Inhalt der Episode
- Ausgangssituation und Auslöser für das Thema Digitalisierung
- Formen der Digitalisierung
- Hürden und Reaktionen
- Erfolgsfaktoren und Chancen
- Erste Schritte
- Empfehlungen für den Start
Notizen zur Episode
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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.
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Episode 101 – Digitalisierung für Frisöre
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Peter Gress bei mir im Podcast-Gespräch. Peter Gress ist Frisörmeister, hier ganz in der Nähe, aus Esslingen. Hallo, Herr Gress.
Peter Gress: Hallo, Herr Müller, ich grüße Sie. Guten Abend.
Götz Müller: Ja, Friseurmeister, das habe ich gerade schon gesagt, aber es es gibt mit Sicherheit noch ein zwei Sätze mehr über sie zu sagen.
Peter Gress: Ja, ich meine, ich halt mich kurz. Also ich bin seit 45 Jahren mittlerweile Friseur, davon seit 33 Jahre selbständig, und bin mittlerweile mit einem Salon in Esslingen beheimatet, mit momentan 17 Mitarbeitern. Und wir haben natürlich eine unglaubliche Wettbewerbssituation und da sind wir jetzt eben dabei, sehr viel zu digitalisieren und das ist sozusagen nicht nur, das ist sozusagen von einem Steckenpferd zu meiner Hauptaufgabe mutiert.
Götz Müller: Genau, das möchte ein bisschen vertiefen. Was war denn für Sie die Ausgangssituation und so ein bisschen der Auslöser, dass Sie sagen, ja Digitalisierung ist mein Ding.
Peter Gress: Okay. Also, wir haben als Friseure immer dieses Problem, dass wir nicht multiplizieren können, was mir machen. Also das bedeutet, wir sind eigentlich fast immer unterkapitalisiert, wenn wir nach außen werben wollen und es war bisher eigentlich mit den Tageszeitungen und diesen ganzen Blättle und Magazine, die es da so gab eigentlich überhaupt nicht möglich für uns, uns nach außen darzustellen. Also richtig darzustellen mit allem, was wir machen und da kamen natürlich dann diese Social-Media-Plattformen wie Instagram oder zuerst natürlich Facebook genau richtig. Das war eigentlich dieses Medium, über das wir uns so darstellen können, dass wir auch Einblicke in unsere tägliche Arbeit liefern konnten und uns dann natürlich auch so ein Image am Markt aufbauen konnten. Das war vorher in diesem Umfang natürlich nicht möglich.
Götz Müller: Jetzt habe ich Sie ja auf dem Digital-Gipfel Baden-Württemberg kennengelernt, wo Sie mit auf dem Podium saßen. Da haben sie auch ein bisschen ausgeführt und das möchte jetzt auch hier, denke ich mal, für die meisten Zuhörer, die ja im Grunde nicht dabei waren. In welcher Form stellt sich für Sie jetzt als Friseur das Thema Digitalisierung dar?
Peter Gress: Ja, gut, ich habe das ja in dem Vortrag erwähnt, dass in jedem Gespräch, in dem ich über Digitalisierung rede, fragt man mich natürlich: „Ja, was willst du denn beim Friseur digitalisieren?“ Das ist in den Köpfen der Menschen so analog drin, das verstehe ich, aber es sind ja Prozesse drumrum wie beispielsweise in der Administration. Ich sage jetzt einfach mal DATEV Unternehmen online, also unsere gesamte Buchhaltung, die ganzen betriebswirtschaftlichen Hintergründe, die sind alle digitalisiert. Also ich trage jetzt keine Unterlagen mehr von A nach B oder vom Steuerberater zum Steuerberater, wenn es eine Prüfung gibt. Das macht im Prinzip mittlerweile alles die Digitalisierung möglich. Also dass ich auch, beispielsweise meine BWA, da muss ich nicht mehr darauf warten bis die fertig ist, sondern ich gucke jede Woche da rein in meine Zahlen. Beispielsweise habe ich immer donnerstags meine frischen Zahlen aufbereitet und sowas finde ich natürlich total gut. Das bedeutet, dass wir nicht nur, also dass wir natürlich nicht unsere tägliche Arbeit digitalisieren können, das ist ja klar. Also Haareschneiden ist ich immer menschlich und analog, aber alles, was uns umgibt, da haben wir unglaubliche Möglichkeiten die digitale Transformation in Gange zu bringen.
