Inhalt der Episode:
- Welche Bereiche umfasst das Ausbaugewerbe, wo kommen „normale“ Menschen damit in Berührung?
- Welche Rolle spielt spielt Prozessdenken grundsätzlich im Baugewerbe?
- Was sind die Ursachen dieser Situation?
- Wie unterscheidet sich das Thema Prozesse im Ausbaugewerbe vom „normalen“ Einsatz im Neubaukontext?
- Welche Ursachen stecken dahinter? Welche Rolle spielen kulturelle Aspekte dabei?
- Wie reagieren die Beteiligten/Betroffenen auf Initiativen zur Prozessualisierung in ihrem Tätigkeitsfeld?
- Wie geht man mit Vorbehalten und Widerständen um?
- Wie lässt diese angesprochene Kultur verändern?
- Was lässt sich aus den gemachten Erfahrungen in anderen Kontexte und Branchen übertragen?
Notizen zur Episode:
Mitmachen?
Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.
Ich freue mich darauf!
Artikel teilen auf ...
(Teil)automatisiertes Transkript
Episode 361 : Prozesse im Ausbaugewerbe
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Heute habe ich Roland Falk bei mir in dem Podcast-Gespräch. Er der Leiter Innovation, Entwicklung, Ausbau und Fassade, ein Steinbeis Kompetenzzentrum. Hallo Herr Falk.
Roland Falk: Hallo Herr Müller, schön, dass ich da sein darf. Ich muss ich nur gleich kurz korrigieren. Wir sind kein Steinbeis-Zentrum, sondern sind von den Stuckateuren das Kompetenzzentrum und freue mich, dass ich hier bin und mit Ihnen ein bisschen über unsere Arbeit spreche.
Götz Müller: Ja, sehr gerne. Schön, dass Sie dabei sind. Ja, da irgendwie hatte ich Kompetenzzentrum ist bei mir irgendwie der Reflex zu Steinbeis, ja, spannend.
Roland Falk: Vielleicht liegt es auch daran, dass wir bei uns im Projekt einen Herrn Professor Hüther haben vom Steinbeis-Zentrum und über das Projekt sind wir ja zusammengekommen.
Götz Müller: Richtig, das ist der Grund. Ja, ja genau, gut, jetzt haben Sie schon ein paar Stichworte in Anführungszeichen gesagt, aber stellen sie sich gerne noch mal in zwei, drei Sätzen vor, auch ich meine, das wird uns ja wahrscheinlich die ganze Episode begleiten, um was es dann geht bei dem Kompetenzzentrum.
Roland Falk: Genau. Also ich bin jetzt schon über 30 Jahre in der Branche. Ich habe beim Stuckateurverband angefangen und da hat man dann ein Bildungszentrum. Das heißt, wir machen Erstausbildungen, Gesellenausbildungen, Meisterausbildungen und haben uns dann zum Kompetenzzentrum weiterentwickelt, es gab so eine Förderlinie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und da konnte man sich zum Kompetenzzentrum weiterentwickeln mit einer bestimmten Auflage, dass man den Innovationstransfer machen, also gucken: Was gibt es Neues? Gibt es neue Materialien? Gibt es neue Techniken? Gerade jetzt auch zum Beispiel Digitalisierung, das ist ein riesen Thema bei uns. Und da zu gucken, was müssen wir da in die Ausbildung reinnehmen oder was kann man in die Weiterbildung reinnehmen. Das heißt, wir qualifizieren Handwerker und bei uns sind die Stuckateure, die dämmen Fassaden, die machen neuen Putz, Trockenbau, sind für das gesunde Wohnen verantwortlich.
Götz Müller: Es ist auch das Stichwort Ausbau, Ausbaugewerbe drin, vielleicht für die, in Anführungszeichen, normalen Menschen, wo kommen die mit dem Thema in Berührung?
Roland Falk: Also immer, wenn Sie zum Beispiel ein Gebäude energetisch sanieren lassen, komplett sanieren, oder nur auch ein einen Raum neu verputzen lassen wollen. Dann kommen Sie mit dem Ausbau in Verbindung, neue Decken, Zwischenwände reinziehen, das sind alles Ausbau-Sachen. Das heißt, inzwischen ist wirklich die energetische Sanierung ein riesen Standbein der Stuckateure, da der Neubau ja im Moment gerade auch etwas schwächelt.
Götz Müller: Und jetzt haben wir ja für das Thema der Episode Prozesse im Ausbaugewerbe und natürlich liegt dann die Frage, glaube ich, auf der Hand, wo spielen Prozesse und Prozessdenken an der Stelle jetzt eine Rolle?
Roland Falk: Mhm, also wir haben vor vier Jahren das erste Projekt begonnen, vom BMAS war das ein Projekt, das unter der INQA, also Initiative neue Qualität der Arbeit, und da ging es drum: Wie können denn die Betriebe ihren eigenen Prozess, das heißt Prozess, das sind Arbeitsprozesse auch, das heißt, wie können die überhaupt mal lernen, in Prozessen zu denken? Weil der Schritt war, wie können wir denn die Digitalisierung ein Stück weit einführen, und unser Ansatz war nicht nur irgendwie ein digitales Programm zu nehmen, sondern möglichst einfach zu gucken, wie laufen denn bestimmte Prozesse, also wie wird Bestellungen gemacht, wie werden irgendwelche Lieferungen verfolgt, wie wird das Kundengespräch angenommen? Das sind also Prozesse oder nachher auch Ausführungsprozesse, das heißt, wie wird auf der Baustelle gearbeitet, wer ist für was verantwortlich, wie wird die Zeit aufgeschrieben und solche Sachen. Das versuchen wir dann entsprechend mit den Betrieben zu analysieren, wie es denn bisher gemacht wird. Wird es irgendwo schon gemacht, wie es halt immer gemacht wurde, oder gibt es da Möglichkeiten zu gucken, wie kann man es vielleicht anders machen? Und dann, wenn man es anders macht, gibt es dann die Möglichkeit, eventuell in der digitalen Unterstützung?
