(Un)bewusste Lean (In)kompetenz

Kompetenz

Vor kurzem bin ich auf den Digitalkompetenzrahmen der EU gestoßen [1]. Damit lassen sich die Digitalkompetenzen von Bürgern (und Arbeitskräften) unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Neben der Digitalkompetenz war ein erster spontaner Gedanke, dass sich dieser Rahmen auch auf Prozess- und Lean-Aspekte übertragen lässt.

Der Kompetenzrahmen stellt sich einerseits als abstraktes Vier-Quadranten-Modell der Kompetenzphasen dar und beschreibt dabei die Fortschritte bzw. Übergänge zwischen den Phasen. Andererseits beschreibt er konkrete inhaltliche Kompetenzen bzgl. Digitalisierung. Letzteres ist natürlich stark auf das Thema Digitalisierung zugeschnitten.

Das Quadrantenmodell lässt sich jedoch auf jedes beliebige Thema übertragen und ordnet die Kompetenzstufen den beiden Dimensionen Kompetenz und Bewusstsein darüber zu.

Der Ausgangspunkt ist dabei die unbewusste Inkompetenz, gefolgt von der bewussten Inkompetenz, der bewussten Kompetenz, um schließlich in die unbewusste Kompetenz zu münden.

Der Übergang von der unbewussten zur bewussten Kompetenz ist dabei die erste Phase der Analyse und Sensibilisierung. Zwischen der bewussten Inkompetenz und der bewussten Kompetenz befindet sich die zweite Phase der Umsetzung und Befähigung. Die dritte Phase zwischen bewussten und unbewusster Kompetenz ist geprägt von Begleitung und Coaching.

Da es sich um ein Quadrantenmodell handelt, liegt auch eine vierte Phase auf der Hand. Da es an dieser Stelle aber um die Abgrenzung der unbewussten Inkompetenz zur unbewussten Kompetenz handelt, stellt dieser Übergang nicht eine vierte Phase dar (die dann ja ein Rückschritt wäre), sondern wird als Fasttrack beschrieben, der eben zwischen den beiden unbewussten Zuständen der Inkompetenz und der Kompetenz liegt.

Insbesondere im Digitalisierungskontext stellt dieser Übergang einen natürlichen aber eben unbewussten Vorgang dar, der sich an sich schon auf einer unbewussten Ebene des Kompetenzerwerbs abspielt, wie das bspw. bei Erwerb von Sprechkompetenz bei Kleinkindern der Fall ist.

„Rationale Autorität fördert das Wachstum des Menschen, der sich ihr anvertraut, und beruht auf Kompetenz. Irrationale Autorität stützt sich auf Machtmittel und dient der Ausbeutung der ihr Unterworfenen.“

– Erich Fromm

Wie schon erwähnt, lassen sich in meinen Augen auch starke Parallelen bzgl. den Quadranten und Übergangsphasen zwischen der Digitalisierung einerseits und der Prozess- bzw. Lean-Welt andererseits ziehen. Das gilt sowohl für Mitarbeiter wie auch für Führungskräfte.

Dabei sollte man speziell als Führungskraft (oder externer Berater/Trainer) berücksichtigen, dass sich nicht alle Beteiligten bzw. Betroffenen im gleichen Quadrant befinden (Führungskräfte haben hier typischerweise einen Vorsprung, der leicht zu Missverständnissen und Irritationen führen kann). Ebenso durchlaufen Menschen die beschriebenen Phasen unterschiedlich schnell.

Im Grund gelten diese individuellen Unterschiede für alle Arten von Veränderungsprozessen bzw. beschreiben an sich eben Veränderungsprozesse der beteiligten Menschen.

Der größte formale Unterschied zwischen Digitalisierungskompetenz und Prozess- bzw. Lean-Kompetenz besteht meiner Meinung nach in dem fehlenden Fasttrack im Prozess- bzw. Lean-Kontext. Ich denke, dass man erst beginnt, sich mit Prozessen, Lean & Co zu beschäftigen, wenn man gezielt schon den Zustand der unbewussten Inkompetenz verlassen hat und sich bereits im Zustand der bewussten Inkompetenz befindet, oft durch externe Impulse.

Das bedeutet aber nicht, dass betroffene Menschen gleichzeitig ein Bewusstsein über die bewusste Inkompetenz haben. Sie haben sicherlich ein mehr oder weniger bewusstes Gefühl der Inkompetenz, machen sich gleichzeitig aber typischerweise keine Gedanken über die Inkompetenz an sich. Aus diesem Zustand heraus und dem fehlenden Bewusstsein darüber entstehen dann die schon erwähnten Missverständnisse und Irritationen, weil auch die kompetenten Personen ähnliche Bewusstseinsdefizite haben. Diese beiderseitigen Bewusstseinsdefiziten über die eigenen Kompetenzen und Inkompetenzen ebenso wie über die der anderen Seite führen ebenfalls nicht zur Auflösung von Missverständnissen und Irritationen, sondern verstärken diese noch.

Aus diesem Grund halte ich es für sehr wichtig, in jedem Fall nicht nur den reinen Kompetenzerwerb auf einer inhaltlichen Ebene zu begleiten, sondern auch die Zustände und Übergänge dazwischen bewusst zu machen und die Menschen auch dabei nicht alleine zu lassen. Im Bezug auf den Artikel der letzten Woche [2] könnte man hier sogar von Mörtel 2.0 sprechen und sollte diese Aspekte auch bei der Toyota Kata berücksichtigten. Teilweise kommt das in der Rolle des Coach-Coach zum Tragen, der die Entwicklungsprozesse der Beteiligten auf einer Meta-Ebene begleitet.

Wenn Sie wissen möchten, wie die Toyota-Kata auch auf dieser Bewusstseinsebene wirken kann und sollte, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

[1] Digitalkompetenzrahmen der EU
[2] Wo Mörtel im Lean Management zum Einsatz kommt

Frage: Welches Bewusstsein haben Sie bzgl. Lean-Kompetenzen – bei sich selbst und bei Mitarbeitern? Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem (Un-)Bewusstsein? Wie gehen Sie damit um?

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