Wo und warum ein Vakuum für Lean schädlich sein kann

Vakuum

Der Ausgangspunkt für diesen Artikel liegt in einem offensichtlichen physikalischen Effekt begründet, der bewirkt, dass sich ein Vakuum grundsätzlich füllt und damit einen Ausgleich zur Umgebung herstellt.

Dieser Effekt lässt sich auch in den Lean Kontext transferieren, er ist im vergleichbaren Sinn durchaus auch in anderen betrieblichen Situationen wirksam. Er kann sich dabei in mehreren Dimensionen und Ausprägungen bemerkbar machen und sowohl positive wie eher nachteilige Auswirkungen haben. Entscheidend dabei ist, wie bewusst und damit gezielt der Effekt ausgenutzt wird.

Die vermutlich kleinste Dimension sind Kommunikationspausen, d.h. Sprechpausen, speziell am Ende von Fragen, wenn auf Antworten gewartet wird. Beobachten Sie mal diese Situationen, wie lange die beteiligten Menschen hier die Stille aushalten. Zählen Sie in Gedanken die Sekunden bis zu einer ersten Äußerung. Selten werden Sie zehn Sekunden erreichen, so gut wie nie 20. Wenn Sie der Fragesteller sind und nach 10-20 s keine Antwort gekommen ist, werden Sie feststellen, dass Sie unter Umständen selbst das Vakuum gefüllt haben.

Beobachten Sie dabei, mit was sich das Vakuum sprichwörtlich gefüllt hat. War es eine Erläuterung, Präzisierung oder Umformulierung der Frage oder war es vielleicht schon eine Antwort? Hat die befragte Person geantwortet oder ist ein Kollege „eingesprungen“? Welche Intension war dabei erkennbar? Ging es nur um die Antwort oder wurde vielleicht die Chance des Vakuums genutzt, um Vorteile zu erlangen.

Für den Fragesteller lassen sich diese Situationen mit „lerne schweigen, ohne zu platzen“ umschreiben. Wenn die Antwort aus einer anderen Richtung als dem Befragten kommt, ist es wichtig, dass Sie sich zuerst selbst klar machen, welche Absicht Sie mit der Frage hatten. Ging es Ihnen nur um die inhaltliche Antwort (aus einer Gruppe) oder hatten Sie die Fragen in irgendeiner Form mit der befragten Person gekoppelt, bspw. um durch Findung und Reflexion über die Antwort einen Lerneffekt zu erzielen.

„Ein Vakuum, geschaffen durch fehlende Kommunikation, füllt sich in kürzester Zeit mit falscher Darstellung, Gerüchten, Geschwätz und Gift.“

– Cyril Northcote Parkinson

Bei der geschilderten Kommunikationssituation handelt es sich nur um eine einfache Form des Vakuums, die aber im Lean-Kontext durchaus schon eine Bedeutung haben kann.

Kompliziertere oder gar komplexe Situationen können sich ergeben, wenn dazu noch hierarchische Unterschiede kommen oder das Vakuum in projektähnlichen Situationen auftritt, d.h. eine zeitliche und/oder inhaltliche Ausdehnung dazukommt. Außerdem können sich Kombinationen ergeben, bspw. wenn sich bei der Aufgabenverantwortung oder Projektleitung „Schwächen“ ergeben, die auf einer Führungsebene ein Vakuum zur Folge hat. Dabei kann es auch zu sich selbstverstärkenden Kreisläufen kommen, die das Vakuum initial noch fördern bzw. für die Beteiligten stärker wahrnehmbar werden lassen, typischerweise auf einer unbewussten Ebene.

Ähnlich wie bei den Kommunikationssituation mit einmal gegebenen Antworten ist es dann auch bei den Projekt- oder Führungssituationen. Ein einmal gefülltes Vakuum bleibt in der Regel gefüllt. Eine gegebene Antwort kann nicht zurückgenommen werden. Eine übernommene Führungsrolle, selbst wenn das eher informell ist, kann nicht so einfach revidiert werden. Besonders kritisch können solche Situationen eben im Lean-Kontext sein, wenn neben der eigentlichen Arbeit an Prozessoptimierung und Problemlösungen auch noch Beiträge zu einer lernenden Organisation mitschwingen sollen.

Auch im Beratungskontext kann das durchaus eine Herausforderung sein, speziell im Spannungsfeld der Erwartungen an den (externen) Berater bzgl. dessen aktiver Mitwirkung. Diese kann zwar kurzfristig Fortschritte bewirken. Wenn das allerdings im Extremfall zu einer erlernten oder verstärkten Unselbstständigkeit bei den Beteiligten in den Prozessen führt, kann das auch langfristige Nachteile haben, weil dadurch eine Abhängigkeit entsteht.

Im Bezug zum Vakuum (der Problemlösung) ist das dann durchaus für die Beteiligten auf beiden Seiten unbequem, ähnlich wie die Unbequemlichkeiten für den Lerner wie den Lehrer. Je bewusster sich alle Beteiligten diese Situationen machen, desto einfacher ist es damit umzugehen, das Vakuum gezielt auszuhalten und sich nicht den vermeintlich zwingenden physikalischen Effekten hinzugeben.

Besonders häufig kann das genannte Vakuum im Kontext der Layered Process Audits und bei den beiden Elementen der Toyota-Kata auftreten, weil hier oft der hierarchische Unterschied eine Rolle spielt und sich daraus auch ein (vermeintlicher) Wissens- und Erfahrungsunterschied ergeben kann – der durchaus aber wechselseitig eingebildet sein kann.

Wenn Sie mehr darüber wissen möchten, wie diese Effekte bei den Layered Process Audits und der Toyota Kata vermieden werden können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Welche Formen des Vakuums sind Ihnen im Lean-Kontext schon begegnet? Welche Reaktionen haben Sie dabei beobachtet, auch bei sich selbst? Welche Auswirkungen haben sich daraus ergeben?

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