Kaizen 2 go 333 : Einführungsprozess für Digitales Shopfloor-Management


 

Inhalt der Episode:

  • Was sind für Dich die zentralen Element von Shopfloor-Management?
  • Welchen Mehrwert bietet dabei ein digitales SFM?
  • Was muss man ggf. dafür in Kauf nehmen?
  • Welchen Chancen bietet dSFM?
  • Welche Risiken stehen dem gegenüber?
  • Wie sieht ein typischer Einführungsprozess für dSFM auf Basis dieser SWOT-Analyse aus?
  • Welche Kriterien sollte man bei der Auswahl einer dSFM-Lösung beachten? Wer sollte das Lastenheft schreiben und daran mitwirken?
  • Wie sieht die ideale Zusammenarbeit zwischen Produktion und IT im Einführungsprozess aus?
  • Welche Fallstricke kann es dabei geben? Wie vermeidet man diese?
  • Wo kann man sich weiter über digitales Shopfloor Management informieren?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 333 : Einführungsprozess für Digitales Shopfloor-Management

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Marvin Müller bei mir im Podcast-Gespräch – nicht verwandt, nicht verschwägert. Er ist der Customer Success Manager bei SFM Systems. Hallo Marvin.

Marvin Müller: Hallo Götz.

Götz Müller: Ja, schön, dass du heute dabei bist. Ich habe dich schon mal in einem kurzen halben Satz vorgestellt, aber sag gern nochmal zwei, drei Worte zu dir als Person, was dir wichtig ist.

Marvin Müller: Ja, gerne. Genau also erstmal, was ist ein Customer Success Manager? Ich sorge dafür, dass unsere Kunden, unser digitales Team oder also unsere digitale Shopfloor Management Software nicht nur haben, sondern auch im Sinne eines erfolgreichen Shopfloor Managements auch verwenden.

Götz Müller: Ja, das ist definitiv dem Thema angemessen, würde ich sagen, weil gerade in dem Kontext, glaube ich, kann ich mir vorstellen, dass man manchmal etwas hat, in Anführungszeichen, an Applikationen, aber vielleicht nicht so nutzt oder nicht alle Chancen, die sowas bietet, nutzt und deshalb fangen wir aber mal an zum Einstieg so ein bisschen, ja, mit Basics an. Was sind für dich die zentralen Themen von Shopfloor Management ganz im Allgemeinen?

Marvin Müller: Ja, für mich ist das zentrale Ziel eigentlich die Weiterentwicklung der Problemlösungsfähigkeit der ganzen Organisation. Das fängt damit an, die richtigen Probleme zu erkennen, an die richtigen Personen zu bringen, die dann auch in der Lage sind, diese Probleme zu lösen. Das heißt, das ist eine persönliche Weiterentwicklung, in der Problemlösung selbst, sowohl persönlich als auch methodisch, aber dann eben auch ein Führungsthema, Probleme anzunehmen und weiterzugeben, offen über Probleme zu sprechen und dann Kennzahlenthema, auf die richtigen und wichtigsten Themen auch hinleiten zu können, so dass dann die ganze Organisation ihre Probleme löst, um ihre Produkte so gut wie möglich an ihre Kunden weiterzugeben.

Götz Müller: Ja, und da würde ich mal sagen, ist eben der Shopfloor da, wo typischerweise, wenn man, zumindest wenn wir über physische Produkte reden, dort wo die Produkte entstehen, woanders, wenn nicht dort, sollen auch Probleme entstehen, können auch Probleme entstehen. Und natürlich bringt mich das jetzt dann zur nächsten Frage: Shopfloor Management, ich hoffe mal, davon muss man nicht mehr viele Menschen überzeugen, jetzt, wenn wir über digitales Shopfloor Management reden, muss es ja einen Mehrwert haben, sonst würden wir nicht darüber reden und das wäre dann eben meine Frage. Welchen Mehrwert bringt ein digitales Shopfloor Management mit?

Marvin Müller: Genau. Wir teilen das auf in so zwei Bereiche. Das eine sind die offensichtlichen Stärken, dass ich einfach Arbeitszeit spare, indem ich die Kennzahlen automatisch ziehen kann, das heißt einfach sehr viel Aufwand in der Aufbereitung, Weiterverarbeitung, aufhängen, abhängen, teilen, da geht einfach sehr viel Arbeitszeit, die ich da spare. Und dann ist da der zweite Part, ein digitales Shopfloor Management, das auch aus einem methodischen Verständnis entwickelt wurde, mit dem Ziel, die Problemlösungsfähigkeit der Organisation zu stärken, verbessert natürlich auch dann diese Problemlösungsfähigkeit und damit die Effizienz, Qualität oder Liefertreue, je nachdem wo der größte Fokus im Unternehmen gerade drauf liegt, dann in diesen Bereichen zu erhöhen, noch stärker als das analoge Management, Shopfloor Management kann. Das ist eigentlich der zentrale Vorteil, der auch wesentlich größer ist noch als die auch berechenbare oder einfach zu berechenbare Einsparung von Arbeitszeit.

