Hat die schlanke Küche nur mit gesunder Ernährung zu tun?

Keine Sorge, ich habe keinen Kochkurs gemacht und plane auch nicht in den fremden Gefilden der Ernährungs-Coaches zu wildern. Letzte Woche habe ich eine Schulung zu den sieben Verschwendungsarten gehalten und dazu ein Schulungsvideo von Bosch Rexroth als Einstieg verwendet. Darin werden die sieben Verschwendungsarten anhand von Waffeln backen eines Familienvaters erläutert. Auf die sieben Verschwendungsarten und andere Lean-Werkzeuge möchte ich in diesem Artikel kurz eingegehen. Der ein oder andere Leser wird sich vielleicht mit der eigenen Kücheneinrichtung darin wiederfinden.

1. Verschwendung: Transport

Transport von Material und Maschinen ist eine oft anzutreffende Verschwendung, an die man sich ebenso oft gewöhnt hat. Tw. sind Transporte natürlich unvermeidbar, aber es gibt auch einfache Wege sie zu vermeiden. D.h. jetzt nicht, dass Sie die Wand zwischen Küche und Esszimmer einreißen sollen, aber die früher öfters anzutreffende Durchreiche war eine gute Möglichkeit, die Transportwege zu minimieren. Am einfachsten lassen sich Transportwege reduzieren, wenn man ein paar Gedanken macht, welche Materialien und Werkzeuge am häufigsten benötigt werden und diese dann in der Nähe aufbewahrt. Diese Vorgehensweise lässt sich auch leicht auf Fälle im Unternehmen übertragen – in der Produktion ebenso wie im Büro.

2. Verschwendung: Inventar/Lagerhaltung

Eine Ursache von Transportverschwendungen sind übermäßige Bestände fernab der Bedarfspunkte. Die problematischen Aspekte von Beständen sind vielfältig: Bestände veralten oder verderben, sie binden Kapital und benötigen Stauraum. Sie müssen verwaltet werden (wissen Sie, was ganz unten in Ihrer Gefriertruhe liegt?), sie verschleiern mangelhalfte Prozesse, die nicht aufeinander abgestimmt sind und erhöhen als Zwischenlager oft die Durchlaufzeiten ganz erheblich.

3. Verschwendung: Bewegung

Einerseits sind große Küchen sicher der Traum jeder Hausfrau (oder von Hausmännern), aber große Küchen bedeuten auch weite Wege zwischen den Arbeitsstationen. So wie die Töpfe in der Nähe des Herds am besten aufgehoben sind, gilt das auch für die Anlieferung des Materials zu Arbeitsplätzen oder die Unterbringung häufig benötigter Werkzeuge in Greifnähe. In klassischen Produktionsbereichen wird dies durch die U-Zelle erreicht, bei der mehrere Maschinen in U-Form angeordnet sind, um einem einzelnen Bediener weite Wege zu ersparen. Als positiver Nebeneffekt kann auch die Anlieferung von Rohmaterial und die Abholung von Fertigmaterial in räumlicher Nähe und zeitlichem Zusammenhang erfolgen und dadurch die Bewegungsverschwendung reduzieren.

4. Verschwendung: Warten

Warten ist eine häufige Verschwendungsart, die bspw. durch nicht abgestimmte Prozesse und Teilprozesse entsteht. Da wird in der Küche nicht bedacht, dass der Backofen vorgeheizt oder die Nudeln gekocht werden müssen. Dabei wäre es so einfach, das im Rezept durch einen Hinweis rechtzeitig zu initiieren. In Geschäftsabläufen entstehen Wartezeiten oft dadurch, dass Zwischenlager erst abgebaut oder Maschinen umgerüstet werden müssen. Auch kommt es immer wieder vor, dass unvermeidbare Wartezeiten nicht produktiv für andere Zwecke genutzt werden (was spricht dagegen, den Tisch zu decken, wenn die Nudeln kochen?).

5. Verschwendung: Überproduktion

Zur Überproduktion kommt es in der Küche regelmäßig im Umfeld von Familienfesten, bei denen alles passieren darf, nur nicht, dass jemand hungrig vom Essen nach Hause geht. Ob beim Gastgeber danach die Gefriertruhe überläuft, wird erst beachtet, wenn das Problem eintritt. Die Ursachen sind ebenso wie im Unternehmensumfeld vielfältig – unterm Strich läuft es immer darauf hinaus, dass der Bedarf der Kunden nicht oder falsch eingeschätzt wird und/oder zu weit im Voraus geplant und dann der Realität nicht angepasst wird.

6. Verschwendung: Überbearbeitung

Überbearbeitung kann sich auf unterschiedliche Weisen ausdrücken. Das sind die Nudeln und das Gemüse, das für den Auflauf zu weich gekocht wird. Oder die eMail, die schon zum dritten Mal gelesen aber immer noch nicht bearbeitet wird. Oder der Papierausdruck zur Kontrolle, der dann weggeworfen wird oder zur Übertragung aus einem EDV-System in ein anderes dient.

7. Verschwendung: Defekte und Fehler

Diese Verschwendungsart tritt oft dann auf, wenn Arbeitsanweisungen zu knapp oder unklar gehalten sind. Inhalt und Umfang sollte sich definitiv an den Empfängern orientieren. Es bringt nichts, wenn der Fünf-Sterne-Koch ein Kochbuch für Studenten schreiben will und nicht deren Erfahrungsniveau berücksichtigt. Ebenso muss auch der Produktions- oder Logistikplaner die Sprache der u.U. angelernten Band- oder Lagerarbeiter sprechen, um verstanden zu werden.

Ein sehr gutes Beispiel der Reduzierung der sieben Verschwendungsarten ist dabei die Systemgastronomie von McDonald's (hier geht es nicht um die ernährungsphysiologischen Aspekte). Schlechte Beispiele sind immer wieder in Biergärten zu finden. Allen Verschwendungen gemeinsam ist, dass man sich sehr leicht an sie gewöhnt oder vielleicht nie etwas anderes kennen gelernt hat. Hier sind Gewohnheiten dann sicher kein Segen sondern Fluch.

Rüstzeitoptimierung

Dieser Verbesserungsansatz dient der Beschleunigung von Durchlaufzeiten, die oft nicht durch die Bearbeitungszeiten bestimmt werden, sondern durch die Umrüstung der Maschinen. Wie oben angedeutet, können Wartezeiten (in denen das Nudelwasser zum Kochen gebracht wird oder Maschinen Werkstücke bearbeiten) genutzt werden, um die nächsten Arbeitsschritte vorzubereiten (die Schüssel abspülen, Zutaten für den nächsten Gang richten, Tisch decken).

Vorbeugende Instandhaltung

Im Kleinen wird diese Lean Methode meist selbstverständlich beachtet (Besteck und Geschirr wird nach dem Gebrauch gereinigt und nicht schmutzig in den Schrank geräumt), im Großen dagegen oft missachtet (die Kaffeemaschine erst entkalkt, wenn das Kaffeekochen ewig dauert). Die vorbeugende Instandhaltung verhindert ungeplante Maschinenausfälle und die damit verbundenen Verschwendungsarten (Wartezeiten, Defekte und Fehler).

Noch besonders betrachten werden wir in zukünftigen Artikeln die beliebten Tupper-Dosen und was Sie für Ihre Küchenschublade tun können.

Frage: Wo läuft es in Ihrer Küche schon wie geschmiert? Was können Sie davon auf Ihr Unternehmen übertragen? Wo ist in dem einen oder anderen Bereich noch Sand im Getriebe, über den sich Kunden immer wieder beklagen?

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