KVP – eine Frage der (Un-) Zufriedenheit

Unzufriedenheit

Bei der Frage der Frage der (Un-)Zufriedenheit im Konti­nuierlichen Ver­besse­rungs­pro­zess steht die Frage nach dem An­trieb und der Behar­rung im Hintergrund. Es geht also auch um die Moti­vation zur Verän­derung und was ihr entgegensteht. Beim Antrieb und der Moti­vation stehen zwei grund­sätz­liche Faktoren im Raum, ebenso wie bei der Behar­rung und dem Wider­stand. Alle vier Fak­toren müssen betrach­tet werden, wenn es um eine Vor­her­sage geht, ob es zu einer Verän­derung kommt oder nicht. Gleich­zeitig lässt sich die Beur­teilung dieser vier Faktoren noch weiter ein­dampfen, damit der Prozess der Verän­derung überhaupt in Gang kommt.

So, genug um den heißen Brei geredet, hier sind die vier Faktoren:

  • Welche Aspekte der aktuellen Situation sind unerwünscht?
  • Welche Aspekte der aktuellen Situation sind erwünscht?
  • Welche Aspekte der zukünftigen Situation sind erwünscht?
  • Welche Aspekte der zukünftigen Situation sind unerwünscht?

Nur wenn aus diesen Fak­toren eine positive „Summe“ entsteht (ich weiß, dass die gemein­same Verwen­dung von Faktor und Summe mathe­matisch nicht korrekt ist ;-) kommt es zu einer Verän­derung. Dabei ist es wichtig, alle Fak­toren zu berück­sich­tigt, da sie alle wirk­sam sind. Es bringt also nichts, wenn bspw. nur das posi­tive Bild einer neuen Zukunft gezeich­net wird, aber die nega­tiven Aspekte dieser Situa­tion oder die Behar­rungs­kräfte in der aktuellen Situa­tion vernach­lässigt werden.

Wichtig dabei ist auch, dass die posi­tiven Aspek­te der zukünf­tigen Situa­tion oft nur durch die nega­tiven Aspek­te der aktuel­len Situa­tion wirk­lich sicht­bar werden. Die Moti­vation tritt also nur durch die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situa­tion zutage. Nur durch diese beiden Punkte kann eine Rich­tung ent­stehen. Die Größe des An­triebs ist dabei bedingt durch die oben genannte Summe der Einzel­fak­toren. Ohne Kenntnis der nega­tiven Aspekte (nicht not­wendi­ger­weise in eigenem Er­leben aber zumin­dest in der Wahr­nehmung) kann in meinem Welt­bild kein Wunsch nach Verän­derung und damit Ver­besse­rung ent­stehen.

Deshalb bringt der aus­schließ­liche Fokus auf eine Ziel­situa­tion (Hin-zu-Motivation) alleine auch nicht die gewün­schten Er­geb­nisse. Die bewusste Wahr­nehmung einer ungewün­schten Situa­tion mit der Weg-von-Motivation ist genau­genom­men sogar die Vor­aus­setzung für alle fol­genden Aspekte. Das kommt auch sehr schön in folgendem Zitat zum Ausdruck:

„Fortschritt ist das Werk der Unzufriedenheit.“ – Jean-Paul Satre

Im Konti­nuier­lichen Ver­besse­rungs­pro­zess kommt diese Ein­stel­lung dadurch zum Aus­druck, dass das Voran­nahme besteht, dass eine Situation immer (= konti­nuier­lich) verbes­sert werden kann. Im japa­nischen Begriff Kaizen = Verän­derung zum Besse­ren wird das noch deut­licher. Es heißt dort nicht „Ver­besse­rung zum Guten“ (da fehlt der Kon­trast, speziell wenn eine Situa­tion grund­sätzlich schon gut ein­ge­schätzt wird), ebenso wenig wie „Ver­besse­rung zum Besten“ (was wiederum einen End­punkt impli­zieren würde).

Die Not­wendig­keit der Unzu­frie­den­heit als Basis von Verän­derung lässt auch noch etwas dras­tischer ausdrücken, wie das Tom Peters in diesem Inter­view getan hat.

„I believe there is one and only one source of innovation – pissed off people.“

Die wört­liche Über­setzung erspare ich uns an dieser Stelle. Ich denke, seine Aussage ist auch so ver­ständ­lich. Auch wenn ich sonst mit Super­lativen eher zurück­haltend bin, kann ich diese Aussage uneinge­schränkt unter­schrei­ben. Das Maß der Unzufriedenheit ist dann nur noch der bestim­mende Fak­tor, ob wir eher von einer kleinen Ver­besse­rung sprechen oder eben von der großen Inno­vation. Diese Unzu­frie­den­heit ist es dann auch, was hilft, den Wider­stand gegen die Ver­ände­rung zu über­winden.

Unter welchen Gesichts­punkten die Unzu­frie­denheit betrach­tet wird, ist nun dem Einzelfall überlassen.

  • Es kann die Unzu­frieden­heit der Kun­den sein. Die große Gefahr dabei ist, dass die Unzufriedenheit im Unter­nehmen gar nicht erkannt wird, die Kun­den aber plötzlich weg sind, ohne dies vorher kundzutun.
  • Ähnliches gilt für die Unzu­frie­denheit der Mitar­beiter, die sich dann klamm­heim­lich nach einer neuen Stelle umschauen. Oft tritt das erst mit der Eigen­kündi­gung zu­tage. Auch dann ist es meist zu spät.
  • Ein starker Antrieb kann auch die Unzu­frieden­heit des Unter­nehmers sein. Weil er zu sehr in die Pro­zesse einge­bunden ist und ohne ihn nichts läuft, bspw. bei Urlaub, Krank­heit oder anders begründeter Ab­wesen­heit. Weil er durch diese Einbin­dung in die operativen Geschäfts­pro­zesse nicht die Frei­räume hat, sein Unter­nehmen weiter­zuent­wickeln. Weil ihm des­halb die Zeit für die Fami­lie fehlt. Weil er und seine eige­nen Bedürf­nisse des­halb zu kurz kommen. Weil es den Unter­nehmens­wert stei­gert, wenn es nicht von ihm abhängt.

Die ent­schei­dende Frage im KVP (und ebenso auch bei persön­lichen Verän­derungs­anlässen) ist also die Unzu­frieden­heit. Man könnte sie auch als die Mutter aller Verän­derung bezeichnen.

Frage: Wo sind Sie mit Situa­tionen in Ihrem Unter­nehmen unzu­frieden? Welche Moti­vation entsteht für Sie daraus, die Situa­tion zu verän­dern? Was steht der Verän­derung entgegen?

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