KVP – keine Frage der Übertragung

Übertragung

Vor einiger Zeit ist mir ein Zitat von Prof. Gerhard Roth begegnet: „Wissen kann nicht übertragen werden, sondern muss im Gehirn jedes Lernenden neu geschaffen werden. Lernen ist also ein aktiver Prozess der Bedeutungserzeugung.“

Dieser Grundgedanke sollte auch im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess angewendet werden, sei es bei der Vermittlung von Basiswissen bzgl. Elementen des Lean Managements (Einsatz und Anwendung von Methoden und Werkzeugen, aber auch philosophische und kulturelle Grundlagen) an alle (beteiligten) Personen aber auch bei der Unterstützung in konkreten Verbesserungen, beispielsweise bei der Schaffung von Wissen durch das Lernen aus Fehlern oder anhand von Erkenntnissen wie sie durch Antworten auf die Fragen der Coaching-Kata initiiert werden, vor allem durch die Frage was aus einem Experiment und der Gegenüberstellung zwischen erwartetem und realem Ergebnis gelernt wurde.

In meinen Augen ist es dabei ein entscheidender Faktor, dass sowohl der Lehrer/Coach bzw. die Führungskraft in dieser Rolle sich darüber im Klaren sind aber auch der Schüler/Mitarbeiter ein Verständnis dafür und die Konsequenzen haben.

Konsequenzen sind beispielsweise vermeintlich bohrend erscheinende (Nach)Fragen, die wahrscheinlich unbequem sind und es sogar sein müssen, weil sich ohne sie kein nachhaltiger Lerneffekt einstellt, weil das in dem Zitat angedeutete bloße Übertragung von Wissen (passiv vor allem auf Seiten des Lernenden) nicht möglich ist, sondern eben durch die selbst entwickelten Antworten des Lernenden erst geschaffen wird.

„Aus Niederlagen lernt man leicht. Schwieriger ist es, aus Siegen zu lernen.“

– Gustav Stresemann

Bezogen auf die oben erwähnte Vermittlung von Lean-Basiswissen sind Unternehmens- bzw. Prozesssimulationen wie die Fabrik im Seminarraum oder vermeintlich einfache Lean-Spiele (bspw. auf Lego-Basis) ein geeignetes Mittel, um bei den Teilnehmern echte Lernerfahrungen zu schaffen, die nicht nur im bloßen Wissenstransfer bestehen, sondern Prozessverbesserungen in einem geschützten Raum anbieten, in dem ohne Bedenken experimentiert werden kann.

Im Bereich der praktischen Entwicklung von Führungskräften der untersten Ebene (Vorarbeiter, Teamleiter) sind die Job-Module (JIT, JRT, JMT des Training Within Industry) vergleichbare Methoden, die den Teilnehmern der Trainings die Chance geben, in praktischen, interaktiven und reflektieren Lernprozessen, die notwendigen Erkenntnisse für sich selbst zu gewinnen und damit neues Wissen auch zu erlernen.

Dazu gehören beispielsweise Elemente des selbst geübten praktischen Tuns im Job Instruction Training mittels Unterweisung anderer Trainingsteilnehmer, des Feedbacks des Lernenden zur Wirksamkeit der Unterweisung, der beobachtenden anderen Teilnehmer ebenso wie die Beobachtung und Reflexion der Unterweisungen anderer Teilnehmer oder der Erfahrung als selbst Unterwiesener.

Auch in den beiden anderen Job-Modulen (Job Relations Training, Job Methods Training) spielen diese (Selbst)Erkenntnisse eine entscheidende Rolle beim Lernerfolg. Besonders spannend finde ich dabei die Tatsache, dass diese Methoden schon vor über siebzig Jahren in einem kurzen Zeitraum entwickelt und praktisch eingesetzt wurden und durch moderne Erkenntnisse der Neurobiologie jetzt auch deren Wirkmechanismen bestätigt werden konnten.

Andererseits ist es auch erschreckend wie wenig sich diese Erkenntnisse bisher in der Praxis durchgesetzt haben, sei im Kontext der betrieblichen Fortbildung oder in der schulisch bzw. universitären Bildung.

Frage: Wie werden Wissen und Erfahrungen in Ihrem Unternehmen vermittelt? Welche Rolle spielen dabei persönlich gemachte Erfahrungen? Wo könnten moderne Lernmethoden mehr Wirkung erzeugen?

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