Götz Müller: Mhm, ja. Das bringt mich dann zu diesem bisschen blöden, flapsigen Spruch „Computer lösen Probleme, die man ohne sie gar nicht gehabt hätte“, so wird es mit Sicherheit nicht sein heutzutage, aber trotzdem, glaube ich, mit vielen Werkzeugen, die man halt nutzt, über das, was man, anderthalb Kilo graue Masse, im Kopf hat hinweg, kommt halt das ein oder andere, sagen wir mal mit, worüber man vielleicht am Anfang so nicht nachgedacht hat und nach dieser etwas längeren, umständlichen Einleitung möchte ich halt auf den Punkt kommen: Was muss man eventuell dafür in Kauf nehmen, wenn ich ein, jetzt in unserem Fall, digitales Shopfloor Management, also mit Computer unterstützt, nicht nur mit Stift und Papier und einer großen Tafel, mache?

Marvin Müller: Genau. Also da gibt es auch wieder zwei Sachen, die man dann nennen kann. Das eine ist eine Anpassbarkeit, ich kann natürlich die Vorlagen, die ich auf Papier habe, die kann ich recht schnell ändern. Da hat mir mein digitales System hoffentlich groß genug, einen Konfigurationsspielraum, aber das ist natürlich etwas, was ein bisschen mehr Aufwand mit sich bringt dann in der Pflege oder in der Anpassung auf Änderungen. Das heißt, da arbeiten wir ganz konkret dran, dass das dann möglichst einfach trotzdem geht. Und es gibt auch einige gerade größere Unternehmen, die sehen dann da wieder auch ein Vorteil darin zu sagen: Wir können das Shopfloor Management über unsere Standorte, über die einzelnen Teams stärker zusammenhalten. Und sehen das dann sogar eher noch als auch als Vorteil, dass da der Anpassungsspielraum, ja, mit ein bisschen, ja, mit einer größeren Hürde einhergeht. Ansonsten ist die die klare Schwäche und das ist auch eigentlich immer das, worum es am Ende geht, kommen natürlich Kosten einher mit der Software, je nachdem, was man da für eine Art von System nimmt, ist das eigentlich der einzige Knackpunkt, an dem es dann wirklich mal hängen kann.

Götz Müller: So, jetzt haben wir im Grunde über, ja, sagen wir mal Stärken und Schwächen geredet und jetzt wird es wahrscheinlich für die Zuhörer nicht überraschend sein, wenn man auch über so etwas wie Chancen und Risiken – Klammer auf, wo ich die Fragen zusammengestellt hat, hatte ich das Wort Analyse vor meinem geistigen Auge, reden – also was bietet mir ein digitales Shopfloor Management an Chancen. Da wiederholt sich natürlich das ein oder andere wahrscheinlich aus den Stärken raus, aber ich glaube, es ist noch mal ein anderer Blickwinkel auf dem Thema.

Marvin Müller: Genau bei den Chancen, da könnten wir jetzt zum einen die Datenanalysemöglichkeiten nennen, die man dann auf Basis der Daten bekommt. Wir haben im Shopfloor Management eigentlich als eine der ganz wenigen Systeme sowohl Zeitreihen-Daten als auch qualitative Daten über Abweichungen und Probleme, aus denen man auch viel machen kann. Auch ich habe in meiner Forschung, meiner Dissertation da viel aus den Textdaten rausgeholt, da sehen wir aber, dass die allermeisten auch unserer Interessierten, die auf uns zukommen, dass das gar nicht die Gründe sind, warum sie mit dem digitalen Shopfloor Management starten wollen, sondern es sind eigentlich eher die Themen, auch der methodische Neustart, die Vereinheitlichung, die Angleichung des Reifegrads, denn du hattest schon gesagt, überzeugen von Shopfloor Management müssen wir die wenigsten, die wenigsten Unternehmen, aber die Unternehmen, wenn sie dann bei sich selber wieder reinschauen, wie der Stand da ist, ist immer sehr, sehr unterschiedlich. Und das digitale Shopfloor Management bietet da eben die Chance, durch durchgehende Kennzahlenkaskaden, durch durchgehende Kommunikationskaskaden auch Analysen, die ich innerhalb dieser Methode machen kann, das heißt, wie viele Abweichungen entstehen, wie viele Maßnahmen werden bearbeitet, wie schnell können die bearbeitet werden, wie sieht das in den verschiedenen Bereichen aus, auch da eben wenn ich das, wenn ich all diese mit Elemente meinem digitalen Shopfloor Management auch drin habe, dann eben dieses Weiterentwickeln der Problemlösungsfähigkeit noch über das analoge Shopfloor Management hinaus, das ist ja eigentlich die zentrale Chance.

