Kaizen 2 go 324 : Job Instructions fern von der Produktion


 

Inhalt der Episode:

  • In welchem Umfeld setzt Du Job Instructions ein? Wer sind die teilnehmenden Personen? Um welche Arten von Tätigkeiten geht es dabei?
  • Was war der Auslöser für Dich, Dich mit Training Within Industry und Job Instructions zu beschäftigen?
  • Wie werden die Job Instructions dabei angenommen?
  • Was sind die besonderen Herausforderungen beim Einsatz von Job Instructions? Was war schwieriger aber auch leichter als ursprünglich vermutet?
  • Wie hast Du gegebenenfalls die Job Instructions und die Job Breakdowns angepasst, um den Einsatz zu optimieren?
  • Welche Tipps kannst Du interessierten Personen geben, wenn sie sich mit Job Instructions beschäftigen wollen, speziell wenn sie auch aus einem produktionsfernen Umfeld kommen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 324 : Job Instructions fern von der Produktion

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Kurt Tønder im Podcast-Gespräch. Er ist Lean Spezialist und, wie man es vielleicht am Namen schon hört, in Süd Dänemark. Hallo.

Kurt Tønder: Hallo Götz, es ist mir eine Freude hier dabei zu sein.

Götz Müller: Ja, ich freue mich auch sehr. So, ich habe schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber stell dich gerne noch mal in ein paar Sätzen intensiver vor.

Kurt Tønder: Ja, gerne. Also ich bin eigentlich als Unteroffizier ausgebildet, dann bin ich Bauingenieur und habe seit ungefähr 2000 mein eigenes Konsulentgeschäft gehabt, aber ab 2015 war ich in einem Hospital eingestellt als Lean-Spezialist und habe da eine Ausbildung bei der Unimation Institute in Seattle bekommen und einen Lean Master Black Belt, war kurzfristig kommunal angestellt, auch als Lean-Spezialist und seit 2019 bis heute in der Psychiatrie Region Süddänemark als Lean-Spezialist angestellt.

Götz Müller: Ja, und das ist jetzt auch das spannende Thema, wo wir ein ganz spitzes Thema uns rausgesucht haben, nämlich Job Instructions aus dem Training Within Industry, aber eben sehr fern der Produktion. Das hast du ja schon gerade angedeutet und da zum Einstieg eben meine erste Frage: Wo setzt du Job Instructions ein?

Kurt Tønder: Ja, im Moment, da habe ich Job Instructions angewendet in der Psychiatrie in Apenrade, hier in Dänemark, und wir haben es auf die Abteilung, oder … wo die Patientin sind, da das Personal auszubilden, um Standardarbeit einzuführen.

Götz Müller: Okay, also es geht um Psychiatrie, um die Arbeit mit Menschen. Es geht also eben, wie es der Titel unserer Episode sagt, es geht nicht um Produktionsthemen, hauptsächlich eben dort manuelle Themen und deshalb noch mal intensiver nachgefragt: Wer sind die teilnehmenden Personen, also die, die dort unterwiesen werden und was sind das dann konkret für Tätigkeiten?

Kurt Tønder: Ja, also das sind die Angestellten in der Abteilung, die da ausgebildet werden und ja, wir sprechen nicht zu viel von Ausbildung, sondern von Training. Und was wir da trainieren, sind diese Standardarbeitsaufgaben, die man auch in der Psychiatrie hat, um die zu korrigieren, sodass sie so weit wie möglich einzigartig ausgeführt werden, weil da hat man ja so viele Verschiedenheiten und wir arbeiten ja mit Menschen und deswegen muss man sich umstellen können, aber wir müssen umstellen von einer Grundstange her, sodass wir wissen, was ist eigentlich der Ausgangspunkt und dass wir alle den gleichen Ausgangspunkt haben, um unsere Arbeit auszuführen.

Götz Müller: Können Sie ein konkretes Beispiel machen, was die Art der Tätigkeiten angeht?

Kurt Tønder: Ja, kann ich. Also man hat ja, in der Psychiatrie wie auch im Krankenhaus, da haben wir sehr viel Dokumentation über was man macht und über die Behandlung hier und all diese Dokumentation, das muss ja gleichweise ausgeführt werden, weil sonst ist es für die anderen schwer zu lesen und auch die Fakten zu finden und wir haben speziell mit diesen Dokumentationen gearbeitet, sodass sie mehr standardisiert werden.

