Kaizen 2 go 332 : Innovationskunst


 

Inhalt der Episode:

  • Was war der Impuls, dass Du Dich mit Innovationen beschäftigt hast?
  • Wie ist der Begriff Innovationskunst entstanden? Was bedeutet er für Dich?
  • Aus welchen Elementen besteht Innovationskunst?
  • Wie sieht der Prozess aus, Innovationskunst praktisch umzusetzen?
  • Was können/sollten Auslöser sein, dass sich Unternehmen/Organisationen mit Innovationskunst beschäftigen?
  • Was muss eine Organisation mitbringen, damit Innovationskunst funktioniert? Welche Voraussetzungen sind dazu notwendig?
  • Wie sieht der Einstieg aus, wenn Unternehmen/Organisationen prüfen wollen, ob Innovationen ihnen (und ihren Kunden) einen Mehrwert bieten?
  • Wo kann man mehr über Innovationskunst erfahren?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 332 : Innovationskunst

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Judith Rommel bei mir im Podcast-Gespräch. Sie hat mir zur Vorstellung ein paar interessante Begriffe gesagt, naturwissenschaftliches Multitalent, finde ich spannend, Judith. Hallo, schön, dass du dabei bist.

Judith Rommel: Hallo zusammen, freut mich auch. Danke für die Einladung, Götz.

Götz Müller: Ja, stell dich aber gern noch mal in zwei, drei Sätzen vor. Vielleicht magst du auch auf das naturwissenschaftliche Multitalent eingehen.

Judith Rommel: Sehr gerne, ja. Also das naturwissenschaftliche Multitalent, ich nenne den Begriff immer, weil ich habe Biologie und Mathematik studiert, dann in Chemieinformatik promoviert und so das, was mich ganz tief ausmacht, ist so eine lebendige Entdeckerfreude, also die habe ich schon immer. Das haben schon, ganz viele Menschen, als ich ganz klein war, haben das schon so entdeckt und jetzt, je mehr ich dem folge, umso krasser wird mein Leben irgendwie. Also war lange Zeit in der Wissenschaft und in der Forschung tätig, unter anderem auch in Cambridge, in England oder auch in Stanford, in den USA, habe viel mit Materialwissenschaft gemacht und jetzt ist es so, dass ich merke, dass diese Art, dieses Innovativsein und diesen Forscherdrang, den ich ja auch habe, dass das etwas ist, was ich anderen auch geben kann und was ich auch total gern mache. Also nichts Schöneres als wenn ich eine Gruppe von Leuten vor mir habe, die zusammen ihre Ideen groß werden lassen und wo das dann so richtig sprudelt und das fühlt sich für mich dann an wie Mathe machen.

Götz Müller: Gut, das wird jetzt vielleicht nicht jeder, blöder Spruch von mir, was Mathematik angeht, nicht jeder nachvollziehen können, aber ich finde es einen interessanten Impuls.

Judith Rommel: Ja, ja, natürlich. Das muss auch nicht jeder nachvollziehen können. Wobei Mathematik für mich an sich, das ist ja schon auch das, wie ich überhaupt zu dem Überbegriff kam, über den wir heute reden, Innovationskunst. Ich kam von dem Thema Denkkunst, also weil Mathematik halt für mich halt mit dem Denken zu tun, und das ist auch, das griechische Wort an sich bedeutet ja, das die Kunst des Denkens, so haben es die Griechen formuliert, und das tun wir eigentlich auch. Also es ist nicht irgendwie Kochrezepte auswendig lernen, sondern wirklich Dinge sich zu überlegen und zu gucken, was weiß ich, mit welchen Konzepten kann ich etwas tun, und das lässt sich natürlich auch super in den Business-Kontext übertragen.

Götz Müller: Gut. Ich würde jetzt ganz gern noch mal einen kurzen Schritt zurückgehen, obwohl du, ich vermute mal einen Teil der Antwort schon gegeben hast, was war für dich der Impuls, dich überhaupt mit dem Thema Innovation, vermutlich auch eben in der Intensität, wie es heute diskutieren werden, zu beschäftigen?

