Kaizen 2 go 297 : Lean in der Krankenhaus-Medizintechnik


 

Inhalt der Episode:

  • Mit welchen Themen beschäftigt sich die Krankenhaus-Medizintechnik grundsätzlich?
  • Wie hat der Einstieg in Lean ausgesehen, was war der Impuls dazu?
  • In welcher Ausprägung kommt Lean dabei zum Einsatz?
  • Welche besonderen Herausforderungen bestehen dabei?
  • Strahlt Lean & Co. dabei auch in den ärztlichen und pflegerischen Bereich aus?
  • Welche Erfahrungen lassen sich aus dem technischen Bereich in den ärztlich-pflegerischen Bereich übertragen?
  • Welche Reaktionen ggü. Lean gibt es von der Belegschaft im Krankenhaus?
  • Welche Rolle spielt die Krankenhausleitung beim Thema Lean?
  • Was ist Deine Empfehlung an jemand, der sich mit Lean im Krankenhaus beschäftigen will? Wie sollte er/sie in das Thema einsteigen?
  • Welche Formen des Transfers von/zur klassischen Industrie sind sinnvoll, welche Erkenntnisse lassen sich übertragen, was kann man von einander lernen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 297 : Lean in der Krankenhaus-Medizintechnik

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Oskar Khalil bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist der Leiter der Medizintechnik in einem Krankenhaus. Hallo Oskar.

Oskar Khalil: Hallo Götz, vielen Dank für die Einladung zu deinem tollen Podcast.

Götz Müller: Ja, schön, dass das heute klappt. Ich glaube, wir haben ein paar spannende Themen. Ich habe schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gern nochmal den Zuhörern mit zwei, drei Sätzen vor.

Oskar Khalil: Ja, gerne, Oskar Khalil mein Name, ich habe einen klassischen Handwerksberuf erlernt am Anfang, das war Elektriker und dann habe ich einige Weiterbildungen gemacht, zum Elektroniker, und war dann einige Jahre in der Elektroplanung beziehungsweise im Projektmanagement von einem mittelständischen Unternehmen tätig und, ja, so 10 Jahre später nach der Ausbildung habe ich dann meinen Techniker für Medizintechnik gemacht und bin nun seit, ja, fast drei Jahrzehnte im Krankenhaus tätig. Aktuell leite ich die Medizintechnik im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart.

Götz Müller: So, jetzt könnte ich mir vorstellen, dass die Laien und da zähle ich mich jetzt auch dazu, nicht wirklich wissen, was steckt hinter Krankenhaus-Medizintechnik. Vielleicht sagst du einfach mal auch dazu noch ein paar Sätze, damit dann die Lean-Leute das einordnen können, was Lean da für eine Rolle spielt.

Oskar Khalil: Ja, gerne. Die Medizin hat ja viele Themen, so wie eben ein Krankenhaus selbst ein höchst komplexes und dynamisches Gebilde ist, ist die Medizintechnik ähnlich komplex geworden und wer mehr über ein Krankenhaus wissen möchte, ich habe mir das aufgeschrieben, und zwar du hattest einen Herrn Gottschalk zu Gast, das ist in der Folge 199 gewesen und der, finde ich, kann wie kein Zweiter die Situation im Krankenhaus beschreiben und das ist auch etwas, was man nicht in zwei Sätzen veranschaulichen kann. Viele der eigenen Mitarbeiter verstehen gar nicht, wie ihr eigenes Krankenhaus funktioniert und doch geht es. Speziell Medizintechnik, bei meinem Start in die Medizintechnik gab es noch Schreibmaschine und Durchschlagformulare und es waren tatsächlich echt noch Handakten und zu der Zeit, das war Anfang der 90er, waren die Gesetze auch noch überschaubar. Inzwischen sieht die Welt anders aus. Das Spektrum ist riesig geworden. Wir planen, wir beschaffen, wir organisieren, wir beauftragen, ja, wir reparieren, wir prüfen, wir betreuen und wir kommunizieren natürlich und, nicht zu vergessen, wir dokumentieren jede Menge Dinge. Ich gebe dir jetzt einfach mal so ein paar Kennzahlen zu unserer Medizintechnik und dann möchte ich natürlich als Erstes mein wunderbares Team nennen, die letzten zwei Jahre, da gab es ja diese Veränderung bei uns, da haben wir wirklich Großes geleistet, gemeinsam, und etwas Wunderbares aufgebaut. Und wir haben zudem noch, wir sind achteinhalb feste Mitarbeiter und wir haben zudem noch FSJler, das sind junge Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr machen und eine wirklich ganz tolle Arbeit ableisten. Das ist für mich immer wieder superspannend, was junge Menschen da, ja, was sie leisten, was sie mitbringen, das Interesse ist riesig. Wir haben noch Werkstudenten, ganz tolle, und natürlich immer wieder Praktikanten. Gegenwärtig betreuen wir ungefähr 14.000 Anlagen und das natürlich mit steigender Tendenz. Da ist alles dabei, da sind bildgebende Verfahren dabei, sprich radiologische Geräte, das sind MRTs, CTs, das ist ja allgemein bekannt und natürlich auch viele klassische Röntgen-Anlagen. Wir haben einen riesigen Fuhrpark an Sonographiegeräten, unheimlich viel Infusionstechnik, viel Überwachungsmonitoring und natürlich die Infrastruktur, die dafür notwendig ist. So Medizinprodukte, die werden nicht einfach eingekauft und dann stellst du es hin auf der Station und der Abteilung und sagst du „So, jetzt arbeitet damit“, das wäre zu einfach. Inzwischen brauchst du für jedes Gerät spezielle Konfigurationen, die einprogrammiert werden. Wir haben für viele Geräte Medikamentendatenbank, diese Geräte haben hunderte von Funktionen und die benötigt man natürlich nicht alle und so werden die für den Anwender eben nach deren Bedürfnissen programmiert. Ja, und was haben wir noch? Wir haben einen ABI, einen sogenannten Anlagebetreuungsindex, der liegt bei ungefähr 2.200 Anlagen pro Techniker. Das ist natürlich immer noch zu hoch, aber daran arbeiten wir. Wir bearbeiten ungefähr dreieinhalb bis viertausend Störmeldungen im Jahr und auch da geht der Zeiger nach oben. Das wird also auch mehr. Wir überwachen über 10.000 Termine und das sind so Termine wie sowie Wartung, Sicherheitsprüfungen. Dann haben wir messtechnische Kontrollen, Eichungen, Kalibrationen, Konstanzprüfungen, um eben nur einige zu nennen, damit wir diese gesetzlichen Vorgaben einfach erfüllen. Was haben wir noch? Wir haben unheimlich viel vernetzte Umgebungen. Es gibt Server nur für die Medizintechnik, es gibt separate und sichere Netzwerke, natürlich mit Unterstützung unserer IT-Kollegen und wir haben in unserem, wir haben eine leistungsfähige Software natürlich, ja, ohne das wäre es gar nicht möglich. In der Software drin haben wir über 4.000 verschiedene Anlagetypen, das ist per se schon eine riesige Herausforderung. Das bedeutet, dass so ein Techniker einen riesige hohe Bandbreite an Erfahrung und Wissen mitbringen beziehungsweise über Jahre aufbauen sollte. Und wenn du jetzt mal den Alltag siehst von so einem Techniker, der ist morgens bei einem Sonographiegerät, das irgendwie in Wehwehchen hat und kurz danach ist er auf einer Intensivstation und guckt sich einen Überwachungsmonitor an und kurz danach ist er in der Notaufnahme und schaut nach einen EKG, das falsch ableitet oder das eben, ja, irgendwelche Dinge hat, wo man nachschauen sollte. Du siehst, ein Medizintechniker benötigt ein breites Wissen und zudem betreut jeder meiner Kollegen noch Anlagen in der Tiefe, also jeder bekommt noch eine Spezialisierung. Ich weiß nicht, wie Götz, wie schätzt du, wie lange ist denn so die Einlernphase von so einem Medizintechniker, was glaubst du?