Götz Müller: Okay, jetzt ist es ja eben kein, sagen wir mal, kein klassisches Thema, wo man sagt „Ja klar, Job Instruction liegt dort auf der Hand“, wenn man es kennt. Ich meine, das ist mal die eine Voraussetzung. Deshalb die ganz konkrete Frage: Was war der Auslöser für dich, überhaupt dort mit dem Thema Training Within Industry und dann eben konkreter den Job Instructions anzufangen?

Kurt Tønder: Ja, es ist ja … oft kann es schwierig sein, wenn man Lean-Themen oder hier speziell Job Instructions im Krankenhausbereich, weil man sagt „Oh das das hört bei uns nicht an“, aber wir waren bei der und sind bei der Psychiatrie im Moment sehr viel gefordert, weil wir als Teil der Behandlung, da verwendet man schon manchmal Zwang auf die Patienten sind, wenn sie sehr unruhig, und was heißt das auf Deutsch, das heißt irgendwie, psychiatrisch herausgefordert sind, dann sind sie manchmal nicht zu erreichen und dann muss man eine oder verschiedene Formen von Zwang anwenden und das will man begrenzen. Da haben wir hier in Dänemark ein nationales Programm dafür gehabt seit 2014 oder so etwas und das gelingt einfach nicht im Moment. Und speziell in Bezug auf da, wo ich gerade arbeite, in Apenrade, da war es sehr viel gesteigert und man musste etwas tun und was man versucht hat, hat nicht geholfen, deswegen haben wir vorgeschlagen oder ich habe vorgeschlagen, wir könnten vielleicht Job Instructions verwenden, um die Arbeit zu standardisieren, sodass sie einfacher zu reproduzieren wird und wenn man da als Chef ein bisschen unter Druck steht, dann greift man ja manchmal auf ein Teil, das man nicht normalerweise angreifen will und hat gesagt: Okay, wir probieren es mal. Und es ist in vielen Fällen sehr, sehr gelungen im Moment, aber man kann ja auch sagen: Haben wir dann den Zwang begrenzt? Das können wir im Moment nicht so klar sagen, aber wir wissen ja auch nicht, was geschehen wäre, wenn wir es nicht gemacht hätten.

Götz Müller: Jetzt hast du es schon angedeutet und ich hatte vor kurzem eine Episode auch mit jemandem aus dem Gesundheitswesen, ganz oft begegnet einem dann ja die Aussage „Ja, wir bauen ja keine Autos und deshalb funktioniert Lean und Co bei uns so nicht.“, jetzt habe ich da bei dir aber zum einen das ansatzweise auch rausgehört. Andererseits hast du aber diesen Punkt erwähnt, wenn halt irgendetwas überhaupt nicht funktioniert, dann greift man manchmal nach dem letzten Strohhalm, der jetzt in dem Fall, so habe ich es verstanden, Job Instructions gewesen wäre oder gewesen ist und die Frage deshalb: Wie wurde das von den Beteiligten, also die Menschen, die dann unterwiesen werden typischerweise, aber eben auch die, die wissen, wie Dinge funktionieren, die irgendwie gute Erfahrungen gemacht haben und die das jetzt an andere weitergeben sollen, also die Lehrer, die Unterweisenden, wie ist es angenommen worden?