Götz Müller: Mhm ja. Jetzt hast du, glaube ich, einen wichtigen Punkt adressiert. Du hattest vorhin gesagt über Standorte hinweg eine Angleichung erreichen, jetzt erlebe ich es durchaus manchmal so, dass das nicht mal, diese Unterschiede nicht mal über Standorte hinweg existieren, sondern die existieren vielleicht, wenn es ein größeres Unternehmen ist, von Halle zu Halle oder im Extremfall existieren sie von Schicht zu Schicht, weil halt unterschiedliche Menschen in den Schichten unterwegs sind und ich glaube, das ist bei allem, was wir so tun und lassen, egal ob da jetzt digital oder analog drüber steht, eine der großen Herausforderungen und da komme ich dann eben auf den vierten Quadranten, was die Spotanalyse angeht, nämlich die Risiken und vielleicht bringen wir an der Stelle wirklich den Faktor Mensch noch mal ins Spiel, weil ich glaube eben persönlich oder das ist auch meine Erfahrung einfach, dass dieser Faktor Mensch ein Stück weit die Unbekannte ist und aus Unbekannten im Grunde eben immer Risiken entstehen.

Marvin Müller: Ja, genau. Also wie du es gesagt hast, ich habe auch schon Teams erlebt, da waren die Unterschiede auch von montags auf dienstags schon sehr groß, weil dann eine Vertretung eingesprungen ist und allein durch die Moderation, obwohl alles andere genau gleich war, waren die Runden, hatten einen komplett anderen Charakter. Das heißt, das ist, natürlich passiert viel auch im digitalen Shopfloor Management natürlich vor dem Board. Das heißt, wie reagiere ich auf die Kennzahlen, wie reagiere ich auf Abweichungen, die von meinem Team genannt werden und bin ich da offen für die richtigen Problemlösungen? Das heißt, die Risiken und ein Risiko, das gerade noch vor ein paar Jahren noch viel, viel stärker diskutiert wurde, auch letztes Jahr auf einer IHK-Veranstaltung habe ich es noch vereinzelt gehört, schon viel weniger als noch vor ein paar Jahren, wo es dann darum ging, diese Identifikation mit den Kennzahlen, wenn ich sie selbst eintrage, wenn ich also genau weiß, wo sie herkommen, selber auch vielleicht den roten Strich machen musste, dass ich, dass mir das dann wichtiger erscheint, muss ich sagen, dieses Risiko haben wir jetzt nicht durch ein digitales System verstärkt gesehen. Das hat sich in der Praxis eigentlich nicht wirklich gezeigt. Wir bekommen von den Shopfloor-Teams dazu ganz, ganz wenig negatives Feedback, wo sie sagen, oder auch aus den OpEx-Bereichen, die das ja betreuen und auch die Effizienz oder die Effektivität von der Methode Shopfloor Management überwachen, wurde da mehr darüber spekuliert, als es tatsächlich dann eigentlich ist. Auch gerade in den Shopfloor-Bereichen haben wir ganz oft Leute, die nicht ihr Leben lang mit dem Computer gearbeitet haben und für die das neu ist, und da sieht man dann aber recht schnell nach einer Eingewöhnungsphase, die es auf jeden Fall gibt, da muss man vielleicht ein bisschen öfter dabei sein am Anfang, aber die sehen dann diese Vorteile noch viel, viel schneller oder noch viel mehr, weil sie das gar nicht so sehr erwartet haben, wie wenn ich jetzt aus meiner Generation, bei uns ist es dann eher so, da rufen mich dann Führungskräfte an, die sagen: “Ja, ich soll das Shopfloor Management einführen, da soll ich Papierzettel aufhängen, das mach ich nicht. Also das das fällt mir gar nicht ein.” Da merkt man dann schon auch einen Wechsel, dass einfach die Erwartung, dass so viele Leute so viel mehr mit IT-Systemen arbeiten und diese negativen Effekte da dann auch gar nicht mehr erwarten. Ansonsten haben wir natürlich technische Risiken, wenn die Serververbindungen IT-Security-Themen sind immer Sachen, mit denen man sich am Anfang beschäftigen muss. Wie kann man das System aufbauen, dass es den IT-Security-Risiken auch entspricht?

