Trinken, bevor der Durst kommt

Trinken, bevor der Durst kommt. Das war die Kernaussage des Ernährungsberaters in meinem Unternehmernetzwerk bei seiner Präsentation beim letzten Treffen. Das hat jeder schon mal gehört. Ebenso wird dem vermutlich auch jeder zustimmen. Daran halten, werden sich dann schon weniger Menschen. Obwohl es um die wichtigste Sache geht – um sie selbst.

Ist es da ein Wunder, wenn etwas ähnliches im Bezug auf Unternehmen auch nicht funktioniert? Etwas, das “eigenlich” auch jedem Menschen in Unternehmen ebenso klar ist. Und deshalb vermutlich auch jeder zustimmt, von der Geschäftsleitung bis zum “letzten” Mitarbeiter. Und trotzdem sieht auch hier die Realität ganz anders aus. Da ist das Tagesgeschäft, das uns davon abhält. Da sind die wichtigen und noch dringenderen Projekte. Dann es vielleicht doch die Aufgabe von jemand anderem. In der eigenen Abteilung, im eigenen Bereich funktioniert ja alles “eigentlich” doch ganz gut. Wenn es bei allen anderen auch so gut funktionieren würde …

Trinken, bevor der Durst kommt. Und wenn wir es mal nicht so regelmäßig machen? Eben halt doch erst, wenn der Durst sich deutlich meldet? Natürlich geht dann nicht gleich die Welt unter oder wirft es uns am zweiten Tag aufs Krankenbett. Nur mittel- und langfristig hat es dann halt doch negative Auswirkungen. Auf Vorrat trinken oder Defizite hinterher wieder aufholen, geht auch nicht. Gemein ist dabei, dass die direkten Konsequenzen oft gar nicht als solche erkennbar sind. Die Ursache-Wirkungs-Kette ist eben nicht so offensichtlich. Beim Atmen wäre das natürlich etwas ganz anderes. Da steckt dafür glücklicherweise ein natürlicher Reflex dahinter, weil die Überlebensdauer ohne Atmen dann doch etwas kurz ist.

Was entspricht dem Atmen im Unternehmen? Welcher natürliche Reflex ist in Unternehmen in der Regel ziemlich gut ausgeprägt? Da lässt sich sicher auch darüber philosophieren. Ich würde sagen, es ist der Verkauf oder Vertrieb. Ohne den Geldfluss ins Unternehmen, der eine direkte Folge von Verkaufs- und Vertriebsaktivitäten ist, stirbt jedes Unternehmen früher oder später. Die Konsequenz ist deshalb ein ausgeprägter Reflex in Unternehmen. Nicht von allen Menschen in den Unternehmen und manchmal auch vereinzelt ein übertriebener Reflex. Aber er ist in einem gesunden Unternehmen insgesamt gut ausgeprägt.

Trinken, bevor der Durst kommt. Welches andere Verhalten ist dagegen oft nur schwach ausgeprägt? Welche Verhalten zeigt ebenso oft nur indirekte Folgen? Wo ist Ursache und Wirkung nicht direkt erkennbar? Was muss nicht ähnlich wie Verkauf und Vertrieb in dieser hohen Dichte ausgeführt werden? Und ist deshalb sehr oft auch nicht als unbewusster Reflex ausgeprägt?

Trinken, bevor der Durst kommt. Verbessern, bevor der Kunde wegrennt.

Na ja, jedem geht mal was daneben. Der Kunde wird ja nicht gleich davonrennen. Wir haben es ja immer wieder einrenken können. Das sind die klassischen Ausredensagen. Bis er halt irgendwann doch weg ist. Nicht so spektakulär, dass er uns die Ladung wieder auf den Hof kippt. Aber halt einfach weg. Sang- und klanglos deckt er seinen Bedarf wo anders. Er sagt uns oft nicht so direkt, wenn er geht. Kein “Tschüss, ich bin dann mal weg.” Nur weg ist er, das ist dann doch die traurige Tatsache. Und oft wissen wir nicht mal warum. Wie das Glas Wasser, das wir über einen längeren Zeitraum nicht getrunken haben. Dabei wäre es genauso einfach, wie das regelmäßige, ausreichende Wasser trinken. Kostet auch nicht die Welt, weder Zeit noch Geld. Eine halbe Stunde pro Mitarbeiter und Woche. So wie beim ausreichenden Wasser trinken muss auch dazu künstlich eine Routine aufgebaut werden. Passiert nicht von alleine oder zufällig. Unterstützung von außen kann hilfreich sein. Beim Glas Wasser muss man nicht solange warten, bis der Arzt mahnend den Finger hebt. Die regelmäßige Betreuung durch den Ernährungsberater kann ein Ausweg sein. Irgendwann ist die Routine da. Ebenso führt sich ein Kontinuierlicher Verbesserungsprozess nicht von selbst ein. Das Problembewusstsein im Kopf (des Unternehmens) ist wie beim Wasser der Beginn. Die Routine entsteht dann auch nicht alleine durch den mahnenden Zeigefinger, sondern durch anfänglich bewusste Anwendung dessen, von dem wir wissen, dass es gut ist. Braucht halt nur am Anfang immer wieder den kleinen Kick (und das Wissen, wo er treffen soll ;-)

Frage: Wo fehlt in Ihrem Unternehmen die Routine für den Kontinuierlichen Verbesserungsprozess? Was haben Sie in dieser Richtung schon probiert, ohne dass es Wirkung gezeigt hat? Wie sieht das innerbetriebliche Engagement für den KVP aus?

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