KVP – eine Frage der Suche

Suchen

Suchen kann man nach vielen Dingen, auch im Konti­nuier­lichen Verbes­serungs­prozess. Suchen nach dem Ziel, nach dem Weg, nach Lösungen, nach Gründen und Ursachen, nach dem Warum und dem Sinn, nach dem Zweck und dem Nutzen. Bei all diesen Suchen gibt es kein richtig oder falsch, sondern nur ein nütz­lich oder weniger nütz­lich. Manch­mal ist es auch nur eine Frage der Reihen­folge bzw. Priorität, die den Unter­schied macht.

Neben dem Suchen gibt es noch das Finden. Zwischen Suchen und Finden gibt es Wechsel­wirkungen. Finden impli­ziert in meinen Augen etwas Vorhan­denes, Suchen ist dagegen ein schöpfe­rischer Vorgang, bei dem etwas Neues ent­stehen kann, was zu Beginn der Suche noch nicht vorhanden war. Finden trägt etwas Abschlie­ßendes bzw. Ankom­mendes in sich, während Suchen eher andauernd d.h. konti­nuier­lich ist.

Deshalb steht m.E. im KVP das Suchen im Vorder­grund, in erster Linie die Suche nach dem Weg, dem Weg von der Ist- oder Ausgangs­situation zu einem Ziel­zustand. Das Suchen steht zwar im Vorder­grund, kommt aber erst an zweiter Stelle. Vor dem Suchen nach den Weg steht das Finden auf dem Pro­gramm, eben des existis­tierenden Ausgangs­zustands und des anzu­stre­benden Ziel­zustands. Speziell bei letz­terem darf nicht der Fehler gemacht werden, den unbe­kann­ten Weg zum Ziel­zustand damit gleich­zusetzen, dass auch der Ziel­zustand nicht bekannt sein kann oder sein muss. Der Ziel­zustand kann anfäng­lich viel­leicht noch vage oder noch nicht genau beschrie­ben sein, er ist trotz­dem existent. Er muss fest­gelegt – im Sinne von gefunden – werden, ggf. wird er später präzi­siert, er wird aber nicht verändert. One-Piece-Flow (Einzel­stück­fluss bzw. Losgröße eins) kann bspw. ein ferner Ziel­zustand sein, der u.U. nie wirklich erreicht wird oder erreicht werden kann. Dement­spre­chend endet der Weg auch nicht. Trotzdem wird dieser Zustand angestrebt, eben konti­nuier­lich angestrebt.

Welche Charak­teris­tika besitzt nun ein Ziel­zustand, damit er im Sinne des KVP nütz­lich ist? Hier sind fünf Elemente, die einen nütz­lichen Ziel­zustand aus­machen.

Übergeordnete Vision

Zielzustände orien­tieren sich an einer überge­ordneten Vision. Diese überge­ordnete Vision kann durch­aus über die Grenzen des Unter­nehmens hinaus­gehen und seine gesell­schaft­liche Ver­antwor­tung mit einbe­ziehen.

Kundenorientierung

Zielzustände orien­tieren sich an den Bedürf­nissen der Kunden. Welche Bedürf­nisse dabei im Vorder­grund stehen, hängt davon ab, in welchem Bereich eines Unter­nehmens wir uns befinden. In der Produk­tion orien­tieren sich die Ziel­zustände bspw. am termin­lichen Bedarf des Kun­den, dem Kundentakt bzgl. der Gesamt­heit der Kunden. In der Produkt­entwick­lung besteht die Orien­tierung bspw. aus den Ausstat­tungs­merk­malen, die sich Kunden wünschen.

Flussprinzip

Bei diesem Charak­teris­tikum steht der Gedanke im Vorder­grund, die Durch­lauf­zeit zu mini­mieren und der Bearbei­tungs­zeit anzu­gleichen. Gleich­zeitig werden Puffer und Zwischen­lager redu­ziert und damit eine Form der Verschwen­dung.

Ausgleichsprinzip

Der angestrebte Aus­gleich der Ferti­gungs­aus­lastung ist mit dem Fluss­prinzip eng verwandt. Bild­lich gesprochen soll verhin­dert werden, dass der Fluss abwechselnd über die Ufer tritt und dann wieder aus­trocknet. Das Aus­gleichs­prinzip steht oft mit der termin­lichen Kunden­orien­tierung in Konkur­renz. Die Auf­lösung dieser wider­stre­benden Charak­teris­tika besteht darin, die termin­lichen Anforde­rungen über einen längeren Zeit­raum zu inte­grieren (eine Woche, ein Monat) und dann wieder auf Tage her­unterzu­brechen und damit auszu­gleichen.

Pull-Prinzip

Das Pull-Prinzip besagt, dass eine Produk­tion nur ange­stoßen wird, wenn vom nachge­lagerten Prozess­schritt – bzw. ultima­tiv am Ende vom Kunden – ein Bedarf vor­handen ist. Durch dieses Prin­zip werden viele Ver­schwen­dungs­arten vermieden (Über­produk­tion, Lager, Über­bear­beitung, Trans­port).