Götz Müller: Da habe ich jetzt auch einen Punkt rausgehört, der mir durchaus in ganz vielen Kontexten so begegnet, nämlich dieses: Habe ich für einen Arbeitsprozess, dass ich den so vor mir habe, habe ich dafür überhaupt ein Bewusstsein oder eben nicht? Existieren tut er aber trotzdem und ich glaube also, das begegnet mir eben oft, dass Menschen das, ich vergleiche es manchmal mit Schwerkraft. Ich meine, man kann jetzt an Schwerkraft glauben oder nicht, sie ist halt trotzdem da. Wenn ich mich jetzt auf dem Mond bewegen würde, ist sie halt deutlich schwächer und trotzdem ist sie da. Und so sehe ich persönlich, das ist so mein eigenes Weltbild, so sehe ich halt auch das Thema Prozesse. Ich kann dran glauben oder nicht, aber sie sind trotzdem da.
Roland Falk: Absolut richtig. Und das Handwerk macht sich in vielen Fällen gar keine Gedanken so richtig, was ist denn eigentlich jetzt der Prozess und darum geht es. einfach mal zu gucken, okay, wo beginnt jetzt, nehmen wir mal einen ganz einfachen Prozess, Kaffee kochen, und mit sowas kann man sich dann klar machen, was gehört denn alles dazu? Ja, da brauch ich erst mal mein Pulver, mach ich einen Filterkaffee, mach ihn gemahlen, wie grob möchte ich es machen, das heißt, das sind immer verschiedene Fragestellungen in so einem Prozess auch und das bewusst zu machen, was für Entscheidungen da manchmal sind. Wer ist bei den Entscheidungen miteinbezogen? Was gehört alles zum Prozess? Und da haben wir dann versucht, einfach für die Betriebe so die Standardprozesse. Wir haben zehn, zwölf Firmen waren es sogar, da waren wir in den Firmen, waren auf den Baustellen und haben eigentlich so eine Prozentanalyse mal gemacht, um einfach zu gucken, wie werden denn die einzelnen Prozesse in den Betrieben durchgeführt und haben dann so eine Standardstruktur mal gemacht und haben dann gemerkt eigentlich, dass es von Betrieb zu Betrieb sehr ähnlich ist. Klar gibt es betriebliche Besonderheiten, aber es gibt doch so Standardprozesse, die zumindest bei allen auftauchen, der ein oder andere macht es unterschiedlich und dann hat mal geguckt, ja wie macht er es und wie macht der andere, um da einfach zu gucken und auch nachzufragen, das ist auch unser Job: Ja, warum machst du es so? Also die klassische Frage: Warum machst du es so?
Götz Müller: Also ich stelle die Frage auch ganz oft gern und ich meine, ich will es nicht vorwegnehmen, aber ich bekomme dann immer wieder ähnliche oder fast die gleiche Antwort: Wie sieht es bei Ihnen aus?
Roland Falk: Genau, ja, da macht man sich gar keine Gedanken letztendlich. Ich möchte jetzt nicht sagen, das haben wir schon immer gemacht, aber in die Richtung geht es oft dann nachher, dass man sich das gar nicht so bewusst macht, ja, warum macht man es so. Das ist ja eigentlich das, dass viele Tätigkeiten natürlich sich eigentlich ein Stück weit eingeschliffen haben und man sich dann gar nicht mehr Gedanken macht, warum man bestimmte Sachen irgendwie so macht, und das ist eigentlich das, wenn man sich die Prozesse immer mal wieder bewusst macht und sagt das auch mal versucht schriftlich niederzuschreiben. Also wir haben da die, n den Schaubildern, so die BPMN-Notation versucht, einfach da ein bisschen aufzuzeigen, wo beginnt der Prozess, wo gibt es eine Verzweigung, zum Beispiel, gibt es eine Entscheidung, um dann zu gucken, so, wenn jetzt das nachher … weil der Hintergrund war immer, wir wollen ein Stück weit digitalisieren und das geht halt erst, wenn ich mir über meine Prozesse bewusst bin und die Prozesse ein Stück weit optimiert habe für mich und mehr Klarheit habe, okay, wer ist für was bei mir verantwortlich und wie könnte ich denn die Prozesse nachher vereinfachen.
Götz Müller: Jetzt möchte ich ganz gern noch auf einen Punkt kommen, der auch wieder mit dem Titel der Episode zusammenhängt, Prozesse im Ausbaugewerbe, jetzt haben wir, ja, ich will nicht sagen den krassen Gegensatz, aber halt dieses andere große Gebiet des Neubaus. Wo gibt es da größere Unterschiede? Weil die Unterschiede gibt es, sonst würden sie sich ja nicht auf das Thema Ausbau konzentrieren.
Roland Falk: Also mal so, im Neubau ist vieles geregelter, da gibt es klare Ausschreibungen, da gibt's Bauleiter, da sind die Arbeiten besser aufeinander abgestimmt, sage ich jetzt mal so, und wir haben halt die Handwerker auch sehr stark für den Neubau erzogen in den letzten Jahren und ich finde teilweise auch juristisch verzogen, möchte ich mal sagen, indem man wirklich eigentlich so versucht, ein Stück weit gegeneinander zu arbeiten: Ja, du musst das Vorgewerk kontrollieren, musst Bedenken anmelden und Nachträge stellen. So, das ist der Klassiker, das lernt jeder sofort auf der Meisterschule: Du musst das kontrollieren. Und das führt natürlich im Altbau, wenn ich da genauso rangehe, da denkt der Kund natürlich: Die streiten sich ja bloß auf der Baustelle, wenn der eine da dann rummeckert, die Wand ist nicht gerade und da ist das nicht gemacht. Das heißt, wichtig ist uns gewesen, und deswegen haben wir im zweiten Projekt gesagt, das reicht nicht, wenn die betrieblichen Prozesse passen, sondern jetzt, wenn ich den Ausbau angucke, das sind halt verschiedene Gewerke, das ist ein Zimmerer oder Stuckateur der Maler, der Fliesenleger, der Heizungsbauer, der Elektriker, die müssen ja im Altbau dann zusammenarbeiten und das ist eigentlich das, wo wir halt dann versuche: Wie gelingt es denn am besten, dass die einzelnen betrieblichen Prozesse jetzt auf der Baustelle als Gesamtbaustellenprozess irgendwo zusammenpassen. Und da ja, haben wir eigentlich so gesagt, das ist eigentlich die viel spannendere Herausforderung wie der Neubau, weil der Altbau, da gibt's eigentlich keinen Bauleiter fix, das heißt, das müsste eigentlich der Bauherr machen, und der müsste einen den bestellen, macht er in vielen Fällen nicht, sondern der beauftragt halt die Handwerker und ist dann froh, wenn sich von den Handwerkern einer um die Koordination ein Stück weit kümmert.
