Warum der Wertstrom wertlos ist

Wertstrom

Diese Aussage mag sich im Lean-Kontext erstmal merkwürdig anhören und bedarf vermutlich zum Verständnis etwas Erklärung.

Wenn ich hier von Wertstrom spreche, beziehe ich mich auf das Wertstrom-Diagramm. Dieses Diagramm selbst ist in meinen Augen wertlos.

Trotzdem ist es natürlich nicht wertlos, wenn man so ein Diagramm hat.

Jetzt könnte es sein, dass die Verwirrung komplett ist. Und ich wäre auch niemand böse, wenn er/sie sagt, dass der Müller jetzt völlig durchgeknallt ist (die Autokorrektur hat hier zuerst durchgeknattert vorgeschlagen, dass könnt's auch treffen ;-) Außerdem kommt jetzt hoffentlich keine/r auf die Idee, ich hätte wieder wie bei letzten Mal [1] ChatGPT vorgeschickt, damit ich danach etwas habe, worüber ich mich auslassen kann.

Also braucht es vermutlich eben eine kleine Erklärung, wie ich zu dieser Aussage komme und was ich damit ausdrücken will.

Wie ich oben schon angedeutet hatte, ist es (gleichzeitig) nicht wertlos, wenn man so ein Diagramm hat.

Das „haben“ impliziert dabei eben auch, dass das Wertstromdiagramm irgendeinen Ursprung haben muss. Zumindest in meiner Wahrnehmung und Einschätzung sind die aktuellen KI noch nicht so weit, dass sie selbstständig Wertstromdiagramm generieren können, ohne dass Menschen dabei entscheidend mitwirken. Und als Alternative fallen sie auch nicht einfach vom Himmel.

Diese Mitwirkung der beteiligten Menschen ist es dann auch, die den eigentlich Wert des Wertstromdiagramms darstellt. Bei dieser Mitwirkung geht es mich auch nicht bloß um den rein „mechanischen“ Vorgang der Erstellung, wie man das vielleicht dem U-Stahl feilen zuschreiben würde.

Die Erstellung eines Wertstromdiagramms ist in meinem Welt immer auch und vor allem ein intellektueller Prozess, der typischerweise durch die Zusammenarbeit einer Gruppe von Menschen entsteht. Ein wichtiges Element dieses Prozesses ist dabei auch der Erkenntnisgewinn und Wissenzuwachs bei den beteiligten Menschen. Während man den Wissenzuwachs vielleicht auch einer KI zuschreiben könnte (im Sinn, dass verfügbare Informationen angehäuft werden, aus dem sich auch Wissen ableiten lässt), gehe ich davon aus, dass bei der KI (noch) kein Erkenntnisgewinn entsteht, wie das bei den Menschen der Fall ist, wenn sie den Prozess der Erstellung bewusst durchlaufen.

„Der wahre Preis einer Sache … ist die Mühe und Plage ihn zu erarbeiten.“

– Adam Smith

Dazu gehört dann auch, dass dieser Erkenntnisgewinn bewusst stattfindet und reflektiert wird. Dabei würde ich nicht notwendigerweise einen Automatismus voraussetzen (im Sinne, dass es völlig spontan und selbstständig passiert), sondern sehe hier durchaus eine Person in der Verantwortung, sei es, dass es ein Moderator im Rahmen eines Erstellungs-Workshops ist, oder die verantwortliche Führungskraft, die die Reflexion initiiert und begleitet. Idealerweise nicht in einer Form, dass es bei der einmaligen Reflexion bleibt, sondern dass der Reflexionsprozess an sich zum Standard wird, sowie darüberhinaus gepflegt und weiterentwickelt wird.

Damit verlassen wir auch ein Stück weit schon die hinführende Phase zum Wertstrom und können uns auf die folgende Phase konzentrieren, die ebenfalls zum eigentlichen Wert des Wertstroms beiträgt.

Dabei geht es darum, was mit dem entstandenen Wertstromdiagramm gemacht wird und er nicht einfach in der Schublade oder ihrem digitalen Äquivalent verschwindet.

Dieser Abschnitt ist dabei im Grunde noch wichtiger wie die Enstehungsphase, die selbst natürlich eine Voraussetzung darstellt.

Je nach Blickwinkel lässt sich diese Folgephase auch als erweiterten Teil der Reflexion betrachten. Diese kommt dann besonders stark zum Vorschein, wenn man die klassischen Reflexionfragen aus dem Hansei-Prozess als Referenz und Ausgangspunkt nimmt.

  1. Was sollte ursprünglich erreicht werden?
  2. Was ist tatsächlich passiert?
  3. Warum ist es passiert?
  4. Was machen wir beim nächsten Mal (anders)?

Die zeitliche Verteilung auf diese vier Fragen ist dabei nicht gleichmäßig mit je einem Viertel, sondern die letzte Frage sollte typischerweise 50 % der Zeit einnehmen (während die dritte Frage 25 % einnimmt und die ersten beiden zusammen die restlichen 25 %).

Die letzte Frage entspricht im Kern den Aktivitäten nach der Erstellung des Wertstromdiagramms, wenn sich nach der Analyse des Ist-Zustands die Verbesserungsphase anschließt, die im Grunde auch kein wirkliches Ende hat, sondern sich kontinuierlich fortsetzt.

Damit will ich am Ende des Artikels nochmals auf das grundsätzliche Thema zurückkommen. Gerade der letzte Teil sollte deutlich gezeigt haben, dass es beim Wertstromdiagramm wiederum nicht auf das bloße Ergebnis ankommt, sondern der wahre Wert im Prozess liegt, wie sich die Entstehung gestaltet und was im Anschluss mit dem Ergebnis gemacht (machen = Prozess) wird.

[1] Die Kunst des Unkrautjätens: Von der oberflächlichen Symptombekämpfung zur nachhaltigen Geschäftsprozessoptimierung

Frage: Wie sieht der Umgang mit Wertströmen in Ihrem Verantwortungsbereich aus? Welche Resultate erzielen Sie damit? Was wären mögliche Alternativen oder Entwicklungen?

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