Was Äpfel mit Lean zu tun haben

Äpfel

Manchmal bleibt ein Satz hängen, obwohl er im Moment des Lesens eher beiläufig erscheint. So ging es mir mit einem Gedanken, der ursprünglich aus der Luftfahrt stammt, genauer gesagt von Sidney Dekker: Die Bad-Apple-Theory. Gemeint ist das Bild, dass in einem ansonsten funktionierenden System nur ein „schlechter Apfel“ den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmacht. Oder eben ein Fehler, eine Abweichung, ein Versagen – verursacht durch eine einzelne, mangelhafte Komponente. In Dekkers Kontext waren das u.a. Piloten oder Mediziner. Im industriellen oder wirtschaftlichen Kontext könnten es Maschinen sein. Oder Menschen. Oder Prozesse. Oder ein übersehener Engpass.

Was mich an dieser Vorstellung seitdem beschäftigt, ist weniger die simple Aussage, dass ein „schlechter Apfel“ ein ganzes System verderben kann. Viel interessanter finde ich die Idee, dass der Blick auf genau diesen Apfel – also auf die Abweichung – oft eine falsche Richtung einschlägt. Denn wenn ich mich zu sehr auf die eine Stelle konzentriere, an der etwas schiefgelaufen ist, besteht die Gefahr, dass ich den Rest des Systems nicht mehr sehe. Und das widerspricht im Kern dem, was Lean eigentlich ausmacht: Den Wertstrom als Ganzes erkennen, analysieren und verbessern.

Es ist verlockend, den Fehler bei der Person zu suchen, die ihn gemacht hat. Oder bei der einen Maschine, die gerade gestanden ist. Oder bei dem Zulieferer, der zu spät geliefert hat. Aber was, wenn es nicht die Person war, sondern das fehlende Training? Nicht die Maschine, sondern die instabile Wartungsroutine? Nicht der Zulieferer, sondern ein System, das keine Puffer kennt und auf minimale Abweichungen überreagiert? Diese Fragen drängen sich geradezu auf, wenn man beginnt, in Wertströmen zu denken. Und wenn man anfängt, die Verantwortung nicht auf einzelne Elemente abzuschieben, sondern im Zusammenspiel der Elemente zu suchen.

„Menschen sind wie die Äpfel im Supermarkt. Irgendeine Macke hat jeder.“

– Wolfgang J. Reus

Ich habe es in der Praxis oft erlebt, dass sich vermeintliche „Bad Apples“ bei genauerem Hinsehen als Symptome eines anderen Problems entpuppen. Nicht selten liegt es am Kontext, in dem Menschen arbeiten. Am Informationsfluss. Am fehlenden Standard. Oder daran, dass der Standard zwar existiert, aber nie sauber vermittelt wurde. Und spätestens an diesem Punkt lande ich gedanklich wieder bei Training Within Industry, bei den Job Instructions, bei der strukturierten Vermittlung von Wissen. Wenn ein Mitarbeiter eine Aufgabe nicht korrekt ausführt, obwohl er sie regelmäßig macht, dann frage ich mich: Hat er sie wirklich gelernt oder nur kopiert? Versteht er den Zweck oder reproduziert er nur die Handlung? Und wer trägt letztlich die Verantwortung dafür?

In solchen Situationen zeigt sich, wie kraftvoll eine bewusste, strukturierte Einarbeitung sein kann. Und wie viel Potenzial in der Erweiterung klassischer Trainingsformate liegt, wenn Wissen nicht nur vermittelt, sondern gezielt übertragen wird – beispielsweise eben auch bei bzw. vor Ruhestandssituationen. Job Transfer Trainings gehen hier noch einen Schritt weiter. Sie helfen, Wissen nicht nur von A nach B zu bringen, sondern dabei auch dessen Wirkung und Relevanz im Gesamtzusammenhang deutlich zu machen. Das bedeutet: Ich verbessere nicht nur einzelne Prozesse, sondern beeinflusse das ganze System, in dem diese Prozesse wirken. Und ganz nebenbei verschwinden die „Bad Apples“, weil sie keine Schuldigen mehr sind, sondern Ausgangspunkte für Verbesserung.

Wenn Sie wissen möchten, wie Sie den Blick vom einzelnen Fehler auf das Zusammenspiel der Ursachen lenken und damit eine echte Systemverantwortung fördern, dann nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Wenn Sie wissen möchten, wie Sie den Blick vom einzelnen Fehler auf das Zusammenspiel der Ursachen lenken und damit eine echte Systemverantwortung fördern, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Wo in Ihrem Verantwortungsbereich tauchen immer wieder dieselben Fehler auf? Was würde sich ändern, wenn diese Fehler nicht als individuelles Versagen, sondern als Symptom des Systems betrachtet würden? Und welche Trainings- oder Wissenslücken müssten dann zuerst geschlossen werden?

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