Macht Fasching schlank? Eine praktische Anwendung der Lean-Prinzipien

Nach Abschluss der ersten Nach-Faschingswoche und dem Lean Halloween Artikel steht in diesem Artikel die Frage im Vordergrund: Macht Fasching schlank?

Dass der Begriff Fasching sich über Fastnacht/Fasnacht von der Fastenperiode in der Zeit vor Ostern ableitet, sollte nicht mehr eine wirklich neue Erkenntnis sein. In diesem Artikel dreht sich alles darum, wie und ob die Lean-Prinzipien an Fasching umgesetzt werden. Davon lässt sich dann wiederum die Antwort auf die Eingangsfrage ableiten.

Welches sind nun die Lean-Prinzipien, wie sie 1990 von Womack, Jones und Roos anhand des Toyota Production Systems definiert wurden?

Den Wert aus Sicht des Kunden definieren

Um hier den Bezug zu Fasching zu finden, gilt es erst mal zu definieren, wer bzgl. Fasching der Kunde ist. Ist es der Zuschauer eines Faschingsumzugs, der Besucher einer Faschings-Party oder der Bäckereikunde, der Berliner (Pfannkuchen) und Krapfen kauft? Und was ist dann der Wert für diese Kundengruppen? Allen Gruppen gemeinsam dürfte sein, dass Fasching vorallem von seinem Ende her – Aschermittwoch – definiert wird (der wiederum als Beginn der Fastenzeit direkt an Ostern gekoppelt ist). Bleiben wir in der Folge vereinfachend bei der Betrachtung aus der Sicht der Zuschauer eines Faschingsumzugs.

Den Wertstrom identifizieren

Für den Zuschauer des Faschingsumzugs liegt der “Wert” desselben genau darin. Außer wenn er sich vorzeitig vom Ort des Geschehens entfernt, hat er sogar die Chance den gesamten Wertstrom zu überblicken – vom Beginn des Umzugs bis zu seinem Ende (manch ein Prozessberater träumt davon nicht nur nachts). Bezogen auf den Wertstrom ist die Verschwendungsart der Bewegung (des Zuschauers) sogar optimal gelöst, wenn gleich die fehlende Bewegung leicht zu “Eisbeinen” durch die winterliche Jahreszeit führen kann. Auch wenn es im Umzug selbst zu massiver Verschwendung an Bewegung und Transport kommt, sind die Umzugsteilnehmer durch die entstehende Bewegungswärme hier doch klar im Vorteil.

Das Fluss-Prinzip umsetzen

Wenn wir beim Faschingsumzug mal die Anlauf- und Abschlussphase ignorieren, herrscht während dem Umzug ein angemessenes Fluss-Prinzip vor, bei dem der Zuschauer den Umzug in ziemlich konstanter Geschwindigkeit an sich vorbeiziehen sieht. Optimales Fluss-Prinzip wird bei den Hexen und Batzenschmeißern erreicht, während es im Bereich der Umzugwägen dann doch wieder zu großen”Fertigungslosen” kommt. Die Auswirkungen werden uns dann wieder beim folgenden Prinzip begegnen.

Das Pull-Prinzip einführen

Das Pull-Prinzip bedeutet, dass der Kunde den Arbeitsfluss steuert. Auf den Faschingsumzug bezogen, ist dieser vom zuschauenden Kunden völlig unabhängig. Wahrscheinlich würde er sogar ohne Zuschauer stattfinden (“Stell' Dir vor, es ist Fasching und keiner geht hin” ;-) Der einzige ansatzweise Aspekt könnte die Verteilung der Süßigkeiten von den Umzugswägen herunter sein. Bei Licht betrachtet, sind die hohen Streuverluste durch die überkommenen Verteilmethoden jedoch alles andere als lean-like, speziell durch die nicht geglättete Anlieferung, die die Kunden vor echte Herausforderungen bei der Entgegennahme stellen kann.

Perfektion anstreben

Perfektion anstreben ist ganz eng mit dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess verbunden. Wie kann da der Bezug zu Fasching entstehen? Auch wenn wir als unbedarfte Laien mit unserem beschränkten Horizont nicht alles überschauen, lässt doch die lange Geschichte der Faschingsbräuche (erste Überlieferungen existieren laut Wikipedia schon vor 5.000 Jahren aus Mesopotamien) vermuten, dass diese lange Dauer ohne wirksame – aber vielleicht nicht sichbare – Verbesserungsprozesse nicht überstanden worden wäre. Die industrielle Autoproduktion existiert dagegen erst seit etwa 100 Jahren.

Wenn Sie bis hierher gelesen, durchgehalten und nun den Eindruck haben, dass das alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen ist (also doch ein Pull-Prinzip), kann ich Ihnen nur zustimmen. Ich wollte halt mal einen Artikel über Fasching und die Lean-Prinzipien schreiben und sie auf diesem Weg mal aus einer ganz anderen Perspektive beleuchten.

Zusammenfassend lässt sich jedoch festhalten, dass Fasching nicht nur aufgrund der missachteten Lean-Prinzipien noch weit davon entfernt ist, schlank zu machen. Das dürfte auch der wahre Grund sein, dass sich an die närrischen Tage die eigentliche Fastenzeit anschließt.

Frage: Welche Lean-Prinzipien leben Sie in Ihrem Unternehmen schon? Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial? Was konnten Sie vom Modell des Faschingsumzugs für sich mitnehmen?

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