Götz Müller: Ja, jetzt kam da in deinen letzten Sätzen öfters mal dieses Anfangen, Einführen, und das bringt mich dann auch zu meiner nächsten Frage, mal ein Stück weit oder auch berücksichtigt oder auch nicht berücksichtigt, je nachdem … Habe ich schon etwas Analoges, das ich dann digitalisiere oder mach ich so von 0 auf 1 im Sinne von digital, also von 0 auf 100% digital, hatte ich vorher gar nix. Wie sieht ein typischer, wenn es das überhaupt geben kann, korrigiere mich gerne, wenn man von einem typischen Einführungsprozess reden kann, wie sieht der aus oder was kann eben auch untypisch sein?

Marvin Müller: Ja, also der typische Einführungsprozess geht erstmal … mit einer Selbstanalyse beginnt der, also ganz am Anfang muss ich erstmal meine Ziele festlegen, was möchte ich eigentlich erreichen, zum Beispiel möchte ich das digitale Shopfloor Management methodisch verbessern, möchte ich es eher standardisieren, möchte ich es grundsätzlich einführen? Also die Ziele können ja unterschiedlich sein. Damit gehe ich erstmal los und dann kommt eben die Selbstanalyse. Das heißt: Haben wir schon Shopfloor -Teams oder haben wir grundsätzliche Teams, die sich regelmäßig treffen, gibt es die Besprechungskaskade schon, gibt es innerhalb dieser Kaskade Kennzahlen, die sinnvoll aufeinander aufbauen, funktioniert darauf das Maßnahmenmanagement und geht es auch bis hin in die systematische Problemlösung? Und meistens sieht man dann, wenn man in diesen vier Bereichen so eine Selbstanalyse macht, dass es die Runden meistens gibt, die Kennzahlen okay sind, Maßnahmen da wird es schon langsam schlecht und hinten in der systematischen Problemlösung sind ganz, ganz wenig Unternehmen wirklich gut drin oder sie schätzen sich da selber auch als gut ein. Und auf Basis dieser Selbsteinschätzung sollte man entscheiden, welche Art von digitalem Shopfloor Management man eigentlich erreichen möchte oder einführen möchte. Es gibt da die Möglichkeit zu sagen: Wir machen Kennzahlen Dashboards. Da gibt es vielleicht schon welche, die könnte man verwenden oder man benutzt ein Maßnahmen-Tool, das gibt es vielleicht auch schon, das könnte man aus der IT ausrollen, das ist ja das Thema, man möchte Kosten irgendwie vermeiden, aber dadurch gehen einem natürlich dann auch einige Stärken und Chancen verloren, zum Beispiel auch die methodische Neuausstellung dadurch, wenn ich die Kennzahlen mit dem Abweichungsmanagement direkt auch inhaltlich verbinde, dass ich dann ein vollständiges, methodisch vollständiges digitales Shopfloor Management auch einführe.

Götz Müller: Ja, aus deinen Ausführungen und dem, was du am Anfang gesagt hast, höre ich eben auch raus, im Grunde soll mein, es ist halt einfach ein, einfachen in Anführungszeichen, ein Werkzeug, das ich einsetzen will und ich sollte ja jetzt nicht zu irgendeinem, ich glaube, das ist vom Shopfloor Management, vom digitalen Shopfloor Management mal ganz unabhängig, ich sollte ja nicht mit irgendeinem Werkzeug auf ein Problem losgehen, von dem ich vielleicht noch gar nicht wirklich verstanden habe, was dahinter steckt. Also so ein bisschen, auch wieder ein bisschen flapsig ausgedrückt, ich ziehe mich, muss mich quasi am eigenen Schopf aus dem, ja, Problem-Sumpf ziehen, was also einerseits nicht geht und andererseits sollte man aber eben die selbst postulierten Prinzipien – Problemlösungsprozess – ja auch bei der Einführung von einem Werkzeug, es soll ja ein Problem lösen und nicht neu schaffen berücksichtigen, richtig?

