KVP – eine Frage der Polarität

Polarität

Vor kurzem habe ich ein Buch gelesen, in dem es unter anderem um bimodale Verteilungen ging (eine besondere Form statistischer Verteilungen, die zwei ähnlich wahrscheinliche Pole besitzen im Gegensatz zur Normalverteilung, die nur einen Punkt der größten Wahrscheinlichkeit besitzt).

Während die Normalverteilung der Verteilung der Treffer auf einer Zielscheibe entspricht, ist die bimodale Verteilung eher einer Weggabelung vergleichbar, bei der man sich für einen Weg entscheiden muss, es aber keinen (goldenen) Mittelweg gibt.

Ähnlich ist die Situation in meinen Augen im Kontinuierlichen Verbesserungsprozess bzw. im Lean Management generell. Entweder funktioniert der KVP oder er funktioniert nicht – ein bisschen schwanger gibt es dabei nicht. Ähnlich ist das auch bei der Entscheidung, ob ein Unternehmen die Leistungs- oder die Preisführerschaft in einem bestimmten Marktsegment anstrebt. Dazwischen herrscht typischerweise eher eine Todeszone, in der die Unternehmen früher oder später verhungern.

Aus dieser Polarität ergeben sich dann auch Vorgehensweisen im Rahmen der Einführung und Pflege des KVP im Unternehmen. Entweder verschreibt man sich dem KVP und geht damit mit aller Konsequenz vor oder man lässt es besser. Wenn es um letzteres ginge, wäre der Artikel jetzt zu Ende bzw. Sie könnten aufhören zu lesen und sich anderen Dingen zuwenden.

Den KVP mit aller Konsequenz einführen und leben, heißt für mich alle Mitarbeiter und Führungskräfte einzubeziehen, ihnen das notwendige Wissen verfügbar zu machen, als Unternehmensleitung in Wort und Tat täglich das Engagement für den KVP vorzuleben und evtl. notwendige kulturelle Veränderungen zu erkennen und anzustoßen.

„Konsequent ist, wer sich selber mit den Umständen wandelt.“

– Winston Churchill

Zu der Konsequenz gehört auch der andauernd gepflegte Aufbau von Routinen und Gewohnheiten im KVP, beispielsweise von Gemba Walks auf allen Ebenen und in allen Bereichen des Unternehmens.

Konsequenz bedeutet dabei nicht, dass alle Elemente des KVP vom ersten Tag an schon perfekt funktionieren müssen. Es muss allerdings der unbedingte Wille nach Verbesserung erkennbar sein und vorgelebt werden. Dazu gehört dann auch eine Fehlerkultur bzw. ein Hinentwicklung zu einer solchen, die immer und immer wieder betont und demonstriert werden muss. Selbst wenn sich diese Veränderung nur langsam vollzieht und unter Umstände Jahre in Anspruch nimmt (s. Podcast-Episode Kaizen 2 go 067 Fehlerkultur im Luftverkehr).

Eine weitere Form dieser Konsequenz besteht auch darin, eigene Defizite bzw. des Unternehmens nicht schön zu reden, sich nichts vorzumachen oder sich hinter äußeren Einflüssen zu verstecken. Auch dabei darf die Vorbildfunktion der Unternehmensleitung nicht ignoriert werden.

Ein Weg diese Konsequenz zu leben, besteht im Modelling, das ich im letzten Artikel beschrieben hatte und im folgenden Abgleich des Modellsystems mit dem eigenen Unternehmenssystem, das entsprechend zu erarbeiten ist.

Die handelnden Personen im Unternehmen sollten sich auch immer bewusstmachen, dass die Polarität oft auch mit Effekten verbunden ist, die ab einem bestimmten Punkt nicht mehr oder nur noch mit erheblichem Mehraufwand umkehrbar sind. Das können die Mitarbeiter sein, die das Unternehmen verlassen haben oder die Kunden, die zu einem Mitbewerber gewechselt sind. Auch wenn das dadurch verlorene Geld nicht weg ist, sondern sich nur in den Händen anderer befindet, lässt sich das für die verlorene Zeit nicht sagen. Ähnlich gilt auch für das verlorene Vertrauen von Kunden aber auch Mitarbeitern, in besagte Konsequenz und den Willen etwas wirklich zu verbessern.

Über Konsequenzen aus der fehlenden Konsequenz hatte ich auch in diesem Artikel über den Durst etwas geschrieben.

Frage: Welchem Pol des KVP steht Ihr Unternehmen näher? Wie lässt sich eine Richtungsänderung erreichen? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

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