Götz Müller: Boah, also ich glaube, egal was ich jetzt sage, ich bin zu tief, also ich lieg zu tief …

Oskar Khalil: Aber was denkst du so?

Götz Müller: Ha, ich würde fast sagen, das muss man eher, gut, da ist jetzt die Frage, nehme ich die Lehrzeit?

Oskar Khalil: Nehmen wir nur mal, sag mal nach dem Studium, ok, ich meine, jemand, der relativ frisch vom Studium kommt beispielsweise.

Götz Müller: Ja, lass mich überlegen, also a) glaub ich mal, es endet nie, das heißt, man kann hier nicht sagen, es ist fertig, sondern ich glaube Medizintechnik entwickelt sich auch ständig fort, alte Sachen verschwinden vom Gebrauch, wenn man an so ein klassisches, also wie gesagt, blutiger Laie, an ein analoges Blutdruckmessgerät oder sowas denkt, was ja auch im Grunde Medizintechnik ist bis hin zu halt millionenschweren, bildgebenden CTs und sonstigen Geschichten. Also ich glaube eben, dass man a) nie ausgelernt hat, aber ich würde das dann schon fast in Richtung Jahre.

Oskar Khalil: Ja, so ist es. Wenn jemand wirklich relativ frisch ist in der ganzen Materie braucht er etwa zwei bis vier Jahre, bis er eingelernt ist und dann geht es erst richtig los, weißt du, mit Spezialschulungen und natürlich Aufbau der Erfahrungen. Wenn du einen Profi hast, der zehn, zwanzig Jahre dabei ist, der braucht an einer neuen Arbeitsstelle auch erstmal ein, zwei Jahre, um die ganze Infrastruktur kennenzulernen und die ganzen Schnittstellen und dann sollte der der Kollege noch am besten kommunikativ und teamfähig sein.

Götz Müller: Ja, spannend. Also ich weiß nicht warum. Ich hatte gerade das andere, vielleicht Extrembild eines Verkehrspiloten vor meinem geistigen Auge kurz, der aber wahrscheinlich, was die Anzahl der Flugzeugtypen, auf denen er geschult ist, wahrscheinlich eine Hand ausreicht. Gut, so ein Flugzeug ist natürlich auch ein hochkomplexes Ding, aber ich könnte mir vorstellen, an der ein oder anderen Stelle sind eure Sachen, vielleicht nicht ganz so zeitkritisch, im Sinne von das Flugzeug fliegt halt und ich kann mir jetzt nicht eine halbe Stunde Zeit nehmen, wenn da irgendwo eine Lampe blinkt oder so, aber die Verantwortung, könnte ich mir vorstellen, die bei euch zugrunde liegt, lässt sich vielleicht fast sogar vergleichen.

Oskar Khalil: Ja, die Verantwortung ist sehr hoch, am Ende der Kette ist halt meistens noch ein Mensch angeschlossen, entweder direkt oder indirekt, ja, und zusammengefasst haben wir natürlich schon ein sehr anspruchsvolles Level erreicht, aber das ist auch das, was den Job richtig interessant macht, weil langweilig wird es uns nicht.

Götz Müller:Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Gut, jetzt haben wir natürlich auch das Thema Lean vor uns und jetzt natürlich da die Frage mal: Was war der Einstieg? Also, so der Ausgangsimpuls für dich zu sagen, okay, Lean ist eine spannende Sache, da will ich mal tiefer reingucken.