Götz Müller: Ich denke, das ist wahrscheinlich auch das, was den Menschen als erstes mal nicht einfällt eben.
Peter Gress: Ja klar, ich meine ja, was denkt man da, du hast eine Kasse, da tust du das Geld rein und abends holst du es raus und dann wird es ein bisschen verbucht. Ich meine, wir sind jetzt mit 17 Mitarbeitern und einer umfangreichen Seminartätigkeit meinerseits und Vortragstätigkeit und dann natürlich auch alles, was in irgendeiner Form nach außen geht also marketingtechnisch natürlich richtig dabei und da hast du eigentlich schon, brauchst du ein super professionelles Backoffice sonst hast du da den Überblick verloren. Es geht ja heutzutage auch bei uns ganz klar es geht um Geld, es geht um, ich muss, mein Unternehmen muss Gewinn erwirtschaften und ich muss einfach meine Zahlen im Griff haben.
Götz Müller: Was sind dann so die typischen Reaktionen, so ein bisschen angedeutet hatten Sie es ja schon, wenn Sie jemandem erzählen, dass Sie ihr Unternehmen digitalisieren, sagen wir mal im persönlichen Umfeld, vielleicht aber auch Mitarbeiter, andere Friseure … Ausbildung, im Handwerk, im Frisörsumfeld.
Peter Gress: Ja gut, also, wir arbeiten ja meistens mit Frauen und mittlerweile Generation Y, Generation Z, das sind im Prinzip die zwei Generationen, die bei uns tätig sind und ich meine, die Generation Z hat als erstes den digitalen Daumen aus dem Mutterleib, also da hat man mit den Mitarbeitern überhaupt gar kein Problem, die an solche Projekte heranzuführen. Bei uns ist es beispielsweise auch so gelöst, das die jüngsten Mitarbeiter die gesamte Instagram- und Facebook-Arbeit machen. Die machen Instagram-Stories, die machen Schminktipps, die machen Frisiertipps. Die machen im Prinzip alles, da muss ich mich gar nicht mehr darum kümmern und da haben wir beispielsweise ein iPad angeschafft, auf dem im Prinzip die gesamte Social-Media-Tätigkeit von diesen Mädels erledigt wird und das ist vollkommen authentisch.
Götz Müller: Jetzt könnte ich mir aber vorstellen, zumindest erlebe ich es auch in anderen Branchen, die vielleicht sogar ein bisschen näher an der Digitalisierung dran sind, dass einem ja trotzdem die ein oder andere Hürde begegnet. Was ist Ihnen da begegnet oder wo sagen Sie, das kommt noch auf uns zu?
Peter Gress: Naja, Hürde. Hürde könnte sein, stelle ich gerade fest, dass die Professionalisierung von digitalen Prozessen, also der Darstellung nach außen, im Marketing, bleiben wir mal beim Marketing, dass die Professionalisierung dermaßen zunimmt, dass man eigentlich kostenlos … man sagt ja, Social Media ist kostenlos, das ist nicht mehr machbar. Also ich kann natürlich kostenlos zum Beispiel Facebook oder Instagram beitreten, aber mich dort darzustellen und mich dort wirklich auch in einer definierten Inzsenierung darzustellen, das kostet Geld. Das ist, glaube ich, die Hürde, wo jetzt langsam die Latte immer höher gelegt wird. Wenn man jetzt nicht loslegt, wenn man jetzt nicht macht und wenn man jetzt nicht irgendwann im nächsten Jahr, also bis Ende 2018 so eine bestimmte Bekanntheit in Social-Media-Bereichen erreicht hat, dann wird es schon ziemlich herb, ja. Weil je später man da reingeht, desto teurer wird die ganze Geschichte, weil eben schon andere da sind, die Möglichkeiten belegt haben.
