Warum Gegenteilsortierer lästig sind und das trotzdem nützlich sein kann

Gegenteilsortierer

Gegenteilsortierer oder auch Gegenbeispielsortierer sind Begriffe aus dem Kontext des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) und zählen dort zu den so genannten Meta-Programmen [1]. Das hat erstmal mit Lean & Co nichts zu tun und trotzdem ist schon das Wissen darüber nützlich. Der deutsche Begriff ist zugegeben etwas sperrig, das englische Original Missmatcher ist in meinen Augen etwas griffiger. Der gegenüberliegende Pol des Meta-Programms (es gibt bei Meta-Programmen immer zwei Pole) sind die Gleichteil- oder Gleichbeispielsortierer (engel. Matcher). Die Pole bedeuten aber nicht, dass es zwischen ihnen keine Abstufungen bei der Ausprägung gibt, dass ein Pol ultimative Vorteile ggü. dem anderen hat, oder dass die Ausprägungen in allen Fällen festzementiert sind.

Gegenteilsortierer konzentrieren sich bei ihrer Wahrnehmung (unbewusst) stärker auf Unterschiede als auf Gemeinsamkeiten, sie nehmen bei fünf Bildern an der Wand eher wahr, wenn eines schiefhängt, als das evtl. ähnliche Motiv auf allen Bildern. Eine weitere Eigenschaft der Gegenteilsortierer ist oft auch, dass sie eher zu Widerspruch neigen und gerne mal penetrant auf das Haar in der Suppe hinweisen, oft eben in der Verbindung zu den wahrgenommenen Unerschieden, statt sich an der sonst optisch, gustatorisch und olfaktorisch leckeren Suppe zu erfreuen.

Diese Eigenschaften, insbesondere in der angedeuteten Kombination, können dann dazu führen, dass man sie oder ihr Verhalten als lästig empfindet. Dieses Empfinden kann dann auch dadurch begleitet oder verstärkt werden, dass die ein oder anderen Gegenteilsortierer mit ihren Wahrnehmungen und/oder Widersprüchen auch sehr mitteilsam umgehen können, nicht selten auch damit kombiniert, dass sie diese Wahrnehmungen sehr schnell und eben auch schneller als andere machen, speziell wenn sich die Unterschiede auf der optisch-visuellen Ebene abspielen und sie dort ihren bevorzugten Wahrnehmungskanal haben (der von allen Wahrnehmungskanälen eben der schnellste ist).

Selbst wenn sie jetzt mit ihren Wahrnehmungen Recht haben, können anderen Menschen dann Fragen durch den Kopf gehen wie „warum/wie hat er/sie das jetzt schon wieder gesehen/bemerkt“, was den Lästigkeitsfaktor des Gegenteilsortierers in den Augen anderer Menschen weiter steigern kann.

Sie haben es vielleicht gemerkt und die, die mir schon mal begegnet sind, vielleicht sogar erst recht, was ich da beschrieben hab', ist eine Schublade, in die man mich durchaus auch einordnen kann (und da bin ich niemand böse ;-)

„Zu viel Vergnügen ist lästig.“

– Blaise Pascal

Und zumindest in Phasen der Reflexion (wie beim Schreiben dieses Artikels) bin ich mir über die/meine Eigenschaften und deren (Aus)wirkungen auf andere Menschen durchaus bewusst und ich weiß auch, dass andere auch ein oder mehrere Lieder über diese Lästigkeit und die verbundenen Herausforderungen, das auszuhalten, singen können. Ich weiß auch, dass Gegenteilsortierer, wenn sie sich die Äußerung ihrer eigenen Wahrnehmung mal verkniffen haben, auch gerne die Tendenz haben, anderen ins Wort zu fallen, wenn deren Wahrnehmungen und/oder verbundene Äußerungen nicht schnell genug zum Ausdruck kommen. Besonders krass kann das ausfallen, wenn oder weil Geduld ebenfalls nicht zu einem vorherrschenden Merkmal von Gegenteilsortieren gehört.

Im Grund fällt mich dann nur noch eine Eskalationsstufe ein, die dann eintritt, wenn zwei Gegenteilsortierer aufeinandertreffen, die aber bspw. unterschiedliche Wahrnehmungskanäle haben und dann eben unterschiedliche Wahrnehmungsgeschwindigkeiten aufeinanderprallen (wobei es aber nie um ein besser oder schlechter verschiedener Kanäle, wie auch Meta-Programme geht, sondern höchstens um ein nützlich oder weniger nützlich im Bezug auf einen Kontext). Eskalationen haben dann aber gerne mal die Randbedingung, dass die Rationalität auf der Strecke bleibt.

Jetzt hab' ich vielleicht lange um den heißen Brei geschrieben (Lean ist halt unbequem [2]) und will zum Schluss noch kurz daraufkommen, warum die Gegenteilsortierer auch wertvoll sein können. Da mach' ich's mir aber mal ganz einfach und schick' Sie nochmal an den Anfang des Artikels mit Aufforderung zur Reflexion Ihrerseits. Zum um sich selbst zwischen den beiden Polen Gegenteil- und Gleichsortierer zu verordnen, vielleicht schon gesteigert zu erkennen, wo der Kontext bei der Ausprägung eine Rolle spielt. Welche positiven wie negativen Erfahrungen Sie mit der ein oder anderen Ausprägung bei sich selbst und/oder bei anderen gemacht haben, welche Konsequenzen sich daraus ergeben haben, welche Alternativen in irgendeiner Form möglich gewesen wären.

Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich die Eigenschaft um nichts in der Welt eintauschen möchte, obwohl ich weiß, dass ich manchmal verdammt lästig und unbequem sein kann und das dann in der Konsequenz auch für mich lästig und unbequem ist. Gleichzeitig glaube ich mittlerweile auch, dass es zum Umgang mit allem, was in den Lean Kontext fällt, nützlich ist – wenn man immer das Prinzip des Respect for People im Bewusstsein behält.

Frage: Welche Eigenschaften (von sich und anderen) empfinden Sie manchmal als lästig oder unbequem? Was könnten Vorteile dieser Eigenschaften sein? Wie lassen sich die Nachteile vermeiden oder trotzdem positiv nutzen?

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[1] NLP-Meta-Programme (Einleitung, Übersicht mit Fortsetzungen)
[2] Lean muss unbequem sein

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