Kurt Tønder: Ja, also ich kann von der Lehrerseite sprechen, weil das das war ich als der Einzige eigentlich, aber ich würde sagen, es war viel Skepsis am Anfang, aber jetzt und das das ist schon zwei Jahre her, dass wir angefangen haben und ich muss da zugeben, ich war auch im Bereich grün, habe erst eine ten hour lesson gehabt auf Video wegen der Covid-19-Sache und da habe ich eine 40- Stunden-Lektion hier in Dänemark bekommen zu Job Instructions und dann sollte ich ja mal anfangen damit zu trainieren, und die waren skeptisch. Also die sagen, das ist, das fühlt sich komisch an, aber wir haben trotzdem, weil die Leitung oder der Chef gesagt „Ich will das. Das hier, das wollen wir, es ist für uns wichtig und wir glauben daran“ und über den Streit, da sind wie gewöhnlich einige, die haben es aufgenommen und gesagt „Okay, das hier, das funktioniert, das wirkt, wir können es sehen“ und einige sagen „Ja, es ist ja auch schwierig“ und „Geht es?“ und „Wir können es“ und „Wir können es nicht“, bla bla bla. So, wir haben auch die Differenzen in der Organisation. Wir haben sechs Bettenabteilungen und die funktionieren einfach unterschiedlich, sage ich, aber, wo man es wirklich antreibt. Das ist die Leitung der respektiven Bettenabteilung und wo man es wirklich anfängt und sagt „Das hier, das wollen wir“, da geht es zu und die haben jetzt erfahren, dass jetzt, wenn wir eine neue Aufgabe haben oder wenn wir eine Aufgabe haben, wo wir, wo wir Qualitätsprobleme haben, da können wir trainieren und es geht so schnell. Eine ganze Abteilung können wir innerhalb von fünf Tagen trainieren und das dauert nicht so lange. Sie haben es wirklich entdeckt, die Stärke von diesem Programm, mit Job Instructions

Götz Müller: Jetzt haben wir ja eben ein Besonderes, in Anführungszeichen, eben Nicht-Produktionsumfeld, und du hast ja schon angedeutet, was das Annehmen des Themas angeht, ist eine Herausforderung und natürlich vermute ich mal einfach dadurch, dass es nicht um oder oft nicht um rein physisch-mechanische Tätigkeiten geht, ist das auch eine möglicherweise gewisse Herausforderung. Da jetzt die Frage: Was waren die besonderen Herausforderungen? Was war eventuell schwieriger als ursprünglich vermutet oder eben auch das andere Extrem, was ist viel leichter gewesen als man am Anfang dachte?

Kurt Tønder: Ja, ich würde sagen, was schwierig ist, in diesem Bereich hier, das ist, wenn man Mitarbeiter trainiert, da gehen sie nicht gerade an diesen Job her und ausführen den ganzen Tag, wie in einem Produktionsgebiet, da macht man, wenn man Lautsprechern macht, da montiert man vielleicht die Lautsprecher im Kabinett und das macht man einen ganzen Tag nach dem Training. Aber wenn wir in administrativen Bereichen arbeiten, da macht man vielleicht diesen Job hier, macht man vielleicht einmal am Tag oder vielleicht zweimal in der Woche oder so etwas, und da gibt es schon Herausforderungen und was wir gelernt haben, ist, dass … man muss, ehe man trainiert, da muss man ja Wissen haben, und man muss auch den Kontext kennen, warum wir diese Aufgabe trainieren und nicht die anderen trainieren im Moment. Das heißt, hier haben wir herausgefunden, es ist, es ist eigentlich sehr wichtig mit den Vorbereitungen für das Job Instructions Training. Das heißt, wenn man eine spezielle Aufgabe trainieren will, dann muss man erst mal den ganzen Abteilungen einen, wie heißt das, das heißt, ein gewisses Niveau von Wissen beibringen und man auch den Kontext, warum wir diese Aufgaben trainieren müssen, das muss man auch an die Mitarbeiter bringen. Und wenn das in Ordnung ist, dann geht die Trainierung eigentlich ganz leicht.

Götz Müller: Mhm, das heißt, ich höre da auch raus, ich meine klassisch, das Formular gibt das ja so her, auf Deutsch ist das der Schulungsplan. Man hat die Namen und man hat die Tätigkeiten und typischerweise, im Produktionskontext, passt so etwas auf eine, vielleicht mal zwei Seiten. Was die Namen angeht der Menschen ist es wahrscheinlich sicher nicht das Problem, aber wie du es angelegt hast, die Vielfalt der Tätigkeiten ist die Herausforderung wahrscheinlich auch, denn es ist ja nicht so, dass wenn jemand eine Sache nur einmal am Tag tut, dass er den Rest des Tages nichts tut, sondern er tut halt viele andere Dinge.