Judith Rommel: Ja. Innovation heißt für mich, dass sich etwas erneuert, dass sich etwas verbessert, dass sich, also innovare aus dem Lateinischen heißt eben, dass sich etwas Neues entwickelt, etwas Neues entsteht und eben, weil ich so neugierig bin und in der Forschung eben auch ständig Neues, es geht darum, etwas Neues zu generieren und es sind immer auch kreative Prozesse mit dran und dann bin ich eben so auf das Thema Innovationskunst gekommen, weil ich das verbinden wollte. Also ich habe mich mit Innovation eigentlich schon immer beschäftigt, weil Forschung ist eine Art von Innovation.

Götz Müller: Gut, und jetzt eben diese Dualität, mit der Kunst, wo ich jetzt persönlich, mein erster Gedanke war Kunst, es ist immer ein Stück weit ja etwas Neues und wahrscheinlich auch Einmaliges, sonst wäre es ja keine Kunst mehr, sonst wäre es vielleicht einfach nur eine Art von Handwerk und da dann aber noch mal die Frage rein: Was bedeutet das für dich, Kopplung zwischen Innovation und eben Kunst?

Judith Rommel: Kunst heißt für mich, dass wir etwas Schöpferisches gestalten, in unterschiedlicher Form, mit unterschiedlichen Methoden oder Materialien oder auch Denkweisen, wie jetzt in der Mathematik, aber jetzt mal angenommen. Wir hätten ein Bild, würden ein Bild malen, dann braucht man vielleicht einen Pinsel und Farben und irgendwas, wo wir das dann draufgeben und dann entsteht Kunst. Aber genauso ist es so mit Klängen, wir nehmen Instrumente oder unsere Stimme und lassen Töne zu Klangfarben zusammenschmelzen, die uns dann gute Gefühle geben oder auch nicht so gute Gefühle, je nachdem, wie es sich anhört, aber jedenfalls ist es immer etwas, was aus der Kreativität unseres menschlichen Geistes entsteht, etwas, wo nachher auch uns ganz im Tiefsten berühren kann und wo wir uns ausdrücken und die Frage, also Innovation an sich, denke ich, baut darauf auf, dass wir Menschen haben, die etwas tun. Also die Menschen sind immer das Herzstück von dem, was Innovationen ausmacht, weil ohne, dass Menschen Ideen haben und dann anfangen, die umzusetzen, gibt es ja auch nichts Neues.

Götz Müller: Ja. Selbst wenn wir dann über so etwas Aktuelles wie generative künstliche Intelligenz nachdenken, ist der Ursprung dann eben trotzdem der Mensch selbst, also auch wenn wir über etwas Bildgebendes nachdenken, weil er sich halt viele Bilder reingezogen hat.

Judith Rommel: Genau. Und weil Menschen sich gedacht haben: Na, das wäre doch toll, wenn wir es uns da leichter machen könnten, einen Prozess beschleunigen könnten, eine Methodik nutzen können, die jetzt gerade schon, die wir zusammen entwickelt haben, wo ganz viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen dran gearbeitet haben. Und also alles, was wir an moderner Technik haben, ist irgendwie auch einen Gedanken zurückzuführen, den irgendwelche Menschen gedacht haben.

Götz Müller: Gut, und jetzt würde ich ganz gern noch mal den Begriff Innovationskunst hernehmen, um das so auszudrücken und in der Vorbereitung hatten wir ja schon einen Austausch und da hattest du Elemente genannt und ein Stück weit hattest du es auch gerade beim Bildgebenden genannt, eine Leinwand, ein Pinsel, Farbe, was sind jetzt, wenn wir uns auf die Innovationskunst konzentrieren, was sind da die entscheidenden Elemente über den Menschen hinaus?