Oskar Khalil: Ja, meinst du jetzt meinen persönlichen Einstieg oder der Einstieg jetzt vom Robert-Bosch-Krankenhaus in der Medizintechnik in der Medizintechnik.

Götz Müller: Sowohl als auch.

Oskar Khalil: Okay. Also mein persönlicher ging ja klassisch über das Prozessmanagement. Das hat mich schon immer begeistert und immer interessiert und da habe ich schon viel damit gemacht. Vor einigen Jahren, wie es der Zufall so möchte, weißt du guckst halt im Internet, was es so und da habe ich per Zufall ein Video vom Paul Akers gesehen, wie fast jeder, der irgendwie mit Lean was macht und er sprach da immer über Lean und ich kannte den Begriff ja gar nicht, nicht im Zusammenhang mit Prozessmanagement und dann habe ich mir sein Buch runtergeladen, das ist ja kostenlos und viele, viele Videos von ihm, und auch von anderen, verschlungen und das fand ich irgendwie super, super interessant. Also es gab zu dem Prozessmanagement im Prinzip eine Fortsetzung, für mich jedenfalls, und ich habe dann so ein Dokument zusammengestellt, mit vielen Links und habe das meinem damaligen Team gegeben und hab gesagt „Leute, könnt ihr euch das mal anschauen, wäre das interessant für uns? Gebt mir doch bitte mal eine Rückmeldung dazu.“ und einen Tag später haben sie gesagt „Du, ab morgen machen wir das.“ und ok, also das finde ich jetzt interessant.

Götz Müller: Das ist im Grunde der Traum.

Oskar Khalil: Ja, das ist etwas Traumhaftes und wir haben dann eben, Learning By Doing, 5S gemacht und sind immer tiefer in die Materie eingestiegen, natürlich kamen später Fortbildung dazu und so habe ich im Prinzip Lean kennengelernt und die letzte Klinik, wo ich war, eben auf Lean-Management umgestellt. Wir hatten das Glück, dass es keinen Druck gehabt von der Klinikleitung, sondern wir haben im Prinzip auch experimentieren dürfen und das war natürlich schon toll. Ja, wie kam dann das Robert-Bosch-Krankenhaus beziehungsweise die Medizintechnik dazu? Da würde ich gern noch ein bisschen ausholen, weil wir sollten uns einfach mal die Situation im Allgemeinen in den Krankenhäusern mal anschauen. Wie sind denn die so aufgestellt in der Medizintechnik? Und weißt du, viele Krankenhäuser schaffen es inzwischen fast nicht mehr eine eigene funktionierende Medizintechnik aufrechtzuerhalten und die Probleme sind halt einfach klassisch, weißt du, das sind Ressourcen-Probleme, man findet eben keine passenden Mitarbeiter oder es werden keine Stellen nachbesetzt, wenn jemand geht, oder zu wenig Stellen. Ja, oder man erkennt auch den Wert nicht der Abteilung und lässt die so wie vor sich hin verwelken und man merkt es dann erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und wenn es halt massive Sicherheits- und Versorgungsprobleme gibt und traditionell hängt die Medizintechnik oftmals auch in irgendeiner Abteilung und in dem Wort Medizintechnik steckt halt Technik, also hat man gesagt früher, der Beruf ist ja relativ neu, und schiebt es zur Haustechnik. Da gehört ihr hin und das ist halt so. Jetzt die letzten Jahre haben wir halt immer mehr Schnittstellen zur IT bekommen, ja, und was macht man dann? Man schiebt dann die Medizintechnik wie so einen Spielball von der Haustechnik zur IT und meint dann damit, dass man eine Veränderung eingeleitet hat und fortan wird es besser und das ist natürlich ein Trugschluss. Aus meiner Sicht jetzt, meiner persönliche Ansicht, ist das einer der größten Fehler, die man überhaupt machen kann. Und wir sind eine eigene Berufsgruppe, das ist ein eigener Studiengang, also warum nicht autark aufstellen? Ja, wenn die Verzweiflung halt ziemlich groß ist und nichts geht mehr, dann holen sich manche Kliniken halt Hilfe von Dienstleistern und begeben sich in eine Abhängigkeit, von der es im Prinzip fast keinen Zurück mehr gibt.

Götz Müller: Mhm, also sprich, dass ich auf den Hersteller zugehe und sage „Hey, warte mal ein Teil davon, warte du mir meine Geräte“.

Oskar Khalil: Ja, das haben wir. Wir haben sowieso viele Dienstleister, weil das schaffst du ja gar nicht alleine bei dem riesigen Fuhrpark und teilweise gibt es ja auch unheimlich viel Spezialisierung und die Tiefe wir haben einige medizinische Geräte, da kosten die Messgeräte dazu, zum Kalibrieren, sagen wir hunderttausend Euro, jetzt hast du davon drei Stück oder fünf, das lohnt sich dann natürlich nicht. Dann beauftragst du die Firma. Und wenn du jetzt mal die modernen, radiologischen Geräte siehst, da kannst du eben nur First Time Service machen, weil die zu speziell geworden sind. Ja, und beim Robert-Bosch-Krankenhaus war es halt so, es beginnt vieles mit Bauchschmerzen, es passiert oft, dass ein Unternehmen schnell wächst und einige Abteilungen eben nicht so richtig schnell mitwachsen und nach einer gewissen Zeit gibt es dann halt Notwendigkeiten, dies zu beheben. Und die Geschäftsleitung hat das damals rechtzeitig bemerkt und hat gesagt „Okay, wir müssen etwas tun?“ und die haben bei mir angefragt und sich das vor Ort angeschaut und wir haben offen darüber diskutiert. Und ich denke, das ist auch ganz wichtig, dass wir vorher einige Fragen diskutieren, zum Beispiel, wo wollen wir hin und was ist unser Ziel. Wollen wir im Prinzip nur ein oder zwei Stellen schaffen und so weitermachen wie vorher, nach dem Motto „Ihr habt jetzt zwei Leute mehr und dann wird es schon werden“, das funktioniert natürlich nicht, gell? Oder wollen wir wirklich eine Veränderungen einläuten. Ich nenne es jetzt mal Medizintechnik 4.0, beim einen ist es 3.0, beim anderen 5.0, kann jeder halten, wie er möchte. Also wie schaffen wir es, dass eine Abteilung für die Zukunft gerüstet, ne?

