Die Frage nach dem “Warum” ist in NLP grundsätzlich tabu. “Grundsätzlich” heißt natürlich, dass es Ausnahmen gibt (zumindest in meinem Modell). In diesem Artikel stelle ich Hintergründe und Randbedingungen dar, ebenso die Wechselwirkungen mit Projektmanagement und wann die Frage nach dem “Warum” doch Sinn macht.
Warum nicht die Frage nach dem “Warum”?
Die Frage nach dem “Warum” hat mehrere Nachteile:
- Die Frage nach dem “Warum” ist oft eine Frage nach Gründen und Ursachen. Dabei kann es sehr schnell zu (unnötigen) Rechtfertigungen oder im Extremfall zu Konflikten durch Abwehrreaktionen und Gegenangriffe kommen.
- Die Frage nach dem “Warum” impliziert oft einen Blick in die Vergangenheit (die ja nicht mehr zu ändern ist) und kann dadurch in einen Problemzustand assoziieren, der die Problematik verstärkt und nicht notwendigerweise zu einer Lösung und positiven Veränderung beiträgt. Die (übertriebene) Beschäftigung mit der Vergangenheit kann den Blick auf die Gegenwart und die Zukunft verstellen. Nur dort sind Veränderungen möglich.
Aus diesen Überlegungen heraus wird in der NLP-Ausbildung und -Anwendung die Frage nach dem “Warum” vermieden und diese Vermeidung auch so gelehrt.
Trotzdem gibt es m.E. Fälle, in denen die Frage nach dem “Warum” sinnvoll ist, wenn sie mit Bedacht gestellt wird.
Wann ist die Frage nach dem “Warum” sinnvoll?
Wie schon dargestellt, ist die Antwort auf die Warum-Frage die Angabe von Gründen und Ursachen. Im positiven Sinn enthalten die Gründe und Ursachen ggf. auch die Motivation für Handlungen und Anstreben von Zielen. Hier sei zur Erinnerung z.B. auf die Vorannahme des NLP verwiesen, dass jedem Verhalten eine positive Absicht (=Motivation) zugrunde liegt. Bzgl. Zielen enthält die Frage nach dem “Warum” als Teil der Wohlgeformtheitskriterien die übergeordneten Meta-Ziele, Werte bis hin zur Lebensvision. Hinter der Frage nach dem “Warum” kann also auch die Frage “Wozu dient Dir das?” stecken.
Die Frage nach dem “Warum” im Projektmanagement
Auch im Projektmanagement ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt der Warum-Frage die Erörterung von Gründen und Ursachen, im positiven Sinn um aufgetretene Probleme in der Zukunft zu vermeiden. Im negativen Sinn kann die Frage natürlich auch im Sinne der Suche nach Verantwortlichen eingesetzt werden. Wie schon beim NLP-Kontext hat das “Warum” auch motivatorische Anteile. Ein zentraler Ansatzpunkt ist beispielweise das Hinterfragen der Interessenlage von Projektbeteiligten und -betroffenen im Rahmen der Stakeholder-Analyse. Hier kann die Warum-Frage entscheidendes Wissen über die Stakeholder liefern, das bei ausschließlich vordergründiger Betrachtung nicht erkennbar ist.
Die Warum-Frage kann sich auf Themen des Projektmanagements beziehen, in vielen Fällen auch auf inhaltliche Themen der Projekte. Im Rahmen von Verbesserungsprojekten existiert z.B. sogar ein Werkzeug (5 Whys – 5x Warum), um durch wiederholte Anwendung der Warum-Frage die zugrundeliegenden Ursachen von Fehlerszenarien zu erarbeiten.
Statt “Warum” ist in vielen Fällen die Frage “Wie machen wir es besser” sehr viel positiver und lösungsorientierter. Sie verhindert die Suche nach einem Schuldigen oder Verursacher und daraus resultierenden Konflikten durch Abwehrreaktionen. Die Warum-Frage kann dann im zweiten Schritt eingesetzt werden, um vergleichbare Fehler für die Zukunft zu vermeiden.
Im Kontext von Projektmanagement darf die Ablehnung der Warum-Frage also nicht ultimativ betrachtet werden, positiv anregende Aspekte der Motivation haben dort ihre Berechtigung, ebenso wie im NLP.
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