Warum Hilfe schädlich sein kann

Hilfe

Diese Aussage mag vielleicht auf den ersten Blick paradox erscheinen. Es geht mir natürlich hier nicht um klassische Hilfe Situationen, wie bei Unfällen, bei medizinischen Notfällen oder ähnlichem. aber schon der Begriff Hilflosigkeit kann durchaus unterschiedlich ausgelegt werden. Nicht umsonst gibt es den von Martin Seligman geprägten Begriff der erlernten Hilflosigkeit. Diese Gefahr sollte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man jemand Hilfe zukommen lassen will.

in meinen Augen kann Hilfe aus drei Gründen schädlich sein. Sie kann Weiterentwicklung verhindern, Prozessprobleme verstecken und zu persönlicher Überlastung führen. im folgenden gehe ich auf diese drei Punkte im Detail ein und berücksichtige dabei auch die drei beteiligten bzw. betroffenen Personen(kreise), für die die Hilfe auf verschiedene Art schädlich sein kann.

Weiterentwicklung verhindern

Bei diesem Aspekt geht es um die Person, der geholfen wird. Auf den ersten Blick und auch in der Wahrnehmung dieser Person hat Hilfe natürlich ihr Gutes, letztlich erhält sie ja Hilfe. Wohlgemerkt hier geht es mir nicht um die Hilfe, die ich meiner Frau zukommen lasse, wenn ich ihr schwere Sprudelkisten in den Keller tragen. Es geht mir eher um die Hilfe auf einer vielleicht technischen Ebene, wenn sie mich bittet, den Inhalt ihres Notebooks Bild Bildschirm auf den Fernseher zu übertragen. Das wäre im Grunde für mich eine Sache von wenigen Sekunden, würde damit ihr vordringliches Problem sofort lösen, aber eben nicht dauerhaft, d.h. in einem wiederholten Fall.

Der bessere Weg ist, wenn ich ihr erkläre, welche Einstellungen sie beim Fernseher und beim Notebook vornehmen muss. Das kostet mich zwar jetzt einige Minuten, wenn ich immer wieder Pausen mache, um ihr Notizen zu ermöglichen. Schon hier besteht ein Unterschied darin, ob ich die Notizen mache oder sie sich selbst.

Noch besser wäre es, wenn ich ihr auch die unterschiedlichen Einstellungskonzepte und technischen Grundlagen erkläre, die sowohl beim Fernseher als auch bei Notebook notwendig sind. Dann wäre sie sehr wahrscheinlich auch in Zukunft selbst in der Lage, den Bildschirm ihres Smartphones auf dem Fernseher darzustellen.

Dass mich diese Vorgehensweise unter Umständen ein Vielfaches der Zeit kosten würde, dürfte auf der Hand liegen. Dieser Zeitbedarf sowohl für mich als auch für sie ist in der Regel die größte Hürde. Bei einem Blick in die Zukunft relativiert sich der Zeitbedarf aber wieder.

Prozessprobleme verstecken

Bezogen auf obiges Beispiel könnte das Prozessproblem darin liegen, dass zumindest der Fernseher aber vermutlich auch das Notebook bzw. das Smartphone (noch) keine natürlichsprachigen Kommandos in der Form „teile den Bildschirm auch den Fernseher“ entgegennehmen.

Im klassischen Lean Kontext dürfte der Aspekt Prozessproblem auf der Hand liegen. Die schädliche Hilfe würde dann verhindern, dass das Prozessproblem offen zu Tage tritt und in der Folge behoben werden kann.

Dabei ist es aber natürlich sehr stark davon abhängig, dass eine Kultur herrscht, die das Prozessproblem nicht dem Menschen anlastet, bei dem es zu Tage tritt, beispielsweise in Form eines Fehlers oder eines Fehlverhaltens, sondern es als Chance sieht, eben genau dieses Prozessproblem und damit die eigentliche Ursache zu beheben.

„Hilf mir, es selbst zu tun.“

– Maria Montessori

Wieder bezogen auf obiges Beispiel könnte das jetzt bedeuten, sowohl dem Hersteller des Fernsehers als auch des Notebooks und Smartphones einen Hinweis zukommen zu lassen, doch über diese Form der Bedienung ihrer Geräte nachzudenken.

Auch hier dürfte der notwendige Zeitbedarf wieder auf der Hand liegen und gleichzeitig die größte Hürde für alle Beteiligte sein. Dazu gehört auch, dass der Hinweis an sich noch keinerlei Garantie darstellt, dass das zugrundeliegende Problem der fehlenden Verarbeitung von Sprachkommandos behoben wird. Andererseits ist aber auch klar, dass kein Hinweis auch mit Sicherheit zu 100 % keine Veränderung bringen wird.

im Allgemeinen sind von versteckten Prozessproblemen drei Personengruppen betroffen. Erstens die direkt betroffene Person (der die Hilfe zukommt), zweitens die Person die für den Prozess zuständig ist (beispielsweise die verantwortliche Führungskraft) und drittens die Person die die Hilfe leistet. Letzteres führt dann auch zum dritten Punkt der persönlichen Überlastung.

Persönliche Überlastung

zu diesem Punkt können verschiedene Elemente beitragen. Erstens kann es sein, dass sich die Fähigkeit zur Hilfe in den unterschiedlichsten Bereichen schnell rum sprechen kann. dann ist es nicht nur die Ehefrau, die nach technischer Unterstützung fragt, sondern auch die Kinder, die Nachbarn und ein sonst wie erweiterter Personenkreis (davon kann ich durchaus ein Lied singen😉

Diese Effekte können einerseits schleichend auftreten und andererseits auch als eine Form des Ego-Hebers verbunden mit gegenübergebrachter Dankbarkeit. Wer kann sich diesem Effekt schon grundsätzlich entziehen?

Typischerweise tritt eine Erkenntnis bezüglich der persönlichen Überlastung erst dann ein, wenn es eher schon zu spät ist. Schickt man dann jemand fort, der um Hilfe bittet, kann man ganz leicht zum Buhmann werden, speziell weil es für die Hilfe suchende Person ja ein Einzelfall und die Überlastung dort nicht erkennbar ist.

Wie schon in vielen anderen Situationen dargestellt, ist der bewusste Umgang mit Hilfe und den Auswirkungen erste Schritt zur Veränderung und damit zur Verbesserung. Zu diesem bewussten Umgang gehört auch, dass man es nicht nur mit sich selbst ausmacht, sondern auch mit den anderen beiden Personengruppen darüber spricht, speziell wenn es sich um den betrieblichen Kontext handelt (hier hinkt vielleicht das Beispiel).

Deshalb ist es wichtig, beispielsweise Konzepte wie die Coaching-Kata nicht nur an die anwendenden Führungskräfte zu vermitteln, sondern in Grundzügen auch an alle Mitarbeiter. Dies gilt speziell dann, wenn im Unternehmen eine Kultur vorherrscht, die Führungskräfte als die primären Problemlöser betrachtet. Das erfordert dann Verhaltensveränderungen sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Mitarbeitern.

Wenn Sie wissen möchten, wie die Coaching-Kata schädliche Hilfe verhindern kann, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: In welchen Situationen haben Sie Hilfe schon schädlich erlebt? Was wären bessere Alternativen gewesen? Was hat diese verhindert?

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