Marvin Müller: Ganz genau. Zum Beispiel, wenn man sieht, man hat eigentlich ein Defizit im Bereich systematische Problemlösung, in der Breite des Unternehmens, wie fast alle Unternehmen. Das haben auch die, die schon lange mit Shopfloor Management arbeiten, und ich sage dann, ich möchte, weil das sehr kostengünstig ist, und das spart mir Arbeit, ich möchte automatische Kennzahlen-Dashboards haben, dann verpasse ich natürlich das eigentliche Ziel der Einführung vom digitalem Shopfloor-Management, denn dazu führe ich dann natürlich, eher stärke ich den Fokus auf die Kennzahlen noch mehr und verliere damit vielleicht den Fokus auf die Problemlösung auch noch eher. Das heißt, dann führe ich eigentlich ein System ein, dass mir Arbeit spart, in dem, was ich eh schon tun kann, aber mich eigentlich gar nicht in dem weiterbringt, in dem ich eigentlich noch Potenzial hätte.

Götz Müller: Ja, und das bringt mich dann irgendwie auf, ich glaube, von Denning war der Satz, das geht dann auch so ein bisschen Richtung Einstein, mit meinen Worten frei ausgedrückte, der blödsinnigste Unsinn wäre eben, irgendwas zu digitalisieren, was es gar nicht wert ist, es überhaupt zu tun. Also nur Kennzahlen um der Kennzahlen willen eben zu digitalisieren und gar nicht realisiert zu haben, welches Problem möchte ich eigentlich mit meinen Kennzahlen und mit genau denen, die ich da erfasse, welches Problem möchte ich eigentlich lösen? Ganz genau.

Götz Müller: Gut, das bringt mich auch so ein bisschen eben, dieses überlegen, wie und was, vor allen Dingen das Was, das Wie ist dann ja ein anderes Thema, bringt mich auch ein bisschen zu dem Punkt, ja, wenn ich, und das hat jetzt wieder mit digitalem Shopfloor Management gar nichts zu tun, wenn ich über so etwas nachdenke, sollte ich über so einen gruseligen Begriff wie Lastenheft nachdenken und da beginnt dann auch in meiner Erfahrung ganz oft so ein Spiel, alle treten geschlossen einen Schritt zurück, weil sich da ein Stück weit gar keiner ran wagt. Weil das sind dann die, die hinterher die Ohren langgezogen kriegen, wenn irgendetwas nicht funktioniert hat. Jetzt glaube ich aber, trotzdem sollte man da im Sinne von Problemlösungsprozessen über so etwas nachdenken und auch eben solche Dinge wirklich verschriftlichen, denn das ist auch so eine Sache, die ich ganz oft erlebe, es wird über viel geredet, aber es wird ganz wenig aufgeschrieben und es wird ganz viel Chance auch wieder, in meiner Wahrnehmung verpasst durch dieses, ich schreibe mal etwas auf, da noch mal eine Form von ist ja schon unter dieser Überschrift macht eine Form von Reflektion stattfinden zu lassen. Also die Frage, die konkret dahintersteckt: Wem – flapsig ausgedrückt – wem sollte man das Lastenheft aufs Auge drücken, wer sollte mitwirken, wem sollte man es vielleicht nicht geben, um auch diesen Punkt zu beleuchten?

Marvin Müller: Also zentral sind da am Anfang natürlich irgendwie OpEx-Lean-Teams, die ja da meistens irgendwie der Product Owner der Methode sind und da darauf achten, dass die auch inhaltlich gestärkt wird. Und dann brauchen wir natürlich Leute aus dem Fachbereich, die damit arbeiten und spätestens nach den ersten paar Schritten, vielleicht nach der Selbstanalyse, im Prozess, brauchen wir auch da die IT, weil es gibt dann immer Sicherheitsthemen, die dann da auch oder auch die Schnittstellen, die man braucht, die dann auch für die IT relevant sind. Ich sehe aber tatsächlich, von den potenziellen Kunden oder Interessierten, die mit uns sprechen, ein verschriftlichtes Lastenheft, das aus mehr als vier Stichpunkten besteht, haben die wenigsten, unter 10% würde ich sagen, an Leuten haben das tatsächlich, ja, so intensiv verschriftlicht, auf einzelne Funktionalitäten heruntergebrochen, meistens auch, weil ihnen der Umfang der Methode und damit auch des Tools gar nicht so bewusst sind, auf was es dann am Ende alles ankommt. Wir selber haben zum Beispiel eine Vorlage dann auch erstellt an verschiedenen Inhalten, die wir dann den Interessierten rausgeben, dass sie sich selbst auch daran orientieren können, sind das die Anforderungen, die auch wir haben, um da auch schneller dann reinzukommen, weil das einfach dann auch sehr viel sein kann.