Götz Müller: Ja, was ich auch rausgehört habe, unheimlich viele Schnittstellen, eben in den unterschiedlichen Prozessen, also Richtung IT, natürlich dann Richtung ärztlich-pflegerisches Personal in irgendeiner Form vermutlich auf viele, viele Schnittstellen und dann die Vielzahl der Geräte und der dahinterliegenden Hersteller. Und wie du es gerade gesagt hast, so eine Kalibrierung, vielleicht einmal im Jahr, ich weiß nicht oder vielleicht noch seltener.

Oskar Khalil: Das ist verschieden, das hängt vom Hersteller ab. Weißt du, manche Geräte, die müssen halbjährlich geprüft werden, es gibt einige Beatmungsgeräte, es gibt welche, die werden jährlich geprüft, manche alle 24 Monate. Das geht nach Herstellerangaben hauptsächlich. Und, ja, das kommt natürlich, da kommen auch die Ganze zehntausend Termine zusammen im Jahr, die wir haben. Teilweise hast du auch manche Geräte, die haben drei Termine im Jahr, zum Beispiel so Module von einem Überwachungsmonitor, da hast du drei Termine pro Modul, du hast einen Sicherheitsprüfung, du hast eine Kalibrierung und hast eine MTK, messtechnische Kontrolle, in einem Modul. So etwas gibt es auch. Bei uns war halt auch das Thema, wie schaffen wir bestmögliche Rahmenbedingungen, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit erfolgreich und gut durchführen kann? Und was noch wichtig war, was sind die Grundbedürfnisse von den Kollegen. Es ist ja nicht immer Geld, ja, Geld ist zwar wichtig, gehört dazu, aber es geht ja um andere Dinge, ob es jetzt Wertschätzung ist, Selbstverantwortung. Irgendwie geht es halt doch um die Sinnhaftigkeit deiner Arbeit und wir haben uns zusammengesetzt und daraus ist das Konzept entstanden und wir sind im August 2020 gestartet mit einem neuem Projekt. Das hieß Medizintechnik 2024 und das Interessante daran ist, im Mittelpunkt steht eine neue und geleante Medizintechnikabteilung. Meine Aufgabe ist es, diese Abteilung von Anfang an mit den Lean-Prinzipien aufzustellen und das ist natürlich etwas Neues und das war der Startschuss für unser Lean-Management.

Götz Müller: Ja, okay. Gut, jetzt hattest du natürlich einen, im Grunde der Klassiker, genannt, 5S und ich glaube, damit wir alle, also sprich die Zuhörer und ich, so ein bisschen noch ein Gefühl dafür kriegen, wo kommen denn, ja, auch wenn Lean natürlich viel mehr als die reinen Werkzeuge ist, aber ich glaube, um ein Grundverständnis zu kriegen, nochmal für die Vielfalt durch die Lean-Brille, glaube ich, wird es sehr spannend sein, das noch, ja, stärker, in Anführungszeichen, zu beschreiben, wo jetzt Lean-Elemente, Lean-Aspekte, Lean-Konzepte zum Einsatz kommen in der Medizintechnik.

Oskar Khalil: Also bei uns kommt es natürlich in voller Ausprägung zum Einsatz, also Lean ist tatsächlich unser Mittelpunkt. Wir betrachten da grundsätzlich mal zwei Ebenen, das ist einmal die Organisationsebene und einmal die Kommunikationsebene und aus unserer Sicht sind viele Probleme halt organisatorische Probleme. Also haben wir hier zuerst angesetzt, die Kommunikationsebene ist genauso wichtig, die gehört dazu. Bloß wenn du nicht ein Fundament einer funktionierenden Abteilung hast, dann wird’s schwierig. Dann kommt ein Techniker und der geht dann auch gleich wieder, wenn er sagt „Ich bin eh den ganzen Tag nur am Suchen“. Und das sind natürlich die Themen, im Lean Management. Bei uns hauptsächlich suchen, warten. Wir warten aktuell viel auf Ersatzteile usw. und der Start war halt mit 5S, aber wir betrachten natürlich auch die Verschwendungsarten. Wir haben Kanban, ganz klar, und ein wichtiger Bestandteil bei uns ist das Morgenmeeting, also ohne Morgenmeeting wäre es in der Form aus meiner Sicht gar nicht möglich. Das ist essentiell.

Götz Müller: Ja, wahrscheinlich, weil dann wiederum jeder den Tag über ja irgendwo rumspringt, in Anführungszeichen, und halt, man kommt, ja, ich glaube, da ist der dieser handwerksähnliche Teil, also sprich der eine Trupp ist auf der Baustelle, der andere Trupp ist auf der Baustelle und so eine Gemeinsamkeit entsteht ja dann da fast gar nicht, jeder hat seine eigenen Baustellen und bei euch sind es vielleicht sogar, jede einzelne Person hat ihre eigene Baustelle oder vielleicht sogar fünf oder zehn am Tag.

