Lohnen sich (Lean) Audits oder Awards?

Awards

Zur Beantwortung dieser Frage sollte man sich immer vor Augen führen, wer wem und in welchem Kontext die Frage stellt und dann daran beteiligt ist oder einen Nutzen aus dem Audit zieht. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit (weder bzgl. der unterschiedlichen Personenkreise – aka Stakeholder – noch bzgl. der Szenarien} hab' ich mal eine Liste von Szenarien zusammengestellt und mir ein paar Gedanken dazu gemacht.

Externe Audits, bspw. ISO 9001

Nach meinem Verständnis liegt der Schwerpunkt hier bei der Beurteilung des Qualitätsmanagementsystems und als Teil daraus werden durch die Betrachtung des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses auch Lean-Aspekte einbezogen. Fragesteller nach dem Wert könnten aus dem Lean-Kontext selbst kommen, aber aus dem Marketing der auditierten Organisation oder kundenseitig. Die Frage kann auch Teil des Marketing einer Auditierungsinstanz sein.

Nutznießer können Kunden sein, weil sie damit einen Einblick in eine Organisation erhalten, der ihnen auf anderem Weg vermutlich eher verborgen bleibt. Aber auch die auditierte Organisation ist auf die ein oder andere Weise Nutznießer. Einerseits erhält sie ein externes Feedback zu den auditierten Aspekten, andererseits kann sie das mit dem Audit verknüpfte Zertifikat natürlich auch gegenüber den eigenen Kunden zu Marketing-Zwecken nutzen.

Externe Audits können auch Lieferanten-Audits sein, also durch den Kunden beim Lieferanten. Typischerweise sind diese Audits inhaltlich spezifischer und durchaus auch kritischer, weil sie stärker auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. Gleichzeitig kann aber auch der Nutzen für die auditierte Organisation größer sein, weil die Rückmeldungen spezifischer sind. Dies kann sogar soweit gehen, dass die auditierende Kundenorganisation dem Lieferanten auch gezielte Hinweise und Unterstützung zur Weiterentwicklung gibt. Nicht zuletzt deshalb sind diese Audits auch Teil der Lieferantenentwicklung.

Grundsätzlich gibt es auch Unterschiede bei externen Audits bzgl. der Freiwilligkeit, die sich auf die Fragestellung insgesamt auswirkt und auch den Kreis der Stakeholder erweitern kann. Dabei ist es auch denkbar, dass Teile der Stakeholder ihrer (passiven) Rolle gar nicht bewusst sind und sie trotzdem einen Nutzen aus dem Audit ziehen.

Weitere Ausprägungen können auch die vielfältigen Produkt- bzw. Leistungsstandards sein, die einen großen Teil unseres täglichen, auch privaten Lebens beeinflussen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. [1]

Innerbetriebliche Audits

Innerbetriebliche Audits treten nicht selten im Rahmen bzw. in Begleitung der externen Audits auf, bspw. als Überbrückung zwischen externen Audits oder zu deren Vorbereitung.

Eine besondere Ausprägung innerbetrieblicher Audits sind die Layered Process Audits. Durchaus ähnlich wie bei externen Audits können die Vorteile für die beteiligten Personen (Vorgesetzte und Mitarbeiter) vielfältiger sein, als auf den ersten Blick angenommen und auch über die direkt Beteiligten hinausgehen.

Je nach Kontext der innerbetrieblichen Audits können sich auch vergleichbar „externe“ Aspekte ergeben. Wichtig in meinen Augen ist, dass die Auditierung von den beiden direkt beteiligten „Parteien“ als Unterstützung und Entwicklungschance (letzteres durch auch für beide Seiten) verstanden wird und keine unnötige oder gar hinderliche Hierarchie entsteht, die im Extremfall die Auditierung zur Farce verkommen lässt und mehr Energie dafür bindet gut auszusehen, als aus den Erkenntnissen zu lernen und echte Verbesserungen anzustreben.

„Qualität ist kein Zufall, sie ist immer das Ergebnis angestrengten Denkens.“

– John Ruskin

Beratungskontext

Im Beratungskontext dient die Auditierung neben den bereits erwähnten Aspekten auch dazu, dass die beteiligten Seiten den Fokus im Anschluss besser setzen können und der typischerweise gekoppelte Wunsch nach Verbesserung zielgerichteter verfolgt und überprüft werden kann.