Götz Müller: Mhm, Mhm. Ja, also auch das ist in meiner Erfahrung keine ungewöhnliche Situation, hatte ich schon ein bisschen angedeutet, Lastenheft ist so irgendwie die Sache, wo sich keiner so recht ran traut, Klammer auf, ich kenne da aber durchaus Leute, die so etwas in ganz kurzer Zeit hinkriegen, ohne dass du wirklich selber da etwas von verstehen müssen, weil in meiner Wahrnehmung ein Lastenheft schreiben im Grunde auch einem Prozess folgt – Klammer, auf den man halt kennen muss, von dem man nicht nachts irgendwie träumt – aber auf was ich so ein bisschen raus will und du hast es auch angedeutet zu dem Zeitpunkt, wo du die IT ins Spiel gebracht hast, das ist nicht der erste Schritt, so nach dem Motto: “Ah, digital, da hab ich ja die IT, die macht das.” Ich persönlich glaube aber, korrigiere mich da gerne, das ist nicht unbedingt, um es mal vorsichtig auszudrücken, eine geeignete Vorgehensweise, wenn man halt, ja, Software, IT, da habe ich den, in Anführungszeichen, den Armen, der sich drum kümmern muss, der aber eben möglicherweise nicht ganz so dicht dran ist am Shopfloor Management.

Marvin Müller: Genau, also die IT kennt sich da, sowohl von den inhaltlichen Problemen auf dem Shopfloor als auch dann die die Methode Shopfloor Management, wie man mit denen umgeht und dann auch mit deren Digitalisierung, da kennt sich, das darf man auch nicht erwarten, dass da jemand dann inhaltlich aus der IT sich damit auskennt. Deswegen ist eigentlich der Weg immer, meistens der Owner der Methode, schaut sich um, was brauchen die Leute aus der Produktion, wie kann ich denen helfen, damit die in ihrer Arbeit einfacher arbeiten können, schauen sich dann nach möglichen Lösungen um und gehen von da aus dann in die Abstimmung mit der IT, welche Art von System eingeführt werden soll, natürlich auch dann in welchem Kostenrahmen das möglich ist. Und dann ist da der Austausch dann eigentlich besonders wichtig, dass zuerst aus der Methode gesagt wird, das sind die Funktionen, die wir vielleicht brauchen, aber dann später auch, wenn es dann schon in die Umsetzung geht, was sind genau die Kennzahlen, die wir brauchen, was sind die exakten Werte, die wir brauchen, gibt es diese schon, dann ist gut, wie könnten wir sie ansonsten erzeugen, auch da ganz wichtig, aus dieser Richtung zu kommen und nicht einfach die Zahlen zu nehmen, die es vielleicht schon gibt, wenn die nicht auf die wesentlichen Probleme in der Produktion hindeuten, dann bringt mich das eigentlich wieder, dann lenkt mich das auf die falschen Probleme, die ich löse. Deswegen sowohl von den Anforderungen funktional als auch später inhaltlich muss es eigentlich aus den Fachbereichen kommen, was brauche ich, um besser arbeiten zu können, was dann durch die IT im besten Fall bereitgestellt wird.

Götz Müller: Gut, ich möchte es insofern aber doch noch ein bisschen, also die IT nicht vom Haken lassen, aber eben auch die andere Seite, ja, zusammenbringen jetzt in unserem Gespräch, soweit es gelingen kann, in diesem kurzen Gespräch im Sinne von wie kann man eine ideale Welt, Schrägstrich Zusammenarbeit an dieser wichtigen Stelle zwischen Produktion und IT, was digitales Shopfloor Management, weil ich glaube, es knirscht da ganz oft, an ganz vielen Stellen und vielleicht kann man auch hier die Chance schlichtweg nutzen, mal mit etwas Neuem die Form der Zusammenarbeit auch noch mal auf eine neue Ebene stellen.

Marvin Müller: Ja, also die ideale Zusammenarbeit in solchen operativen oder sehr nah an dem Operativen habe ich tatsächlich auch in Japan beobachten dürfen. Ich war 2019 auf einer Reise bei Toyota, aber auch anderen japanischen Unternehmen, und die haben da dann schon angefangen, einzelne Mitarbeiter aus der IT mit runterzusetzen in die Planungsbüros, direkt in die Fachbereiche, nah an die Produktion heran, damit dort auch dann, ja, vor Ort die ganz konkreten Probleme gelöst werden können. Es gab natürlich immer noch eine zentrale IT, die grundsätzliche Architekturen geschaffen hat, aber dann eben Personen innerhalb der Fachbereiche, die dann an einzelnen Problemen ganz konkret gearbeitet haben, um die Produktionsteams dort vor Ort zu unterstützen, das wäre natürlich die wünschenswerte Art der Zusammenarbeit. Wir sehen aber in den allermeisten Unternehmen, dass da, dass wir da weit davon weg sind, meistens gibt es eine IT, die nur über Tickets ansprechbar ist, die dann eben, ja, in mehrwöchigen Zyklen dann neu eingeplant werden, wo dann eigentlich die Kapazität in den IT-Abteilungen das gar nicht hergeben würde, diesem Ideal näher zu kommen.

