Kaizen 2 go 196 : Motivationsprozesse im Vertrieb


 

Inhalt der Episode:

  • Welche Rolle spielt (Mitarbeiter-)Motivation im Vertrieb?
  • Welche anderen Aspekte spielen grundsätzlich im Vertrieb ein erfolgsentscheidende Rolle?
  • Wie entsteht Motivation, speziell im Vertrieb?
  • Welchen Einfluss haben Führungskräfte auf die Motivation ihrer Mitarbeiter?
  • Welchen Einfluss haben Kollegen auf die Motivation ihrer Kollegen? Wie lässt sich das nutzen?
  • Motivation vs. Demotivation. Wie kann aufgetretene Demotivation gedreht werden?
  • Was lässt sich aus diesen Erkenntnisse an andere Geschäftsbereiche übertragen? Speziell, wenn es um die Motivation zur Veränderung geht?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 196 : Motivationsprozesse im Vertrieb

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Ole Haase bei mir im Podcast-Gespräch. Er wird von seinen Kunden Vertriebswikinger genannt. Hallo Ole.

Ole Haase: Ja, moin. Hi.

Götz Müller: Ja, da hört man schon bisschen was raus von dem Wikinger, erzähl mal noch ein bisschen, zwei, drei Sätze zu dir als Person.

Ole Haase: Zwei, drei Sätze zu mir als Person. Also diese Vertriebswikinger-, ich sage es mal in Anführungszeichen, Positionierung kam halt wirklich von einem meiner Kunden, muss etwas mit meinem Look zu tun haben, irgendwie hat es sich durchgesetzt und funktioniert hervorragend. Weil auch das ist Vertrieb, so die Kernfrage, wofür stehst du, wofür steht dein Produkt und was meine Kunde halt auch sagen ist so „Das ist der Typ, der kommt zu dir ins Unternehmen und der verdoppelt deinen Umsatz.“ Das ist eigentlich ganz nice. Und das ist das, was ich tue. Ich komme wirklich zu dir ins Unternehmen, schaue mir die Mitarbeiter an und was ist dein Zielkunde und dann wird zum einen Technik, also Vertriebstechnik ganz klar trainiert, dass du richtig gut wirst, denn Kunden zu begeistern, zu erkennen, worum es dem wirklich geht, damit er bei dir kaufen kann und zum anderen, das ist so mein Herzensthema, mein Kernthema, wirklich so das Thema Motivation im Vertrieb, weil eine Persönlichkeit entscheidet über Erfolg oder Nicht-Erfolg in einem Verkaufsprozess.

Götz Müller: Und das ist jetzt heute auch unser spezifisches Thema, eben Motivationsprozesse, wie schaffe ich Motivation. Aber vielleicht erstmal zum Einstieg eben, du hast es schon ein bisschen angedeutet, aber das sollten wir ein bisschen vertiefen, welche Rolle spielt die Motivation, die Mitarbeitermotivation, also der Vertriebsmitarbeiter im Vertrieb?

Ole Haase: Also wenn du mich fragst, hat das zwei Aspekte. Der erste, das ist wirklich ein Killerkriterium. Stell dir vor, du gehst irgendwo in den Supermarkt und kaufst ein, sagen wir mal an der Fleischertheke, und da steht einer, der hat halt einfach wirklich keinen Bock. Dann ist das Verkaufsgespräch, vielleicht auch ein Mehrverkauf an der Stelle schon komplett gestorben. Wir denken an diese lustlosen Telefonzentralen, die dich anrufen und dir irgendetwas verkaufen wollen, klassisch irgendwelche Handy-Verträge oder sowas. Du merkst, dass die keinen Bock haben und dann hast du auch schon keinen Bock das Gespräch, dann ist der Sack zu und das Gespräch gelaufen, bevor es wirklich angefangen hat und das darf halt nicht passieren. Das ist das eine. Auf der anderen Seite, wenn du mit der Technik einigermaßen sicher bist, dann kommt die Motivation, die Persönlichkeit noch viel mehr zum Tragen, weil dann wird so eine Art intuitives Verkaufen möglich und ich rede da von Produkten so Größenordnung 500 € plus, wo du auch ein bisschen beraten kannst nebenher, wo Provisionen dann mitspielen, dass du so etwas machen kannst, dass du dir Zeit nehmen kannst für deinen Kunden. Gerade da geht’s dann darum, wirklich auch eine strahlende Persönlichkeit zu haben, dass der andere, dass du mehr so der Entertainer-Verkäufer eigentlich bist und ganz routiniert auf deine Technik, die du gelernt hast, zurückgreifen kannst und dadurch wirst du dann, glaube ich, so richtig zum Profi-Verkäufer, zum Vertriebswikinger, um das Ganze noch mal aufzugreifen.

Götz Müller: Ja. Okay. Du hast ein bisschen angedeutet, was alles noch eine Rolle spielt und das noch mal zusammengefasst, Technik war ein Aspekt, Persönlichkeit, glaube ich, auch. Was sind deiner Ansicht nach so die Erfolgsfaktoren?