Judith Rommel: Mhm, also wir brauchen auf jeden Fall den Canvas, wo wir auf oder die Leinwand, auf die wir zeichnen. Das sind für mich so das Unternehmen an sich oder die Organisationen, in denen Menschen drin sind, mit den Räumen, die da schon dazu gehören. Also ein Aspekt, von dem wie Innovationskunst aufgebaut ist, sind einmal die Menschen, die in Denkräumen sind und die Menschen, das sind die Farben. Und jetzt die Frage, wie mischen sich die Farben zusammen? Malen wir mit einem dicken Pinsel oder mit einem dünnen Pinsel und oder nehmen wir gar einen Schwamm oder nehmen wir vielleicht doch lieber die Finger? Das sind die Methoden, mit denen dann dieses Kunstwerk entstehen kann und letztendlich das fertige Kunstwerk ist das Ergebnis. Das heißt, die vier Komponenten, die ich dir genannt hab, sind einmal Menschen, Denkräume, Methoden und Ergebnisse und Innovationskünstler werden Menschen, die in diesen Denkräumen eben richtig gute Ergebnisse liefern, und die beziehen wir auf die KPI, also die Key Performance Indikatoren von Unternehmen und das kann halt sein, dass man einen Geschäftsprozess verbessert oder ein neues Produkt entstehen lässt oder effizientere Arbeitsmethoden hat oder eben sich eine innovativere Marketingstrategie überlegt. Also als Methodik lässt es sich auf ganz unterschiedliche Bereiche anwenden.

Götz Müller: Mhm, ja und jetzt glaube ich, wenn man jetzt noch mal das Bild des Malers zum Beispiel eben, Farbe, Leinwand, vor das geistige Auge holt, dann vermute ich mal, folgt der vielleicht nicht bewusst, aber auch irgendeiner Art von Prozess. Am Anfang hat er halt eine weiße Leinwand oder zumindest eine nicht gestaltete Leinwand und vielleicht steht er dann vor dem Horror, was mache ich jetzt da drauf, aber dann muss er irgendeine Idee haben und ich vermute mal, bis er dann irgendwann entscheidet, jetzt ist es fertig, durchläuft er halt auch da einen gewissen Prozess in, ja, vielleicht einzelnen Phasen, die eben mehr oder weniger bewusst sind und ich könnte mir vorstellen, dass das auch ähnlich für die Innovationskunst gilt, oder?

Judith Rommel: Genau. Und da kommt aber dieses Thema Denken und der forschende Aspekt mehr mit rein, weil wir nehmen dann einen Prozess, der mehr zur Wissenschaft passt. Also dieses den Ist-Zustand analysieren, eine Hypothese bilden, dann sich überlegen, was braucht es, um zu testen, ob die Hypothese stimmt oder nicht und dann auch das Ganze planen, ein Experiment, in Anführungszeichen, durchführen und regelmäßig auch zu überprüfen, ob das dann stimmt und am Schluss einen Abschlussbericht machen. Und das durchlaufen wir in großen und in kleinen Schleifen. Also so die Mischung, deswegen ist der Aspekt Denkraum auch so wichtig und das, was ich vorhin mit Mathematik meinte, weil es wirklich eine Brücke ist zwischen dem, was wir so als Künstler machen würden, dass es sich gut anfühlt und diesen fühlenden Aspekt vom Menschen mitnehmen, aber gleichzeitig auch den eher technisch-naturwissenschaftlichen Ansatz oder generell den forschenden Ansatz, zu gucken, okay, wie kann man so etwas auch messbar machen. Also die Frage: Wie können wir messen, ob es Menschen gut geht in ihrer Arbeitsumgebung und was brauchen die denn für Denkräume, damit sie sich miteinander austauschen können, sie neue Zusammenhänge erkennen oder auch auf ungewöhnliche Weisen das vorhandene vernetzen können? Und dann genauso welche Methoden sind denn jetzt sinnvoll? Und dann gibt es immer unterschiedliche Möglichkeiten, auch da wissenschaftlich basiert, wie wir das alles messen können. Also alle vier, in allen vier Aspekten arbeiten wir so, dass wir da das wissenschaftliche auf jeden Fall fundiert mit reinbringen.