Götz Müller: Aber ich glaube, es ist trotzdem, also mir kam da jetzt sofort eben der Begriff des Obeas in den Sinn, der sich ja durchaus an vielen anderen Stellen auch bewährt hat und ein ganz wichtiges Prinzip, was du mit Sicherheit im Hinterkopf hattest, jetzt hier eben nicht genannt hast beziehungsweise im Grunde ist das unser gesamtes Thema, nämlich das Shopfloor Management, also sprich dieses “Gehe vor Ort, dort wo die Musik spielt”, und die ist halt nun mal auf dem Shopfloor, was die Produktion angeht und dann macht es ja aus unserer Sicht zumindest, glaube ich, da nehme ich dich einfach mal mit hier ins sprichwörtliche Boot, macht's ja nur durch Sinn, auch als IT-ler wirklich dorthin zu gehen, wo meine Nutzer sind und speziell, wenn ich so etwas wie irgendein neues System und digitales Shopfloor Management steht jetzt halt nur mal exemplarisch an der Stelle vielleicht sogar nur, dass ich halt da dieses uralte und sehr, sehr bewährte Prinzip dieses “Gehe vor Ort und schau dir die Probleme dort an”, dass ich das auch als Chance wiederum nutze.

Marvin Müller: Absolut. Man muss aber leider sagen, dass die meisten IT-Abteilungen dann, das würde ja sagen, die gehen vor Ort schauen sich an, was sie dort umsetzen könnten, um dann ein eigenes digitales Shopfloor Management aufzubauen. Das passiert auch, das passiert gerade in kleineren Unternehmen, da passiert das häufiger. Je größer die Unternehmen werden, desto zentraler wird die IT, desto weiter ist sie weg von den eigentlichen Prozessen oder vom Shopfloor selbst und desto häufiger werden dann, ja, Softwareanbieter mit dazu gezogen, die eben in dieser Rolle sich schon auskennen, weil sie eben diese Probleme auf dem Shopfloor kennen, die Probleme im Shopfloor Management schon kennen und da dann diese Brücke dann auch eben bilden können, weil die methodisch-inhaltlichen Anforderungen hat dann eben durch den Anbieter schon verstanden werden und bekannt sind und die eigene IT sich da eben nicht einarbeiten muss, was sie auch kaum schafft. Also es gibt dann wieder die ganz großen Konzerne, die versuchen das dann wieder selbst, ihre eigenen digitalen Shopfloor-Management-Systeme aufzubauen, aber da kenne ich auch schon Firmen, die da schon seit sechs Jahren dann dran sind, die Anforderungen zusammenzutragen aus all ihren Standorten und Bereichen und sich da einfach unheimlich schwer tun, diesem Anspruch ja dann auch dann vor Ort zu gehen und dann eine Lösung für die ganze Führungsorganisation zu liefern, was dann in den größeren Unternehmen einfach extrem schwierig ist und dann einfach kapazitiv dann nicht zu schaffen.

Götz Müller: Ja, aber interessant fand ich jetzt den Gedanken, weil das erlebe ich an anderen Stellen oft eben gerade umgekehrt, dass so Aussagen im Raum stehen “Ja bei einem Großunternehmen, da kann man solche Sachen”, was auch immer solche Sachen bedeutet, “da kann man solche Sachen ja machen, aber wir sind da ja viel zu klein dazu” und das fand ich jetzt spannend, dass du aber gerade im Grunde das, zumindest an der Stelle genau das Gegenteil beschrieben hast, dass sich manchmal kleine Unternehmen vielleicht auch so ein bisschen Ärmel hochkrempeln, Hands-on-Mentalität verbreiteter ist, dass sich die da spannenderweise leichter tun wie die, wo man sonst vielleicht naiv meint, bei den ganz Großen müsste es noch viel leichter sein. Das fand ich jetzt eine spannende Aussage, wo man auf viele andere Dinge ja auch übertragen kann und dass sich wieder etwas ergeben hat in unserem Gespräch, was ich immer wieder erlebe, dass eine Art von Transfer auf ganz andere Probleme stattfinden kann, weil ich da etwas höre: “Ach guck mal, das ist ja so, das ist gar nicht so, wie es vielleicht, in Anführungszeichen, bei uns behaupten.”