Ole Haase: Genau. Also, in meinen Augen gibt es drei Dinge. Das eine ist Persönlichkeit beziehungsweise die Motivation, ich würde das gar nicht zwingend voneinander trennen. Die zweite Säule ist eine saubere Verkaufstechnik, dass du ganz genau weißt, was kommt wann in welcher Reihenfolge, vielleicht auch mal eine Feedbackschleife einbaust, zum Beispiel Testabschluss ist so eine schöne Sache, wenn du jetzt deinen Kunden gerade interviewt hast, auch da schon ein Signal zu kriegen „Ja, ich möchte kaufen.“, weil sonst hast du noch nicht sauber gearbeitet, dann musst du noch mal von vorne anfangen, noch mal das Interview mit deinem Kunden, deinem potentiellen Kunden führen. Einfach eine saubere Technik, saubere Struktur, gut ausgearbeitete Fragen, schöne Präsentationsstrategien, passend zu deinem Kunden, die auch zu dir als Person passt. Also Punkt Zwei: Technik, Vertriebstechnik. Und das Dritte ist dann halt, da muss man auch darauf gucken, das ist die Branche. Das ist immer das, was der Kunde selber mitbringt, wo ich mir auch sehr gerne viel Zeit nehme, mir das auch in Ruhe anzuhören, weil jeder Kunde ist unterschiedlich. Jeder hat andere Strategien, an seine Kunden zu kommen. Jetzt muss man auch erstmal klären, was denn der Zielkunde ist. Sind wir im Endkundenmarkt, also Business-To-Customer oder sind wir im Business-To-Business-Markt, also verkaufen wir an andere Unternehmen? Zum Beispiel, das ist jetzt ganz speziell, ein Unternehmen, die stellen Liegen her, so Sonnenliegen, die kosten relativ viel Kohle, ich glaube, 3000 € war das Einsteigermodell bei denen. Und du darfst ja die Leute nicht mehr einfach so anrufen bei denen zu Hause „Möchtest du eine Liege kaufen, kostet 3000 €.“, das funktioniert ja nicht mehr. Die haben für sich als Weg zum Kunden Messen gefunden. Die arbeiten nur über Messen, nur über Direktvertrieb, das funktioniert 1A für die.

Götz Müller: Ja. Und wenn ich da mal so meine Messebesuche als Besucher vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen lasse, da kann man auch schon verdammt viel falsch machen.

Ole Haase: Ja. Absolut.

Götz Müller: Okay. Jetzt haben wir aber konkret das Thema Motivation und jetzt gibt’s, glaube ich, so zwei große Fraktion, die einen sagen „Ja, ich muss halt meine Mitarbeiter motivieren.“, die anderen sagen „Motivation von außen geht gar nicht.“ Trotzdem spielt es natürlich eine wichtige Rolle, wie du auch gesagt hast und die entscheidende Frage oder die Frage, die sich im Grunde jeder stellt: Ja, wie entsteht sie denn dann, speziell im Vertrieb, wie entsteht denn die Motivation? Und wenn ich das mal einigermaßen verstanden habe, dann kann ich ja vielleicht auch einen gewissen Einfluss darauf ausüben, auf den Entstehungsprozess.

Ole Haase: Wie entsteht Motivation? Das ist eine gute Frage. Es gibt, wenn du von der akademischen Seite her kommst, kannst du davon sprechen, dass es eine extrinsische und eine intrinsische Motivation gibt. Also das heißt, eine von außen induzierte Motivation, also anschreien, kann man mal klassisch darunter verstehen oder Belohnungs- und Bestrafungssystem, ganz klassische Konditionierung. Das könnte auch Motivation erzeugen. Und dann gibt es eine intrinsische Motivation, also zum Beispiel, dass ich selbst nach mir schaue, wo möchte ich hin oder was möchte ich vermeiden. Und ich denke, wir sollten es uns gar nicht so kompliziert machen. Mein Bild in Seminaren ist dafür eigentlich immer so ein störrischer Esel, der da auf der Weide steht, den motivierst mit genau zwei Dingen: Entweder du hältst ihm die Möhre vor die Nase, ganz klassisch. Das wäre zum Beispiel eine attraktive Zielsetzung. Oder das andere Beispiel, das andere, wie du ihn betreten kannst, ist halt, mit dem Stiefel treten. Das heißt, Motivation hat so gesehen zwei Richtungen, ein weg von und ein hin zu. Und wenn du beides hast, dann kannst du Mitarbeiter sehr, sehr schön motivieren, weil sie ganz genau wissen, was für Ziele bekomme ich und welchen Schmerz vermeide ich. Und bevor jetzt wieder einer schreit, da berufe ich mich einfach ganz knallhart auf akademische Literatur: Geld ist keine Motivation. Ich weiß nicht, du kennst dich vielleicht ein bisschen damit aus, was schätzt du, so eine Gehaltserhöhung wie lange hält das von der Motivation her?

Götz Müller: Zwei, drei Monate schätze ich mal. Nicht sehr lange auf jeden Fall.

Ole Haase: Das ist schon sehr nah. Im Schritt sieben Werktage.

Götz Müller: Okay.

Ole Haase: Also von einer Gehaltserhöhung von, sagen wir mal, 200 € hast du sieben Tage einen Effekt und dann war es das auch wieder. Also es geht nicht um Kohle, es geht um mehr. Und wenn du das wirklich intensiv nutzen willst, dann musst du, glaube ich, gucken, wo steht mein Mitarbeiter gerade. Und da ist es egal, ob der im Vertrieb ist, ob der Service ist, ob der an der Werkbank steht. Das ist es komplett egal. Jeder Mitarbeiter, den kannst du in drei Kategorien einteilen und die dritte Kategorie, das sind so die, die sind relativ demotiviert. Wenn du jetzt die Gallup-Studie heranziehst mit der Mitarbeiterzufriedenheit, das sind so die Typ-C-Mitarbeiter, die nicht loyal sind gegenüber den Unternehmen. Die nenne ich in meinen Seminaren immer gerne Muggel, wie bei Harry Potter das sind die, die nicht zaubern können bei Harry Potter. Und für die gibt es eigentlich gar keine Möglichkeit jetzt großartig mit Zielen zu arbeiten, die darauf zu trainieren, Aufgaben selber zu übernehmen, sondern da geht es wirklich darum, denen klare Leitplanken zu setzen, klare kurze Zielvorgaben „Du machst jetzt das, danach machst du das, danach machst du das.“ Während dieses Thema Verantwortung übernehmen, das ist dann wirklich etwas für die High Performer, die wirklich von selbst auch sehen, welche Aufgaben sind zu erledigen, die auch sehen zum Beispiel, nehmen wir die Gastronomie als Beispiel, es steht irgendwo eine angebrochene Kiste Bier auf dem Flur, da gibt’s dann die Typen, die gehen daran vorbei, das wäre klassisch wieder der Muggel und dann gibt es die Typen, die räumen es sofort weg. Also die produzieren einfach ein bisschen mehr und das sind genau die, denen kannst du wirklich auch einfach Ziele setzen, mit ihnen zusammen gucken „Pass mal auf, das und das wollen wir erreichen.“ und dann können die das auch meistens sehr, sehr gut selbst erledigen.