Götz Müller: Kann man es jetzt in irgendeiner Form so ausdrücken, wenn wir jetzt wieder auf den Begriff Innovationskunst, den ins Zentrum stellen und sicher beschäftigen sich, hoffentlich, viele, alle Unternehmen in irgendeiner Form mit Innovationen. Wann würdest du sagen, ja, wie soll man es ausdrücken, wann zündet, wann würde dieser Begriff Innovationskunst in einem Unternehmen, in einer Organisation zünden, dass sie sagen „Ja, das ist jetzt genau das, was ich will“, weil ich glaube ja, wenn ich wieder auf das Thema Maler-Metapher zurückkomme, und dann ist wahrscheinlich nicht so, dass es vielleicht so wie bei einem Van Gogh abläuft, wo erst, wenn schon Jahrzehnte, Jahrhunderte vergangen sind, erst dann es wirklich zum Ergebnis, zum Erfolg führt, dass Menschen ein Heidengeld für das bezahlen wollen, was da auf der Leinwand ist. Ich glaube, da sind die Unternehmen vermutlich ein bisschen ungeduldiger, was das Ergebnis angeht.

Judith Rommel: Mhm, genau. Also, auf jeden Fall. Zu den Ergebnissen zählt ja auch, wenn man so ein KPI anschaut, da zählt auf jeden Fall auch dazu, dass der Umsatz hochgeht oder dass man mehr verkauft hat von einem bestimmten Produkt. Also, das, wann es zünden kann, ist wenn Menschen merken, dass sie eine Herausforderung haben im Unternehmen, die sie jetzt schon mehrmals versucht haben zu lösen, die aber noch nicht so ganz klappt. Also zum Beispiel, dass sie einen hohen Krankenstand haben, den sie verringern möchten, oder sie sagen, okay, ich hätte gerne eine Taktik, um Mitarbeiter langfristig zu halten oder wenn man zum Thema, weil du es vorher sagtest, es kommt neue Technologie, wir verwenden in Zukunft sicherlich immer mehr auch die künstliche Intelligenz. Wie kann man denn jetzt diese Art künstliche Intelligenz so mit ins Unternehmen einbauen, dass es auch die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen abdeckt? Oder wenn, also wenn es darum geht, Probleme zu lösen, die mit den Menschen zu tun haben, wo es sinnvoll ist, zu schauen, was haben denn jetzt die Mitarbeiter für Ideen? Weil die Mitarbeiter selber, die kennen das Unternehmen ja am besten und die wissen ja auch ganz oft Lösungen und haben Ideen für die internen Prozesse und deswegen, wann man die dann einsetzt, die Innovationskunst, um Mitarbeiter zu Innovationskünstlern zu machen, eben genau dann, wenn es diese Sachen gibt, wo es halt ein bisschen so knarzt und knirscht und wo es auch wichtig ist, dass man einen sicheren Raum aufmacht, dass Menschen sich auch trauen, über ihre Ideen zu sprechen. Also ganz oft ist es so, dass Menschen eben das nicht erlebt haben, in der Schule und auch in der Uni oder auch mit früheren Arbeitgebern, die trauen sich gar nicht richtig, ihre Meinung zu sagen.

Götz Müller: Eine Idee zu spinnen.

Judith Rommel: Ja, und unser Angebot fängt dann so an, dass wir das im Eins-zu-Eins machen, also wirklich in einem, den Menschen, einen einzelnen Menschen, ein Team mit fünf Leuten zum Beispiel, zu sagen, wir arbeiten jetzt mit jedem Einzelnen einzeln und schaffen einen sicheren Raum und hören dem erstmal zu und dadurch lernen sich die Menschen besser kennen und sie bekommen eben den Mut und auch die Stärke, über ihre Ideen zu sprechen. Wir haben da einige Leute im Team, die auch systemisch arbeiten, also die da diese andere Seite von wie funktionierenden Menschen miteinander, was brauchen die und wie kann man das denn jetzt so, wie kann man den Menschen so mitnehmen, dass der anders dann im Team agieren kann, weil er eben besser sich ausdrücken kann und vielleicht auch erstmal erkennen kann, huch, da habe ich ja Ideen und bis jetzt, also das ist halt so wie, vielleicht bei einem Kind, das ein Bild malt und wenn es ständig hört, ja, das sieht schlecht aus und das gefällt niemandem, dann lässt man es irgendwann sein. Also, meine Erfahrung, dass wenn immer negatives Feedback kommt, dass dann die Leute einfach aufhören, es zu machen und das Vertrauen in sich verlieren. Ich glaube, das war eine lange Antwort auf deine Frage.