Kurt Tønder: Ja, und das gibt eigentlich oder da gibt es eigentlich Herausforderungen und wir müssen auch viel nachher sicherstellen, dass die Trainierung auch da wirkt. Hier ist es auch wichtig, dass die, dass die Geschäftsleitung eine Prozesskonfirmierung macht. Da muss man ja diese Konfirmierung von unseren Prozessen haben, weil das ist wichtig, dass auch die Mitarbeiter verstehen, es ist in aller Interesse, dass wir das machen hier und nicht mindestens ist es auf Wege von unserem Patienten und ihrer Sicherheit, dass wir das machen. Das ist wichtig.

Götz Müller: Ja, also im Grunde die gleichen Themen, wie man es auch in einem Produktionskontext hat, ich muss mir intensive Überlegungen machen, welche Tätigkeiten habe ich überhaupt, welche Standards? Was ist der aktuell beste bekannte Weg, den ich ja dann trainieren will? Und damit diesen neuen Standard schaffen und ich meine, jetzt an der Stelle könnte ich mir vorstellen, weil du die Person gewesen bist, die die Unterweisung gemacht hat, aber vielleicht nicht alle Tätigkeiten kennt, die dann unterwiesen werden, ist da noch mal ein zusätzlicher, einerseits ein zusätzlicher Filter drin, dass also, weil du der einzige, so habe ich es zumindest verstanden, korrigiere mich da gerne, weil du der einzige gewesen bist oder der einzige bist, der unterweist, aber natürlich nicht notwendigerweise der Fachmann für alle Tätigkeiten.

Kurt Tønder: Ja, da habe ich mich wahrscheinlich ein bisschen falsch ausgedrückt, weil ich habe die Trainer unterwiesen, aber die Trainer, die unterwiesen die Mitarbeitern.

Götz Müller: Okay.

Kurt Tønder: Ich habe nur … aber wir haben sehr viel Trainer gehabt, weil wir haben ein Ziel, das heißt ein Drittel von allen Mitarbeitern soll den 10-hour-Job-Instruction-Kurs gehabt haben, sodass die unterweisen ihre Kollegen in den verschiedene Jobs, die wir aussuchen.

Götz Müller: Also da im Grunde die klassische Vorgehensweise, dieses „Train the trainer“-Modell.

Kurt Tønder: Ja. Und wir haben auch, und das ist etwas anderes, das ist, was wir gelernt haben, eine der Schwierigkeiten mit so vielen Trainern haben, die sollen ja auch die Job Instructions machen und auch diese Arbeitsaufteilungsmanualen machen von den verschiedenen Jobs, die wir trainieren wollen. Und da habe ich oder nicht nur ich, aber unsere Organisation, wir haben entschlossen, wir müssen es ein bisschen anders machen als die Standards, womit ich unterwiesen war. Also das heißt, wenn man so einen Job Breakdown Sheet, wie die Amerikaner es nennen. Dann müssen wir, wir greifen es ein bisschen anders an als Standard und das hat uns sehr viel geholfen.

Götz Müller: Ja, da möchte ich auch noch ein bisschen nachbohren, im Sinne von: Wie habt ihr es, einerseits hast du es schon gesagt, die Arbeitsaufschlüsselung, also die Job Breakdown Sheets angepasst, die Unterweisung selber auch oder seid ihr da beim Standard geblieben?

Kurt Tønder: Ja, also es ist so, dass normalerweise, wenn man ein Job Breakdown Sheet hat, startet man immer mit den wichtigen Schritten und dann mit den Schlüsselpunkten und dann mit dem Warum, aber wir machen das einfach anders, weil ich habe herausgefunden, wenn man mit den Schlüsselpunkten startet und sagt „Was machst du eigentlich?“, wenn man einen Job machen will und dann schreibt man das einfach aus als Punkte in einer Reihe, weil man den Job macht eigentlich. Für jeden Punkt, da muss man sich selbst fragen: Was geschieht, wenn ich diesen Punkt nicht ausführe? Und das ist das Warum. Wenn man nicht eine Konsequenz sagen kann von diesem Punkt, den ich aufgeführt habe, dann ist es ja nicht ein Schlüsselpunkt, dann soll das raus, und wenn man dann das alles durchgeht und hat das [19:55], dann macht man, sagt man: Okay, wie teilen wir das auf in wichtige Schritten nachher? Das ist eigentlich ein bisschen umgekehrt für den Standard, aber das funktioniert für unsere Psychiatrie-Angestellten, weil die, jetzt können sie dem folgen und sagen: „Okay, das ist ja ganz leicht, ich sage mal, wie machen die, was mache ich eigentlich und warum mache ich denn das? Und nachher sage ich, oh, was sind eigentlich die Schritte in diesem Job?“