Götz Müller: Gab es umgekehrt, sagen wir mal, aber auch die ein oder andere positive Situation oder eben auch positive Rückmeldungen? Sie haben es ja ein bisschen angedeutet seitens der Mitarbeiter war bei Ihnen glaube ich gar kein Problem. Das kenne ich jetzt so im Automatisierungsprozessumfeld … Bedenken bei Veränderungen erlebe ich da ganz häufig. Wie war das bei Ihnen?
Peter Gress: Also, wie gesagt, bei den Mitarbeitern war es überhaupt kein Problem. Was andere Friseure sagen, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, das interessiert mich gar nicht, da höre ich gar nicht zu, weil sie das, was sie tun oftmals eher verteidigen statt „Ja, du hast recht, komm ich überlege mir mal was.“ Und über Innungen und Verbände will ich in dem Fall gar nicht reden, weil einige von unseren Verbandsgrößen sind, die haben zwar Friseurbetriebe, aber die haben nicht einmal eine Website. Also, das zeigt ja im Prinzip ganz deutlich, wie hoch das Thema Digitalisierung bei uns im Handwerk angelegt ist, also im Friseurhandwerk angelegt ist. Und ich würde mal sagen, man muss da wirklich mit den Kollegen reden, die gleich denken und da haben sich jetzt auch in Deutschland einfach so ein paar wirklich innovative Kollegen herauskristallisiert, mit denen ich da in Kontakt bin und das ist einfach super, weil da muss man nicht lange herummachen, sondern das ist ein Austausch, das ist eine Inspiration und da kann jeder vom anderen etwas lernen und das bringt uns eben auch vorwärts. Aber dieses Mauern … die mauern ja oft aus Angst, weil sie gar nicht wissen, was auf sie zukommt oder wie sie das ansetzen sollen. Anstatt zu sagen „Wie kann ich das denn machen? Wo kann ich denn ansetzen?“ mauert man es lieber weg und das ist meiner Meinung nach halt die falsche Art.
Götz Müller: Auch so ein bisschen Vogel-Strauß-Methode.
Peter Gress: Ja, so Vogel Strauß, die sind so eingeschlafen, dass sie irgendwann mal mit der Nasenspitze an der Wand stehen und gar nicht merken, dass sie dort stehen. Und das muss man jetzt halt auch einfach mal … deswegen finde ich auch diesen Digitalgipfel so toll, weil das hat man ja gesehen. 400 waren angemeldet, über 1000 sind gekommen, also das Thema brennt unter den Nägeln. Und ich hoffe, das unsere Friseure jetzt auch endlich mal aufwachen.
Götz Müller: Was würden Sie denn jemandem sagen, der sagt: „Ah, überlege ich mir, was kann ich tun? Was ist aus Ihrer Sicht so ein Erfolgsfaktor, den man am Anfang beachten sollte?
Peter Gress: Also, wenn jetzt einer anfängt und fragt „Was würdest du denn machen?“, dann würde ich sagen: Als erstes machst du jetzt mal ein Konto auf bei Facebook und da fängst du da einfach mal an. Dann machst du ein paar schöne Fotos aus deinem Laden, dann lässt du deine Mitarbeiter zu Wort kommen und erzählst deinen Mitarbeitern, dass ihr jetzt bei Facebook seit und ob sie nicht über Facebook irgendetwas machen wollen. Ein paar Fotos, ein bisschen mit Kunden reden, ein paar … wie soll ich sagen … ein paar schöne Haarfarben ablichten, einfach mal anfangen und dann mal gucken, was dabei rauskommt. Weil man kann da jetzt natürlich nicht kommen, wenn jemand sich noch nie mit der digitalen Welt beschäftigt hat, kann man nicht mit einer vollständigen Konzeption kommen, das ist völlig blöd. Also, da muss man wirklich sagen: Fang da an in Facebook, mach das mal ein halbes Jahr und dann guck mal, was geht. Und dann kannst du Instagram dazunehmen, dann kannst du mal ein paar Filme drehen. Das geht ja heute alles mit dem iPhone und das ist im Prinzip einfach Learning by Doing.