Götz Müller: Völlig in Ordnung. Ich glaube an der Stelle und das möchte ich noch mal ein bisschen hinterfragen im Sinne, du hast jetzt sehr viel über Menschen gesprochen, natürlich bilden Menschen auch die Organisation, trotzdem könnte man ihr ja ein gewisses Eigenleben vielleicht zuschreiben und auch in deinen letzten Sätzen habe ich eben rausgehört. Es ist uns ja manchmal der künstlerische Aspekt abtrainiert worden, im Sinne von, dass wir halt vielleicht als Kind, als Jugendliche, das Feedback bekommen haben „Das ist jetzt aber nichts Besonderes, dieses Strichmännchen“, jetzt muss ich das aber vielleicht ja wieder heraus-, ja, vielleicht herausfordern und ich weiß es nicht, korrigiere mich da gerne, wenn ich jetzt jemand sage „Hey, du musst jetzt künstlerisch unterwegs sein“, dann hat der vielleicht genau dieses Bild seiner frühen Strichmännchen vor Augen und sagt: Ich krieg doch nicht mal einen geraden Strich hin, wie soll ich jetzt künstlerisch unterwegs sein? Also die Frage, die hinter meiner langen Frage steckt, ist: Was muss eine Organisation vielleicht auch mitbringen, damit dieses Innovationskunstwerk mit den Menschen dort funktioniert?

Judith Rommel: Genau. Wichtige Frage. Also deswegen fangen wir bei den einzelnen Menschen an und hören denen erstmal zu und schauen uns auch aus den Gesprächen, also auch da wieder, wollen wir wissenschaftlich machen, das heißt, wir arbeiten mit Umfragen, mit Interviews, die aus wissenschaftlichen Methodiken herauskommen und aus dem kann sich dann herauskristallisieren, was die individuelle Organisation oder erstmal auch das Team braucht. Also wir arbeiten so in Stufen, vom Individuum, vom Team und dann das Team, strategisch oder viele Teams, viele einzelne Teams, dass die dann auch in die Strategie mit rein Feedback geben können und die Organisation an sich selber dann auch davon lernen kann. Also ich glaube, ein wichtiger Aspekt ist die Offenheit zu lernen und sich auch zu trauen, dass die Organisation sich immer wieder erneuert und letztendlich ist das für mich der Kern auch vom Unternehmertum, also die Prozesse immer wieder zu optimieren und zu schauen, was kann ich denn jetzt da noch besser machen. Damit verdienen wir doch das meiste Geld unternehmerisch.

Götz Müller: Weil es gibt halt eben, höre ich da zumindest raus, eben auch eine, nennen wir es mal latente Unzufriedenheit mit dem Status quo, muss einfach da sein.

Judith Rommel: Genau.

Götz Müller: Wenn ich jetzt nur sprichwörtlich in der Sonne liege und vielleicht eine tolle Landschaft vor mir sehe, aber nicht das Bedürfnis habe, das, vielleicht künstlerisch festzuhalten, ja, dann wird halt auch nichts passieren, dann geht die Sonne unter und am nächsten Tag wieder auf, aber auf einer künstlerischen Ebene wird da nichts passieren.

Judith Rommel: Ja, dann habe ich aber auch kein Ergebnis. Also dann bin ich halt vielleicht irgendwann weg, weil dann kann ich auch nichts ausliefern mehr. Dann gibt es niemanden mehr, der irgendwas macht. Also wenn ich nichts mache, dann passiert auch nichts. Also ich glaube, es gibt in unserer Welt genügend Beispiele, wo wir durchaus drauf hinsteuern, dass es das demnächst alles irgendwie nicht mehr gibt.