Oskar Khalil: Ja, genau richtig. Also wir müssen die Leute schon mal, ich sage einfach, wir sollten uns einfach mal morgens kurz synchronisieren, weil sonst springt ja jeder in eine Richtung und man wundert sich dann am Abend, ja, was ist eigentlich den ganzen Tag passiert? Wir dokumentieren natürlich auch unsere Tätigkeiten, das gehört dann auch.

Götz Müller: Ja, und da natürlich sicher einerseits, ich glaube, das liegt ziemlich auf der Hand, die Pflicht halt einfach da, zu dokumentieren, andererseits wenn man aber schaut, ob das jetzt wirklich wertschöpfend ist, im Lean-Sinne, muss man wahrscheinlich eher mit dem Kopf schütteln, oder? Was mich einfach noch unheimlich interessiert ist, ihr lebt ja nicht alleine auf der Welt, in eurer Abteilung, sondern ihr habt ja unheimlich viele Schnittstellen, das hattest du ja schon gesagt, ihr macht Lean, was bedeutet das für den Rest eures Krankenhaus?

Oskar Khalil: Als erstes Mal betrifft es ja die eigene Abteilung. Das ist essentiell, dass wir Lean selbst erstmal betreiben. Das geht auch nur innerhalb der eigenen Abteilung, es färbt natürlich nach und nach ab in der anderen Bereiche, aber als erstes Mal brauchst du eine funktionierende Abteilung. Wenn wir unseren Laden selbst nicht im Griff haben, ja, wie können wir dann einen guten Service bieten? Und wir haben halt unheimlich viele Geräte. Wir haben nicht nur nicht nur digital, wir sind ja auch analog unterwegs, wir haben viele Hardware. Das heißt, wir haben eine Werkstatt und die Leute messen noch und prüfen noch dort. Also wir müssen unsere Prozesse erstmal im Griff haben und erst dann können wir guten Service liefern.

Götz Müller: Was bedeutet das dann eben Richtung ärztlich-pflegerisches Personal? Wenn also, angenommen, ihr seid in diesem Idealzustand, den man aber im Grunde auch nie erreicht, beziehungsweise man ihn immer noch weiterentwickeln kann?

Oskar Khalil: Ja, genau.

Götz Müller: Welche Wechselwirkungen gibt es mit den, ja, nennen wir es medizinischen Prozessen und inwieweit spielt da dann Lean eine Rolle für euch, ja, ich glaube, das ist ziemlich deutlich, was passiert, wenn aber die andere Seite, die andere Seite in Anführungszeichen, nicht so mitmacht, wie es für euch passend wäre? Weil im Grunde seid ihr ja umgekehrt aber auch eben Dienstleister vor allen Dingen.

Oskar Khalil: Genau. Wir sind Dienstleister und natürlich strahlt das so ganz langsam nach außen. Wir kriegen das schon mit, dass sich da etwas tut, ich spüre das aber hauptsächlich natürlich am Service, weil jede Abteilung ist auch mit sich selbst beschäftigt. Die haben ja ihre eigenen Bereiche und diese Bereiche haben ihre eigenen Standards auch. Eine Klinik besteht ja fast nur aus Standards und aus Regularien und Gesetzen und zuerst mal sind die mit sich beschäftigt, die spüren natürlich schon, dass sich da etwas tut, anhand der Zugriffszeiten, anhand der Reparaturzeiten an sich, da tut sich schon etwas. Das spüren die. Aber selbst, ich glaube, da ist jeder für seine Abteilung verantwortlich.

Götz Müller: Ich meine, jetzt im, in Anführungszeichen, klassischen Lean-Kontext gibt es ja manchmal so schöne Effekte, dass man irgendwo mit einem Pilotbereich anfängt und dann funktioniert es toll und bei euch, habe ich jetzt aus deinen Erzählungen herausgehört, dass die Menschen im Grunde gleich Feuer und Flamme waren, was jetzt auch nicht unbedingt die Regel ist und dann gibt es aber immer wieder diese schönen Effekte, so mit den Hufen scharren oder mit den Nägeln über den Tisch kratzen, „will ich auch haben“ und da wäre jetzt meine Frage, ob du, ob ihr so etwas schon erlebt habt, dass also aus anderen Bereichen so ein bisschen die Frage im Raum steht: „Was machen denn die, das funktioniert alles so cool

Oskar Khalil: Ja, ganz klar, wie ich vorhin gesagt habe, das strahlt natürlich schon nach außen und ich halte inzwischen auch in einen Lean-Management-Vortrag bei unserem Bildungszentrum und auch bei anderen Abteilungen und wir machten unheimlich viele Begehungen durch die Medizintechnik. Die gehen da mit einem Blumenstrauß an Ideen raus, aber du weißt selbst, wie das ist. Für die Umsetzung von Lean Management, da brauchst du zum einen eine Unterstützung von Führungskräften, weil sonst kannst du nur Lean an deinem Arbeitsplatz machen und eine Abteilung im Krankenhaus besteht halt aus, zum Beispiel in der Pflege, aus relativ vielen Menschen, dann haben die ja noch Drei-Schicht-Betrieb. Das heißt, du kannst jetzt heute sagen, ich mache Lean und räume das Lager auf, dann kommst du paar Tage später, da sind mehrere Schichten drüber gegangen, dann sieht das Lager wieder aus wie Kraut und Rüben, ja, und da kann keiner was dafür. Also das ist im Krankenhaus selbst eine riesige Herausforderung, ja.

Götz Müller: Ja, ja, ja, ist nachvollziehbar. Also das Thema Schichtwechsel oder Schichtbetrieb ist in ganz vielen Unternehmen ein Thema, einerseits, weil man sich halt nur ganz schwierig austauschen kann, über die Schichten hinweg, und dann genau diese Effekte, wie du es gerade erzählt hast eben, die eine Schicht macht vielleicht irgendwas und die andere, nicht böse gemeint, aber im Grunde reist sie es manchmal fast wieder ein.