Götz Müller: Ja, ich könnte mir vorstellen, weil ihr ja jetzt nicht im klassischen Sinne eben wie eine Produktion etwas montiert oder eben eine Veränderung einer physischen Sache, mal vielleicht von Dokumentationsthemen abgesehen, macht und im Grunde beschränkt man sich dort ja bei den wichtigen Schritten einfach auf das, was Wertschöpfung, also was eine Sache physisch verändert in der Konzentration, aber ich finde es einen interessanten Gedanken, sich zu fragen, was passiert denn, wenn ich etwas nicht mache und daraus dann das Warum abzuleiten und dann wiederum zu sagen „Und deshalb ist es wichtig, dass ich es mache“. Sehr spannend.

Kurt Tønder: Ja, und meine Erfahrung war auch, diese, was heißt es, negative Konsequenz anzugeben, das war für die Psychiatrie sehr schwer zu verwenden, weil die würden immer sagen: Warum machen wir das? Nein, das ist nicht die Antwort. Die Antwort ist: Was geschieht, wenn du es nicht machst? Und das ist das Warum. Und das war für die ist schwer, also und aber es ist ja auch eine Trainierung.

Götz Müller: Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass das da auch ein Impuls ist für eine normale Produktionstätigkeit zu überlegen, was passiert denn, wenn ich an irgendeiner Stelle, zum Beispiel fällt mir jetzt halt spontan ein, keinen Drehmomentschlüssel verwende, dann ziehe ich es entweder zu fest oder zu locker an, wenn ich es zu fest anziehe, schädige ich unter Umständen die Schraube, wenn ich es zu locker anziehe, löst sie sich vielleicht und im Endeffekt fällt dann unterm Strich irgendwann die Funktion aus.

Kurt Tønder: Eben und von meiner Sicht her, von meiner Erfahrung her, ist das sehr, sehr wichtig, dass man die Konsequenz hier versteht, weil man, wenn man die Konsequenz versteht, dann ist man da, dann will man mehr das richtig machen, aber wenn du nur sagst, okay, es muss gespannt, weil es soll richtig sein, ja okay, also was heißt denn das, aber, wenn du die Konsequenzen kennst, dann sagt man, okay, das ist wichtig hier.

Götz Müller: Ja, ich meine, das ist ja grundsätzlich das, was hinter dem Warum steckt, das finde ich persönlich ja dieses fundamentale Element an den Job Instructions, was ja sonst bei einer Unterweisung im, in Anführungszeichen, klassischen Sinn, also nicht nach Training Within Industry, nicht nach Job Instructions, „Mach halt, wie ich sage, frag nicht dumm“, in Anführungszeichen.

Kurt Tønder: Eben, eben. Und was ich auch erfahren habe, wenn man einen Job anfängt zu trainieren, dann muss man auch hier, in der Überschrift, wenn man zum Beispiel Dokumentation von dies oder das, was weiß ich, dann muss man ja auch hier bei der Begründung, warum wir diesen Job trainieren, da muss man auch hier eine Antwort geben, sagen: Wenn wir es nicht machen, dann hat es die und die Konsequenzen. Also was geschieht, wenn wir diesen Job nicht trainieren? Und erst dann gibt es für die Mitarbeiter die Meinung, warum sollen wir das eigentlich trainieren. Wir haben im Hospital oder Gesundheitsbereich, da sagt man oft, ja, wir hören ja oft in der Psychiatrie, dass man sagt „Ja, das ist regulatorisch gefordert und deswegen sollen wir es machen“, aber das ist ja Quatsch, weil es ist ja für die Patienten, dass wir es machen, sonst wäre es nicht regulatorisch angestellt also. Deswegen, wir machen es für die Patienten und die Behandlung von unseren Patienten und das müssen die Mitarbeitern immer verstehen, wenn die das nicht verstehen, dann tun sie es einfach nicht. Wenn sie unter Druck sind, also zum Beispiel, wenn es supereilig ist, zu sagen „Okay, es ist nur regulatorisch“, aber wenn den wirklichen Grund, wofür Sie das hier machen oder dokumentieren sollen, oder einen Score machen sollen oder was weiß ich, dann tun sie es und dann tun sie es richtig.