Götz Müller: Ja, da gebe ich dir, gebe ich dir definitiv recht. Jetzt haben wir gesprochen über, ja, die Voraussetzungen ein Stück weit, die halt eine Organisation mitbringen muss. Ich habe da Begriffe rausgehört wie eine, ja, auch wenn es vielleicht ein bisschen abgedroschen klingt, wie eine Art von Fehlerkultur, dass ich halt bereit sein muss auf beiden Seiten, Fehler zu machen, mich zu irren, also Fehler machen, heißt ja vielleicht, ich weiß vorher schon, was richtig wäre, mich zu irren, da weiß ich das vorher nicht. Das ist auch Kontext von Wissenschaft das zentrale Element. Ich mache da immer diesen Vergleich des Chemikers, der vielleicht an seinem Labortisch steht und da zwei Flüssigkeiten zusammenschüttet, wenn er vorher schon weiß, was da hinterher passiert, dann schafft er kein neues Wissen in meinem Verständnis.

Judith Rommel: Ja, stimmt. Also das ist für mich auch etwas, was ich gelernt habe, dass man eben so lange dranbleibt an dem Ganzen, bis es halt dann doch irgendwann funktioniert und dieses Ausprobieren und Draufloslaufen und sich überlegen okay, was ist denn jetzt der beste Fall, wo es wahrscheinlich klappen kann und wenn der nicht klappt, dann probiere ich vielleicht das und das noch aus und sich so langsam rantasten, also immer wieder auch Daten sammeln und gucken, okay, das weiß ich schon, das heißt in die Richtung geht es wahrscheinlich leichter oder ist der Erfolg eher garantiert als in die andere Richtung und in unserer Herangehensweise, wie wir arbeiten ist es auch wirklich in jedem Schritt, in jeder Phase unseres Angebots mit drin, dass es immer auch darum geht, zu gucken, okay, jetzt sammeln wir etwas, aber das kann man natürlich dann ja auch wieder überprüfen. Ist es jetzt wirklich so, stimmt die Hypothese, die wir aus den Daten im ersten Abschnitt generieren und dann zu sagen, okay, es lohnt sich wirklich, das in eine Strategie mit einzubauen oder es ist superwichtig, das zu tun. Und ein Aspekt, das fällt mir gerade noch ein, was eine Organisation auch haben darf, ist eben die Offenheit für vielfaltige Art und Weisen, wie Menschen denken, weil ich denke, dass wenn unterschiedliche Menschen zusammenkommen, die, also gerade Stichwort Neurodiversität, mit dem beschäftige ich mich auch sehr seit ein paar Jahren, habe dazu auch einen Verein gegründet, den BZND, Zentrum für Neurodiversität e.V. und wenn ich mir überlege, es gibt Menschen, die sind halt hochbegabt und bei denen geht ganz vieles eben schneller im Kopf und die können dann Sachen ausdrücken, aber dann ist es schwierig, die anderen mitzunehmen. Also da sind wir halt dann wieder beim Individuum. Wenn wir eine Organisation haben, die offen ist für diese Art von Vielfalt und ein Rahmen schaffen möchten, dass es den Menschen allen gut geht, dass sie sich wirklich einbringen können mit ihren Talenten und Fähigkeiten und das auch optimal fordern möchte, auch dann sind es die Organisationen, die, denke ich, so etwas auf jeden Fall auch brauchen, Innovationskunst, die sind bereit für Innovationskunst.

Götz Müller: Ja, und ich glaube aber umgekehrt aus dem letzten Satz habe ich rausgehört, das ist dann aber auch die Chance, sagen wir mal auf einer Metaebene schon Voraussetzungen zu gestalten, nämlich dass ich halt nicht nur Menschen einstelle, wenn wir jetzt mal diesen, wie kommen Menschen in eine Organisation, dieses Element nehmen, dass ich halt nicht nur Menschen einstelle, die auf die gleiche Art und Weise denken, dass ich mich vielleicht auf diese, ja, das kann auch anstrengend sein, da nehme ich mal mich selber und es fällt mir da jemand anders ein, der findet mich manchmal anstrengend, vielleicht auch umgekehrt, aber ich glaube, es ist eine wichtige Voraussetzung, so etwas eben auch zu gestalten … in Anführungszeichen, vermeintlich oder sogar real, relativ einfach ist. Ich muss halt einfach bloß zwei schräge Vögel in einen Raum stecken, ein bisschen flapsig ausgedrückt.