Oskar Khalil: Ja, ganz klar. Da kannst du eben auch mit KVP nicht ankommen, gell? Du musst die Leute halt alle abholen für das Thema, ja.

Götz Müller: Ja, gut. Jetzt vielleicht nochmal die ein bisschen provozierende Frage oder hinterfragende Frage: Nicht jeder schreit ja Hurra, wenn das Thema Lean in irgendeiner Form ansteht, aus den unterschiedlichsten Gründen, mal so etwas ganz Neutrales, wie einfach Veränderungen, wo halt Menschen nicht unbedingt so hinterher sind bis zu manchmal versteckten Ängsten, „Was wird aus meinem Arbeitsplatz, mache ich mich vielleicht überflüssig?“, solche Gedanken sollte man ernst nehmen und nicht so einfach vom Tisch wischen. Was sind da die Erlebnisse, die du hattest und vielleicht sogar noch hast und auch eben, du hattest, gerade den spannenden Punkt erwähnt, in der Kommunikation mit anderen eben, über Vorträge und andere Dinge?

Oskar Khalil: Ja, zuerst einmal braucht Lean, du brauchst ein Verständnis dafür, dass du eine Veränderung brauchst, dass wir uns auf die Veränderung einlassen müssen und dafür benötigt ja jeder Zeit, unter anderem auch ich. Und weißt du, ich habe so wie du eine Lean-Brille auf, weil ich etwas mehr Erfahrung habe und sehe die Probleme der Prozesse einfach etwas schneller, aber nur weil ich es im Kopf habe, ist es ja nicht automatisch in den Köpfen von den Kollegen und das Wissen, transparent weiterzugeben, das war und ist immer noch eine große Herausforderung, und das ist mir auch nicht immer gelungen. Also du hast ja nicht immer Erfolge und wenn das halt nicht so funktioniert, muss der Weg immer noch offen sein, um zu sagen, wir kehren um, wir machen etwas anderes und wir haben ja immer noch den Alltag, das Tagesgeschäft, also unsere Anlagen pausieren ja nicht für ein halbes Jahr, bis du dann mit deinem Lean durch bist, ja, und was wir nicht vergessen dürfen, wir sind voll in der Covid-Zeit gewesen, in der Anfangszeit, was die Sache natürlich richtig erschwert hat, aber um vielleicht mal ein Beispiel zu nennen, ich hab da auch eine sehr steile Lernkurve gehabt. Ich habe die Morgen-Meeting-Checkliste von meinem vorherigen Team mitgebracht, habe dann gesagt „So, hier Morgen-Meeting, machen wir jetzt“, wir haben eine Stunde gebraucht, bis wir fertig waren damit. Und dann sagte irgendwann mal ein Kollege „Das ist doch viel zu lang.“ und dann habe ich gesagt „Du, du hast recht, das kann so nicht funktionieren.“, ja, und also meine Erkenntnis war, auch wenn zwei Abteilungen genau dasselbe machen, sind sie halt doch verschieden und wir haben dann die Morgen-Meeting-Checkliste neu gemacht und an unsere Bedürfnisse angepasst und heute benötigen wir so, mit noch viel mehr Punkten, so circa 15 Minuten im Schnitt. Ja, das ist natürlich etwas ganz Feines, da kann dann etwas entstehen und wir machen ja unter anderem auch noch Teambuilding-Workshops und reden darüber und ich sage da direkt, dann muss jeder mitarbeiten und auch moderieren, weil das Ganze ist ja irgendwie auch ein Dialog und Lean ist nichts, das kennst du auch, was man einfach diktieren kann. Du kriegst jetzt hier eine Stunde Lean-Vortrag und jetzt bist du fit und dann schick ich dich hinaus ins Zentrallager und dann du fängst hier mal an, das geht natürlich nicht. Also jeder ist da gefragt und jeder sollte da mitmachen und das ist die eigentliche große Herausforderung.

Götz Müller: Ja. Jetzt möchte ich noch eine Chance ergreifen, weil ich auch glaube, dass das den Zuhörern viel bringt, jetzt ist ja, zumindest wieder durch meine, vielleicht naive, Laien-Brille Lean im Krankenhaus, in der Medizintechnik, vielleicht nicht das, nennen wir es mal Allerweltsthema, und was ich glaube den Zuhörern auch wieder etwas bringt, wenn wir jetzt noch uns ein paar Minuten drüber unterhalten, was so deine Lernerfahrungen waren, die sich vielleicht in ganz andere Situationen übertragen lassen und da greife ich halt noch mal so einen Klassiker auf, der jetzt von anderen immer mal wieder berichtet wird, egal in welchem Kontext, so diese Aussage „Ja, wir bauen doch keine Autos, das funktioniert bei uns nicht“ und die allermeisten, wo auch immer ich unterwegs sind, baue ich ja keine Autos und im Krankenhaus natürlich besonders und deshalb vielleicht die Frage da, ja, a) gab es solche Reaktionen? b), wie seid ihr damit umgegangen? und ein Stück weit, dann, ja, am Ende des Tages, wie gelingt es jemanden davon zu überzeugen, ich muss nicht Autos bauen, damit Lean funktioniert?

