Warum Monopole nicht Lean sind

Monopole

Wenn ich Monopole in Unternehmen anspreche und den Bezug zu Lean schaffe, meine ich nicht die klassischen Marktkonstellationen[1], sondern die exklusiven Wissensgebiete, die sich in vielen Organisationen über Jahrzehnte hinweg herausgebildet haben. Sie sind die späten Kinder des Taylorismus, der einst mit guter Absicht begann, Arbeit zu strukturieren und zu optimieren, dann aber in vielen Fällen zu starren Grenzen zwischen den Berufsgruppen geführt hat. Industrial Engineering, Qualitätsmanagement, Marketing, Vertrieb oder auch das Top-Management selbst haben dadurch jeweils Inseln geschaffen, auf denen Wissen konzentriert und kontrolliert wird. Auf den ersten Blick kann das praktisch erscheinen, denn es verleiht Klarheit, Zuständigkeit und eine Art Sicherheit. Doch wenn man tiefer darüber nachdenkt, widerspricht es diametral den Grundsätzen, die wir mit Lean verbinden.

Lean lebt von Transparenz, vom Fluss und von der Fähigkeit, Probleme dort zu lösen, wo sie entstehen. Ein Monopol auf Wissen erzeugt das Gegenteil: es blockiert den Fluss, es verschleiert die Ursachen und es verzögert Lösungen. Wenn nur eine kleine Gruppe oder gar eine einzelne Person Zugang zu bestimmten Informationen oder Kompetenzen hat, wird der Rest des Systems abhängig gemacht. Entscheidungen werden künstlich verlangsamt, weil sie an enge Kanäle gebunden sind. Verantwortung wird in Schubladen verteilt, anstatt dort zu liegen, wo sie unmittelbar gebraucht wird.

Auch im Qualitätsmanagement wird das besonders sichtbar. Wenn Qualität zur Domäne einer speziellen Abteilung und damit letztlich zu einem innerbetrieblichen Monopol erklärt wird, dann verliert sie schnell ihren Charakter als Querschnittsaufgabe. Der Rest der Organisation wähnt sich in Sicherheit, weil „die Qualitätsleute“ ja darüber wachen. Doch in Wahrheit bedeutet es, dass die Verantwortung an der Stelle verloren geht, an der sie eigentlich verankert sein sollte. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Industrial Engineering, wenn die Expertise über Prozesse und Abläufe isoliert bleibt und nicht als gemeinsames Wissen allen zugänglich gemacht wird und alle zum Mitdenken angeregt werden.

„Die Gelehrten und Denker von Beruf haben keineswegs das Monopol auf Weisheit. Die Heftigkeit, mit der sie eine bestimmte Richtung verfolgen, hindert sie in einem gewissen Grad, völlig richtig zu urteilen.“

– Ralph Waldo Emerson

Und selbst die Führungsebene ist nicht frei von dieser Logik. Wenn Informationen über strategische Ausrichtungen oder Marktbedingungen exklusiv im kleinen Kreis zirkulieren, dann entsteht eine Barriere, die den Lernprozess der gesamten Organisation hemmt. Lean verlangt eine andere Haltung. Nicht jeder muss alles wissen, aber das Relevante muss dort präsent sein, wo es benötigt wird. Wissen in Schichten einzuschließen, mag aus Kontrollsicht sinnvoll wirken, doch aus der Perspektive des kontinuierlichen Lernens und Verbesserns ist es pures Gift.

Am deutlichsten wird das Spannungsfeld, wenn es um die Kundensicht geht. Marketing und Vertrieb beanspruchen oft, den direkten Draht zum Kunden exklusiv für sich zu haben. Sie definieren, was der Kunde will und transportieren diese Erkenntnisse in die Organisation. Aber Lean fordert, dass der Blick auf den Kunden für alle sichtbar und zugänglich ist. Die Kundensicht ist nicht verhandelbar, sie ist das verbindende Element, an dem sich jede Tätigkeit im Unternehmen ausrichtet. Wenn sie monopolisiert wird, droht sie ihren Wert zu verlieren.

Ich frage mich, ob die Entstehung solcher Wissensmonopole nicht weniger mit Notwendigkeit, sondern mehr mit Gewohnheit und Tradition aber auch mit Machtstrukturen zu tun hat. Sie scheinen bequeme Strukturen zu bieten, doch im Kern sind sie Relikte einer Epoche, die Arbeitsteilung über Zusammenarbeit gestellt hat. Lean zu leben heißt, diese Relikte zu hinterfragen und Schritt für Schritt aufzubrechen. Das ist unbequem, weil es Machtfragen berührt, aber genau deshalb unvermeidlich, wenn man den Anspruch hat, wirklich lernende Organisationen zu entwickeln.

Wenn Sie wissen möchten, wie Sie Wissensmonopole auflösen und damit die Leistungsfähigkeit Ihres Unternehmens steigern können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Was bedeutet es für die Zukunftsfähigkeit, wenn Wissen in den Köpfen und Händen weniger bleibt? Wie würde sich die Geschwindigkeit und Qualität von Entscheidungen verändern, wenn dieses Wissen geteilt würde? Und was stünde tatsächlich im Weg, diesen Schritt konsequent zu gehen?

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[1] Wikipedia-Eintrag zu Monopol

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