Götz Müller: Da kenne ich dann so Effekte, dass es überhaupt nicht verkehrt ist, die dann eben mal zu fragen, was sie denn selber sich für Ziele setzen möchten und sie dann auch zu fragen „Okay, jetzt hast du mir gesagt, da möchtest du hin, was ich denn dann dein eigener Beitrag dafür?“, weil das eben auch wieder unter diesem inneren Motivationsaspekt dann im Anschluss, wenn man sich dann meinetwegen ein Vierteljahr, an halbes Jahr, im Extremfall, schon ein bisschen ungünstig, in einem Jahr, später darüber unterhält „Wo sind wir denn rausgekommen?“. Das ist ja eine ganz andere Art von Vorgabe, da hält sich dann jemand praktisch die Karotte ja eher selber vor die Nase als dass sie ihm so von hinten mit dem Stock zwischen dem Scheitel durchgeschoben wird.

Ole Haase: Absolut, absolut. Das ist das ist das Typische bei Zielen. Also das kennst du im Vertrieb auch ganz, ganz stark, dass du jetzt deine Monatsziele zum Beispiel bekommst oder deine Quartalsziele und dann sieh zu, wie du sie erreicht und das ist ganz kritisch, weil das sind von außen übergestülpte Ziele, die funktioniert eigentlich nur über Schmerz, weil du ganz genau weißt, du kriegst, wie du sagst, den Stock über den Scheitel gezogen, wenn du eben diese Ziele nicht erreichst. Das wirklich weg-von-Motivation, das ist wirklich der Tritt mit dem Stiefel in den Arsch. Das funktioniert so wenig, weil ein reales Ziel soll dich ja irgendwo hintreibe, das ist wie die wunderschöne Möhre vor der Nase, wo du hinrennen möchtest und da, muss ich wirklich ganz klar sagen, sind Ziele wichtig, und da bin ich voll bei dir, sind Ziele eine Sache des Einzelnen und die wichtigste Frage dabei ist gar nicht mal so sehr, was ist dein Beitrag. Das ist erst die zweite Frage, die erste Frage ist, finde ich, warum ist dieses Ziel wichtig für dich, warum willst du das überhaupt haben. Wenn da kein Warum ist, warum soll ich denn dann loslaufen?

Götz Müller: Dann verpufft es auch viel zu schnell. Dann mag's kurzfristig irgendwas sein, aber wenn dann vielleicht sogar im Extremfall das erreicht wurde, was passiert dann? Deshalb finde ich es sehr kritisch, wenn sich jemand vornimmt „Ja, ich will Nummer 1 werden.“ Was passiert, wenn man Nummer 1 ist? Dann spüre ich vielleicht immer nur noch den heißen Atem der Verfolger im Nacken, aber das ist eine ganz andere Art von Ziel, nämlich wird dann ja aus der Karotte wieder der Stock, der mir dann nur im Nacken sitzt.

Ole Haase: Ja. Ganz genau. Deshalb wirklich die Frage: Was kommt denn danach? Das ist ja auch so etwas, wenn wir beim Thema Motivation sind, das ist so die klassische Vertriebslüge: „Ja komm, wir geben jetzt alle 120 %.“ Wie lange willst du denn 120 % geben? Bis der Burnout kommt? Wie lange soll denn das gehen? Du fliegst ja die ganze Zeit mit dem Nachbrenner. Jeder von uns weiß, wenn man sich Düsenjäger anguckt, wenn die mit dem Nachbrenner fliegen, fliegen sie nicht besonders weit. Schnell, aber sehr kurz. Und das kann so nicht funktionieren, sondern es sollte eher so ein Gefühl von gesunden 100 % sein, die du dann auch jeden Tag wieder geben kannst. Wenn wir so einen Leistungsathleten nehmen, ich komme ja aus dem Sport, Parkour, und beim Parkour war es so, das ist halt sehr trainingsintensiv, da haben wir echt teilweise vierzig, fünfzig Stunden die Woche trainiert und das funktioniert halt nur, wenn du ganz genau weißt, was sind die heute verfügbaren 100%, damit ich morgen wieder möglichst viel geben kann. Und genau diesen Level musst du finden und ich glaube, dann funktioniert es auch eine sehr, sehr lange Zeit. Und das ist auch, was ich immer wieder herausbekommen habe, auch mit den Kunden zusammen. Wenn du dahinkommst, diesen intrinsischen, inneren Antrieb findest bei den Menschen, dann fangen die nicht an, zu viel Gas zu geben, sondern dann lernen die auch ein gesundes Tempo kennen, um ihre Ziele zu erreichen.