Judith Rommel: Ja, genau. Oder eben zwei Leute aus unterschiedlicher kultureller Prägung und dann wird es auch spannend, was passiert. Ich hatte, ich war ja lange in England und habe dort mit Asiaten gewohnt und wir hatten keinen Putzplan und es war trotzdem sauber. Am Anfang war das für mich sowas von unbequem, weil ich das, das war total komisch zu denken, hey, jetzt haben wir das ja überhaupt nicht geplant und strukturiert, also wer weiß denn dann, wer weiß dann denn, wann wer dran ist, und macht dann überhaupt jemand was, und letztendlich wollten alle einen sauberen Ort haben, um zu wohnen. Und dann hat eben jeder einen Bereich sich genommen und gesagt, ja, darum kümmere ich mich und jeder hat sich eingebracht und das auch tun wollen. Also so als was gebe ich denn jetzt an das große Ganze, als Individuum bin ich Teil von einer Gruppe und gebe einfach etwas in die Gruppe rein und es war gar nicht so wichtig, macht jetzt jeder gleich viel, weil jeder gab halt das, was er konnte oder was er geben wollte. Und das war dann für mich eine echt spannende Lernerfahrung, zu merken, das muss gar nicht immer so ganz genau durchstrukturiert sein.

Götz Müller: Ja, aber ich glaube, du hast eine wichtige Eigenschaft genannt von Menschen. Sie müssen halt bereit sein, etwas von sich zu geben, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick oder in der ersten Reaktion nicht nur 100% Zustimmung verursacht. Wenn ich aber halt nicht bereit bin etwas zu geben, ohne vielleicht das Ergebnis schon zu kennen, dann wird es schwierig, oder?

Judith Rommel: Ja, also es heißt ja letztendlich, dass wir in Beziehung treten können miteinander, und das ist so auch der Kerngedanke hinter den Denkräumen, dass wir eben Räume haben, egal ob virtuell oder physisch, in denen wir miteinander gut in Beziehung treten können und Austausch haben und wo wir dann auch zusammen leicht etwas umsetzen können als Menschen. Und das ist so ein bisschen, ich glaube, wir sind es oft gar nicht gewohnt, dieses in Beziehung treten, weil wir aus einem System auch rauswachsen, ich denke mal jetzt an Schule und auch Uni, wir sind oft mehr miteinander im Wettbewerb als miteinander in Beziehung.

Götz Müller: Ja, das finde ich ein sehr wichtigen Impuls und gerade, wenn man so aktuell bestimmte Dinge beobachtet, habe ich ein Stück weit, ich drücke das mal ein bisschen vorsichtig aus, die Sorge, dass wir da viele Chancen verschenken.

Judith Rommel: Du meinst doch diesen zu starken Wettbewerb, ich glaube, ohne Wettbewerb geht es nicht und es braucht auch einen Wettbewerb und trotzdem ist es ja … Was macht uns Menschen aus? Also ein Kerngedanke, wie ich zu diesem Ding auch kam, das Innovationskunst zu nennen war so ein, okay, es sind ja nicht nur Beziehungen mit Technik, weil am Anfang war ich so Mensch-Technik-Beziehungen und wie schlagen wir eine gute Brücke, dass wir eine gesunde Beziehung haben zwischen der Technik und irgendwann dachte ich, nee, es ist noch mehr, es braucht halt die Beziehung unter den Menschen auch und Technik muss den Menschen so den Rahmen bieten, dass das das eigentlich bestärkt also dass es online wie offline gute Beziehungen gibt, dass wir uns gegenseitig wertschätzen können für die individuellen Stärken, die wir haben.