Götz Müller: Ja, ein Stück weit kommt mir gerade das Bild, im Grunde ist es ja eine Operation am offenen Herzen, weil im Neubau ist mein Bauherr, wenn ihm das Haus an der Stelle überhaupt schon gehört, kommt er vielleicht am Wochenende mal vorbei, während in einem Altbau, ich glaube in ganz vielen Fällen wohnt er ja noch drin.
Roland Falk: Es kommt jetzt drauf an, ob es eine Komplettsanierung ist. Da wohnen die meisten dann nicht drin. Oder geht es nur drum jetzt eine Fassade zu dämmen, das Dach neu zu machen oder sowas, da wohnen sie natürlich drin und da ist unser Ansatz auch zu sagen, lieber mehr Zeit in die Planung investieren und da, ich glaube, so sind wir auch ein Stück weit zusammen gekommen, da kam auch der ganze Lean-Ansatz ein Stück weit, das heißt, vorher die Baustelle besser durchplanen, gemeinsam durchplanen und da haben wir auch diesen Last-Planner-Ansatz bei uns jetzt mit rein genommen, wo der Handwerker, der die Ausführung macht, auch in der Planung schon mit beteiligt ist und sich da Gedanken macht, mit dem anderen Handwerker zusammen eigentlich die Baustelle plant und da gehen wir zunächst mal sogar weg von der Digitalisierung, da gibt es so ein Bäbberle-System, wo man einfach die Bäbberle plant, so Tagesplanungen und dann Wochenplanungen, wo man einfach guckt, ja, wie lange brauchst du jetzt für das, was muss denn vorher erledigt sein, damit wir das machen können, um so Meilensteine auch ein Stück weit abzustecken, und da planen wir eigentlich vom Fertigstellungstermin rückwärts: Wann muss denn irgendwas fertig sein? Also gibt es ein Einzugstermin, wo gibt es irgendwelche Fristen? Ud dann rückwärts planen, ja wie lange dauert irgendwelche Lieferzeit von irgendwas, um dann zu gucken, weil wenn wir anfangen zu bauen letztendlich nachher, dann sollten wir versuchen in einem Flow durchzubauen und nicht dann, jetzt muss der wieder weg und jetzt fällt das, weil das ist ja das Schlimmste, wenn Baustellen dann einfach lange nicht besetzt sind und nichts passiert, das ärgert euch letztendlich jeden nachher auch, gell.
Götz Müller: Ja, das ist glaube ich, soweit wie ich das immer mal wieder mitgekriegt habe, das ist halt auch gerade im Neubau so eine, nennen wir es mal eine Sünde, im Grunde aber, ohne dass jetzt die Sünder da wirklich was bewusst dafür können, sondern das ist halt ihr Weg, wie sie mit der Situation umgehen, dass sie montagmorgens auf die Baustelle kommen und der Bauleiter sagt: Sorry, ihr seid eine Woche zu früh dran im Sinne von weil die, weil es Vorgewerk nicht fertig geworden ist.
Roland Falk: Genau. Ja, ja, und da versuchen wir natürlich jetzt gerade über eine Planung auch regelmäßig die Fortschrittsplanung, okay, sind wir im Plan, gibt es Verzögerungen, wie sieht es aus, können wir die Verzögerung eventuell auffangen oder sowas, können wir trotzdem nächste Woche das und das liefern, also so ist eigentlich ständig eine Kontrolle der Baufortschritte und was halt uns natürlich im Ausbau auch ein Stück weit Schwierigkeit macht, ist, dass wir natürlich auch witterungsabhängig sind. Also sobald wir halt außen arbeiten, und jetzt kommt halt hier, zwei Tag schüttet es, dann gibt es halt Verzögerungen und deswegen muss man auch gucken: Wo kann ich Pufferzeiten einplanen oder von wo kann ich eventuell dann auch die Innenarbeiten verschieben?
Götz Müller: Jetzt würde ich ganz gerne noch mal kurz auf den Punkt kommen, das sagten Sie Anfangs, ich habe halt nicht so diesen zentralen, diese zentrale Funktion des Bauleiters, der im Grunde den Bauherren vertritt oder den Architekten, der ihn vertritt. Das habe ich, so habe ich es verstanden, im Ausbau halt eher nicht. Jetzt werde ich aber ja dem normalen Bauherren jetzt nicht unbedingt sagen: Hier ist Last Planner, mach mal, weil dann wird er mich ja nur mit großen Augen angucken.