Götz Müller: Und ich glaube, das ist eben und da schließt sich in Anführungszeichen der Kreis wieder, das sind ja Themen, die auch in den Produktionskontext wichtig sind. Auch da habe ich Vorschriften, egal ob ich jetzt in der Automobilindustrie unterwegs bin oder vielleicht in der Pharmaindustrie, die noch stärker reguliert ist mit der Good Manufacturing Practice und trotzdem, glaube ich, geht da in dem Nicht-Job-Instruction-Kontext viel zu viel Wissen um das Warum verloren und dann schleifen sich Dinge ein und bis es dann irgendwann soweit kommt, und ich könnte mir vorstellen, dass du solche Aussagen auch gehört hast, „Ja, wir machen das, weil wir es schon immer so gemacht haben.“.

Kurt Tønder: Ja, ja, genau, oder noch schlimmer: Wir machen, weil wir es sollen. Das gibt ja keinen Sinn. Also wir machen es nicht, weil wir es sollen. Wir machen es aus einem Purpose, also da muss ja ein Grund dabei sein, deswegen machen wir es.

Götz Müller: Ja, und viel zu oft eben, glaube ich, was auch passiert, und da habe ich auch so ein Erlebnis mal gehabt, wo ich das mit Stuckateuren habe, da kann man ja einen ausgebildeten Stuckateur, der ein paar Jahre Berufserfahrung hat, den kann man ja nachts um halb drei mit verbundenen Augen vor eine Wand stellen und einen Kübel mit Putz neben ihn und die zwei Werkzeuge in die Hand drücken und dann verputzt er die Wand ja mit verschlossenen Augen, aber er ist deshalb noch nicht notwendigerweise in der Lage, das Wissen an einen, zum Beispiel Auszubildenden, weiterzugeben. Und da, glaube ich eben, ist dieses immer wieder auffordern, zu hinterfragen, warum tue ich Dinge, und dann ist es manchmal einfach nur, wie halte ich die Traufel, also dieses eine Werkzeug des Stuckateurs, um es jemand anderem kompetent weitergeben zu können.

Kurt Tønder: Ja, genau. Genau das ist die Sache und deswegen ist es auch sehr wichtig. Wenn man Trainer aussucht von den Angestellten, da muss man auch die Erfahrenen aussuchen, weil die wissen, was ist schwierig und wie kommt man um die Schwierigkeiten herum, also wie macht man das am leichtesten?

Götz Müller: Was ja eben auch einer der Punkte ist, Schlüsselpunkte auszuwählen, die die Arbeit einfach leicht machen, das muss ja nicht harte Arbeit sein.

Kurt Tønder: Eben. Und das gibt für auch für die Organisation, gibt es viel Energie, dass wir erkennen, okay, wir glauben eigentlich, dass das hier ist schwierig, aber wir finden auch raus, dass es nicht so schwierig ist, wie wir es eigentlich geglaubt haben. Wir können es, wir schaffen es einfach.

Götz Müller: Gut, jetzt hab ich eine Sache auch rausgehört und das möchte auch gerne noch mal hinterfragen, im Sinne von verstärken, auch damit es bei den Zulieferern, meiner Ansicht nach wichtig, so ankommt, diese Unterstützung durch eine verantwortliche Stelle, hattest du nicht nur einmal erwähnt, ist auch in meiner Erfahrung ein ganz wichtiges Element über Training Within Industry, über Job Instruction hinaus, dass eben eine Leitung von einem Bereich, von einem Unternehmen, wirklich dahinter steht und mit, ja, manchmal breiten Schultern dasteht und sagt: „Ich will das einfach haben.“