Oskar Khalil: Ja, natürlich war das eine Herausforderung. Lean ist einmal erstmal Lean. Das ist dasselbe Lean, aber das ist ein anderer Einsatzort und, ja, natürlich wünsche ich mir persönlich einfach ein bisschen mehr Verständnis fürs Krankenhaus, weil ein Krankenhaus tickt halt doch ein bisschen anders, wie die Automobilbranche und wir sind ja in dem Sinne kein Hersteller, wir haben halt kein Produkt, das wir irgendwie jetzt bauen. Ich hatte in meiner Lean-Schulung, ich habe ja den Lean-Manager, habe ich auch gesagt „Du wir sind ein Krankenhaus“, zu dem Dozenten, das ist egal, Prozess ist Prozess. Wenn es den Patienten schlechter geht, dann beginnt ein Prozess, um den Zustand wiederherzustellen. Ja, also es sind alles Prozesse, wenn man es genau nimmt und das spielt im Krankenhaus die gleiche Rolle wie in der Automobil-Industrie. Wir haben natürlich andere Rahmenbedingungen, das darf man nicht hundertprozentig vergleichen. Ja, wenn du jetzt, Götz, sagen wir mal, du bestellst dir eine S-Klasse beim Daimler oder keine Ahnung, deinen 7er-BMW oder wie auch immer und wo tauchst du in dem Herstellungsprozess auf? Du bestellst das Auto und wann tauchst du wieder auf?

Götz Müller: Mhm, ja. Ja, eher nur ganz kurz, unterm Strich vielleicht eine halbe Stunde, wenn das Auto übergeben wird, wenn es hochkommt.

Oskar Khalil: Genau. Du tauchst bei der Abholung auf oder bei der Reparatur, bei der Wartung später. Also du hast in dem eigentlichen Herstellungsprozess, würde ich mal sagen, keinen Einfluss und wie ist es im Krankenhaus? Der Kunde heißt halt Patient oder Klient heißen die ja und er ist Bestandteil unserer Arbeit und er ist mittendrin und beeinflusst den Prozess direkt oder indirekt, aber wenn du es so willst, sitzt er bei uns in der Montage-Halle und nicht nur das, es gibt ja auch Angehörige, die mittendrin sitzen und den Prozess direkt oder indirekt beeinflussen, was dazu gehört, und das 365 Tage und 24 Stunden. Bedeutet: Unsere Werkshalle, die steht natürlich nie still. Es gibt da so Feiertage, Weihnachten, Silvester, an denen wir zu machen, das existiert gar nicht und das ist etwas, wo ich da einfach ein bisschen um Verständnis bitte, ganz klar, dass ein Krankenhaus anders tickt, aber Lean ist Lean und Prozess ist Prozess und für mich spielt es im Prinzip keine Rolle, ob ich jetzt in der Automobilbranche Lean mache oder in einem Krankenhaus. Ich muss da eben diese Geschichte anpassen.

Götz Müller: Ja und ich glaube eben, dass das Grundverständnis, um was geht es denn, möglichst schnell mit möglichst wenig Aufwand eine Sache erledigen, was auch immer die Sache ist und ob jetzt der Kunde da direkt involviert ist, so wie bei euch, wo der Kunde im Prinzip die Ware ist oder ob es halt das Auto ist, dass er dann irgendwann bekommt, aber es geht in beiden Fällen darum, aus Blech und Gummi oder einen Kunststoff irgendwas fahrbares zu machen, und im anderen Fall gehts halt darum, einen Menschen durch einen Prozess durchzulenken und da hat jetzt vor kurzem, vor ein paar Tagen im Grunde, die Mari Furukawa wunderbare Erlebnisse, wo sie mit ihrer Mutter im Krankenhaus war in Japan, geschildert, fand ich sehr spannend, wie da Dinge, ja, schon mal von meinem Gefühl her, ich meine, ich habe keine große Krankenhaus-Erfahrung im Sinne von Patient zu sein, zum Glück aber, was sie da erzählt hat, fand ich schon spannend, weil ich irgendwie so ein bisschen eine Denke dahinter gesehen hab.

Oskar Khalil: Also du meinst Japan ist das Thema anders als in Deutschland?

Götz Müller: Das Gefühl wurde ich da nicht los.

Oskar Khalil: Ja, gut, die Japaner sind natürlich, was Lean betrifft ganz, ganz weit vorne. Das würde ich zu gern mal erleben, mal eine Reise durch Japan und mir diese Lean-Dinge einfach mal anschauen, das wäre natürlich superspannend.

Götz Müller: Gut, vielleicht noch eben zum Abschluss deine Empfehlung, jetzt vom Krankenhaus mal losgelöst, wenn es gelingt, wenn sich jemand mit dem Thema Lean neu beschäftigen möchte, weil jeder irgendwann mal anfängt, was ist so dein Tipp aus deinem eigenen Erfahren raus natürlich, wie steige ich in das Thema grundsätzlich ein? Ich weiß, dass das natürlich vielleicht Raum für eine weitere Episode wäre.