Götz Müller: Jetzt an der Stelle noch ein bisschen vertieft, weil ich glaube schon, dass das auch den ein oder anderen interessiert, entweder für sich selber, um sich selber besser zu verstehen, aber eben auch Mitarbeiter besser zu verstehen, weil im Grunde hat Führung schon auch die Aufgabe, einen gewissen Einfluss auszuüben. Das heißt die Frage ist, wenn ich Führungskraft bin, was habe ich dann für einen Einfluss auf die Motivation? Was sind die Elemente, ich will es nicht Stellschrauben oder sonst irgendwas nennen, das ist ja schon wieder im Hirn vielleicht herumschrauben, was sind die Elemente, die ich als Führungskraft in meiner Rolle auch beeinflussen kann?

Ole Haase: Elemente, die du beeinflussen kannst – wie gesagt, wir haben es vorhin vom Muggel gehabt. Erstmal musst du die Leute wirklich kategorisieren, wer ist bei mir wer im Betrieb, damit du weißt, welches Tool wo funktioniert. Für den Muggel, klassischer Problemfall, Under Performer, ist wenig loyal zum Unternehmen, also sobald einer 3 € mehr bietet, ist der futsch. Das muss dir klar sein. Der arbeitet sogar teilweise gegen die Unternehmensziele. Mach denen klare Aufgabenstellungen. Zum Beispiel, was da wirklich funktioniert, ist eine Liste, die ist einfach in acht Stunden abzuarbeiten. Punkt. Und darüber wird nicht verhandelt, solange bis das zur Selbstverständlichkeit wird. Wenn diese Aufgaben wirklich mal vollständig erfüllt wurden, vielleicht sogar kleines Extra gemacht wurde, also wirklich es langsam mal in den „Ich tu ein bisschen mehr als ich muss“-Modus geht, dann kommst du in so einen Zweite-Klasse-Mitarbeiter, was auch die meisten von uns sind, und die Statistik sagt fünf von sieben sind das, das sind die Typen, die machen einfach einen guten Job. Die sind irgendwo bei 70-80% Performance immer, geile Typen. Bei denen, da sollten wir dann auch von diesem klaren, engen Prozess wegkommen und anfangen, auch mit Wertschätzung zu arbeiten. Da ist es ganz, ganz wichtig, Dinge, die wirklich gut gelungen sind, auch sofort, möglichst zeitnah, eine Streicheleinheit zu geben. Denk an ein kleines Kind, da hast du nur ganz wenig Zeit und ganz wenige Minuten, um Bestrafung oder Belohnung auszuwählen und das merkt es sich sehr lange, was dann kommt. Und beim Mitarbeiter ist das nicht anders, da sind wir immer noch wie kleine Kinder. Das heißt, wenn jemand etwas gut macht, dann sag es ihm und sag es auch gerne vor anderen, dann kraulst du die Seele richtig tief.

Götz Müller: Ja. Wobei das, glaube ich, dann schon wieder, also mir persönlich ist da jetzt noch, wenn ich mal ganz kurz darüber nachdenke, mir ist da jetzt noch niemand so begegnet, aber es heißt immer mal wieder in der, du hast es vorhin akademische Literatur genannt, es gibt Menschen, die das aber wiederum gerade nicht vertragen, dass sie öffentlich gelobt werden.

Ole Haase: Ja, natürlich. Das ist jetzt … da müssen wir ins Individuelle gehen. Es gibt Menschen, die mögen zum Beispiel auch kein Lob, weil es sie verunsichert. Denk dran, wenn du … Kennst du das Beispiel? Du kommst irgendwohin, irgendein Netzwerktreffen und da gibt es Leute, die machen Komplimente, so sind wir ja beide auch. Da gibt's halt Menschen, die kriegen Komplimente, die können das annehmen, die freuen sich einfach direkt genau so wie es gemeint ist, die sagen Danke und dann war's das. Und dann gibt es andere, die werden einfach nervös, die wissen nicht, wie sie reagieren sollten. Im schlimmsten Fall hauen die noch ganz unsicher ein schnelles „Ja, schöner Schnurrbart“-Kompliment irgendwie raus, einfach hingepfuscht. Das funktioniert für die nicht. Auf der anderen Seite, das wirst du halt merken. Du kennst ja deine Mitarbeiter. Du weißt, glaube ich, wenn du deinen Job als Führungskraft verstanden hast: Funktioniert ein Lob vor anderen für diesen Mitarbeiter? Funktioniert ein Lob generell für diesen Mitarbeiter? Oder ist es einfach nur „Hey danke für deine Mitarbeit.“ Zeig ihm deine Wertschätzung. Das ist wichtig, glaube ich.

Götz Müller: Vor allen Dingen glaube ich eben einfach mal grundsätzlich ausdrücken, dass man es wahrgenommen hat. Das, glaube ich, ist die große gemeinsame Basis, wo, glaube ich, jeder, nicht nur ein Stück weit danach strebt. In welcher Form sich dieses Wahrnehmen ausdrückt, das kann ich mir gut vorstellen, ist dann wieder von Person von Person verschieden. Der eine braucht das öffentliche Lob, für den anderen ist das der Horror. Aber die Wahrnehmung an sich, dass ich die Leistung an sich wahrgenommen habe, das, glaube ich, wenn ich so ein bisschen darüber nachdenke, dass dürfte bei jedem im Grunde zutreffen, außer er will vielleicht gar nicht leisten, aber dann gibt es jetzt wahrscheinlich den Grund, es in irgendeiner Form zu erwähnen. Wenn ihm die Leistung an sich völlig egal ist, dann wird er gar nicht leisten und dann gibt es auch keinen Grund, das irgendwie wahrzunehmen beziehungsweise da ist dann ja nichts, um es wahrzunehmen.