Götz Müller: Wenn wir das noch ein bisschen weiter vertiefen, der ein oder andere wird jetzt sagen, das sind alles Sachen, die ich noch nie gehört habe. Was sollte man eben so beachten, wenn man dann die ersten vorsichtigen Schritte in die Richtung, vor allem digitales Marketing unternimmt.
Peter Gress: Es schadet jetzt zum Beispiel nichts, wenn man einfach mal eingibt „Wie funktioniert Facebook?“ Das könnte man zum Beispiel bei YouTube eingeben und dann findet man hunderte Videos, dann schreibst du noch dazu „deutsch“ und dann verstehst du es auch und dann hast du im Prinzip schon mal einen Überblick wie das ganze Thema sich präsentiert und wie das funktioniert.Und, also ich sage mal so, wer dann wirklich diese 15-20 Minuten, um ein allgemeines Video über Facebook anzugucken, sich dann mal reinzieht, dann weiß er eigentlich schon, was er machen muss. Dann macht sich ein paar Notizen und dann machst du einfach Learning by Doing, indem du das antippst, was die sagen.
Götz Müller: Und ich könnte mir vorstellen, wie Sie es schon angedeutet haben, eben gerade die etwas jüngeren Mitarbeiter einfach miteinbeziehen.
Peter Gress: Ja, auf jeden Fall. Das ist ja zum Beispiel das Erste, was ich gemacht habe, als wir uns jetzt auch entschlossen haben, das stärker zu professionalisieren, habe ich einfach festgestellt, wenn ich Instagram mache, dann ist der falscheste Weg, den man gehen kann, weil ich bin halt bei 250 Follower stecken geblieben. Meine Mädels haben das jetzt innerhalb von kürzester auf 750 gebracht und dann muss ich auch ganz ehrlich sagen … oder ich frage dann zum Beispiel unsere Sarah, die das macht: „Was findet ihr denn dann an diesen Instagram Stories so toll?“ Also ich verstehe das überhaupt nicht, also mir bringt das gar nichts. Und dann sagt die eiskalt zu mir: „Ja, sehen Sie, das ist der Unterschied, uns gefällt das.“ Und ich meine, dann muss man halt einfach sagen: „Danke fürs Gespräch, mach du das.“ Weil ich habe es einfach nicht verstanden, was da gemacht werden muss und das habe ich auch bei dem Vortrag gesagt. Ich muss ja nicht unbedingt immer alles selber machen, ich muss nur wissen, wie es funktioniert und dann gebe ich es den Leuten, die da wirklich affin sind.
Götz Müller: Und, was ich ich da auf jeden Fall herausgehört habe, die Sache mit dem Fisch und dem Angler und dem Wurm.
Peter Gress: Ja, auf jeden Fall.
Götz Müller: Es muss ja nicht mir selber schmecken, Hauptsache der Kundschaft schmeckt es dann.
Peter Gress: Ja, klar. Also, wenn es jetzt mal meine Kundschaft angeht, die ich im Salon habe, die habe ich seit 40 Jahren und die sind zwischen 70 und 100, sage ich jetzt mal und ich meine, dass die natürlich mit Social Media nichts am Hut haben, das ist ja selbstverständlich. Wenn ich jetzt aber junge Mädels nachziehe, ja, meine jüngste Friseurin ist 21. Da kann ich ja mit meiner Weltsicht nicht kommen. Und ich habe ja auch die Aufgabe als Unternehmer die Mitarbeiter mit Kunden zu füllen, die auch jung sind, also müssen die ja auch auf irgendeiner Form auf der gleichen Eben miteinander sprechen und nicht so ein alter Sack von oben mit einer achtzehnjährigen. Das funktioniert halt einfach nicht. Da bist du im Prinzip als Unternehmer so weit weg von dem, was die brauchen, dass du die Leute herziehen musst, die das verstehen und deshalb, Einbeziehung der Mitarbeiter, vor allem der jungen Mitarbeiter ist egal in welcher Brache, super super wichtig.