Roland Falk: Genau. Also deswegen haben wir auch im Rahmen unseres Projektes so eine neue, ja, Stelle quasi kreiert und benannt auch und mit Kompetenzen verfolgt. Das ist so der Gebäudesanierungsmanager, nennen wir das, und das ist derjenige, ich nenne es jetzt mal einfach der Kümmerer, die Schnittstelle zwischen Bauherren und den einzelnen Handwerkern, der die Methoden kennt, wie Last Planner, der auch digitale Methoden kennt. Alleine wenn Sie im Altbau hergehen und die klassische Situation ist, der Kunde holt verschiedene Angebote und jeder Handwerker rennt auf die Baustelle und macht sein eigenes Aufmaß. Das ist ja volkswirtschaftlich eigentlich nicht sinnvoll, und deswegen gehen wir dazu über, dass wir einfach auch die Altbausanierung in mehrere Phasen einteilen, und da ist die erste Phase nachher auch zum Beispiel eine Bestandsaufnahme und im Rahmen der Bestandsaufnahme, das machen wir heute möglichst digital, werden die Daten auch in der Cloud abgelegt, dass alle Handwerker jederzeit darauf Zugriff haben, da brauche ich dann nicht auf die Baustelle fahren und sagen: Ah, wie war die Breite von der Tür noch mal, kommen wir da mit dem und dem durch oder wie viele Quadratmeter Fläche haben wir denn zu verputzen, um die Massen zu ermitteln. Das kann ich dann aus einem mit einem Klick eigentlich rausnehmen und das ist eigentlich auch letztendlich nachher so ein Prozess, den wir dann versuchen, mit den Handwerkern gemeinsam so zu entwickeln, dass es effizienter wird.
Götz Müller: Jetzt an der Stelle dann noch mal nachgefragt. Also, es gibt im Grunde diese neue Rolle, wo ich jetzt, in meinem laienhaften Verständnis, halt nicht klassisch hergehe und sage: Ja, das soll jetzt halt so wie jemand wie ein Architekt machen, weil ich glaube, dessen Kompetenzen sind ja hier an der Stelle, das ist ja kein Neubau, gar nicht so gefragt, sondern es gibt diesen Koordinator, also sprich eine neue Rolle auch für alle Beteiligten. Was ist so die Reaktion, die Sie auf so etwas erleben?
Roland Falk: Ja. Also es gibt teilweise schon auch Architekten, die sowas übernehmen. Wir merken nur, dass, wenn ein Architekt so eine Bauleitung macht, das oft ja eine andere Ebene ist, sage ich jetzt mal. Also das ist eine Ebene von oben runter manchmal. Und diese Lean-Philosophie ist ja eigentlich, dass wir gemeinsam das Planen und hier versuchen, die Leute mit ihren Kompetenzen ein Stück weit einzubeziehen. Das heißt, derjenige braucht halt überwiegend die Kompetenz, Gespräche zu moderieren nachher auch, Konflikte, die irgendwo entstehen, weil irgendwo etwas nicht richtig geliefert wird oder irgendwas im Lauf des Bauens auffällt – Oh, da ist irgendwas, wo noch, ja, zusätzlich gemacht werden muss – muss man es halt gleich mit dem Kunden entsprechend abklären und sagen: Du, wie machen wir das, lasst uns zusammenkommen, hier bei der Öffnung der Wand hat man festgestellt, da ist der Holzbalken verschimmelt, dass man halt solche Themen dann gleich gemeinsam abstimmt und sagt, ja, da gibt es dadurch Verzögerungen, wie kriegt man das gemeinsam hin. Das heißt, das ist eigentlich der Verwalter für den Kunden, der übernimmt das und vor allem versuchen wir dann auch zu sagen, du entscheidend ist auch, wenn wir dann nachher kalkulieren, dass der Preis auch eingehalten wird, weil wir kennen ja das alle, in der Zeitung liest man ständig, irgendwelche Baukostenerhöhungen, und das ist eigentlich unser Ziel, dass wir über den Gebäudesanierungsmanager, wenn wir im Vorfeld mit den Handwerkern, die die Ausführung machen, exakter Planen und genau gucken, okay, was brauchen wir denn, um dann auch offen und ehrlich auch Risikosachen im Vorfeld schon benennt, weil auch die Handwerker, die wissen ja, wo könnten, irgendwo bei einer Öffnung, die kennen sich ja mit so Gebäuden aus und sagen, das wissen wir jetzt nicht genau, wenn wir die Decke aufmachen, da sehen wir, wie sieht es darunter aus, was ist da drin und dementsprechend müssen wir da dann noch mal entscheiden, also setzen wir so ein Risiko-Meilenstein, das heißt, der Gebäudesanierungsmanager ist der Kümmerer für die Baustelle und organisiert das Gesamte.
Götz Müller: Und jetzt haben wir ja eben über das Ganze hinweg, das ist ja auch wie gesagt das Thema unserer Episode Prozessualisierung und da erlebe ich es durchaus, ja, in ganz verschiedenen Branchen, dass Menschen so ein bisschen das Gefühl haben und es sind durchaus auch berechtigterweise äußern, weil das kann man ja nicht wegdiskutieren, dieses Gefühl, dass ihnen das, ja, manchmal fast schon Handschellen anlegt, und ich könnte mir vorstellen, dass das eben gerade auch im Handwerk eine auch besondere Wahrnehmung ist, zurecht ein Stück weit auch, und aber dadurch eben eine gewisse Form von Ablehnung entsteht, oder?
Roland Falk: Ja, und das ist ja ein guter Punkt jetzt von Ihnen und deswegen, da ist uns eigentlich wichtig, es muss eine, also wenn ich mit Lean-Methoden arbeiten möchte, braucht es eine Vertrauensbasis zwischen den Handwerkern, aber auch letztendlich zum Kunden hin und wenn das Vertrauen dann gestört ist, dann muss man gucken, woran liegt es letztendlich nachher. Also ein Vertrauen muss da sein, das klar ist, okay, wir alle arbeiten im Sinne des Kunden, um das Projekt gemeinsam und richtig umzusetzen. Also das ist eine eigene Handwerker-Kultur, sage ich jetzt mal, also wirklich von dem Gegeneinander, Miteinander, eher das Füreinander, das ist eigentlich das Ziel, dass die Handwerker füreinander arbeiten, und da gibt es auch so schöne Maßnahmen, die man dann auch vorschlagen kann. Zum Beispiel man sagt dem Kunden, du wir würden dir vorschlagen, dass du zum Beispiel das Mittagessen bezahlst. Das ist eine kleine Summe. Wenn man dann gemeinsam ein Mittagessen auf der Baustelle macht, ob das ein Vesper ist, eine Gulaschsuppe, was auch immer, oder im Schwäbischen die Maultaschen, dann kann man im Rahmen des Mittagessens schon viele Sachen einfach so kurz klären, auf kurzem Wege letztendlich nachher Das ist eine ganz andere Zusammenarbeit, eine ganz andere Kultur, wie wenn ich jetzt da, jeder rennt davon und dann nutze ich die Mittagspause letztendlich nicht. Also wir wollen da ein Team draus machen und gute Firmen schaffen es ja heute, dass sie ihre Firma zu einem Team machen und auf der Baustelle da arbeitet ja nicht nur eine Firma, da arbeiten ja verschiedene Gewerke, und das ist das Entscheidende, wie gelingt es mir dort ein Team entsprechend zu formen und da, die Führung macht eigentlich der Gebäudesanierungsmanager von dem Team.