Ole Haase: Ja. Ich bin da völlig bei dir. Und es muss halt schnell gehen. Wenn du siehst, der Kollege gibt heute richtig Gas, kannst du sagen „Hey, danke“, nimm’s wahr, nimm’s zu Kenntnis. Da bin ich vollkommen bei dir.

Götz Müller: Was mich noch interessiert eben … jetzt ist ja in einem Unternehmen typisch ja keiner ganz alleine, sondern er hat halt Kollegen. Jetzt haben wir es gerade über Führungskräfte gesprochen, dann haben so ein bisschen das Szenario raus gearbeitet, ok, in welchem Kontext lobe ich, lobe ich es vor den Kollegen, jetzt mal generell die Frage, was ist da deine Erfahrung, wie weit hat der Kollegenkreis einen Einfluss auf den Motivationsfaktor?

Ole Haase: Einen ganz erheblichen sogar. Also nehmen wir mal wirklich an, diese Normalverteilung würde funktionieren. Das heißt, jeder siebte ist so ein Muggel, so ein Under Performer, dann haben wir fünf Siebtel, die bilden so den groben Kern, die machen so einen guten Job einfach, irgendwo so bei 70, 80% und dann gibt es noch den High Performer, der gibt richtig Vollgas, der bringt immer so 100%, wenn du dem ein Problem hinknallst, der findet eine Lösung für dich, ja. So einer ist das und der leistet richtig gerne mehr. Der glüht vor Motivation und der ist auch Inspiration für andere und die Beobachtung sagt da ganz klar, wenn du jetzt ein Team hast, das besteht aus 21 Leuten, das heißt, du hast da drei Muggel dabei, drei High Performer und nach Adam Riese sind wir dann bei 15 Normalos, bei 15 geilen Typen, die einfach einen guten Job machen. Und genau um diese Masse geht es dann eigentlich. Wo lassen die sich hinziehen? Der Muggel hat viel Schwerkraft, das muss man einfach sagen. Dieser Under Performer, auch mit dem Gewetter gegen den eigenen Chef, hat man alles schon mal erlebt, dieses „Da hat der Chef sich wieder dumm entschieden, ich hätte das anders gemacht und das hätte man noch so und so lösen können“ und dann kommen sie mit so halbgaren Ideen, ohne zu hinterfragen, dass der Vorgesetzte, die Führungskraft durchaus sehr gute Gründe gehabt hat, diese Entscheidung so und nicht anders zu treffen. Das ist so typisches Muggel-Gelaber und genau das hat so eine ganz, ganz ekelhafte Schwerkraft. Das formt die Leute in die falsche Richtung. Das heißt, wenn du jetzt dagegen steuern willst, wenn du die Leute eher so in Richtung High Performer bringen willst, in die 100%-Klasse, dann ist es wichtig, möglichst viele von denen einzustellen, das auch vorzuleben, weil die High Performer wollen mit anderen High Performern zusammen arbeiten, die haben keinen Bock auf dieses Muggel-Gelaber. Und dann musst du die Chance nutzen und zusehen, dass du von denen mehr erzeugst, also die B-Mitarbeiter weiter fördern, fördern, fördern auch fordern. Fördern und fordern, das ist nicht nur im Wortlaut nebeneinander, sondern wirklich so einen Korridor schaffen „Das sind deine Aufgaben, das sind die Tools dazu.“, aber auch einfach gucken, was kann mein Mitarbeiter leisten und das dann möglichst immer auf einem hohen Level halten, damit der sich nicht unterfordert und nicht überfordert fühlt, weil dann performen die Menschen der Erfahrung nach einfach am besten. Flow-Effekt, nach einem tschechischen Psychologen, dessen Namen keiner von uns aussprechen kann, irgendetwas mit M.

Götz Müller: Aber die Insider wissen, wer gemeint ist. Okay, ja. Das, was du gerade erzählt hast, erinnert mich unheimlich stark an einen Mitarbeiter bei einem Kunden, den ich gerade erlebe, der auch in seinem Umfeld dann andere ansteckt und der auch ganz offen eingesteht, dass die anderen sogar noch eine Schippe drauflegen und das finde ich dann besonders cool, der sich dann, ja, wie soll man es ausdrucken, nicht zu fein ist, sondern auch die anderen neben sich scheinen lässt und das sogar noch weiter trägt und sogar noch darüber erzählt und dann, ja, seine persönliche Befriedigung daraus zieht, nicht daraus, was er für ein toller Hecht ist, sondern dass er die anderen ansteckt. Und das finde ich persönlich dann auch eine sehr coole Situation.

Ole Haase: Das ist sehr, sehr geil. Also wenn Leute sich selbst wirklich dafür begeistern, dass sie andere begeistern, das ist natürlich mega. Also wenn du wirklich … Ja, wenn du wirklich auch gerne Vorbild bist. So etwas kannst du allerdings kaum trainieren. Das gibt’s natürlich auch den Motivationsaspekt Ansehen, Status. Wenn der hoch ausgeprägt ist, dann kannst du daraus direkt wieder Motivation ziehen. Wenn das bei dir nicht so ausgeprägt ist, kannst du trotzdem ein Vorbild sein ohne dass dich das Vorbildsein per se begeistert.

Götz Müller: Ja und da denke ich halt, das ist dann, meiner Ansicht nach, ein nicht zu unterschätzender Teil der Führung. Ich bin an der Stelle ein ziemlich großer Fan einer Bankenkette, die da einen Spruch in ihrer Werbung hat „Jeder hat etwas, das ihn antreibt.“ Und da glaube ich, das ist jetzt auch ein Teil der Führungsaufgabe, genau das herauszufinden, weil er das ja manchmal selbst nicht weiß und das nicht auf der Stirn geschrieben steht, sondern da muss halt dann Führungsarbeit ansetzen, um das zu verstehen und gegebenenfalls zu verstärken und halt nicht so gleichmacherisch nach dem Motto „Wir sind alle gleich und was bei einem geht, muss bei dem anderen auch funktionieren.“.