Götz Müller: Wenn ich das richtig interpretiere, dann höre ich da auf jeden Fall auch raus, dass es gar nicht mal nur dieser Aspekt Kundschaft ist, sondern auch dieser Aspekt, Mitarbeiter zu finden und vielleicht zu binden.
Peter Gress: Ja, auf jeden Fall. Also Mitarbeiter sprechen mit potentiellen anderen Mitarbeitern. Die haben ja Freunde, die haben Freundinnen, die sind in allen möglichen Netzwerken unterwegs und wenn dann zum Beispiel, ich bin bei uns im Salon oder im Betrieb für Social Media, oder für Facebook, Instagram, zuständig, dann horchen die doch auf. Also dann horchen die auf, im Sinne von: „Oh, was echt? Das gibt’s? Das kann man machen?“ Und ich denke halt einfach, dass diese, ich sage jetzt mal, diese Akquise von Mitarbeiterin, also von Fachkräften und von zukünftigen Azubis, eine ganz ganz langsame Geschichte ist, da gibt es nicht eine konsequente Sache, von der man sagt: Das machen wir jetzt und dann kommen die. Das ist ein permanentes Nachaußentragen, das wir digital sind und auch diese Digitalisierung mit unseren Mitarbeitern angehen und uns von ihnen helfen lassen. Und wenn die sehen, dass das geht, dann hat man natürlich auch wesentlich bessere Chancen, gerade diese junge Generation an sich zu binden.
Götz Müller: Ich weiß jetzt nicht, wie es im Friseurhandwerk ist, ich höre es aber von anderen Handwerksbranchen, wo ich Kunden habe, dass es halt echt eine Herausforderung ist, zum Beispiel den Nachwuchs, Auszubildende, zu finden.
Peter Gress: Auf jeden Fall. Also wir haben jetzt beispielsweise trotzdem wir sehr sehr schwierig nur Azubis finden. Also, wir haben jetzt im Moment noch kein Problem, habe ich aber auf meiner Website beispielsweise, was die Ausbildung angeht, gnadenlose Regeln gesetzt, ja. Weil wir wollen nicht jeden. Und mir wollen vor allem nicht die Azubis, die sagen: Ja, jetzt habe ich nichts anderes gefunden, jetzt probiere ich das mal. Bei mir wird nicht probiert. Ja, also wer sich entscheidet, bei mir die Ausbildung zu machen, der ist entweder dabei oder draußen. Weil sonst ist das immer so eine Wischi-Waschi-Geschichte. Man muss da, glaube ich, ganz klar nach außen tragen: Wir wollen nicht diejenigen, die sonst nicht wissen, was sie wollen und das ist halt bei uns im Friseurbereich schon ganz extrem.
Götz Müller: Wenn wir jetzt ein bisschen in die Zukunft denken und mal darüber, vielleicht auch philosophieren, wie sich das Thema Digitalisierung, gerade auch im Handwerk, weiterentwickelt. Was haben Sie sich noch vorgenommen, was sehen Sie da noch kommen?
Peter Gress: Also, wo wir ganz klar eine Richtlinie jetzt drauflegen ist die digitale Kommunikation der Kunden. Wir haben jetzt so einen Beratungsbot, also einen richtigen Live-Chat auf unserer Website. Wir erproben gerade Skype in der digitalen Beratung, also dass man uns anrufen kann und seine Haare zeigen kann und dass man dann beispielsweise 10-15 Minuten eine grobe Beratung für die Kundin macht, sodass wir einfach mehr an die Kunden rankommen. Die nächste Geschichte, die wir machen, das ist … dazu habe ich jetzt extra die Domain kress.tv, wie sagt man, reserviert … wir wollen, also einmal in der Woche, wollen wir zukünftig zu einer ganz bestimmten Zeit, die noch nicht definiert ist, das wird wahrscheinlich gegen Abend sein, werden wir eine TV-Sendung anfänglich mal so in der Länge von 10-12 Minuten produzieren und dann auch im Stile dieser Online-Marketer mit Landingpages versuchen, Landingpages über Adverts zu bewerben und so einfach Kunden auf diese TV-Sendungen aufmerksam zu machen und logischerweise diese Kunden, die sich dafür interessieren, irgendwann auch mal zu Kunden machen zu können.