Götz Müller: Genau. Also die Vielfalt der Menschen auf allen Ebenen im Grunde. Und du hast gerade das Beispiel von dir in England im Zusammenleben mit Menschen, die in einen asiatischen Hintergrund haben, genannt. Gut, jetzt so, wenn ich ein bisschen in Richtung Uhr schaue, zum Abschluss noch zwei Aspekte, die ich immer ganz gern beleuchte, einerseits wie sieht der Einstieg aus, wenn jetzt zum Beispiel uns jemand zugehört hat, der sagt „Ah, das hört sich spannend an, Innovation, ja, brauchen wir, Innovationskunst ist mal ein ganz neuer Gedanke“, wie gestalte ich diesen Einstieg, wenn ich noch nicht weiß, ob es für mich als Organisation, als Entscheider in der Organisation das Richtige ist?

Judith Rommel: Also wir haben ein Kennenlernpaket, das damit beginnt, dass Menschen in einem Team, also circa fünf Leute, dass wir die begleiten eins-zu-eins und so einen kleinen Analyseprozess durchlaufen, also erst mal schauen, okay, was braucht es denn, damit die in einem sicheren Raum sind und ihre Ideen auch äußern können und auch erkennen, welche Stärken sie haben. Und wir durchlaufen auch da dann wieder diese vier Bereiche. Also schauen uns die Menschen, schauen uns an, in welchen Denkräume sie sich bewegen, mit welchen Methoden sie arbeiten und dann auch, welche Ergebnisse sie produzieren. Und nach diesen 5 Monaten im eins-zu-eins, dann fassen wir das zusammen in einer Analyse und würden dem Unternehmen dann sagen: Hier, das sind Möglichkeiten, wie wir euch jetzt zum weiteren Vorgehen inspirieren. Und man kann dann als Unternehmen entscheiden, ob man weitermachen möchte, sich weiter begleiten möchte mit uns und mehr investiert oder sagt, okay, nee, wir beobachten das jetzt erstmal und gehen dann vielleicht später weiter oder sagen, oh ja, das war jetzt ein toller Impuls von dem Team um die Innovationskunst, aber fürs Weitere reicht uns das erst mal.

Götz Müller: Gut, du hast es ein bisschen angedeutet, da werden wir dann auch etwas in die Notizen reinnehmen. Wo kann man sich, wo kann man mehr über Innovationskunst erfahren?

Judith Rommel: Also auf jeden Fall auf LinkedIn. Da haben wir eine Page bei meinem Unternehmen mit dran. Also, das muss ich noch dazu sagen. Genau, mein Unternehmen ist ein Steinbeis-Beratungszentrum, ist quasi so ein Franchise für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das hat den Vorteil, dass wir gleich eine GmbH sind und ich habe das vor zweieinhalb Jahren gegründet und mache jetzt mit diesem Setting eben die Innovationskunst. Und Innovationskunst als Beschreibung ist da auf LinkedIn auf so einer Show Case Page mit aufgeführt und wenn man mehr möchte, dann gibt es gerade einen frisch erschienenen Artikel auch im Steinbeis Transfer-Magazin oder ihr meldet euch bei mir, kann man ja auch meine E-Mail Adresse mit unten reinschreiben und dann kann ich auch noch mehr erzählen. Irgendwann gibt es da auch ein Buch drüber, aber so weit bin ich noch nicht.

Götz Müller: Prima. Ja, ich werde auf jeden Fall deine Kontaktdaten, wie du es gerade genannt hast, die werde ich auf jeden Fall in die Notizen mit reinnehmen und dann hat jeder die Möglichkeit seinen bevorzugten Kanal zu wählen. An der Stelle, Judith, ich danke dir für deine Zeit, für die interessanten Aspekte eines sehr wichtigen Themas, Innovation, auf eine, ja, durchaus ungewöhnliche neue Art und Weise. Deshalb nochmal vielen Dank.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Judith Rommel zum Thema Innovationskunst. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 332.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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