Wenn Führungskräfte zur Hürde werden

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Wenn Führungskräfte zur Hürde werden, hat im Lean-Kontext etwas (oder viel) mit ihrer Kompetenz zu tun. Dabei meine ich nicht, dass die Hürde in der Inkompetenz der Führungskräfte begründet ist. Im Gegenteil spreche ich den Führungskräften durchaus Kompetenz zu. Wie vielleicht meine Wortwahl schon vermuten lässt, ist es gerade die Kompetenz, die eine Ursache darstellt, warum Führungskräfte zur Hürde werden (können). Ich will also weder andeuten, dass es Kompetenz ist, die zwingend eine Hürde darstellt, noch dass Führungskräfte an sich schon eine Hürde darstellen.

Was ich mit der Überschrift des Artikel ausdrücken will, ist ein bestehendes Risiko der Kompetenz von Führungskräften im Bezug auf Verbesserungen. Diese Risiko kommt in der Konsequenz zum Ausdruck, dass Führungskräfte aufgrund ihrer Kompetenz (die sie nicht selten erst zu Führungskräften gemacht hat) glauben, dass nur sie Verbesserungen bewirken können und damit sie damit zur Chefsache erklären. Ebenso geht nicht selten damit einher, dass sie gewollt oder ungewollt ihren Mitarbeitern die Kompetenz zur Verbesserung absprechen.

Das gilt dann sowohl für die Kompetenz Verbesserungspotenziale zu erkennen, ebenso wie für die Fähigkeit Lösungen für bestehende Probleme zu erarbeiten.

Neben der Kompetenzbewertung der Mitarbeiter seitens der Führungskräfte muss man auch den Aspekt der Selbstzuschreibung ihrer Kompetenz (der Mitarbeiter) durch die Mitarbeiter selbst in Betracht ziehen – also das Kompetenzselbstbild der Mitarbeiter. Wenn Mitarbeiter immer wieder ausgesprochen oder unausgesprochen mit der zugesprochenen Inkompetenz konfrontiert werden, tritt leicht der Effekt der Self-Fullfilling-Prophecy ein, also der sich selbsterfüllenden Prophezeiung. An anderer Stelle fällt darunter auch die erlernte bzw. beigebrachte Unselbstständigkeit.

„Immer dort, wo das Ego die Kompetenz überholt, versagen irgendwann die Bremsen.“

– Matthias Scharlach

Dabei verwende ich den Begriff der erlernten Unselbstständigkeit nicht so gerne, weil man daraus schließen könnte, dass es sich um einen selbstgewählten, d.h. selbstinitiierten Prozess handelt. In meinen Augen ist der Ausgangspunkt aber nicht die Initiative des Mitarbeiters, sondern es ist die Zuschreibung durch die Führungskraft, die diesen Teufelskreis auslöst.

Dieser Teufelskreis mit der selbsterfüllenden Prophezeiung ist aber nicht auf Seiten der Mitarbeiter aktiv, sondern auch auf der Seite der Führungskräfte, die dadurch ebenfalls in ihrer Bewertung bestätigt werden, dass nur sie Verbesserungspotenziale erkennen und Lösungen entwickeln können.

In der Folge dieses Teufelskreise ergibt sich dann nicht nur, dass nur ein kleiner Teil der Beteiligten (und selten die Betroffenen) an der Verbesserungsarbeit mitwirken und allein dadurch viel Potenzial verschwendet wird (nicht umsonst spricht man hier von der achten Verschwendungsart), sondern es ergeben sich in der direkten Folge dann auch Widerstände gegen Lösungen und die dafür notwendigen Verbesserungen.

Dabei ist es gar nicht entscheidend, ob sich diese Widerstände auf einer bewussten und gewollten Ebene abspielen oder sie eher unbewusst ablaufen. Speziell letzteres stellt durchaus die größere Hürde dar, weil es für alle Beteiligten viel schwieriger ist, damit umzugehen.

Mit dem Umgang mit Widerständen ist also deren Wahrnehmung gemeint, die Akzeptanz, dass sie vorhanden sind (auch auf der Seite der Widerstandleistenden) und die Akzeptanz, dass mit den Widerständen umgegangen werden muss, um sie aufzulösen und als Seiteneffekt die Umlenkung der Energie, die in ihnen steckt, auf die Lösung einer Problematik zu erreichen.

Um zum Schluss den Bogen zum Ausgangspunkt zurückzuschlagen, halte ich es für sehr wichtig und sinnvoll die Kompetenz von Führungskräften nicht nur auf der fachlichen Ebene zu bewerten und zu fördern, sondern auch den Umgang und die resultierenden Konsequenzen darin einzubeziehen und entsprechenden Bewusstsein bei ihnen zu schaffen, um sich der eigenen Grenzen bewusst zu werden und gerade im Bewusstsein dieser Grenzen sie an anderer Stelle zu überwinden und damit den Kompetenzrahmen auszuweiten, statt durch die (fachliche) Kompetenz Hürden zu schaffen.

Frage: Welche vermeintliche Kompetenz haben Sie schon als Hürde wahrgenommen? Wie gehen Sie mit dieser Erkenntnis um? Wie können Sie diese Hürde überwinden?

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