Man kann nicht nicht interpretieren

interpretieren

Seit Watzlawik ist bekannt, dass man nicht nicht kommunizieren kann. Das gilt so auch für Verhalten. Und dann gibt es noch (mindestens) eine weitere Sache, die man auch nicht nicht machen kann und die gleichzeitig mit Kommunikation und Verhalten eng gekoppelt ist. Man kann auch nicht nicht interpretieren – was kommuniziert (gesagt, gehört) und was als Verhalten wahrgenommen wurde.

Dieser Tatsache sollte man sich immer bewusst sein, als Empfänger und als Sender, selbst wenn das Interpretieren gar nicht bewusst geschieht.

Ein Weg, dieses Bewusstsein zu schaffen und dann entsprechende Reaktionen zu zeigen (was im Grunde auch nicht nicht möglich ist, egal ob das Bewusstsein vorhanden oder nicht vorhanden ist), ist die kontinuierliche Reflexion der betreffenden Situationen.

Bei der Reflexion kann man – anders als beim Kommunizieren, beim Verhalten und beim Reagieren – in meinen Augen allerdings schon sagen, dass man es auch lassen kann, wenngleich das dann typischerweise eher unbewusst stattfindet. Ein bewusstes Nicht-reflektieren halte ich auch schon wieder für nicht möglich.

Auf jeden Fall lässt es sich von außen nicht feststellen, ob eine Reflexion stattfindet oder ob sie nicht stattfindet.

Im Kontext des Lernens ist die Reflexion auf jeden Fall wieder ein wichtiger Bestandteil. Man kann sogar so weit gehen, dass man Lernen insgesamt schon fast wieder in Frage stellen könnte, wenn es nicht mit Reflexion verknüpft ist.

K. Anders Ericsson spricht zwar von der bewussten Übung (engl. practice), verknüpft diesen bewussten Übungsvorgang aber meines Wissens nicht mit der Reflexion beim Vorgang des Lernens (der deutsche Buchtitel ist da u.U. irreführend).

„Aus aller Ordnung entsteht zuletzt Pedanterie; um diese loszuwerden, zerstört man jene, und es geht eine Zeit hin, bis man gewahr wird, dass man wieder Ordnung machen müsse.“

– Johann Wolfgang von Goethe

Aus der Notwendigkeit der bewussten Reflexion zur bewussten Interpretation eines Lernvorgangs (im Zusammenhang mit Kommunikation und Verhalten) folgt dann auch, dass diese Reflexion im Rahmen des Lernvorgangs von außen angestoßen werden sollte. – NB: Wenn Sie diesen Satz mehrmals lesen mussten, geht's Ihnen auch nicht besser als mir beim Schreiben, was mir auch nicht im ersten Anlauf gelungen ist ;-)

Der genannte Anstoß zur Reflexion kommt dabei typischerweise vom Lehrer und gehört zu seinen Aufgaben, wenn er beim Schüler einen Lerneffekt auslösen will. Hier gilt dann auch die wichtige Aussage bzw. Grundannahme der Job Instructions (Arbeitsunterweisungen) aus dem Training Within Industry: „Wenn der Schüler nicht gelernt hat, hat der Lehrer nicht gelehrt.“

An dieser Stelle ergibt sich dann auch der Bezug zum Lean-Kontext, einerseits aufgrund der Basis des Training Within Industry für die Entwicklung des Toyota Produktionssystems und andererseits auch bei der Toyota Kata mit ihren Lernfragen als Teil der Verbesserungs-Kata.

Daraus entsteht dann auch die Verantwortung für Führungskräfte geeignete Fragen zu stellen, um den Lerneffekt bei Mitarbeitern zu schaffen und gleichzeitig zur (Selbst-)Reflexion, dass und wie diese Fragen (inhaltlich und auf einer Meta-Ebene) von den Mitarbeitern interpretiert werden, ebenso wie das für die Antworten bei der Führungskraft passiert.

Natürlich könnten Sie jetzt auch sagen, dass diese Überlegungen für die praktische Arbeit im Lean-Kontext völlig irrelevant sind. An dieser Stelle schließt sich dann aber trotzdem der Kreis zu der eingangs erwähnten Unmöglichkeiten des Nicht-Kommunizierens, der Nicht-Verhaltens und eben auch des Nicht-Interpretierens.

Entscheidend ist vielmehr, ob die Erwartungen an die Mitwirkung aller Menschen im Unternehmen an der kontinuierlichen Verbesserung erfüllt werden und ob die(se) Verbesserungen die gewünschten Effekte zeigen. In den Ergebnissen des Verbesserungsprozesses kommt ultimativ immer die Qualität des Prozesses zum Ausdruck ebenso wie sich daraus die Eignung des Kontextes ableiten lässt.

Wenn Sie wissen möchten, welche Wechselwirkungen zwischen Training Within Industry, der Toyota Kata und des Ergebnissen von Verbesserungsbestrebungen bestehen, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] K. Anders Ericsson: Top – Die neue Wissenschaft vom Lernen

Frage: Welche Ergebnisse ergeben sich aus dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Ihrem Verantwortungsbereich? Wie interpretieren Sie diese Ergebnisse und deren Ursachen?

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