Was in der Ausbildung, das habe ich ja beim Digitalgipfel vorgestellt … was die Ausbildung angeht, da werden wir auf jeden Fall Teile der Ausbildung, der Haarschnittausbildung in den virtuellen Raum verlegen. Da haben wir auch schon mit Infinity GmbH in St. Georgen im Schwarzwald den entsprechenden Partner gefunden, der das umsetzen kann, der das also von der Programmierleistung her umsetzen kann und wir sind auch da mit einigen Sponsoren und Geldgebern und auch mit Technologieunternehmen im Kontakt, um einfach mal abzuklären, wie groß der Markt sein kann und wie viel Geld wir dafür von jemandem bekommen können, der an dieser Geschichte interessiert ist. Es ist definitiv so, dass wir dieses Projekt nicht allein stemmen können.
Götz Müller: Wenn wir das jetzt noch mal ein bisschen vertiefen, das ging mir gerade so durch den Kopf, einerseits haben wir ja gesprochen über das Thema Marketing, andererseits haben wir ein bisschen gesprochen über das Thema Nachwuchs, Azubis, Ausbildung. Was denken Sie, wie wird sich das Handwerk Friseur vielleicht verändern, im klassischen, heute noch analogen Teil?
Peter Gress: Also ich denke, dass der, also auf absehbare Zeit, soweit ich das jetzt einschätzen kann, wird sich am Haareschneiden und am Färben nichts verändern. Da werden vielleicht Maschinen helfen können, aber es wird jetzt vorläufig erstmal bloß der Mensch machen können. Was aber beispielsweise bei uns total gut wäre: Wir könnten genauso so nachts laufen lassen, die den Salon automatisch putzt. Dann könnte man einen Serviceroboter einstellen oder hinstellen, der zum Beispiel Getränke bringt. Wir könnten einen Welcome-Robot hinstellen, der die Kunden empfängt. Wir könnten beispielsweise, sobald die Autos von alleine fahren, einen Abhol- und Bringdienst für unsere Kunden anbieten, die zum Beispiel etwas schlechter zu Fuß sind. Also Bring- und Holservice. Und lauter solche Dinge. Also ich sage mal, da muss man die Augen ganz ganz weit aufmachen, weil da ist noch ein unfassliches Potential von Möglichkeiten vorhanden, die uns vom Wettbewerb abheben und das Zeug wird ja immer auch billiger. Ich denke, wenn man noch mal so fünf Jahre in die Zukunft geht, dann werden wir vom intelligenten Bedienungsspiegel bis zur Robotik alles bei uns im Salon finden, was uns unterstützt und auch den Kunden nützt.
Götz Müller: Wenn wir jetzt zum Abschluss noch mal auf die anderen schauen und das müssen jetzt nicht notwendigerweise Friseure sein, mal allgemein bloß das Handwerk und mal ein bisschen weg von dem nur Marketing, was Sie erwähnt haben. Was ist so zum Abschluss Ihre Empfehlung für andere Branchen, wo eben die Digitalisierung einem jetzt vom Thema her nicht ins Gesicht springt?
Peter Gress: Okay. Also im Grunde genommen finde ich: Nicht so viel schwätzen und mehr machen. Ich kenne jetzt kein andere Gewerbe so in- und auswendig wie das Friseurgewerbe, aber ich höre überall einen Haufen Leute schwätzen und relativ wenig Menschen etwas tun und das finde ich, ist einfach so mein Fazit.
Götz Müller: Ja, das war ein wunderbares Fazit. Herr Gress, ich danke Ihnen für die Zeit, da waren auch definitiv wieder für mich spannende Einblicke drin, nicht bloß auf Ihrem Vortrag, sondern auch jetzt in unserem Gespräch. Also, vielen Dank.
Peter Gress: Ja, gerne.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Peter Gress zum Thema Digitalisierung für Frisöre. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 101.
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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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