Götz Müller: Ja, also ich denke eben gerade diese vielen verschiedenen Unternehmen, jetzt könnte man einerseits sagen, gut, ich habe so etwas ähnliches im Automobilkontext, auch viele, viele Zulieferer, wobei ich da die Wahrnehmung habe eben, dass dort der OEM, also der Hersteller, sei es mit dem Pferd oder mit dem Stern vorne drauf, egal, einen deutlich größeren Durchgriff hat, weil er ja die auch die gesamte Wertschöpfungskette vom Start weg ganz anders im Griff hat, haben will auch und ich glaube, das ist durchaus eben im Baukontext eine große Herausforderung und wahrscheinlich, so habe ich es rausgehört, im Ausbau noch mal herausfordernder.
Roland Falk: Ja, also entscheidend ist, dass die Leute sich wirklich vertrauen und dass der Kunde das Gefühl hat und nicht nur das Gefühl, sondern auch wirklich das tatsächlich so umgesetzt wird, dass die Sachen gemeinsam beschlossen werden, und dann ist es schon so, dass der Kunde dann nachher auch gemeinsam mit den Handwerkern die Materialien auswählt, die Situation sich versucht besser … weil oft kann sich ein Kunde auch gar nicht vorstellen, was kriegt er denn, und das Schlimmste ist ja immer, wenn die Erwartungshaltung und das, was er nachher bekommt, auseinander klafft, dann gibt es eine Ärgereien. Je besser ich das schaffe, die Erwartungshaltung des Kunden im Vorfeld klar zu benennen und zu wissen, was möchte er denn und dem Kunden dann auch klarzumachen, was ich in der Lage bin, als Gruppe, als Team zu leisten und zu welchem Preis, und das ist wichtig, dass man das vorher im Vorfeld genau kommuniziert und wenn der Kunde auch sagt: Du, das Budget habe ich. Dass man dann rechtzeitig sagt: Okay, guck mal an, mit dem Budget ist das aber nicht drin, jetzt müssen wir gemeinsam gucken, zum Beispiel, wo können wir Einsparungen machen. Was ist dir denn weniger wichtig? Und nicht, dass am Schluss, nachher geht das Geld aus, und dann hat man zwar im Vorfeld tolle Sachen gemacht, schon, aber kriegt sie nicht fertig und deswegen, da ist eigentlich die die Herausforderung wirklich offen und ehrlich mit dem Kunden und die Erfahrung bei den Handwerkern ist ja da, die machen das ja nicht zum ersten Mal. Und wenn sie wirklich da gemeinsam die Planung machen und das zeigen einfach auch die Workshops, die wir gemacht haben, aber die Handwerker müssen offen sein und das schon das. Da wird auch eine entsprechende Offenheit von den Handwerkern verlangt letztendlich, aber wie gesagt, ich bin jetzt über dreißig Jahre dabei und viele kommen zu mir und sagen: Es macht einfach keinen Spaß mehr, weil man einfach auf der Baustelle nur noch den Ärger und der hat wieder hier irgendwelche Behinderungsanzeigen gemacht und jenes. Weil ein Handwerker möchte ja eigentlich von seiner handwerklichen Leistung leben und mit der ein gutes Auskommen haben und eine gute Leistung abgeben, dass der Kunde auch zufrieden ist, das ist im Handwerker sein Bestes, ja, wie einem Schauspieler sein Applaus ist letztendlich, wenn der Kunde nachher zufrieden ist.
Götz Müller: Ja, ich, ich glaube, die Kunden, Hersteller, Lieferanten, also zum Handwerker, glaube ich, ist eben deutlich enger, wie ich das jetzt zum Beispiel im Automobilkontext habe. Da habe ich vielleicht den Verkäufer, mit dem ich einmal rede, aber zum Hersteller selber habe ich als Autokunde, als Autokäufer gar nicht den Zugang. Da sitze ich vielleicht bei jemandem neben dem Bildschirm und dann startet man dann Car-Konfigurator und klickt sich etwas zusammen und merkt dann relativ schnell, okay, das Budget ist jetzt aus. Ich kann jetzt die Fensterheber hinten nicht mehr nicht mehr reinnehmen oder sonstige Gimmicks, wo Sie gesagt haben, das entsteht natürlich erst im Verlaufe der Herstellung. Und gleichzeitig habe ich eben die Chance, mit den Menschen zu reden, und ein Stück weit eben auch den Zwang, sich untereinander abzustimmen, wo glaube ich dann so ein Rückwärtstransfer in andere Branchen wieder passieren kann, so nach dem Motto: Wenn die das hinkriegen, kriegt ihr das doch auch hin.
