Agiles Projektmanagement (Scrum) und NLP

Aufgrund eines aktuellen Projekts sind hier ein paar Überlegungen zum Zusammenspiel von agilem Projektmanagement im Allgemeinen, Scrum als Form der agilen Software-Entwicklung (in agilen Projekten) im Besonderen und NLP.

Projektmanagement sollte grundsätzlich agil sein in dem Sinn, dass es zwar einen bestehenden Plan verfolgt, jedoch auch gleichzeitig die aktuellen Randbedingungen und Veränderungen berücksichtigt und auf sie reagiert. Auch unter diesem Aspekt existieren starke Ähnlichkeiten mit NLP. In NLP-Coachings sollte der Coach den Fortschritt des Coachees auf das gewählte Ziel und die Beziehung zu ihm aufmerksam beobachten und bei Veränderungen flexibel auf sie reagieren und sein Verhalten darauf abstimmen. Zu den möglichen Veränderungen können auch Änderungen bei den Zielen selbst gehören. Zu den Wohlgeformtheitskriterien von Zielen gehört auch, dass es möglich sein sollte, sie in Teilziele zu zerlegen und die Ziele wiederum Teile von einem übergeordneten (Lebens-)Ziel bzw. einer Vision sein sollten. Auch hier besteht viel Ähnlichkeit mit (agilem) Projektmanagement.

Im Rahmen der Gegenüberstellung von agilem Projektmanagement und NLP sollten auch die Rollen in den beiden Konzepten in Beziehung gebracht werden.

In NLP sind grundsätzlich nur die Rollen des Coach und des Coachee bekannt, wenn man Trainings-/Lehrsituation aus Acht lässt, in den es noch den Trainer und ggf. Beobachter von Trainingssituationen gibt.

In Scrum (als einer Ausprägung der agilen Software-Entwicklung) sind folgende Rollen vorhanden:

  • Team
  • Scrum Master
  • Product Owner

Im weitesten Sinn nimmt das Team (Teamgröße = 7+/-2) die Rolle des Coachee und der Scrum Master die Rolle des Coach ein. Die primäre Rolle des Scrum Masters liegt in der Unterstützung des Teams, ohne selbst aktiv in die Arbeit des Teams oder in die Kommunikation mit dem Product Owner einzugreifen. Die Rolle des Scrum Masters ist nach meinem Verständnis aber aktiver als die eines Coach im Modell von NLP, teilweise hat die Rolle eher Mentor-Charakter. Ähnlich ist in beiden Fällen der Grundgedanke der Hilfe zur Selbsthilfe. Das Team hat die “Aufgabe” die Ziele zu erreichen (innerhalb eines Sprints selbst gesteckt). Dafür trägt in Scrum wie auch im NLP der Scrum Master bzw. der Coach keine Verantwortung.

Bleibt die Rolle des Product Owners. Auf den ersten Blick scheint es kein Pendant im NLP zu geben. Auf den zweiten Blick kann der Product Owner jedoch stellvertretend für den Kontext stehen, in dem sich der Coachee (das Team) befindet. Die Funktion des Coach kann es auch sein, durch Reframing quasi Einfluss auf den Kontext (bzw. dessen Bewertung/Interpretation) auszuüben. Im Scrum entspricht dies der “Kontrolle” des Product Owners, dass er auf das Team keinen ihm nicht zustehenden Einfluss ausübt.

Interessant sind auch die Bedingungen bzw. Werte der agilen Software-Entwicklung, wie sie im “Agilen Manifest” postuliert wurden, die sich mit den Vorannahmen von NLP vergleichen lassen:

  1. Individuen und Interaktionen gelten mehr als Prozesse und Tools.
  2. Funktionierende Programme gelten mehr als ausführliche Dokumentation.
  3. Die stetige Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über Verträgen.
  4. Der Mut und die Offenheit für Änderungen steht über dem Befolgen eines festgelegten Plans.

Fazit: Sowohl NLP als auch agiles Projektmanagement in Form von Scrum in Software-Projekten können von einander lernen und mit Kenntnis des Pendant den eigenen Horizont erweitern. NLP-Kenntnisse können m.E. für einen Scrum Master unschätzbare Dienste leisten, da Scrum sehr stark auf die Autonomie und Selbststeuerung des Teams setzt und der Scrum Master eine unterstützende Rolle einnimmt, ohne die Verantwortung für das Team und dessen Arbeit zu tragen (im Gegensatz zum klassischen Projektleiter).

Ergänzung 24.6.2012: Das NLP-Format der drei Wahrnehmungspositionen kann ein wertvolles Hilfsmittel sein, die drei Rollen außerhalb von direktem Aufeinandertreffen zu reflektieren.

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