Wenn der KVP ein Spiel mit bestimmten Regeln ist, ist es auch wichtig, sich über die Mitspieler Gedanken zu machen. Im Grunde handelt es sich um klassisches Stakeholder-Management, wie das auch im Projekt-Management eingesetzt wird.
Auch dabei geht es um einen Prozess, also einen reproduzierbaren Ablauf, der aus immer wieder gleichen Schritten besteht, selbst wenn sich diese in inhaltlichen Details unterscheiden.
Die größte Individualität besteht dabei in meinen Augen bei den Stakeholdern, davon abgeleitet auch teilweise bei den Themen und wie diese wiederum inhaltlich adressiert werden. Neben der Einmaligkeit von Projekten und trotz bestehenden Projektmanagement-Prozessen kommen im KVP noch die kulturellen Eigenheiten jedes Unternehmens hinzu. Trotzdem bin ich der Meinung, dass der Umgang mit den Mitspielern „standardisiert“ werden kann. Die drei J-Programme des TWI (Training within Industry) bieten beispielsweise dazu eine eine gute Basis, die gerade wg. ihrer „Einfachheit“ und Universalität nachgewiesenermaßen gut funktionieren.
In diesem Artikel geht es hauptsächlich um die Mitspieler und deren Rolle im KVP-Spiel. Hier ist die Liste der Mitspieler, die mir immer wieder begegnen, ergänzt um deren „Spielaufgabe“ bzw. ihren individuellen Spielplan, nachdem sie oft agieren.
- Prozesseigentümer: Sie tragen die Verantwortung für ihren Abschnitt in der Wertschöpfungskette. Leider kommt es immer wieder zu lokalen Optimierungen, die manchmal zu Lasten anderer Prozesse gehen oder sogar das ganze Unternehmen betreffen. Diese lokalen Optimierungen sind die Folge von Zielhierarchien, bei denen übergeordnete Ziele gut gemeint heruntergebrochen werden, aber bei den ungeordneten Zielen der Zusammenhang mit den übergeordneten Zielen verloren geht, speziell wenn es sich um mehr als zwei Ebenen handelt. Besonders kritisch werden diese Zielhierarchien, wenn sie sich an den Aufbaustrukturen des Unternehmens orientieren, statt an den Ablaufstrukturen entlang der Prozessketten.
- Beteiligte im Prozess (Mitarbeiter & Führungskräfte): Hier besteht das Dilemma, dass diese Personen manchmal die Zusammenhänge nicht kennen oder nicht abschätzen können, welche Folgen ihre Arbeit auf andere Abschnitte der Prozesskette haben. Ebenso kommt es vor, dass sie die Hintergründe von Veränderungen nicht kennen und nur die vermeintlich negativen Auswirkungen in ihrem Umfeld wahrnehmen.
- Betroffene im Prozess (an Schnittstellen): Diese können zwar auch Beteiligte im Prozess sein, aber ich betrachte sie hier durch die Betroffenheitsbrille, wenn ihr konkreter Einfluss eher hinter der Beeinflussung zurücksteht, die sie erfahren. Dadurch kann auch der Eindruck des Ausgeliefert-sein entstehen. Es gelten im Grunde die gleichen Punkte wie bei den Beteiligten.
- Führungskräfte: Die Führungskräfte bilden eine eigene Gruppe von Mitspielern, auch wenn sie möglicherweise mehreren Mannschaften angehören. Neben ihrer Rolle aus Prozesssicht tragen sie noch weitere Verantwortung als Führungskraft, also in der Verteilung von Aufgaben an ihre Mitarbeiter und in der ggf. notwendigen Anleitung dazu, sowie in der Kontrolle der Arbeitsergebnisse. Unter Umständen haben sie im Bezug zu ihren Mitarbeitern auch nur arbeitsrechtlich-disziplinarische Aufgaben aber keine fachliche Verantwortung wie dies oft in projektorientierten Matrixorganisationen der Fall ist. Hier kann es dann im Bezug auf den KVP auch wieder zu Zielkonflikten kommen, speziell wenn bei der Zielerreichung der Führungskräfte und der Mitarbeiter unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden, die in keiner oder sogar widersprechenden Relation stehen.
– Jean-Paul Satre
- IT-Leiter: Dieser Personenkreis wird oft von Veränderungen im Rahmen von Verbesserungsaktivitäten tangiert, weil bei vielen Geschäftsprozessen Wechselwirkungen mit der IT bestehen. Nicht selten bestehen unterschiedliche Ansichten über Kausalität zwischen IT und Prozessen (beeinflussen Prozesse die IT oder ist dies umgekehrt) und welche Kausalitätsrichtung dabei den Unternehmenszielen am meisten dient. Ebenso muss darauf geachtet werden, dass konsistente Ziele definiert sind und nicht innerhalb der IT Ziele definiert werden, die keinen Bezug zu den Prozesszielen haben, die sie unterstützen sollen.
- Personalabteilung: Wie schon bei der IT gilt auch für Personalprozesse, dass es sich um Unterstützungsprozesse handelt und sich diese mit ihren Zielen den Leistungsprozessen entsprechend unterordnen müssen.
- Betriebsrat: Die Mitspieler des Betriebsrats nehmen innerhalb der Prozesslandschaft und dem begleitenden KVP eine besondere Rolle ein, weil sie kein Teil der Wertschöpfungskette sind aber trotzdem in beiden Beziehungen nicht unerheblichen Einfluss ausüben können. Dieser Rolle sollten sich beide „Seiten“ (Management und Betriebsrat) bewusst sein. Dass Kundenorientierung und Gewinnorientierung bei gleichzeitiger Mitarbeitereinbeziehung und -orientierung kein Widerspruch sind, lässt am Geschäftserfolg von Toyota sehr gut nachweisen und steht deshalb in meinen Augen auch außer Frage.
- Geschäftsführung: Diesen Mitspielern bzw. Spielführern kommt die größte Bedeutung bei. Sie üben letztlich den ultimativen Einfluss auf alle anderen Mitspieler aus (direkt und indirekt, besonders wie bewusst und unbewusst) und damit auch auf das Spielergebnis und dem Umgang mit dem KVP. Wichtig ist dabei vor allem, dass das Bewusstsein der Mitspielerrolle besteht – am ehesten trifft m.E. die Metapher des Spielertrainers zu, der auch starke Coaching-Verantwortung trägt und entsprechend auch im Tagesgeschäft nicht nur Zuschauer ist.
Bei allen vermeintlich sachlich-technischen Aspekten im KVP dürfen wir nicht vergessen, dass es sich bei den Beteiligten und Betroffenen um Menschen handelt und diese nicht notwendigerweise immer auf Basis rational-vernünftiger Basis entscheiden und handeln. Dazu zählen auch mögliche Einflüsse von außerhalb des betrieblichen Kontextes, die den Menschen als Individuum ausmachen und er deshalb auch so behandelt werden muss. Das drückt dann auch den Respekt für den Menschen aus.
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