Roland Falk: Also ich möchte mal einfach ein Beispiel auch nochmal nennen, dass das klarer wird, wo das eigentlich ein Stück weit hinläuft. Jetzt, was ja gerade der Trend ist und das zieht ja zum Glück auch wieder bisschen an. Eine neue Wärmpumpe soll rein, also eine neue Heizung muss rein, die alte Heizung ist kaputt, da soll die Wärmepumpe rein. Bisher war der Heizraum unten der wärmste Raum, und die alte Rohrleitung kommt raus. Die alte Heizung kommt raus, der Heizungsbohrer macht die neue Heizung rein, Rohrleitungen an die Decke und gut. Der nächste Winter ist wahnsinnig fußkalt, weil dadurch jetzt der Raum, weil die Wärmepumpe gibt im Heizraum keine Wärme mehr ab, ist der Raum auf einen Fall richtig kalt und jetzt stellt man fest, man wäre doch sinnvoll gewesen, wir hätten gleich, wo die Rohrleitungen weg waren, dann die Kellerdecke zum Beispiel gedämmt, das wär viel einfacher gewesen, man hätte es besser machen können und da geht's darum, dass die einzelnen Gewerke dann da ein Stück weit mitdenken und dann auch mit dem Kunden dann das besprechen und sagen, du hm, dann wär es doch sinnvoll, wir würden gleich die Kellerdecke dämmen lassen und dann kann derjenige, der die Kellerdecke dämmt, zum Beispiel schon da, wo die Rohrleitungen hinkommen, Konsolen Wärmebrücken frei befestigen, dass der Heizungsbauer nachher sehr schnell und einfach seine Rohrleitungen da festmachen können. Also man kann hier schon, auch im Ausbaubereich, effizienter ein Stück weit arbeiten, wenn man gemeinsam und die Handwerker wissen das, nur haben sie halt meistens keine Zeit und es wird ihnen nicht bezahlt letztendlich. Und das Ziel ist eigentlich, dass wir sagen: Du Kunde, wenn du mit den Handwerkern, ja, im Klaren letztendlich, dann macht ihr doch mal zusammen einen Workshop, das kostet halt was und danach kannst sagen, okay, komm möchte ich das mit denen machen oder nicht, weil das ist ja eine Beratungsleistung, die geht nicht umsonst, sondern das ist ganz klar eine Dienstleistung, weil man kann ja eigentlich auch nicht vom Handwerk erwarten, dass er hier eine Beratungsleistung macht und das nachher in die Handwerkerleistung mit hineinrechnet. Das ist auch nicht fair, dann kriegt er den Auftrag nicht und deswegen ist eigentlich da die fairere Basis zu sagen, du guck mal an, du kriegst jetzt hier die Bestandsaufnahme, das hast du nachher, das gehört dir, das ist auch digital, zum Beispiel, auch wenn du nachher nicht mit dem Handwerk-Konsortium weitermachst, hast du zumindest mal die Aufmaßgeschichten vom gesamten Gebäude. Es kann da irgendein anderer auch nutzen letztendlich nachher. Oder ich arbeite nachher zwei oder drei Maßnahmenpläne aus, da gibt es ja verschiedene Varianten, wo man dann mit dem Kunden und dann stellt sich heraus, oh wäre vielleicht doch gut, man holt einen Planer, einen richtigen Architekten mit dazu, weil eine Gestaltungsleistung kann ich mir trotzdem einkaufen oder einen Statiker, aber die Planung, also die Steuerung, haben wir festgestellt, ist eigentlich besser, wenn die von den Handwerkern auf Augenhöhe gemeinsam gemacht wird letztendlich, also wenn dort die Prozesse gemeinsam untereinander abgestimmt werden. Ich weiß nicht, ob Sie früher, das haben wir immer ganz gern anguckt, da gab es eine Fernsehsendung „Zu Hause im Glück“, sagt Ihnen das was, haben Sie das schon mal gesehen?
Götz Müller: Nee, nee, aber …
Roland Falk: Da haben Handwerker innerhalb von einer Woche einer Familie, die in desolaten Verhältnissen gewohnt haben, wurde dann da der Umbau finanziert, sozusagen. Meistens ist irgendwas passiert und oft sind die Zeiten natürlich bisschen unrealistisch, aber was da toll ist und das zeigt einfach, wenn die Handwerker als Team da zusammen sind, und die sind dann wirklich als Team zusammengeschweißt, dann läuft die Baustelle ganz anders ab, wie wenn die Handwerker jeder für sich sein Ding nebenher macht, und das ist eigentlich das, was wir beim Lean Management ein Stück weit haben, dass die Baustelle als ganzheitliche Sache geplant wird, wo die Prozesse gemeinsam von den Handwerkern auf die Baustelle abgestimmt werden, mit dem Kunden zusammen oder auch dem Kunden im Klaren ist, was kriegst du denn wirklich? Weil da gibt es auch heute neulich Möglichkeiten, über digitale Möglichkeiten dem Kunden das klar zu machen, weil er ist es natürlich auch gewohnt, beim Auto haben wir es vorhin gehabt, da sitzt er mit dem Verkäufer da und schaut sich das Auto an, möchten Sie es mit dem Bezug?, dann kriegt er es geschwind eingeblendet, mit dem Interieur und mit dieser Farbe außen, aber das Ziel ist auch, dass wir auch im Baubereich dem Kunden im Vorfeld schon zeigen können, was ihn denn nachher erwartet, weil dann ist auch wieder die Erwartungshaltung im Vorfeld schon klar: Ah, so sieht die Wand aus, aha, da kommt die Decke rein. Jeder kennt ja irgendwas, was im Bau nicht funktioniert. Ah, jetzt geht das Fenster nicht mehr auf, weil da irgendein Wasserhahn ist und so. Ja, und das kann ich, wenn ich im Vorfeld das plane, gemeinsam mit dem Kunden, mit dem die Handwerker gemeinsam zusammen, dann gibt es viel weniger Reibungspunkte, weil was das Teure ausmacht, ist, wenn nachher im Bauverlauf dann Änderungen kommen und sagen, ah, jetzt habe ich doch gemerkt, ich möchte jetzt gern, das wird einfach teuer dann.
