Wahrnehmungspositionen, Stakeholder & Konflikte

Ein NLP-Format, das auch im Bereich Stakeholder-Management in Projekten wertvolle Dienste leisten kann, ist die Technik der drei Wahrnehmungspositionen.

Die erste Position (Ich-Position) ist dabei die Person des Klienten bzw. Coachees. Die zweite Position (Du-Position) entspricht der fremden Person, mit der z.B. der Klient einen Konflikt hat. Die dritte Position (Meta-Position) nimmt der weise Ratgeber o.ä. ein Das Interessante an dem Format ist nun nicht, dass die drei realen Personen die Positionen einnehmen, sondern die Personen nacheinander und ggf. wiederholt nur vom Klienten eingenommen werden. Die drei Positionen sind typischerweise durch Raumanker repräsentiert, z.B. durch drei Stühle, von denen die erste und zweite Position einander direkt zugewandt sind und die Dritte etwas abseits in der Beobachterposition ist, um die Situation zu überschauen.

Die Raumanker haben zwei Hintergründe. Ersten kann sich die Personen leichter auf die Position einlassen, d.h. sich dort assoziieren und dann anschließend bei Wechsel der Positionen auch leichter wieder dissoziieren (Stichwort Separator) und auf die nächste Position einlassen.

Auf Stakeholder im Projektmanagement angewandt, sind die drei Wahrnehmungspositionen:

  1. Position: Der Projektleiter
  2. Position: Der Stakeholder
    Das Format wird dann für jeden relevant Stakeholder getrennt durchgeführt. Ggf. können auch Stakeholder-Gruppen verwendet werden. Es muss dann jedoch darauf geachtet werden, dass wirklich gemeinsame Interessen bestehen. Eine Vermischung unterschiedlicher Interesse birgt die Gefahr, dass einzelne Aspekte verlorengehen können. Der vermeintliche Zeitvorteil kann sich dann sehr leicht in Gegenteil verkehren und unerkannte Risiken erst später an die Oberfläche bringen.
  3. Position: Der weise Ratgeber oder unabhängige Beobachter (diese Position ist immer gleich besetzt und wird in der Folge nicht mehr extra aufgeführt). Um unnötige Missverständnisse zu vermeiden: Diese Position wird ebenfalls durchlaufen, sie ist nicht mit dem Moderator, Mediator oder Coach gleichzusetzen.

Andere Positionsbelegungen für die Position eins und zwei können sein:

  1. Position: Projektleiter
  2. Position: Projektauftraggeber

oder

  1. Position: Projektleiter
  2. Position: Nutzer

oder

  1. Position: Projektteam
  2. Position: Nutzer

oder

  1. Position: Projektauftraggeber
  2. Position: Stakeholder

Mit dem Format der Wahrnehmungspositionen kann beispielsweise der Informationsbedarf der zweiten Position erarbeitet werden. Ebenso können die Ziele, sonstigen Bedürfnisse und Erwartungen geklärt werden. Umgekehrt entstehen auch Erkenntnisse über die Rückwirkungen auf die erste Position. Durch die unabhängige dritte Position werden weitere Aspekte deutlich, was bei einer Beschränkung auf zwei Sichtweisen nicht der Fall wäre.

Im Scrum-Umfeld können die Positionen so belegt sein:

  1. Position: Projektteam
  2. Position: Product Owner
  3. Position: Scrum Master

Je nach Fokus bzw. Klient kann die erste und zweite Position auch vertauscht sein.

Das Format kann auch sehr förderlich in Konfliktsituationen eingesetzt werden. Entweder zur Vorbereitung eines Konfliktgesprächs, sei es durch einen Moderator/Mediator oder durch den Projektleiter selbst (in der Folge ebenfalls Moderator genannt). Dabei können dann nach einander (d.h. in getrennten Sitzungen mit den Konfliktpartnern) die Konfliktsituation durchgespielt werden. Die Konfliktpartnern werden dabei vom Moderator durch die drei Positionen geführt. Die erste Position ist jeweils die Person selbst, die zweite Position der Konfliktpartner und die dritte Position der unabhängige Beobachter.

Eine andere Form des Einsatzes im Konfliktumfeld ist die, wenn der Projektleiter selbst Teil des Konfliktes ist, aber (noch) nicht die Unterstützung eines Moderators in Anspruch nehmen will oder kann. Diese Form der Anwendung erfordert einen hohes Maß an Selbstreflektion beim Projektleiter und sollte nur bei leichten Konflikten oder zur Vorbeugung in frühen Phasen eingesetzt werden. Die erste Position nimmt dabei der Projektleiter selbst ein, während er sich dann auch in die anderen beiden Positionen begibt. Um das Format nicht durch notwendige Aufzeichnungen zu stören (und sich damit jeweils selbst wieder aus der Position und Rolle zu dissoziieren) empfiehlt es sich, Tonaufnahmen oder sogar Videoaufnahmen der Durchgänge zu machen, die dann anschließend analysiert werden können.

Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung des Formats sind die Vorannahmen, dass hinter jedem Verhalten eine positive Absicht steckt und dass Menschen stets die beste Entscheidung treffen, die ihnen möglich ist. Ohne diese Vorannahmen wird es in der Regel nicht möglich sein, sich auf die zweite, die Du-Position einzulassen. Während die Assoziierung in der ersten Position (der eigenen Position) normalerweise leicht gelingt, benötigt die zweite Position schon mehr Anstrengungen, dies zu erfüllen.

In der dritten Position, der Meta-Position, ist es dann wichtig, sich von beiden zuvor eingenommenen Positionen vollständig zu trennen, d.h. sich völlig zu dissoziieren und auch dissoziiert zu bleiben. Auch diese Notwendigkeit bzw. Fähigkeit wird durch die Raumanker noch verbessert.

Ein weitere Vorteil der drei Wahrnehmenspositionen kann im Reframing liegen, da mindestens die ersten beiden Positionen in einem ganz bestimmten, eigenen Kontext liegen.

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