Ole Haase: Ja, absolut. Wir hatten es ja vorhin bei den Zielen schon. Ziele sind ja auch Teil von Motivation, Motivationsstrategie, und da ist diese entscheidende Frage fünf Buchstaben lang. Wir kennen sie alle seit unserer Kindheit, wir haben alle unsere Eltern damit genervt, die die selber Eltern sind, kennen die Frage von ihren Kindern und werden dadurch genervt. Diese Frage heißt: Warum? Warum willst du das? Und ich glaube, das fängt an im Einstellungsgespräch, da sucht ja jeder Personaler wirklich motivierte Mitarbeiter, weil beibringen kannst du denen normalerweise alles. Lieber einen der Bock hat und richtig Gas geben will. Immer diese Warum-Frage. Warum willst du hier Gas geben? Warum möchtest du XY erreichen? Diese Warum-Fragen als Führungskraft zu stellen und ein gutes Interview zu führen, ist sehr wichtig. Und jetzt denken wir mal einen Schritt weiter, jetzt kommt die Generation Z in die Startlöcher im Berufsleben und denen geht es mehr als allen anderen um das Thema Sinn im Leben und wenn du das Sinn-Thema anschneidest, musst du die Warum-Frage anscheinend und auch als Führungskraft hab’ bitte keine Angst davor, wenn dein Arbeitnehmer dann kurz mal vor dir sitzt „Was, hat er das jetzt wirklich gesagt? Ich komme gerade nicht mit der Situation klar.“. Diese Frage bekommst du normalerweise in deinem Leben nicht gestellt. Diese Frage kennen wir nicht. Und darum lass dem anderen da mal kurz die Zeit, den Raum, mal eine Minute darüber nachzudenken, vielleicht auch mal einen Tag. Wie soll den jemand den Sinn seines Lebens in dreißig Sekunden runterspulen, wie soll das denn klappen? Vor allem, wenn er es vorher nie gefragt wurde.

Götz Müller: Ja und von daher finde ich, kann es sein, dass vielleicht im Einstellungsgespräch die Frage vielleicht schon wieder ein bisschen kontraproduktiv ist, wenn ich damit jemanden abschrecke, weil er vielleicht noch keine aus der Pistole geschossene Antwort hat, sprich, weil er es sich vorher vielleicht noch gar nicht überlegt hat, weil er, wie ihm, wie du es gerade gesagt hast, die Frage vorher noch gar nicht gestellt wurde. Da könnte ich mir dann vorstellen, dass du vielleicht jemanden einerseits erschrickst und vielleicht gar nichts erkennst, weil er nicht aus der Pistole geschossen, diese Antwort geben kann und im Extremfall vielleicht sogar, das soll ja schon vorgekommen sein, dass der Fragende das für sich selber auch noch nicht wirklich klar hat. Der hat vielleicht mal irgendwo gelesen, das ist eine coole Frage, aber er hat sie sich selber noch nie gestellt.

Ole Haase: Ja. Gut. Recruiting-Gespräche sind ja eh ein recht steifer Prozess, die sind ja relativ standardisiert eigentlich, auch mit verschiedenen Phasen und so weiter. Da kannst du die Frage nicht stellen, weil das Vertrauen auch nicht tief genug geht. Also Führungskraft solltest du ja Vertrauen, das Vertrauen deiner Mitarbeiter solltest du wecken können und die Mitarbeiter sollen Vertrauen zu dir haben, das sollten sie aufbauen können. Im Vertrieb das Gleiche, dein Kunde muss dir vertrauen können und jetzt nehmen mir mal so ein Vorstellungsgespräch auch als Verkaufsgespräch, weil du verkaufst ja deine company als Recruiter. Du versuchst den potentiellen Mitarbeiter dazu zu bewegen, dass er bei dir eine Vertragsunterschrift leistet.

Götz Müller: Ja. Und das wird ja immer wichtiger aktuell.

Ole Haase: Ich denke, im Zeitalter vom Fachkräftemangel ist es wichtiger denn je und da kannst du erstmal die Warum-Frage nur wenig stellen. Wie gesagt, die meisten wissen es gar nicht, das Vertrauen ist noch nicht da. Da musst du vielleicht ein bisschen anders vorgehen. Da wäre es zum Beispiel hilfreich zu fragen „Was für Tätigkeiten machen Ihnen denn so Spaß?“. Das bist du ja klassisch eigentlich schon ganz gut unterwegs. Wenn dir dann allerdings wirklich jemand sagt „Pass mal auf, die und die Tätigkeit macht mir Spaß.“, dann frag doch einfach mal rein „Ja, warum macht Ihnen das denn so Spaß?“ und dann wirst du vor allem erleben, zum einen wird nachgedacht, zum anderen wirst du danach erleben, kommt da etwas Gelogenes oder ist er wenigstens ehrlich. Ist er ehrlich mit dir? Das ist eine ganz ganz wichtige Sache und ich glaube, das ganze Spiel geht einfach los an der Tür. So die ersten 18 Sekunden, da entscheidest du ja, sind wir uns grundsätzlich sympathisch, ja oder nein.

Götz Müller: Ja und anschließend werden nur noch Gründe gesucht, warum das so ist.

