
Ein wichtiges Element der Metapher Hausbau ist die Abfolge von Schritten, die eine bestimmte Bedeutung haben, deshalb in ihrer Reihenfolge eingehalten werden müssen und auch nicht tw. ausgelassen werden können. Auch wenn das Zeit kostet, in einzelnen Phasen scheinbar kein erkennbarer Fortschritt eintritt und von Ungeduld (beim Bauherrn) begleitet wird.
Kaum jemand käme auf die Idee nicht beim Fundament zu beginnen, darauf den Rohbau und dann den Dachstuhl zu errichten und es dann einzudecken. Und dann erst sich der Fassade und dem Innenausbau zuzuwenden.
Damit endet die Metapher aber auch noch nicht. Wenn man sich die Phase des Rohbaus genauer ansieht, wird man feststellen, dass da sogar temporär Dinge eingebaut werden, die später wieder ausgebaut werden. Hier denke ich an Abstützungen der Giebelseiten, die ihnen Stabilität verleihen, die später von den Diagonalversteifungen des Dachstuhls übernommen werden und dann auch wieder entfernt werden, weil sie den Innenausbau stören würden.
An dieser Stelle könnte ich jetzt die unzähligen Parallelen zum Lean-Kontext auflisten und detaillierte Ähnlichkeiten zwischen Lean-Methoden, einzelnen Werkzeugen und den Elementen und Phasen des Hausbaus aufzeigen, aber ich möchte mich auf ein paar zentrale Aspekte konzentrieren, die mir besonders wichtig erscheinen.
– Johann Wolfgang von Goethe
Ein solcher Aspekt ist für mich das Thema „temporäre Hilfsmittel“. Im Lean-Kontext sind das oft Maßnahmen oder Werkzeuge, die nur eine Übergangsfunktion haben – vergleichbar mit den erwähnten Abstützungen im Rohbau. Zum Beispiel bestimmte Visualisierungshilfen oder Checklisten, die in der Anfangsphase einer Verbesserung Orientierung geben sollen, aber nicht dauerhaft bleiben müssen. Oder auch Workarounds, die helfen, einen instabilen Prozess zunächst zu stabilisieren, bis eine nachhaltige Lösung etabliert ist. Wenn diese Hilfen jedoch zu lange beibehalten oder gar zum Standard erklärt werden, kann das wie eine Bauabstützung im fertigen Wohnzimmer wirken. Sie steht im Weg, behindert und ist letztlich ein Zeichen für nicht abgeschlossene Arbeit.
Ein zweiter Punkt ist für mich das Thema der „vermeintlichen Produktivität“. Beim Hausbau ist es relativ offensichtlich: Wenn ich beim Innenausbau loslege, ohne dass das Dach dicht ist, regnet es mir die Mühe wieder weg. Im Lean-Kontext sehe ich das genauso: Wenn Prozesse optimiert werden, bevor deren Zweck, Schnittstellen oder Anforderungen überhaupt klar definiert sind, dann kann der ganze Aufwand verpuffen oder sogar kontraproduktiv wirken. Das ist dann Aktionismus, vergleichbar mit dem Streichen von Wänden, während draußen noch der Betonmischer läuft.
Und drittens: Die Rolle der Planung. Kein ernstzunehmender Bau beginnt ohne Architektenplan. Und trotzdem weiß jeder, dass dieser Plan im Verlauf angepasst wird, weil sich Dinge anders entwickeln oder weil man auf der Baustelle merkt, dass manches auf dem Papier zwar gut aussah, in der Realität aber nicht funktioniert. Im Lean-Kontext heißt das: Wir brauchen eine Zielvorstellung, beispielsweise einen Wertstromentwurf, aber wir dürfen diesen Plan nicht mit der Realität verwechseln. Experimente, PDCA-Zyklen und vor allem der ständige Abgleich mit dem, was tatsächlich passiert – das ist der Bauleiterblick auf die Baustelle. Sonst bauen wir an der Praxis vorbei.
Ich finde, genau hier liegt der Wert der Metapher: Sie macht sichtbar, dass ein tragfähiges System nicht durch Einzelmaßnahmen entsteht, sondern durch die koordinierte, durchdachte Abfolge und Verknüpfung dieser Maßnahmen. Genauso wie ein Haus erst durch Fundament, Rohbau und Ausbau wirklich ein Ganzes wird. Und dass es eben nicht damit getan ist, ein paar Lean-Werkzeuge „einzubauen“, sondern dass sie auch zu einem stimmigen Gesamtkonzept passen müssen.
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