeglicher Antrieb durch die Unzufriedenheit mit dieser Situation verloren geht. Es ist Teil der Führungsverantwortung, diese Lücke so zu definieren, dass der angesprochene Antrieb zur Veränderung existiert bzw. geschaffen wird.
Das Fehlen dieser Lücke kann auf mehrere Arten entstehen.
Erstens: Der Ziel-Zustand ist zu dicht am Ist-Zustand und wird deshalb als vermeintlich schon erreicht angenommen. Die Führungsverantwortung besteht nun entweder darin, die Existenz der Lücke zu verdeutlichen oder den Ziel-Zustand zu verschieben.
Zweitens: Der Ist-Zustand wird vermeintlich schon am Ziel-Zustand gesehen. Hier ist es dann ebenfalls Teil der Führungsverantwortung die Überschätzung des Ist-Zustands darzulegen oder wiederum den Ziel-Zustand weiter zu schieben.
Diese beiden Fällen mögen jetzt auf den ersten Blick identisch erscheint, es besteht aber ein feiner Unterschied: Im ersten Fall wird stärker der Ziel-Zustand hinterfragt, während im zweiten Fall der Ist-Zustand im Fokus steht. Dementsprechend unterschiedlich fallen auch die oben angedeuteten Reaktionen aus. Im ersten Fall ist es eine stärker direktive Form (Verschiebung des Ziel-Zustands), während es im zweiten Fall eine stärker hinterfragende Form ist (Klärung des Ist-Zustands). Deshalb sind dann auch unterschiedliche Kompetenzen in der Führung gefragt.
– KarlHeinz Karius
Vergleichbare Aspekte sind gültig für die Lücke zwischen dem Ziel-Zustand und der übergeordneten Vision. Dort sind allerdings noch stärker die definierenden Kompetenzen gefragt, die aufgrund des visionären Blickwinkels auch deutlich mehr unternehmerische als Management-Anteile haben.
Weitere Lücken sind mit den oben beschriebenen eng verwandt, beziehen sich allerdings vorallem auf das Wissen über mögliche Lösungen. Wenn es keine Wissenlücke auf einem möglichen Weg vom Ist- zum Ziel-Zustand gibt, ist dies ebenfalls ein deutliches Indiz dafür, dass der Ziel-Zustand zu wenig anspruchsvoll gewählt wurde. Das bezieht sich auch auf den Weg an sich. Dieser muss durch anfänglich unbekanntes Terrain führen.
Natürlich dürfen die Lücken auch nicht zu groß werden, damit sie noch in kleinen Schritten im KVP geschlossen werden können. Dies ist auch der Grund, warum die Vision nicht direkt angestrebt wird (die so oder so gar nicht erreichbar sein sollte), sondern nur der nächste Ziel-Zustand.
So weit erstmal die gewünschten Lücken, bei denen es trotzdem das grundsätzliche Bestreben gibt, sie zu schließen. Es gibt jedoch auch Bereiche, bei denen danach gestrebt wird, Lücken zu schaffen bzw. diese zu vergrößern. Dies ist dort der Fall, wo es um die Differenzierung gegenüber Wettbewerbern geht. Ohne die Verbesserungen durch den KVP schließen sich die Vorsprünge vor Wettbewerbern oder ein Unternehmen gerät selbst ins Hintertreffen (das könnte man dann eine negative Lücke).
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