Oskar Khalil: Ja, ganz klar. Einfach klein anfangen, bitte, in der Praxis anfangen, ganz einfache Dinge. Nicht die großen Sachen, „Ich möchte jetzt diese Abteilung komplett auf Lean umstellen“, das bringt ja nichts, sondern fang mit etwas Kleinem an. Wenn es nur der Vorratsschrank ist oder wenn es nur eben, keine Ahnung, was gibt es im Büro, alles mögliche, Schränke, wo der Toner drin ist, Dinge beschriftet, räum die auf und schau dir einfach mal auf YouTube oder auf anderen Plattformen, Videos an darüber. Ich kann jedem empfehlen, zum Beispiel eben das Buch von Paul Akers, das gibt es inzwischen als Hörbuch, einfach da mal reinschauen und reinhören, das kann man eben nebenbei machen und ich habe auch tatsächlich viele Informationen von deinem Podcast mitbekommen. Ich habe mir auch einige Folgen angehört, wo jetzt der Titel für mich vielleicht nicht ganz so interessant war, aber es war auch wieder ein Puzzleteil, das wichtig war. Also einfach, sich mal erstmal informieren über das Thema und ganz klein mit einfachen Dingen anfangen, auch vielleicht daheim Badezimmer oder so, und sich darüber Gedanken machen, wie kann ich jetzt das fortführen, zum Beispiel das KVP, der kontinuierliche Verbesserungsprozess, das ist ja genauso wichtig, wie das Lean an sich. Wenn ich nicht dran bleibe an dem Thema, dann sieht der Schrank eben ein bisschen chaotisch aus in ein, zwei Wochen, und das wollen wir ja nicht haben und wenn es um größere Projekte geht, ob es jetzt im Krankenhaus ist oder bei Firmen, ja, da geht es immer über die Vorgesetzte. Die Vorgesetzten sind die wichtigste Instanz, weil du brauchst die Unterstützung von diesen Personen, die haben natürlich auch Vorbildcharakter. Wenn du jetzt zu deinem zu deinem Chef reinkommst, ins Büro und da stapeln sich die Akten bis zur Decke und überall stehen dreckige Kaffeetassen oder sowas. Dann fehlt da einfach auch die Vorbildfunktion und du kannst es eben nur über die Vorgesetzten erreichen, ansonsten ist es relativ schwierig aus meiner Sicht, ja.

Götz Müller: Ja und ich glaube, es gelingt halt nicht, das hattest du vorhin auch mal gesagt, es gelingt halt nicht, das zu delegieren?

Oskar Khalil: Das funktioniert so nicht aus meiner Sicht. Du kannst nur bei dir beginnen, bei deinem Bereich und wenn es nur der Schreibtisch ist, den leanen, und dann machst du eben weiter und irgendwann, denke ich, erreicht man auch eine Grenze, wenn man keine Unterstützung hat, Unterstützung von Kollegen, ganz klar, aber dann auch von Vorgesetzten. Wir haben zum Beispiel uns Möbel anfertigen lassen, die wir für unsere Prozesse benötigen. Ich hatte natürlich einfach auch das Glück, muss ich sagen, dass unsere Krankenhausleitung, also mein Vorgesetzter, der Professor Alscher, das ist ja der Geschäftsführer vom Robert-Bosch-Krankenhaus, der medizinische Geschäftsführer, und für den ist das der absolute Standard und dann gibt’s noch unseren kaufmännische Geschäftsführer, der Frank Kohler, der kommt von Bosch, als für den ist Lean kein Fremdwort und die Kombination war für so ein Projekt natürlich ein riesiger Glücksfall und für mich auch super interessant, weil sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht gemacht und somit ist die Medizintechnik ein bisschen zum Leuchtturmprojekt geworden und wir haben schon viel Besuch gehabt von anderen Kollegen und haben uns ausgetauscht und das hat natürlich mich und mein Team unheimlich Stolz gemacht und wenn du ein gewisses Level erreicht hast, dann kannst du da auch weiter machen und dann wächst auch etwas Gutes und wir sehen auch die Ergebnisse. Aber nicht zu vergessen, wir sind noch auf dem Weg. Wir stehen erst am Anfang und da kommt noch einiges und da freue ich mich auch ganz arg drauf.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist einer der wichtigen Punkte, sich bewusst zu sein, dass man im Grunde immer auf dem Weg ist und wenn man glaubt, wir hatten vor ein paar Jahren auf dem Lean-Stammtisch in Stuttgart die Diskussion darüber, wann ist ein Unternehmen denn lean? und wir sind dann relativ schnell gemeinsam zu dem Schluss gekommen, in dem Augenblick, wo ich denke, ich bin lean, habe ich schon verloren.

Oskar Khalil: Ja, genau. Das ist ein dauerhafter Prozess, denn das läuft eigentlich immer. Ich meine, das weiß man ja von daheim. Wenn man die Küche anschaut und dann denkt man, okay, wird Zeit, dass ich die auch mal wieder aufräume, ganz normal.

Götz Müller: Gut, prima. Oskar, ich danke dir für deine Zeit. Ich glaube, wir könnten nochmal so viel, eine gute halbe Stunde nochmal dranhängen und uns würden die Themen nicht ausgehen. Ich danke dir aber für deine Zeit.

Oskar Khalil: Ich hätte vielleicht noch zum Schluss noch ein, zwei Sätze, und zwar speziell bei uns, was hat sich denn getan seit Lean Management. Warum machen wir das da? Was ist der Grund, warum jemand bei uns bleibt oder wir haben ja jetzt zum Beispiel durch das Lean Management auch Bewerber bekommen. Es ist sehr schwer, passende Bewerber zu finden, immer noch, aber die Chance, dass halt so ein Bewerber bei uns arbeiten möchte, ist inzwischen viel größer geworden. Und schon allein bei den sichtbaren Prozessen ist es verblüffend, wenn die Menschen zurückkommen und etwas vorfinden, mit dem sie natürlich nicht gerechnet haben. Also es ist, die Arbeit in einer Lean-Umgebung ist einfach anders und wir haben eine Umgebung geschaffen, denk ich mal, wo wir gerne arbeiten, natürlich gibt auch andere Faktoren, wie Teambuilding und Führung, aber alles in allem, denke ich, sollte Lean Management Bestandteil, und ich spreche eben aktuell nur für die Medizintechnik, einer modernen Medizintechnik sein und meine Hoffnung ist, dass die Kollegen, die jetzt bei uns sind, hoffentlich lange bleiben, natürlich Freude an ihrer Arbeitsstelle haben und an dem tollen Beruf, den ich eben schon viele Jahre ausübe, deswegen klare Empfehlung. Macht Lean, habt Spaß, es lohnt sich.

Götz Müller: Prima. Oskar, ich danke dir.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Oskar Khalil zum Thema Lean in der Krankenhaus-Medizintechnik. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 297.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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