Wenn die Rede davon ist, ob ein Auto schnell oder langsam ist, kann eine Antwort nur im Vergleich zu etwas anderem gegeben werden. Ein Sportwagen ist ein schnelles Auto im Vergleich zu einem Lastwagen oder einem Fahrrad. Im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit wird aber auch das schnellste Auto zur Schnecke. Geschwindigkeit ist also sehr oft relativ (nicht nur im Sinn der Einsteinschen Relativitätstheorie ;-) Geschwindigkeit definiert sich als der Quotient aus einer zurückgelegten Strecke und der dafür benötigten Zeit.
Während die benötigte Zeitpunkt vom Startpunkt zum Endpunkt gemessen wird, entsteht bei der zurückgelegten Strecke steht die Frage, wie sich diese bemisst. Spätestens hier müssen die beiden oben genannten Dimensionen unterschiedlich betrachtet werden. Beginnen möchte ich dabei mit dem meines Erachtens einfacheren Fall der Durchführung.
Geschwindigkeit der Durchführung
Die Geschwindigkeit der Durchführung des KVP lässt sich an der benötigten Zeit messen, die für den Durchlauf eines PDCA-Zyklus benötigt wird. Obwohl Anfang und Ende damit ziemlich eindeutig bestimmt sind, ergibt sich eine Herausforderung bei der Geschwindigkeitsmessung, dass die Durchläufe je nach Problemstellung sehr unterschiedlich lang sein können. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass kürzere Zyklen besser sind als längere, weil bei kürzeren Zyklen eine frühere Rückkopplung möglich ist und damit früher festgestellt wird, ob eine Veränderung in die richtige Richtung auf den definierten Zielzustand zugeht und bei einem vermeintlichen Fehlschlag die Lernerfahrung früher gemacht wird.
Geschwindigkeit der Einführung
Während bei der Durchführung des KVP die Geschwindigkeit schon ein gar nicht so einfacher Aspekt ist, bestehen bei der Einführung des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses noch ganz andere Herausforderungen bzgl. der Geschwindigkeit. Natürlich ist es auch eine Frage der Geschwindigkeit. Nur ob schneller auch immer besser ist, kann gar nicht so einfach beantwortet werden. Zusätzlich stellt sich die Frage wieder die Frage wie die Geschwindigkeit eigentlich bestimmt wird. Es ist wieder die Frage nach Anfang und Ende. Der Anfang mag noch einfach zu bestimmen sein – obwohl hier schon zwischen dem ersten Gedanken daran und dem Entschluss dazu differenziert werden muss – ist das Ende eine deutliche diffizilere Frage. Dass der KVP kein natürliches oder vernünftiges Ende kennt, habe ich in früheren Artikeln schon ausreichend dargelegt. Bei der Geschwindigkeit der Einführung geht es nun aber um das Ende der Einführung. Hier ist es grundsätzlich schon denkbar, dass es diesen Punkt gibt. Um ihn zu bestimmen – beispielsweise im Sinn eines (Zwischen-)Ziels oder eines Zielzustands – kann es sinnvoll sein, messbare Kriterien an diesen Punkt anzulegen. Das kann die Schulungsquote der Mitarbeiter und Führungskräfte sein und/oder der Zeitpunkt der Durchführung regelmäßiger KVP-Runden.
– Eberhard von Kuenheim
Wenn man jedoch über beide Kriterien noch etwas weiter nachdenkt, wird andererseits schnell klar, dass diese vergleichsweise einfachen Kriterien gar nicht so trivial sind. Ist es wirklich erstrebenswert, möglichst schnell eine hohe Schulungsquote zu erreichen? Werden die Mitarbeiter und Führungskräfte dadurch nicht vielleicht sogar überfordert? Welchen Einfluss hat das Tagesgeschäft auf eine angemessene Geschwindigkeit? Aus diesem Grund werden deshalb bei der Einführung von KVP die besten Ergebnisse erzielt, wenn in Pilotbereichen begonnen wird. Die dort gemachten Erfahrungen lassen sich in der Regel sehr gut auf andere Bereiche des Unternehmens übertragen und ggf. anpassen. Der PDCA-Zyklus hat also auch auf der Meta-Ebene der KVP-Einführung seine Berechtigung.
Ebenso trickreich wie die Schulungsquote als Endkriterium der Einführung ist die Fragestellung bzw. Festlegung, wann KVP-Runden regelmäßig sind. Ist eine wöchentliche Durchführung nach dem ersten Monat schon regelmäßig und so routiniert, dass der KVP seinen Namen verdient? Oder muss die Konstanz über sechs Monate, zwölf Monate oder noch länger andauern? Grundsätzlich gilt auch hier das Prinzip der aufeinanderfolgenden und aufeinanderaufbauenden Zielzustände auf dem Weg zu einer Vision, wie sie in den letzten Artikeln diskutiert wurde (KVP – eine Frage der Suche, des Weges, der Schritte).
Bei allem Streben nach höherer Geschwindigkeit sollten wir auch ein wichtiges Prinzip in Erinnerung behalten: Als Gazelle muss ich nicht schneller sein als der schnellste Löwe, um zu überleben. Es ist in der Regel ausreichend, nicht die langsamste Gazelle zu sein. Was will ich damit ausdrücken? Bei der Frage der Geschwindigkeit kommt es auf den richtigen Vergleichsmaßstab an. Der Vergleich muss nicht mal zu Unternehmen innerhalb einer Branche – also „Marktfreunden“ – gezogen werden, es kann schon ausreichend sein, heute besser, nicht unbedingt schneller zu sein als gestern. – Rennen sollte ich aber trotzdem, denn auch wenn es abgedroschen ist: Stillstand ist Rückschritt ;-)
Fazit: Die Frage nach der richtigen Geschwindigkeit kann nicht universell, allgemeingültig oder formelhaft beantwortet werden. Sie hängt von vielen Randbedingungen ab. Grundsätzlich gilt nur eins: Zu schnell ist meist genauso ungünstig wie zu langsam.
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