Allen Prinzi­pien gemein­sam ist, dass sie unbarm­herzig subop­timale Abläufe und Vorgänge auf­decken und zu deren Verbes­serung aufrufen (auch wenn das in vielen Fällen von den Betrof­fenen anders beur­teilt wird). Ein defi­nierter Ziel­zustand richtet gleich­zeitig alle Anstrengungen an dessen Errei­chung aus, statt Diskus­sionen über das Ziel zu verur­sachen, die selbst keinen Fort­schritt auslösen. In der Termino­logie des Neuro-Linguis­tischen Program­mierens (NLP) ist ein Zielzu­stand ein Meta-Ziel, das es ermög­licht, Ziele zu erreichen (die dann die natür­liche Folge sind). Der KVP ist ebenfalls ein Meta-Prozess, der selbst „nur“ bessere Prozesse produziert, die dann gewünschte Ergeb­nisse nach­sich­ziehen.

Neben diesen spezifischen Eigenschaften gibt es noch allgemeinere Eigenschaften, die ebenfalls zutreffen müssen, damit es sich um einen nützlichen Zielzustand handelt, der eine substanzielle Verbesserung verursacht. Zum Teil decken sich diese Eigenschaften mit der S.M.A.R.T.-Definition von Zielen, zum Teil aber bewusst auch nicht!

S pezifisch: Zu Beginn des Weges kann der Zielzustand durchaus noch vage definiert werden. Erst mit zunehmender Annäherung kommen weitere Details hinzu. ‘S' wie “Stretching” (herausfordernd) ist definitiv notwendig. Die grundsätzliche Lösbarkeit gehört zwar auch zu den Kriterien eines Zielzustands, kann aber leicht im Fall der vermeintlichen Unlösbarkeit als Grund verwendet werden, einen Zielzustand zu verwerfen. Als Überprüfung kann immer verwendet werden, ob ein anderes Unternehmen diesen Zielzustand bereits erreicht hat. Die Aussage “das funktioniert bei uns nicht” kann NIE als Begründung gelten!

M essbar: Die Messbarkeit ist auch für Zielzustände wichtig. Sie zeigt auch an, ob der eingeschlagene Weg zum Zielzustand führt. Eine Kosten-Nutzen-Analyse des Zielzustand kann sinnvoll sein. Es besteht allerdings die große Gefahr dabei, dass diese Analyse auf Basis der aktuellen Situation erstellt wird. Wenn dann eine Abbildung auf den Zielzustand durchgeführt wird, wird das aktuelle Wissen auf die Zukunft übertragen und oft auch eine vermutete Lösung.

A kzeptiert: Auch diese Eigenschaft kann erlaubt sein, aber sie muss es nicht sein. Speziell wenn der Weg dorthin zu weit durch unbekanntes Terrain führt, kann es zu Akzeptanzproblemen kommen. Wenn es soweit kommt, dass der Zielzustand schon die Lösung enthält oder diese offensichtlich, ist das ein deutliches Indiz, dass es kein geeigneter Zustand ist.

R ealistisch: Diese Eigenschaft kann sicherlich den größten Diskussionsbedarf auslösen. Realistisch bezieht sich auf die grundsätzliche Erreichbarkeit, selbst wenn der Weg dorthin aktuell völlig unbekannt ist.

T erminiert: Die zeitlichen Anforderungen an einen Zielzustand können definiert sein, aber sie müssen es nicht notwendigerweise sein. Da der Weg unbekannt ist, kann auch nur schwer vorhergesagt werden, wann der Zielzustand erreicht wird. Selbst wenn der Zielzustand in einen festgelegten Zeitraum nicht erreicht wird, kann daraus nicht geschlossen werden, dass es der falsche ist oder war und er deswegen aufgegeben wird. Auch und gerade ein Zielzustand, von dem in absehbarer Zeit nicht bekannt ist, wann er erreicht wird, kann trotzdem geeignet sein. Speziell vor dem zeitlichen Horizont kann bspw. das Flussprinzip unrealistisch erscheinen, trotzdem ist es ein anerkannter Zielzustand.

Mit der Suche nach dem Weg zu den Zielzu­ständen wird sich der nächste Artikel beschäftigen.

Frage: Welche Wertig­keit haben in Ihrem Unter­nehmen im KVP Ziele und Zielzu­stände? In welcher Bezie­hung steht dabei Suchen und Finden bzw. der Weg und das Ziel?

Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.

Coming soon  Jetzt verfügbar…

NLP in der Lean-PraxisNLP in der Lean-Praxis
Mensch­lich-soziale Er­folgs­fak­to­ren für Lean, KVP & Co.

Bes­se­re Kom­­mu­­ni­ka­tion mit den Betei­lig­ten im Kon­ti­nuier­li­chen Ver­bes­se­rungs­­pro­­zess durch nütz­­liche Me­­tho­­den und Werk­­zeuge des Neuro-Linguis­­ti­schen Pro­­gram­­mie­­rens.

Mehr erfahren …

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.