Natürlich spielt eine mögliche wechselseitige Abhängigkeit dabei auch eine gewisse Rolle, auch wenn sie sich weniger auf einer klassisch-hierarchischen Dimension abspielt, sondern eher in einer Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung bewegt. Das kann sich dann sowohl auf die inhaltliche Ebene im Prozess auswirken (wie schon bei den anderen Formen geschildert), als auch auf den weiteren Umgang mit den Auditergebnissen. Das kann einerseits eine überkritische Beurteilung verursachen, weil dadurch möglicher Beratungsbedarf entsteht oder erhofft wird. Anderseits kann die Auditierung auch „weichgespült“ verlaufen, weil man es sich seitens Auditor mit dem Kunden u.U. nicht verscherzen will (was durchaus auch bei externen Audits ein unbewusster Faktor sein kann, speziell wenn es (vermeintlich) freiwillige Audits sind).

Typischerweise ist das ein Grund, warum klassisch externe Auditierungen von der entsprechenden Beratung (im Vorfeld oder Nachgang) entkoppelt wird. Trotzdem entstehen gerade durch diese Entkopplung neue Herausforderungen, wenn es darum geht, Erkenntnisse aus der Auditierung möglichst direkt umzusetzen. Nicht selten ist damit auch die schon erwähnte Gefahr verbunden, den Prozess der Auditierung seitens der auditierten Organisation zu „optimieren“, um mit mögliches wenig Aufwand das entsprechende Zertifikat zu erhalten.

Awards

Awards nehmen eine gewisse Sonderrolle ein, weil je nach Gesamtansatz hier noch eine weitere Gruppe von Stakeholdern auf den Plan tritt (die je nach Betrachtungsweise gar nicht die klassischen Kategorien passen). Neben den bisher erwähnten Beteiligten kommen noch weitere (unbeteiligte) Personenkreise hinzu. Entweder weil sie einen Teil der Jury bilden und/oder weil sie im Rahmen der mehr oder weniger öffentlichen Beurteilungsphase ebenfalls Einblicke erhalten, die ihnen sonst sehr wahrscheinlich verwehrt geblieben wären.

Gleichzeitig können auch für die auditierte Organisation zusätzliche Erkenntnisse entstehen, speziell wenn es sich bei dem betreffenden Award um einen vergleichenden Ansatz handelt. In diesem Fall erhalten typischerweise auch die Anwärter auf den Award Einblicke in ihre Mitbewerber. Selbst wenn sie gar nicht im direkten Wettbewerb stehen, können daraus Impulse zur eigenen Verbesserung entstehen, indem entsprechende Vorgehensweisen in den eigenen Kontext transferiert werden. Aber auch von innen heraus können neue Impulse entstehen, weil man sich selbst mit dem externen Blick konfrontiert und damit verbundene Fragen stellt, die man sich sonst unter Umständen nie stellen würde.

In meinen Augen ist dieser Aspekt im Lean-Kontext besonders stark ausgeprägt, weil er mit der eigenen Weiterentwicklung gekoppelt ist, welche dadurch verstärkt werden kann, indem das externe Feedback zur Reflexion als Basis genutzt wird.

Ein Beispiel für einen entsprechenden Award im Lean-Kontext ist der LeanBaseAward, der 2022 erstmalig verliehen wird.

Da ich die Ehre habe, Teil der Jury zu sein, folgt bei diesem Artikel mal kein klassischer Call-to-Action mit Kontaktaufnahme o.ä., sondern hier nur der Link zum LeanBaseAward (mit der versteckten Aufforderung einen Blick darauf zu werfen und ggf. über eine Teilnahme nachzudenken ;-)

[1] Standards sind nicht alles, aber ohne Standards ist alles nichts

Frage: Welche Audits und/oder Awards spielen in Ihrem Verantwortungsbereich eine Rolle? Wer ist daran alles beteiligt? Welcher direkte und indirekte Nutzen ergibt sich daraus, für wen?

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