KVP – eine Frage der Langsamkeit

Langsamkeit

Die aktuelle (moderne?) Entwicklung des Wirtschaftslebens ist oft von hoher Geschwindigkeit geprägt. Neue Mitbewerber entstehen über Nacht, neue Kundenerwartungen ergeben sich ebenso schnell daraus, bestehende Anforderungen sollen schnell erfüllt werden. Da liegt es auch nahe, dass sich die Geschäftsprozesse schnell verändern sollen und der Kontinuierliche Verbesserungsprozess dem ebenso schnell Rechnung tragen soll. Langsamkeit und Bedacht werden es da oft als Schwäche einordnet.

Geschwindigkeit hat auch viel mit Entscheidungen zu tun – wie schnell Entscheidungen getroffen werden, welche Entscheidungsbasis zum Tragen kommt, wie schnell falsche Entscheidungen gegebenenfalls korrigiert werden.

Geschwindigkeit bzw. Langsamkeit drückt sich für mich auch im PDCA-Zyklus aus. Einmal in der Tatsache, dass die „langsamen“ Elemente 2-3 Viertel (Plan, Check & zumindest anteilig Act) des Zykluses einnehmen und außerdem die Empfehlung besteht, dass der Plan-Teil zu Beginn den gleichen (zeitlichen) Umfang einnehmen soll, wie die folgenden Do, Check und Act zusammen.

Was sind nun Gründe, die dafür sprechen, dass die Langsamkeit im KVP eine wichtige Rolle spielt und Geschwindigkeit sogar hinderlich sein kann?

Langsamkeit, weil wir nicht das volle Bild kennen

Hier geht es um Hintergrundinformationen, die Antreiber von Handlungen und Einstellungen der Menschen sind. Das können dann die Gründe für Schattenprozesse sein, die letztlich immer auf eine positive Intension zurückführbar sind.

Speziell, wenn es um das Verhalten von Menschen geht, ist die Langsamkeit oft nützlicher als der sprichwörtliche Schuss aus der Hüfte, der fast immer impulsgetrieben und oft auch unpräzise ist und leicht am Ziel vorbeigehen kann.

„Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht noch immer geschwinder, als jener, der ohne Ziel umherirrt.“

– Gotthold Ephraim Lessing

Ein Ausdruck der Dualität bzw. Polarität von Langsamkeit und Geschwindigkeit kommt auch in der Methode der Layered Process Audits zum Ausdruck. Dort wird zu Beginn vermeintlich Geschwindigkeit geopfert, weil die Checkpunkte in den Prozessen wohl überlegt sind und durch ein Vielzahl von Randbedingungen begleitet werden, bevor die resultierenden Checklisten erstellt werden können. Diese können dann aber wieder sehr schnell angewendet werden, wodurch sich die anfängliche Langsamkeit wieder bezahlt macht.

Langsamkeit, weil wir unsere eigenen Bilder projezieren

Bei der schon erwähnten Reaktion auf menschliches Verhalten muss man zusätzlich berücksichtigen, dass der impulshafte Antrieb zur Reaktion mit dadurch verursacht wird, dass wir unsere eigenen Bilder und Anteile auf Situationen und die dort handelnden Menschen projezieren und damit unsere eigenen Anteile oft eine große Rolle spielen. Diese Projektion lässt sich nur durch Reflexion im Zaum halten und die braucht wiederum nun mal Zeit und Gelegenheit. Das kann durchaus das sprichwörtliche Nochmal-drüber-schlafen sein oder die Einholung von Meinungen dritter oder vierter Personen.

Langsamkeit, weil wir es später bereuen

Speziell wenn es um die Arbeitsbeziehungen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten geht, hat die Langsamkeit gegenüber der Geschwindigkeit, dass das Band zwischen diesen beiden Gruppen in Organisationen viel zu leicht reißen kann und dadurch irreparable Situationen entstehen. Sei es, weil eine Situation falsch eingeschätzt wird (s.o.) oder weil die beiden Gruppen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind und bei generell hoher Geschwindigkeit eine Anpassung generell schwerer fällt.

Für den bewussten Umgang mit Arbeitsbeziehungen bietet das Job Relations Training aus dem TWI (Training Within Industry) eine nützliche Methode an. Einen ersten Eindruck davon können Sie sich in den beiden eMails-Serien verschaffen.

  • Grundlagen guter Arbeitsbeziehungen
  • Schaffung guter Arbeitsbeziehungen
Frage: Wo wäre Langsamkeit bzgl. dem KVP in Ihrem Unternehmen notwendig? Was bleibt durch eine zu hohe Geschwindigkeit auf der Strecke? Wie lässt sich das vermeiden?

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