Ole Haase: Exakt. Ganz genau. Der Punkt ist an der Stelle kannst du schon viel falsch machen und ich glaube, diese typische Opener-Frage „Haben Sie gut hergefunden“ ist in meinen Augen tierisch bekloppt, weil der andere ist wohlbehalten im Raum und hat normalerweise seinen schönsten Anzug an, offenkundig hat er es gut geschafft, jetzt mal ganz im Ernst. So, hey Leute, denkt euch da doch mal eine coole Frage aus, denkt euch da doch etwas anderes aus. So, keine Ahnung: Welche Sportart machen Sie am liebsten? Schon sind wir in einem Gespräch. Oder lasst den anderen mal von seinen Hobbies erzählen und vor allem: Bitte fang mit einer offenen Frage an, dass dein Gast sich auch wirklich willkommen fühlt. Macht ihm klar, dass er da ist, weil du ihn bestehen sehen möchtest und nicht, weil du ihn scheitern sehen möchtest, weil ich glaube, wenn ich mir die Bewerberköpfe so anschaue, in den Köpfen der Bewerber steht das Vorstellungsgespräch eher als Hürde, steht es eher im Weg, als dass sie sich eigentlich vor Augen halten sollten „Hör mal, die schenken mir ja Zeit, die investieren wirklich viel Zeit, echte Manpower in mich, natürlich wollen die mich bestehen sehen. Die wollen den möglichst besten Kandidaten heute vor sich sehen und das sollte ich sein.“

Götz Müller: Bei den Dingen, die du jetzt erwähnst, schwingt für mich ganz klar das Gegenteil von Motivation mit, sprich wenn ich halt da als Führungskraft irgendetwas verbocke, sprich Demotivation und ich glaube, das wiederum ist für die wirklich wenigsten eine neue Erkenntnis, dass es so etwas gibt und dass Demotivation schwieriger zu drehen ist, unter Umständen eben wieder aus dem negativen Bereich wieder in den positiven zu kommen, von dem wir ja wissen, dass es nicht ganz einfach ist. Was ist da deine Erfahrung, wie kann ich aber eben aufgetretene Demotivation, wie kann ich sowas, ich als Führungskraft, sprich ich habe meinem Mitarbeiter gegenüber etwas verbockt, wie kann ich so etwas wieder drehen?

Ole Haase: Ja, da kommt es jetzt ein bisschen darauf an, was gerade schief gelaufen ist. Wenn wir jetzt vielleicht so Killerkriterien wie eine pünktliche Gehaltszahlung ist, das vergessen Mitarbeiter ganz lange nicht, da gilt es, das Vertrauen wieder herzustellen. Und bei allen anderen Dingen ist es so, ich denke, die beste Herangehensweise ist zu zeigen „Hör mal, ich bin ein Mensch.“, also diese Beziehungsebene, die da zwischen zwei Menschen, zwischen Führungskraft und einzelnem Mitarbeiter ist, die zu nutzen, die wieder stark zu machen, wirklich auch zu fragen „Hör mal, ich weiß, das ist jetzt doof gelaufen, vielleicht habe ich auch selbst ein bisschen dran Schuld.“ Was für eine Chance. Und das ist eine wichtige Chance, nicht „Gibt es eine Chance?“ Das ist eine Ob-Frage, also ob das geht, sondern eine „Wie geht das?“-Frage, wie kann ich das Vertrauen wieder herstellen, wie kann ich dich dafür entschädigen, wie kann ich das wieder gutmachen?

Götz Müller: Und ich glaube, allein dass ich die Frage nicht nur mir selbst stelle und mir dann vielleicht eine falsche Antwort gebe, weil es wieder individuell mit der betroffenen Person zu tun hat, sondern allein ihm die Frage zu stellen, demjenigen, den man jetzt gerade ungewünscht demotiviert habe, wo ich als Führungskraft etwas verbockt habe, einfach ihn zu fragen: „Okay, ja ich habe es versemmelt. Wie können wir es wieder hinkriegen?“

Ole Haase: Ich glaube, es ist auch sehr wichtig, dass du kurz das Eingeständnis machst, einfach kurz zu sagen „Ich bin auch nur ein Mensch.“ Wir sind alle nur Menschen, wir machen Fehler den ganzen Tag und da dürfen wir in meinen Augen auch gerne dazu stehen und wir wollen auf die Beziehungseben gehen, dann lass uns doch ein bisschen Menschsein vorweg, also rein aus der manipulativen Ecke gesprochen: Gib doch deinen Fehler mal zu, gib doch zu, dass du nicht perfekt bist. Und am Ende dieses Gespräches könnte auch stehen, wie du diesen Punkt, der schief gelaufen ist, wie du da gemeinsam mit deinem Mitarbeiter, mit einem Kollegen, dafür sorgen kannst, dass das nie wieder passiert. Das wäre ein idealer Ausgang. Und dann, da bin ich wieder bei dir, dein Thema sind Prozesse, dann kannst du vielleicht einen Prozess optimal gestalten.

Götz Müller: Ja. Das schlägt jetzt den Bogen wunderbar. Das ist nämlich im Prinzip auch meine Abschlussfrage: Also wie kann man jetzt, wir haben uns ja schon relativ stark, auch weil du da ja hauptsächlich unterwegs bist, auf den Vertrieb konzentriert, dann haben wir einen leichten Ausflug gemacht Richtung Mitarbeiterführung. Wie lassen sich solche Aspekte, Motivation, Motivationaspekte, wie lässt sich das auf andere Bereiche übertragen, eben den Nicht-Vertrieb und da jetzt natürlich wieder meine eigene Lean-Brille aufgesetzt, es geht da ja viel um Veränderung und die Frage, die sich jemand immer stellt, der in dem Kontext unterwegs ist: Wie schaffe ich Motivation zur Veränderung? Auch wenn wir damit wieder ein ganz großes Fass aufmachen, wenn es noch mal zehn Minuten läuft, ist das auch nicht schlimm, glaube ich.

