Der Begriff der Komfortzone lässt sich unter der Überschrift des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses mal wieder in mehrere Aspekte aufteilen.
Da ist einmal die Komfortzone im Ist-Zustand eines Prozesses. Die zweite Komfortzone betrifft das Verlassen derselben auf dem Weg zum Ziel-Zustand. Generell kann man überall nachlesen, wie wichtig es ist, dass die Komfortzone das Wachstum behindert und man deshalb aus ihr ausbrechen soll. Grundsätzlich simme ich dieser Aussage auch zu. „Grundsätzlich“ heißt aber auch, dass es Ausnahmen gibt.
Zuerst aber mal die Komfortzonen, die es zu verlassen gilt.
Komfortzone im Ist-Zustand
Dass diese Komfortzone Verbesserungen behindert, dürfte ziemlich offen auf der Hand liegen, wenn wir annehmen, dass die Komfortzone eben genau durch den Status Quo bestimmt wird. Wenn ich mich also mit dem Status Quo abfinde, gibt es auch keinen Grund, die Komfortzone zu verlassen. Oder umgekehrt ausgedrückt: Wenn ich die Komfortzone nicht verlassen will, habe ich mich auch mit dem Status Quo abgefunden. Was jetzt die kausale Ursache ist, ist letztlich egal. Fakt ist, dass es zu keiner Veränderung und damit auch zu keiner Verbesserung kommt.
Die Aufgabe von Führungskräften liegt hier darin, dass sie erstens diese Komfortzone wahrnehmen, zweitens ebenso realisieren, dass Verbesserungen nur außerhalb dieser Komfortzone stattfinden und drittens dies auch geeignet kommunizieren. Es hängen noch weitere Aufgaben mit der Komfortzone zusammen. Ich will aber etwas Spannung aufbauen und erstmal die anderen Komfortzonen beschreiben.
Komfortzone auf dem Weg zum Ziel-Zustand
Auf den ersten Blick erscheint dieser Fall identisch zur vorigen. Ich möchte mit dieser Differenzierung vor allem ausdrücken, dass es hier schon mal eine gewisse Veränderung gibt, indem ein Ziel-Zustand definiert ist, der nicht dem Ist-Zustand entspricht. Allerdings liegt der Ziel-Zustand unter Umständen immer noch innerhalb der Komfortzone. Es findet zwar eine kleine Veränderung und damit hoffentlich auch eine Verbesserung statt, da das Ziel und damit auch der Weg aber immer noch in Komfortzone liegt, wird es praktisch keinen Erkenntniszuwachs geben.
Im Vergleich zu einem wissenschaftlichen Experiment ist das Versuchsergebnis zu Beginn bekannt, d.h. vorhersagbar. Damit kann auch keine neue Erkenntnis geben, weil sonst das Ergebnis unvorhersagbar geworden wäre.
So wie diese Komfortzone eng mit der vorigen verwandt ist, gilt das auch für die verbundenen Aufgaben der Führungskräfte. Ergänzend kommt noch die Aufgabe hinzu, den Ziel-Zustand außerhalb der Komfortzone festzulegen.
– Ernst Ferstl
Die beiden vorigen Komfortzonen hatten schon fast einen physischen Charakter und waren direkt mit dem Ist-Zustand und dem gewünschten Ziel-Zustand verbunden. Wir haben auch gelernt, dass der Weg zum Ziel-Zustand außerhalb der Komfortzone liegen soll. Auf den ersten Blick könnte man jetzt den Eindruck gewinnen, dass es das war und man jetzt nur noch die Stiefel anziehen und die Ärmel hochkrempeln müsste. Der Weg mag dann zwar steinig werden, aber das haben Wege außerhalb der Komfortzone nun mal so an sich und so gehört das mit zum „Spiel“.
Das ist jetzt genau der Punkt, an dem ich eine weitere Komfortzone einführen will und ebenso darstellen, dass diese Komfortzone nun gerade nicht zur „Area non grata“ gehört (keine Ahnung übrigens, ob es diesen Begriff überhaupt gibt ;-) und es gilt diese Komfortzone zu finden, zu schaffen und sie anstreben!
Was zeichnet diese Komfortzone nun aus?
- Sie ist nicht so greifbar, wie die beiden vorigen und steht selbst nicht im Bezug zu dem Problem, der Lösung und dem Weg dorthin.
- Sie drückt auch aus, dass Fehler auf dem Weg dem Verbesserungen explizit zugelassen, ja sogar erwünscht sind, weil man sich sonst in der Dimension der zweiten Komfortzone befindet und keine Weiterentwicklung stattfindet.
- Die Aufgabe von Führungskräften besteht auch darin, diese fehlertolerante Kultur zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Ich denke, es ist selbstverständlich, dass diese Kultur in ihrer Entstehung immer ganz oben beginnt und sie deshalb zu den wichtigsten Aufgaben des Top-Managements gehört.
- Ultimativ besteht der Meta-Ziel-Zustand dieser Komfortzone also darin, dass die Menschen sich mit Veränderungen wohlfühlen – wohl wissend, dass der Mensch kein Wesen ist, das sich zu 100 % der Zeit mit kontinuierlicher Veränderung als Basis der kontinuierlichen Verbesserung beschäftigen kann und will.
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