Warum Vorurteile im Lean hinderlich sind

Vorurteil

Wenn man sich mal anschaut, wie der Begriff Vorurteil definiert ist [1], als Beurteilung eines Sachverhalts oder einer Situation ohne ein gründliche und umfassende Untersuchung, Abklärung und Abwägung der verfügbaren Fakten, dürfte sehr schnell klar werden, dass diese Vorgehensweise jeglichen Lean-Prinzipien völlig zuwiderläuft.

Im Lean-Kontext sollte man sogar noch einen Schritt weitergehen und sich nicht mit den verfügbaren Fakten zufriedengeben, sondern kritisch hinterfragen, welche zusätzlich Fakten und Informationen notwendig sind, um eine Situation wirklich gut beurteilen zu können und dann daraus auch eine Lösung zu entwickeln.

Viel zu oft passiert es allerdings, dass schon die Problemdefinition auf einem Vorurteil beruht und deshalb manchmal vorgedachte Lösungen angestrebt werden, die aber mit dem eigentlichen Problem gar nichts zu tun haben. Oft kommt dann noch erschwerend hinzu, dass zu den vorgedachten Lösungen sogar noch eine emotionale Verbindung besteht, was die Wirkung des Vorurteils verschärfen kann, weil nicht nur Fakten gar nicht beschafft, sondern auch vorhandene Fakten falsch beurteilt werden, nur um die vermeintliche Richtigkeit der angestrebten Lösung nachzuweisen.

Eine weitere Ursache der Vorurteile kann auch der Erfahrungsschatz beteiligter Personen sein, was dann wieder zur Bevorzugung von Lösungen führt, die in der Vergangenheit schon funktioniert haben. Um dieser Gefahr zu begegnen, ist es wiederum wichtig, sich Klarheit über das zugrundeliegende Problem zu verschaffen – sowohl im aktuellen Fall als auch in den zurückliegenden Situationen. Damit wird die wirkliche Übereinstimmung und somit die Übertragbarkeit der Lösung überprüft.

Deshalb ist es auch wichtig, sich klarzumachen, dass es im Lean-Kontext so etwas wie einen Präzedenzfall [2] nicht geben kann.

„Welche eine triste Epoche, in der es leichter ist, ein Atom zu spalten als ein Vorurteil.“

– Albert Einstein

Auch wenn der tieferliegende Grund für Präzedenzfälle auch eine Form der Standardisierung ist, besteht doch immer die Gefahr, dass die eigentlichen Unterschiede in den Problemstellungen gegenüber den vermeintlich standardisierbaren Lösungen zurückstehen und deshalb die Probleme auch nicht ursächlich beseitigt werden.

Deshalb ist es wichtiger, den Schwerpunkt auf standardisierte Problemlösungsprozesse zu richten als auf Standardlösungen, um auf dieser Meta-Ebene Fortschritte zu erzielen.

Ein zentrales Element dieser Form der Standardisierung ist der PDCA-Zyklus und das damit verbundene A3-Formular. Während der PDCA-Zyklus noch sehr viele Freiheiten lässt, scheint dies beim A3-Formular bei oberflächlicher Betrachtung noch nicht mehr der Fall zu sein.

Schaut man sich jedoch reale Einsatzfälle für das A3-Formular an [3], wird ziemlich schnell offensichtlich, dass der erste Eindruck hier auch trügen kann. In Wahrheit (sofern es diese wirklich geben kann) handelt es ebenfalls nur um einen Handlungsrahmen, der dann immer noch situationsspezifisch ausgestaltet werden muss.

Ähnliches gilt auch für die Toyota Kata mit ihren Elementen Verbesserungs-Kata und Coaching-Kata in Form der vier Schritte und den fünf Fragen.

Auch diese geben nur einen Rahmen vor, der primär der Schaffung von Routine gilt, die dann gleichzeitig auch die Freiheitsgrade enthält, davon wieder abzuweichen, sobald die Grundlagen in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Auf einer Meta-Ebene ist auch die Aussage enthalten, dass es keine Abkürzung im Erwerb dieser Routine, was dann wiederum auch eine Form eines Vorurteils wäre.

Ein weitere Form der praktischen Prozessstandardisierung sind die Module des Training Within Industry [4]. Diese befähigen die Zielgruppe der unteren Führungskräfte mittels Standardisierung ihr Tagesgeschäft außerhalb ihrer eigentlichen fachlich Profession zu bewältigen.

Wenn Sie wissen möchten, wie Training Within Industry in Ihrem Verantwortungsbereich aussehen könnte, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Vorurteil
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4zedenzfall
[3] https://www.amazon.de/dp/1934109207/
[4] https://www.geemco.de/twi-2/

Frage: Welche Vorurteile sind Ihnen im Lean Kontext schon begegnet? Was waren die Folgen daraus? Wie hätten diese vermieden werden können?

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