KVP – KEINE Frage der Größe

KVP in Kleinunternehmen

Wenn Sie den Titel dieses Artikel lesen, fragen (!) Sie sich möglicherweise, warum er dann überhaupt in dieser Artikelserie vorkommt. Der Anlass dazu kommt aus meinem Unternehmernetzwerk, als ich vergangenen Mittwoch Gelegenheit hatte, kurzfristig für die sogenannte 10-Minuten-Präsentation einzuspringen. Die Präsentation habe ich als “Fragespiel” gestaltet, was denn meine Netzwerkkollegen motivieren würde, meinen Newsletter (mit Artikeln wie diesem) per eMail zu abonnieren. Eine der Antworten ging in die Richtung der Frage, wie der Kontinuierliche Verbesserungsprozess denn für Unternehmen mit ganz wenigen Mitarbeitern bzw. für Selbstständige funktioniert. Im ersten Augenblick und in Gesprächen nach dem Treffen hatte ich darauf erstmal keine Antwort. Trotzdem hat mir die Frage keine Ruhe gelassen. Damit sind wir schon bei den (für mich) besten Voraussetzungen für einen hoffentlich interessanten Artikel.

Die einfache Antwort auf diese Frage lautet und ist gleichzeitig der Titel dieses Artikels: KVP ist KEINE Frage der Größe, d.h. kontinuierliche Verbesserung funktioniert im Grundprinzip (das schon im Namen steckt) unabhängig von der Unternehmensgröße. Wie Weiterbildung im spezischen fachlichen Umfeld notwendig und von der Zahl der Mitarbeiter unabhängig ist, gilt das auch für die Notwendigkeit und allgemeine Durchführung des KVP.

Bei aller generellen Unabhängigkeit von der Unternehmensgröße gibt es natürlich trotzdem ein paar Aspekte, bei denen sie einen Einfluss ausübt. In diesem Zusammenhang kommt wieder die Frage nach dem Nutzen ins Spiel, die in einem früheren Artikel bereits beantwortet wurde. Im Größenzusammenhang wird sehr schnell relevant, welches (Umsatz-)Volumen in den Prozessen eines Einzelselbstständigen bewegt wird. Natürlich tut man sich leichter bei einem Prozessvolumen von 1.000.000 € Investitionen in den KVP zu tätigen, wenn dadurch bspw. Einsparungen in Höhe von 10 % entstehen, als wenn das Prozessvolumen nur 100.000 € beträgt. Dieser Unterschied wird speziell bei der Einführung des KVP relevant, wenn es darum geht, Basiswissen über den KVP, seine Methoden und bspw. kulturelle Aspekte aufzubauen. Der Aufwand dafür ist von der Zahl der Mitwirkenden in einem Prozess relativ unabhängig. Die Schulungskosten (für den Dozenten) sind für ein bis drei Personen fast ebenso groß, wie für zehn Personen (so lange eben wie der Personenkreis gleichzeitig durch einen Dozenten geschult werden kann).

Kein KVP in Kleinunternehmen?

Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma könnte nun sein, dass gar kein KVP ein- und durchgeführt wird. Dabei besteht allerdings die große Gefahr, dass die Mitbewerber möglicherweise nicht “schlafen” und deshalb der Anschluss verloren geht. Ein anderer Ausweg könnte sein, dass der Know-how-Aufbau in Eigenregie durchgeführt wird. Dagegen spricht allerdings, dass dies dann entweder auf Kosten von Freizeit, Familie und Work-Life-Balance geht oder auf Kosten wertvoller Arbeitszeit, die dann nicht mehr zur Wertschöpfung für die Kunden zur Verfügung steht. Hier relativiert sich also die vermeintliche Einsparung sehr schnell. Überspitzt möchte ich ein Zitat von Henry Ford nutzen, das in abgewandelter Form auch für den KVP gilt:

Wer aufhört zu werben, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu sparen.

Gleichzeitig tritt auch die Notwendigkeit spitzer Arbeitsprozesse für Kleinunternehmen und Einzelselbstständige deutlich zu Tage. Durch die Fokussierung auf wenige Kernleistungen entsteht schon automatisch eine Verschlankung der Prozesse in vielen Bereichen – ein wichtiger Punkt, der auch gegen den oft anzutreffenden Bauchladen spricht, auch unter dem o.g. Aspekt der notwendigen Weiterbildung. Wenn ich nur ein enges Leistungsspektrum habe, kann ich mich auch in der Weiterbildung darauf konzentrieren und ein Expertenstatus ist viel leichter und schneller zu erreichen als bei einem breiten Leistungsspektrum.

So weit also erstmal die Einführungsanteile des KVP und die fehlende Größenabhängigkeit. Was ist nun mit der Durchführung des KVP in kleinen Unternehmen und bei Einzelselbstständigen? Was hier möglicherweise fehlt, ist die Gelegenkeit des Austauschs mit anderen Kollegen, die im gleichen Prozess arbeiten. Es entfällt also die Gelegenheit durch Brainstorming Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden. Dieser Punkt lässt sich jedoch dadurch kompensieren, dass in kleinen Unternehmen, der einzelne Mitarbeiter oft viel größere Prozessanteile bearbeitet und er dadurch mit mehr Kollegen an den Prozessschnittstellen zu tun hat. Wenn diese nun in die Verbesserungsarbeit einbezogen werden, entstehen wiederum die oben vermissten Synergieeffekte. Dazu kommt dann noch ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt, der oft ein Dilemma in Kleinbetrieben darstellt. Es geht um die oft fehlenden Vertretungslösungen (bei Urlaub und Krankheit). Durch die gemeinsame Arbeit im KVP entsteht fast automatisch auch Wissen um die Arbeitsanteile der Kollegen und damit die Möglichkeit diese in Abwesenheit zu vertreten.

Diese gemeinsamen Aktivitäten lassen sich auch wieder in den Bereich der Einführung und notwendigen Fortbildung zurückführen. Da die Grundprinzipien des KVP in weiteren Bereichen von den Prozessinhalten unabhängig ist, können die notwendigen Schulungen auch bereichsübergreifend bzw. für alle Mitarbeiter des kleinen Unternehmen durchgeführt werden. Dieser Punkt lässt sich sogar auf die Spitze treiben, wenn sich mehrere Kleinunternehmen zusammentun und die Mitarbeiter bzw. die Einzelselbstständigen Schulungen gemeinsam besuchen und dadurch der Investitionsanteil pro Kopf ein ähnliches Maß erreicht, wie es in mittleren und größeren Unternehmen der Fall ist. Dieser letzte Aspekt lässt sich dann bspw. auch auf generelle (Prozess-)Optimierungsthemen ausdehnen. Letztlich sind z.B. Angebotsprozesse oft branchenunabhängig und auch hier können durch firmenübergreifende Aktivitäten Synergieeffekte auf verschiedenen Ebenen eintreten.

Wie ich in diesem Artikel (trotz meiner eigenen anfänglichen Zweifel) dargelegt habe, ist der KVP also KEINE Frage der Größe des Unternehmens. Mit etwas Kreativität lassen sich viele Möglichkeiten ausschöpfen, die vermeintlich sonst nur mittleren und großen Unternehmen zur Verfügung stehen.

Frage: Wo sehen Sie bei kleinen Unternehmen noch ungenutztes Potenzial und Synergien in den Prozessen und deren Optimierung?

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