Ole Haase: Also ich glaube, im Vertrieb ist es … deshalb ist es mein Kernthema, ich komme auch aus dem Vertrieb, ich habe zwölf Jahre Vertriebserfahrung und ich weiß, dass eine Persönlichkeit am einfachsten verkaufen kannst. Besser geht nicht, das ist Königsklasse, aber am Ende geht es doch darum, den Menschen nach vorne zu bringen. Also es ist immer dasselbe Spiel, egal ob es jetzt um eine Vertriebspersönlichkeit geht, eine Buchhaltungspersönlichkeit oder irgendwen anders. Es geht doch darum, zu erkennen, wovor hat dieser Mensch Angst vielleicht, was für Sorgen hat er und sich das auch mal anzuhören zum Beispiel. Eigentlich eine klassische Aufgabe vom Pfarrer in der Kirche früher gewesen, was für Sorgen und Ängste haben die Menschen. Das ist ein uraltes Motivationskonzept und wir Menschen kennen das sehr intuitiv. Und dann lass doch die Mitarbeiter ruhig mal auch mit ihren Sorgen zu dir kommen. Vielleicht und wenn du wirklich einen Draht entwickelst, auch das Thema Vertrauensaufbau, wenn du einen guten Draht zu deinen Mitarbeitern entwickelst, dann könnte es sein, dass die mal sagen „Läuft gerade mit der Kohle nicht so und ich muss zwei neue Waschmaschinen gefangen haben“ – was weiß ich was, und auf einmal mussten 12.000 € her und dann kann das sein, dass es denen gerade echt auf der Seele brennt, weil die sich gerade in einen Konsumkredit stürzen müssen oder so etwas. Aber das wird er dir nicht erzählen, wenn du ihn nicht fragst. Das heißt, du hast keine Ahnung, was deinen Mitarbeiter da gerade wirklich antreibt. Das wirst du natürlich nur dann herausbekommen, wenn du ganz nah an deinem Mitarbeiter dran bist, das lässt auch nicht jeder zu, aber trotzdem sollte die Frage gestellt sein „Was magst du gerne? Wo können wir dich unterstützen? Wo möchtest du sein in fünf Jahren?“ Und bitte mach es mal konkret. Mach doch mal wirklich ein Zielgespräch mit den Mitarbeitern. Erlaubt ihnen doch, weiterzukommen, weil ich glaube, nichts ist schlimmer als ein Mitarbeiter, der sich für Stillstand entschieden hat, weil der wird sich über kurz oder lang wieder zum Muggel entwickeln, also mach ruhig Ziele mit den Mitarbeitern, ob die privat sind oder beruflich, ist komplett egal, aber hör den Leuten zu. Und ich glaube, das ist der Kern von allem. Hör den Menschen einfach zu und wenn du interessiert und offen nachfragst, dann wird sich das wahrscheinlich sogar rumsprechen. „Hör mal, der Herr Müller, ich war letztens bei dem, der hat so viele tolle Fragen gestellt. Weißt du was? Der hat mich einfach mal ausreden lassen. Der hat mir richtig zugehört. Ich habe mich richtig gut aufgehoben gefühlt.“

Götz Müller: Ja.

Ole Haase: Und das dürfte sich jede Führungskraft wünschen.

Götz Müller: Ja, das kann ich definitiv nur unterstreichen. Und manchmal sind es auch völlige Kleinigkeiten und manchmal ist es auch nur das Zuhören, dass ich nicht einmal eine Frage stellen muss, sondern höre einfach nur zu und nehme aber in Kauf, dass das eine gewisse Zeit kostet, vermeintlich, aber ich würde es eher sogar eine Investition nennen, nicht bloß Kosten, sondern ich kriege da auch viel wieder zurück.

Ole Haase: Absolut. Und das unterstreichen ja Zahlen, Daten, Fakten. Wir haben ja vorhin die ganze Zeit Mitarbeiter in drei Typen kategorisiert: Muggel, den durchschnittlichen geilen Typen und diesen High Performer, den Top-Athleten. Du brauchst vier von diesen High Performern, um einen Muggel auszugleichen. So viel mal zur Kostenfrage. Da kannst du mal fragen, wie viele Muggel kannst du dir in der Abteilung leisten, bis nichts mehr produziert wird. Ich denke, du solltest dir diese Zeit nehmen. Ich denke, als Führungskraft sollte dir das Wohl deiner Mitarbeiter sehr am Herzen liegen.

Götz Müller: Ja. Und ich glaube, da schließt sich dann, also zumindest für mich, wieder der Kreis, das ist dann aber auch eines der Elemente respect for people, also der Respekt vor dem Menschen, was im Lean zum Teil entgegen allen Gerüchten, was manchmal die Wahrnehmung bei den Menschen draußen ist, aber das ist ein ganz zentrales Element.

Ole Haase: Ja. Gut, Lean kommt ja aus dem Japanischen und für die Japaner ist das Leben und der einzelne sehr, sehr heilig, das sind sehr respektvolle Menschen. Ich glaube, das spürst du da auch, in dem gesamten Spirit von Lean.

Götz Müller: Ole, ich danke dir für deine Zeit. Ich fand, das war ein sehr spannendes Gespräch, auch wenn wir vermeintlich mit einem trivialen Thema, Motivation und Prozesse, angefangen haben, waren da auch viele Elemente drin, die, würde ich sagen, die Zuhörer sicher weiterbringen.

Ole Haase: Ja. Ich danke dir für deine Zeit. War ein sehr, sehr cooles Gespräch. Jederzeit wieder.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Ole Haase zum Thema Motivationsprozesse im Vertrieb. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 196.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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