Götz Müller: Ja, und ich glaube, das ist eben und, und das ist für mich auch ein Anliegen, in im Grunde jeder Episode, dass man halt so branchenübergreifend mal, ja manchmal einfach auch nur erfährt, wie machen denn andere das. Und da habe ich jetzt eben dieses rausgehört, was durchaus im westlichen Automobilkontext halt in meiner Wahrnehmung nicht so gelebt wird. Da sind halt die Zulieferer die Zitrone, die man bis auf den Kern auspresst. Und das glaube ich eben im Handwerksumfeld, auch vielleicht, weil man das im Neubaukontext so ein bisschen gelernt hat, wenn man es dort extrem schlecht macht, es auch nicht funktioniert. Und jetzt sind aber in diesem unabhängigen Handwerkskontext jeder für sich und trotzdem alle gemeinsam, da dann eben eine Form von Wertigkeit entsteht, die ich sonst nicht habe.
Roland Falk: Ja, absolut. Also das ist ja genau das, was wir teilweise im Baujahr haben, da gibt es ja die sogenannten Nachunternehmer oder Subunternehmer, wo dann irgendwo einer genommen wird, dann zusätzlich der vielleicht gerade preiswert ist, der mit den anderen Handwerkern gar nichts zu tun hat, der guckt, dass er sein Ding möglichst schnell und kostengünstig hin machen kann, weil er einen schlechten Preis gemacht hat, damit er den Auftrag kriegt, aber für die anderen wird es dann eher schwieriger nachher. Also die Gesamtmaße leidet darunter und das ist eigentlich das Entscheidende, wenn wir so eine Baumaßnahme gemeinsam planen gibt es eigentlich nur Gewinner. Letztendlich gibt es nur Gewinner, für den Kunden ist es besser, er weiß im Vorfeld, was er kriegt, aber das ist ein Umdenken bei den Handwerkern und leider wirklich sind die durch den Neubau und durch das, dass die Handwerker auch juristisch aufgefordert werden eigentlich, das Vorgewerk zu kontrollieren, Bedenken anzumelden und Nachträge zu stellen. Und es gibt ja auch leider Firmen, die bei der Ausschreibung schon erkennen: Oh, da ist irgendwas nicht richtig ausgeschrieben, geben dann für die Leistung einen günstigen Preis ab und kommen dann mit dem Nachtrag, ja, das war nicht ausgeschrieben, und haben dann den Auftrag gekriegt über den Nachtrag. Und das ist nach unserer Meinung einfach nicht die seriöse Art. Das wird der Kunde einfach über den Tisch gezogen, weil der Kunde einfach das ja nicht weiß letztendlich, der baut nur einmal, zum Beispiel, oder lässt andere umbauen und wir wollen wirklich eine faire Lösung für alle Seiten, dass für die Handwerker klar ist, okay, ich kann auch nicht vom drauflegen leben und das heißt, wenn ich komme und wir da einen halben Tag oder einen Tag mal so ein Workshop gemeinsam machen, dann kostet das was, dann muss ich das halt bezahlen, aber das zahlt sich nach hinten auf jeden Fall aus. Absolut für alle Beteiligten, weil es dann nachher einfach, wenn es an die Baumaßnahme geht, flotter von der Hand geht und die Baumaßnahme ungestörter durchgeführt werden kann.
Götz Müller: Ja, und da glaube ich, also da steckt für mich auch viel Kultur drin, und da kann man jetzt ja im Grunde, ein Stück weit mit Fug und Recht sagen, bei der Bauindustrie, da reden wir ja über Jahrtausende, seit Pyramiden und Co, während wir jetzt im Automobilkontext ja gerade mal ein gutes Jahrhundert haben, wenn man vielleicht die ersten, wenn wir es ab Ford rechnen. Und ich glaube da eben auch noch mal, das ist mir ein persönliches Anliegen, dieses: Schaut mal, die kriegen das hin, nach Jahrtausenden ihre Kultur zu verändern. So ein bisschen auch als vielleicht in einer gewissen Form des Stichelns könnte man es fast nennen. Wenn die das hinkriegen, warum kriegt ihr das nicht hin? Also ein bisschen eine Herausforderung.
Roland Falk: Also unser Ziel ist wirklich da die neue Baustellenkultur ein Stück weit. Wie gehen wir miteinander um, dass auch das Bauen wieder Spaß macht, weil alle reden vom Fachkräftemangel und wenn es auf dem Bau halt so zugeht, wie es zugeht, da ist halt die Frage: Will das ein junger Mensch, will der sich mit Streitereien …, sondern die wollen gemeinsam im Team arbeiten, das soll Spaß machen und ein Team, das lebt davon, dass gemeinsam gearbeitet, dass im Team gearbeitet wird, dass man füreinander da ist, letztendlich nachher auch. Das ist ja das Schöne eigentlich, dass man im Handwerk gemeinsam etwas erschafft und am Abend sieht, was man geleistet hat, letztendlich und je besser man sich abstimmt, je mehr man voneinander weiß, was der eine kann, wo ich ihn unterstützen muss, oder wo es im Moment gerade klemmt. Oh, jetzt ist das Material nicht da, wie können wir es denn überbrücken, was kann derjenige denn vielleicht als Alternative machen? Oder geht irgendeine Maschine kaputt, da geht irgendwie ein Aufzug kaputt, ein Schrägaufzug. Also gemeinsam findet man da halt immer Lösungen, also im Altbau bei der Altbausanierung, das ist ja das Schöne eigentlich, und das machen ja auch die Handwerker sehr gerne, sie können dann schon durch ihre Kompetenz sehr viel regeln und gemeinsam organisieren, wenn sie zusammenstehen.
Götz Müller: Mhm ja, und wenn man halt für die, in Anführungszeichen, normalen Dinge eben einen geregelten Prozess hat, dann hat man plötzlich Kapazitäten ein Stück weit und auch wenn es bloß Denkkapazitäten sind, sich um dann diese Sonderfälle in einer ganz anderen Form zu kümmern.