Marvin Müller: Ja, in den kleineren Unternehmen, da sind die Entscheidungswege einfach viel, viel kürzer und einfacher und gerade beim digitalen Shopfloor Management, das betrifft die ganze Führung und wenn sich da die ganze Führung abspricht, verschiedene Standorte sich absprechen, welches System es werden soll, dann ist das einfach sehr viel langwieriger und wenn ich an einzelnen Standorten, ich spreche jetzt vielleicht so von 250 bis 1000 Mitarbeiter, da sind die Entscheidungswege kürzer und dann geht so ein Projekt sehr, sehr viel schneller, auch weil auch dann die Wege zu den richtigen Entscheidungs … Bei uns in einem Projekt in einem Großkonzern, da ist jedes Mal, wenn wir ein neues IT-System anbinden wollen, dann dauert das ungefähr vier Wochen bis die Kollegen wissen, wen sie uns als Ansprechpartner geben können, der dieses System betreut. Da sind dann einfach die Wege einfach weiter.

Götz Müller: Ja, und man könnten natürlich ein bisschen gehässig sagen, vielleicht hat die IT da auch noch das Potenzial, in sich selbst und gegenüber den anderen, sie sind an der Stelle ja im Grunde auch so eine Art von Zulieferer, von Wissen, von Verfahren, von Fähigkeiten über so etwas wie Transparenz nachzudenken, aber das wäre wahrscheinlich ein eigenes Thema für eine eigene Episode.

Marvin Müller: Da können wir gerne ein anders Mal drüber sprechen.

Götz Müller: Gut, jetzt so bisschen zum Abschluss mit Blick auf die Uhr, wir sind so irgendwo bei einer halben Stunde schon. Was sind denn Gelegenheiten, wenn jetzt einer sagt “Ah, das hört sich interessant an, da habe ich mich an der ein oder anderen Aussage selber wiedergefunden, vielleicht sogar an die eigene Nase gefasst.”, was sind denn Möglichkeiten, wenn da jemand ein bisschen tiefer einsteigen will in das Thema?

Marvin Müller: Ja, also zum einen haben wir gerade unser Wissen, sowohl noch aus meiner Zeit am Institut, auch da habe ich dann noch eher in der Technik geforscht zum Thema Natural Language Processing im digitalen Shopfloor Management, aber das gesamte Wissen aus der Institutszeit als auch jetzt mit der Praxiserfahrung beim SFM Systems haben wir ein Buch zusammengeschrieben, das heißt Digitales Shopfloor Management, Hanser Verlag, wo wir all diese Themen, das heißt detailliert beschrieben haben, von der, wo wir anfangs gesprochen haben, auch über die Einführungsmethode, welche alternative Entscheidungen gibt es, welche Auswirkungen haben diese verschiedenen Entscheidungen mit zahlreichen Praxisbeispielen. Und dann eben am Ende auch die Ausblicke in Richtung Datenanalysen, die auch jetzt schon ermöglicht sind und erprobt sind. Ansonsten gerne bei der Lean around the Clock, auch dort werden wir einen größeren Stand haben, bei dem man uns direkt ansprechen kann und ansonsten sind wir auf sfmsystems.de, kann man auch direkt Kennenlerngespräche mit uns vereinbaren und dann eben, egal in welchem Stand man gerade ist und sich für das Thema digitale Shopfloor Management interessiert, helfen wir da immer gerne den Einstieg zu finden in dieses Thema.

Götz Müller: Ja, das war jetzt ein schöner Abschluss, ein schöner, ja, Rundumschlag, nennen wir es mal so an Informationen, die werde ich natürlich in die Notizen zur Episode reinnehmen. Mir ging dann sofort mein LeanBookClub durch den Kopf, wo ich dachte, ah, da habe ich dann vielleicht für die nächste oder übernächste monatliche Session dann schon etwas, wo ich selber etwas Neues gelesen habe und vielleicht da auch eine Chance habe, das damit erworbene Wissen zu teilen und damit zu mehren. Marvin, ich danke dir deshalb für deine Zeit, für die spannenden Einblicke.

Marvin Müller: Vielen Dank dir.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Marvin Müller zum Thema Einführungsprozess für Digitales Shopfloor-Management. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 333.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei Apple Podcasts. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.