Kurt Tønder: Ja, das ist sehr wichtig und nicht nur die Jobleitung. Man muss auch die Mittelleitung dabeihaben und die muss ausgebildet sein, weil wenn die nicht als Trainer ausgebildet ist, kann sie nicht ihre Mitarbeiter nachher coachen und helfen, wenn die Probleme dabei haben und erst wenn die, also, auch speziell die Mittelleiter, wenn die verstehen: Okay, was können wir eigentlich hier schaffen und dann fangen sie es einfach an und sagen „Wir müssen mehr Job Breakdown Sheets haben, sodass wir mehrere Jobs trainieren können“. Und wir haben einen Plan gemacht, der sagt, was sind die fünf wichtigsten Jobs, die trainiert werden müssen mit neuen Mitarbeitern, neu eingestellten, was sollen die innerhalb der ersten 14 Tage oder wo sollen sie trainiert werden und was sollen wir ihnen geben, sodass sie diese Arbeit selbstständig ausführen können. Und das glaube ich, das ist einer der Tipping Points in Job Instructions, weil wenn die Mittelleitung sieht: Okay, ich bekomme einen neuen Mitarbeiter und normalerweise dauert es Monate ehe er selbständig etwas tun kann, aber, wenn sie hier, innerhalb von 14 Tagen die fünf wichtigsten Jobs selbstständig machen können, das gibt ein gutes Gefühl für den Neuangestellten, weil dann kann er etwas machen, er muss nicht immer die alten Kollegen anfragen und stören und die Mittelleitung sieht, er fängt an mit dem Job und er macht es einfach. Das hilft sehr viel. Das ist unser nächste Schritt in diesem Bereich hier. Wir haben gesagt, was sind die fünf wichtigsten Jobs und die fangen wir an zu trainieren im Moment.

Götz Müller: Mhm, da jetzt noch mal nachgefragt, weil das sind dann durchaus Situationen, die mir dann wieder auch begegnen. Du hast gesagt, okay, das Mittelmanagement, das mittlere Management, bekommt die Ausbildung auch, damit sie wissen, um was es geht. Und dann begegnet mir ganz oft die Aussage: „Ah, was sollen wir denn noch alles machen?“ Was ist da dein Tipp, deine Antwort auf so eine Aussage, sofern sie dir begegnet?

Kurt Tønder: Meine Antwort dazu ist immer, wenn du es nicht kennst, wenn du dieses Programm nicht kennst, dann kannst du nicht deine Mitarbeiter unterstützen, um tüchtig zu sein und dann verliest du etwas. Und das, ja, wir haben auch da Widerstand gehabt, soll ich sagen, aber trotzdem, wenn sie da durch ist und sie müssen, ich habe also einen Prozess mit Freigabe, das heißt, dass jeder, der ausgebildet ist, hat dreimal eine halbe Stunde Coaching, nachher den Verlauf, und erst da werden die freigegeben, wenn ich schätze, sie können jetzt einen Kollege trainieren. Und da muss auch die Mittelleitung durch. Und ich habe eigentlich herausgefunden, dass dieser kleinen Trick hier, das bedeutet sehr viel für die Mittelleitung zu sagen, für ihre Kollegen: ich bin hier freigegeben, Gott hat mir freigegeben. Und das bedeutet einfach etwas. Man kann ja schon ein bisschen Spaß machen, aber es ist, ich glaube, es ist wichtig, dass die auch finden, okay, es ist einfach, ich muss einfach etwas präsentieren, um freigegeben zu werden.

Götz Müller: Ja, und auch so im Grunde eben auch eine Art von Antwort auf die Frage: Was habe ich davon?

Kurt Tønder: Und wenn die das erstmal erkennen und auch da eine guten Trainierungsplan ausführen können, das hilft aber sehr viel. Man muss einen Trainierungsplan haben und das muss in der Psychiatrie sehr genau sein, dass der einzelne Mitarbeiter muss wann in was ganz genau aufgeschrieben. Es ist nicht nur montags, dass wir das trainieren. Nein, dieser Mitarbeiter um 11:15 Uhr in diesem Job trainieren. Das hilft dir.