Roland Falk: Wo man, also, wo ich auch ein Stück weit immer Hoffnung habe oder auch sehe, dass es funktioniert, wenn Sie einfach zum Beispiel dran denken an die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal. Da sind viele Baubetriebe sind hin, und sind da ehrenamtlich hin und haben da geholfen. Wenn man da sieht, wie dann, wenn so eine Notsituation ist, wie dann die Leute einfach zusammenstehen und gemeinsam helfen, und das sieht man halt auch, wenn die gewohnt sind, zusammenzuarbeiten. Was die denn geschafft kriegen in kürzester Zeit nachher und das gibt mir einfach letztendlich Hoffnung, dass wenn man die Handwerker ein Stück weit unterstützt in der Prozessgeschichte und dann mit digitalen Möglichkeiten, was heute auch machbar ist, gerade auch mit KI künftig, wo ich wirklich solche Bestellprozesse oder bestimmte Abstimmungen oder Prozessplanungen ein Stück weit auch softwaremäßig unterstützen kann, glaube ich, können wir im Baubereich durchaus noch ein Stück weit wirtschaftlicher werden. Das hat nichts damit zu tun, dass die Handwerker deswegen schneller arbeiten müssen oder sonst etwas anderes, sondern es geht wirklich darum, dass die Effizienz ein Stück weit steigt dadurch.
Götz Müller: Ja, und so Dinge, die wir jetzt im Grunde erst mal, wo wir mit der Episode angefangen haben, gar nicht auf dem Schirm hatten, aber das Stichwort Fachkräftemangel ja da durchaus sehr präsent ist in meiner Wahrnehmung, wenn man nicht in eine einzelne Branchen, wie jetzt Sanitär und so weiter reingeht, da habe ich jetzt in der letzten Episode gelernt, dass es dort gerade gar kein Thema ist, aber ich glaube, alles war so ein bisschen im Freien ist auch, ist das schon eine Herausforderung. Und da ist es eben eine Chance über, ja, eine neue Kultur eben Menschen zu erreichen, die man vielleicht vorher halt gar nicht erreicht hat.
Roland Falk: Absolut. Und ich glaube, Handwerk wird künftig wieder mehr goldenen Boden haben, weil das Thema KI haben wir schon kurz angesprochen, ich glaube, es gibt eher dann auch bei eher bei Bürojobs oder sowas, die eher wegfallen wie bei, also ich glaube nicht, dass die KI eine komplette Altbausanierung machen kann, die kann unterstützen, aber da brauchen wir einfach die Leute, da brauchen wir die Muskelkraft, die das Ganze umsetzt, entsprechend auch da ist mit Robotik schwierig. Wir haben zwar auch Projekte, die man versucht mit Putzrobotern oder sowas, aber das ist wirklich sehr schwierig noch, weil einfach die Variabilität in den Altbauten, das sind ja alles lauter Prototypen, die wir draußen rumstehen. Es sind ganz wenige, wo man sagt: Oh jawohl, da ist ein Haus wie das andere. Da hat das eine Haus andere Fenster schon, und da wurde das mal saniert und da ist es angebaut worden, also die die Altbauten sind halt extrem unterschiedlich nachher, aber das macht sie auch so herausfordernd und eigentlich so schön, dass wir da auch die jungen Leute ein Stück weit abholen können und sagen, du guck mal, da gibt es eine gute Betätigungsmöglichkeit und ihr könnt hier mit neuen Methoden, auch mit neuen digitalen Methoden euch unterstützen lassen, gerade bei diesen Sachen, die sie vielleicht auch nicht so gern machen, Baustellendokumentationen, da gibt es heute tolle Tools, wo automatisch Bilder aufgenommen werden, gute Zeiterfassung, wo ich dann auch zum Beispiel tracken kann, wo ist das Material und Bestellungen über eine App entsprechend auslösen kann. Also da gibt es also wirklich schon Möglichkeiten, aber das Ganze funktioniert natürlich nur dann richtig gut, wenn ich auch selber, deswegen kommen wir wieder zum Anfang, wenn ich mir selber meiner eigenen Prozesse bewusst bin, dann kann ich mit der Digitalisierung starten richtig.
Götz Müller: Ja, und das als a, das mit dem goldenen Boden war ein guter Abschluss und eben auch dieser Punkt noch mal betont, jetzt in meinen Worten ausgedrückt, wenn die Handwerker das hinkriegen, dann sollten es auch andere hinkriegen, weil eine Aussage, die mir halt oft begegnet: Ja, wir bauen doch keine Autos. Und ich glaube, da mal vom Pflegegesundheitswesen abgesehen, ist natürlich Handwerk jetzt auch sehr, sehr weit weg von Standard-Vorgehensweisen, speziell in dem Ausbaukontext und trotzdem bringt es Mehrwert, und warum sollten wir es dann nicht nutzen?
Roland Falk: Absolut. Ich glaube, wir haben heute auch eine richtige Herausforderung, wirklich den riesigen Gebäudebestand, den wir einfach energetisch ertüchtigen müssen, weil wir müssen unsere Gebäudeenergie ja neutraler gestalten, sage ich jetzt mal, und da gibt es Möglichkeiten, das kann man heute machen, und der Aufwand ist jetzt überschaubar sag ich mal. Man kann aus, und vor allem Gebäude, die gebaut sind, da steht halt auch schon mal viel CO2 und das alles abreißen und Neubau da ist so viel CO2 und Energie vernichtet und da kann man heute sehr gut energetisch Gebäude sanieren und da auch einen guter Wohnkomfort da mit reinbringen, ne, also mit gesunden Materialien, also da kann man aus einem Altbau einen richtig schönen quasi Neubau machen. Also das ist heute durchaus möglich. Da gibt es tolle Verfahren dazu.
Götz Müller: Gut, prima. Herr Falk, ich danke Ihnen für Ihre Zeit, für die spannenden Einblicke.
Roland Falk: Herr Müller, ich bedanke mich, dass Sie mich eingeladen haben.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Roland Falk zum Thema Prozesse im Ausbaugewerbe. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 361.
Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.
Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.
Artikel teilen auf ...
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.