Warum Lean unbequem ist und es sein muss

unbequem

Wie üblich hat diese Fragestellung wieder mehrere Aspekte und deshalb auch unterschiedliche Antworten. In der Folge finden Sie ein paar davon. Definitiv ist diese Aufzählung nicht vollständig. Vielleicht erkennen Sie noch weitere Unbequemlichkeiten, dann freue ich mich, wenn Sie mir darüber berichten.

Lernen ist unbequem

Schon allein der Punkt lernen hat bzgl. der Unbequemlichkeit mehrere Facetten. Da ist einmal das Eingeständnis, dass man etwas nicht weiß und das ggf. auch offenbaren muss. Schon das kann unbequem sein, weil man damit ggf. in den eigenen Augen und den Augen anderer ein Defizit hat. Allein dieser Punkt könnte wahrscheinlich artikelfüllend sein, ob diese Wahrnehmung und Einstellung jetzt nützlich und hilfreich ist oder evtl. auch limitierend.

Neben dem initialen aber notwendigen Eingeständnis des Nicht-Wissens ist dann auch der Vorgang des Lernens unbequem, evtl. weil man sich mit etwas Neuem beschäftigen muss (darf!), weil der Vorgang auch mit Übung verbunden ist und man in diesem Rahmen auch wieder erfährt, dass man etwas noch nicht kann oder noch nicht gut (genug) kann.

Auch die Aussage, dass lernen unbequem sein muss (s. Mike Rothers Toyota Kata), kann in diesem Kontext nur eingeschränkt beruhigend sein. Trotzdem ist es hilfreich, sich das selbst immer wieder klarzumachen und auch andere darauf hinzuweisen, idealerweise schon zu Beginn, d.h. vor einer praktisch unbequemen Lernsituation (wenn man das wahrscheinlich nicht unbedingt hören will).

Lehren ist unbequem

Lehren ist dann der Gegenpart zum Lernen. Das soll nicht ausdrücken, dass es immer zwingend einen Lehrer braucht, um etwas zu lernen (im Sinne der Vermittlung von Wissen oder Fähigkeiten). Ich betrachte einen Lehrer auch schon als existent, wenn er die Rolle eines Impulsgebers einnimmt, bspw. durch die Fragen im Rahmen der Coaching-Kata.

Auch diese Form der Unbequemlichkeit kann mehrere Facetten haben. Das kann die Geduld mit dem Lernenden sein, der evtl. nicht die Lerngeschwindigkeit und Aufnahmefähigkeit haben, die man selbst erwartet. Dann heißt es, den Lernprozess mehrfach zu durchlaufen, was auch Zeit, Geduld und Energie des Lehrers kosten kann. Es kann auch bedeuten, dass man sich selbst den Impuls verkneifen muss, evtl. eine Sache selbst zu erledigen oder eine Lösung zu präsentieren, statt den Lernprozess (und dessen Reflexion!) abzuwarten.

„Jeder Mensch hat die Chance, mindestens einen Teil der Welt zu verbessern, nämlich sich selbst.“

– Paul de Lagarde

Verbesserung ist unbequem

Dabei sollte man sich selbst (und anderen) bewusst machen, dass es nicht die Verbesserung selbst ist, die die Unbequemlichkeit hervorruft, sondern die Veränderung, die dazu notwendig ist. Unter Umständen sind auch notwendige Lernprozesse unbequem, die erst durchlaufen werden müssen, um sich die Verbesserung zu erarbeiten. In diesem Kontext kann es dann auch unbequem sein, sich eine Situation nicht schön zu reden, um der notwendigen Veränderung und den Lernprozessen zu entkommen. Diese Randerscheinungen können dann auch Widerstand hervorrufen.

Verbesserung (im Rahmen von Lean und speziell dessen Einführung) kann auch unbequem sein, weil dazu ein verändertes Führungsverständnis notwendig ist. Das betrifft dabei nicht nur die Führungskräfte, sondern auch die Mitarbeiter, weil sich die Zuordnung der Problemlösungsverantwortung und -kompetenz für beide Personenkreise verschiebt und das wiederum Veränderungen und Lernprozesse notwendig macht.

Widerstand ist unbequem

Die Unbequemlichkeit mag dabei auch auf Seiten des Widerstandleistenden vorhanden sein, primär denke ich aber an die Person, die mit dem Widerstand (einer anderen Person) konfrontiert wird. Wie die Klammer andeuten soll, können es aber auch innere Widerstände sein, die dann wie im äußeren auch zu inneren Konflikten führen können. Diese inneren Widerstände und Konflikte sind dabei oft schwerwiegender, weil sie nicht so deutlich wahrnehmbar sind und deshalb u.U. auch viel länger schwelen und wiederum entsprechend unbequemer sind, ohne das aber in der Ursache deutlich verorten zu können.

Widerstände können auch für Führungskräfte unbequem sein, speziell wenn sie sich nicht bloß auf die Vorgesetztenrolle zurückziehen wollen, was in der Regel die Widerstände auch nicht löst, sondern nur auf die ein oder andere Art kaschiert oder verlagert.

Der wichtigste Aspekt zum Umgang mit der Unbequemlichkeit im Lean Kontext ist, sich diese Effekte bewusst zu machen und auch mit allen Beteiligten und Betroffenen darüber zu reden (was auch schon wieder unbequem sein kann, weil zumindest eine gewisse Zeit dafür benötigt wird). Was man auf jeden Fall vermeiden sollte, ist das Beschönigen oder Verschweigen der beschriebenen Effekte. Das ist bspw. der Grund dafür, warum ich mich selbst auch als unbequem bezeichne [1].

Wenn Sie wissen möchten, wie Ihnen meine Unbequemlichkeit im Lean Kontext helfen kann, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern (oder es grad einfach zu unbequem ist ;-) legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] Über mich

Frage: Wo ist Lean für Sie unbequem? Wie gehen Sie mit der Unbequemlichkeit um? Wie können Sie Unbequemlichkeit nutzen?

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