Warum Geschwindigkeit auch ein Fehler sein kann

Geschwindigkeit

Hohe Geschwindigkeit, oft in Verbindung mit Entscheidungen, speziell in Krisensituationen, scheint ein verbreitetes Merkmal von Führungskompetenz und -stärke zu sein. In meinen Augen gilt das aber bloß für bekannte Probleme, bei denen dann auch die Maßnahmen vorgedacht sind und quasi aus der Schublade gezogen werden können.

Bei neuen Situationen, speziell in Systemen mit komplexen Wirkmechanismen, kann Geschwindigkeit jedoch ein gravierender Nachteil sein, wenn sich aus den getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen Resultate ergeben, die entweder die ursprünglichen Folgen weit überschreiten und/oder in Kombination damit auch die gewünschten Ergebnisse gar nicht zeigen oder sogar unerwünschte Nebeneffekte (in anderen Bereichen) haben.

Viel wichtiger als schnelle Entscheidungsreaktionen ist es deshalb, dass man strukturell in der Lage ist, schnell und einfach geeignete Problemlösungsprozesse zu initiieren. Dabei geht es dann auch darum frühzeitig geeignete Personen zu identifizieren, die substanziell und mit einer breiten Sicht auf die relevanten Systeme Wirkungsketten offenlegen können.

Natürlich bekommt man auf diesem Weg als Führungskraft keinen Orden für heldengleiche Sofortmaßnahmen oder persönliche Aufopferung. Man sollte sich aber immer fragen, ob die eigenen Handlungen primär einem persönlichen Ego und dessen Ansprüchen entspringen.

Natürlich ist es immer eine Herausforderung, diese Fähigkeit zur Selbstreflexion in herausfordernden Situationen auch abrufen zu können. Gleichzeitig handelt es sich dabei aber auch um eine Form von Routine, die in der Vorbereitung auf mögliche Krisen entwickelt werden kann.

„Der Mensch von heute hat nur ein einziges wirklich neues Laster erfunden: die Geschwindigkeit.“

– Aldous Huxley

Ein Beispiel dafür ist das Crew Resource Management [1], wie es im Luftverkehr seit den 1970er-Jahren entwickelt wurde. Ein wichtiges Element ist dabei ein Sparringspartner in Form des Monitoring-Pilots, der hier eine wichtige beobachtend-kontrollierende Rolle hat, die vor allem auch außerhalb des hierarchischen Rahmens wirkt.

Dieses Korrektiv auch natürlicher menschlicher Unzulänglichkeiten ist auch ein bewährtes Element von Demokratien in Form der Gewaltenteilung. Wenn dann im Rahmen von Krisen nach singulärer Entscheidungsgewalt gerufen wird, ist das in meinen Augen kein Hinweis auf besondere Fähigkeiten, sondern eher der Hinweis auf zurückliegende Versäumnisse die oben genannten Strukturen geschaffen zu haben, die dann wiederum in Krisenzeiten abgerufen werden können. Selbst wenn man dafür nicht verantwortlich war, ist es nie zu spät, das nachzuholen (vgl. der beste Zeitpunkt einen Baum zu pflanzen).

Nicht weil diese Strukturen selbst vorgedachte Lösungen für komplexe Probleme bieten, sondern sie schnell abrufbare Routinen geschaffen haben, die es jetzt erlauben, die Kreativität und auch die notwendigen Entscheidungen auf die inhaltliche Ebene und breite Schultern verlagern, statt zu glauben, dass Komplexität von einzelnen Superhelden bewältigt werden kann.

Im Lean Management kommen diese Aspekte in der Toyota Kata zum Ausdruck, ebenso wie in den Denkprozessen, die dem A3 Management, dem damit verbundenen Problemlösungsprozess und einem kontinuierlichen Lernprozess zugrundeliegen.

Mindestens so wichtig wie die konkreten Ergebnisse sind dabei auch die entstehenden Lernprozesse der beteiligten Personen und die Fähigkeiten genau diese Lernprozesse möglichst schnell durchlaufen zu können.

Diese gilt auch besonders dann, wenn es sich auf einer inhaltlichen Ebene eher um langsame Prozesse mit hohen Antwortzeiten auf die Korrektheit und daraus resultierenden langsamen Regelschleifen handelt. Oft kommt dann erschwerend dazu, dass genau dieser Umstand zu einer weiteren Steigerung der Geschwindigkeit führt, weil die ersten Reaktionen, Entscheidungen und Maßnahmen scheinbar keine Wirkung zeigen.

Wenn Sie wissen möchten, welche Aspekte bei der Problemlösung wirklich wichtige Rollen spielen, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] Fehlerkultur im Luftverkehr

Frage: Wo haben Sie schon die Erfahrung gemacht, dass schnelle Entscheidungen nicht bessere Entscheidungen waren? Wie hätte Geschwindigkeit an anderer Stelle bessere Entscheidungen ermöglicht? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

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