Ganz konkret und als Anstoß zu diesem Artikel sind mir drei Sätze im Kapitel über verteilte Kontrolle (in komplexen Systemen) aufgefallen: Wenn die Führungskraft immer alles korrigiert, was der Mitarbeiter abliefert, warum sollte er dann Interesse an einem guten Arbeitsergebnis haben? Sie wird es so oder so ändern! Deshalb geht die Qualität der Arbeit zurück und die Führungskraft muss die Kontrolle noch weiter verschärfen. (Original Seite 92: „When the boss always corrects everything you deliver, why bother producing a polished result? She’s going to change it anyway! Thus, the quality of the work goes down, and the boss has to tighten her control even more.“)
Etwas weiter unten auf dieser Seite stellt der Autor dann als einzigen Ausweg aus dieser Falle der verteilte Kontrolle dar. Besonders gilt das für komplexe Systeme der Arbeitswelt (aber auch des menschlichen Organismus mit seinem Immunsystem). Ähnliches lässt sich auch auf den KVP abbilden. Die Erkenntnisse über die Notwendigkeit von Verbesserungen und die konkrete Umsetzung derselben findet ebenso verteilt, nämlich direkt am Ort des Geschehens statt. Erkennbar wird die Implikation der verteilten Kontrolle bei Toyota auch in der geringen Führungsspanne (wenige Mitarbeiter pro Führungskraft) und die Verlagerung der Verantwortung für die Qualität an den niedrigst möglichen Punkt zum Mitarbeiter am Band.
Einige Seiten später nennt der Autor dann auch Methoden („Empowerment“), um diese verteilte Kontrolle zu erreichen. Er stellt auch die These auf, dass die Befähigung die ganze Organisation betreffen muss, statt nur den individuellen Mitarbeiter. Auch wenn er mit der konkreten Vorgehensweise vage bleibt, stimme ich ihm zu, dass schlussendlich die gesamte Kultur einer Organisation adressiert werden muss. Trotzdem werden die Veränderungen immer durch einzelne Menschen als Individuen angegangen, ebenso wie Veränderungen auf einzelne Menschen Einfluss ausüben.
– Albert Schweitzer
Letztlich bleibt es ein Balanceakt zwischen der Sicht auf die gesamte Organisation und den einzelnen Menschen, der Teil der Organisation ist, sie beeinflusst und von ihr beeinflusst wird. Definitiv wird es aber nicht funktioniert, den Einfluss auf die Gesamtorganisation nur durch den Einfluss auf das Individuum umsetzen zu wollen. Dies führt dann unweigerlich zu den eingangs beschriebenen Effekten.
Besser ist es, ein Höchstmaß an Transparenz in der Organisation zu schaffen, auch wenn dies an der einzelnen Stelle erstmal scheinbar mehr Aufwand bedeutet. Transparenz bedeutet dabei auch, dass überall die Folgen des Handels (oder Unterlassung) ersichtlich sind, bis hin zu den wirtschaftlichen Folgen für das Unternehmen und davon abgeleitet auch für den Einzelnen. Der umgekehrte Effekt der erlernten Hilflosigkeit führt dann zweifellos zu der Abwärtsspirale, die die selbstständige Handlungsweise der Menschen im Unternehmen reduziert, letztlich auch auch darüber hinaus die generelle Verantwortungslosigkeit (im wahrsten Wortsinn) zur Folge hat, die dann wiederum die ganze Gesellschaft erfasst.
Sicherlich sind diese Effekte (im positiven, wie auch im negativen) nur langfristig beeinflussbar und wirksam. Trotzdem sollte man jederzeit (heute, jetzt) mit der Veränderung beginnen. Auch wenn der beste Zeitpunkt den Baum zu pflanzen vor zwanzig Jahren war, ist der beste Zeitpunkt immer noch noch heute und der schlechteste Zeitpunkt wird immer morgen sein.
Auf den KVP bezogen und die Abläufe in einem Unternehmen bezogen, bedeutet das, dass der Fokus immer umfassender sein sollte, wie er auf den ersten Blick (aufgrund einer aufgetretenen Verschwendungssituation) notwendig erscheint. Letztlich können komplexe System nur auf einer höheren Ebene beherrscht werden, auch wenn dies der verteilten Kontrolle scheinbar erstmal widerspricht. Dabei ist es auch wichtig, sich den Unterschied zwischen Kontrolle und Steuerung (= Kontrolle mit Rückkopplung) bewusst zu machen. Dieser Aspekt kommt in der Coaching-Kata in der vierten und fünften Frage perfekt zum Ausdruck.
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