Götz Müller: Gut. So zum Abschluss stelle ich immer gern eine Frage, mache mich ein Stück weit auch zum Sprachrohr der Zuhörer, was für einen Tipp kannst du jemandem geben, der jetzt zum Beispiel zugehört hat und sagt: „Hey, das hört sich ja spannend an, da habe ich Probleme gehört, die begegnen mir in meinem Verantwortungsbereich genauso“ und vielleicht komme ich, als Zuhörer, auch aus einem produktionsfernen Umfeld, was kannst du jemandem für einen Tipp geben zum Einstieg, wenn er sagt „Ja, Job Instructions, Trading Within Industry interessiert mich, wie informiere ich mich, mit was fange ich an“?

Kurt Tønder: Ich würde sagen, da gibt es sehr viele 10-Stunden- Online-Kurse, man kann ja da einfach anfangen mit einem von denen und wenn man das dann macht, dann sage ich immer, die ersten zwei Stunden, dieser Lektion, die ersten zwei Stunden, die kann man rausnehmen und dann seiner Leitung diese zwei Stunden vorführen, weil das gibt so viele Informationen über was ist Job Instruction eigentlich und was kann das? Und ich finde das sehr, sehr gut und ich habe diese 2-Stunden-Lektionen zu anderen Leitungen gesagt, okay, gib mir zwei Stunden, das soll ich euch erklären, was ist Job Instruction für ein Ding. Und das ist wie ein Verkaufsgespräch und das wirkt sehr gut. Und, ja, schließlich muss ich einen ganz kleinen Tipp da machen, weil der normale Job-Instruction-Kurs ist mit zwei Leitungen, dann macht man so einen Elektro, was heißt das, Knoten oder so etwas.

Götz Müller: Zugentlastungsknoten.

Kurt Tønder: Ja, ja, eben und das habe ich abgeschafft, weil die verstehen es einfach gar nicht, in der Psychiatrie, die sagen: Okay, das hat nichts mit uns zu tun. Stattdessen schneide ich ein kleines Namenschild mit einem Twist und das verstehen sie einfach, weil das ist ein bisschen gemütlich. Man kann sich ein bisschen unterhalten dabei, aber es ist auch leichter zu verstehen und vielleicht sollte man eine andere Aufgabe auch finden, statt die normalen Elektro-Aufgaben zu geben.

Götz Müller: Das könnte ich mir vorstellen, ja, vor allen Dingen, da dieser Zugentlastungsknoten 80 Jahre alt ist und man den typischerweise in einem modernen Kontext in der Form ja gar nicht mehr anwendet, also nicht nur in der Psychiatrie wird das Ding nicht mehr angewendet, sondern auch dort, wo man es früher angewendet hat.

Kurt Tønder: Eben, eben.

Götz Müller: Ja, das ist mit Sicherheit ein wichtiger Punkt. Man muss sich halt dann selber an der Stelle ein paar Gedanken machen, was ist für das Umfeld, wo man die Job Instructions anwenden will, was ist dort ein passendes allgemeines Thema und da findet man aber bestimmt etwas, so wie du es gerade angedeutet hast. Man muss sich halt vielleicht mal für eine halbe Stunde hinsetzen und dann hat man aber etwas und dann holt man auch, wie es immer so schön heißt, die Menschen leichter ab. Prima, Kurt, ich fand das eine spannende Unterhaltung. Ich meine, ich habe die Job Instructions auch schon in einem nicht-klassischen Industriekontext angewendet, aber so weit weg, in Anführungszeichen, wie ihr jetzt seid, habe ich es noch nie erlebt und trotzdem scheint es ja zu funktionieren, scheint ihr gute Erfahrungen, gute Ergebnisse daraus zu ziehen und deshalb, glaube ich, ist es eben ein sehr wichtiges universelles Hilfsmittel, um Probleme zu lösen.

Kurt Tønder: Eben, eben.

Götz Müller: Prima. Und deshalb danke ich dir noch mal sehr für deine Zeit.

Kurt Tønder: Ja, und Götz. Ich danke vielmals, dass ich dabei sein muss, hat mir auch Spaß gemacht, trotzdem, mein Deutsch ist ja, ich bin ja herausgefordert manchmal, aber hat viel Spaß gemacht und es ist mir eine Freude und ich hoffe, dass einige von denen, die es anhören, sagen: Okay, wir müssen ja nur anfangen und ausprobieren, weil da lernt man viel davon.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Kurt Tønder zum Thema Job Instructions fern von der Produktion. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 324.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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