Warum Kamishibai und Layered Process Audits nicht kompatibel sind

Kamishibai

Der Impuls zu diesem Artikel ist aus einem kürzlichen Gespräch mit einer Lean-Managerin entstanden. Ich hatte ihr dabei etwas über LPA (Layered Process Audits) erzählt und sie stellte dann die Frage in den Raum, in wie weit sich die Checklisten bzw. Checkpunkte mit schon eingeführten T-Cards (also Kamishibai) kombinieren lassen, um damit auch Aktivitäten und ggf. Fortschritte zu kombinieren. Spontan konnte ich ihr keine Antwort geben, aber der Gedanke hat mich erstmal nicht losgelassen.

Da liegt es nahe, die Frage eben in einem Artikel zu verarbeiten.

Auch wenn die Überschrift das Ergebnis schon vorwegnimmt, will ich Sie doch an meinen Gedankengängen teilhaben lassen.

In meinen Augen haben T-Cards ein zentrales Charakteristikum.

Je nach dem, ob die verknüpfte Aktivität abgeschlossen ist oder nicht, wird die Vorder- oder Rückseite der Karten an das entsprechende Board gehängt.

Insofern hat eine T-Card also durchaus etwas vom Zustand eines Checkpunkts, erfüllt oder (noch) nicht erfüllt.

Was spricht also gegen den Einsatz der T-Cards als LPA-Checkpunkte?

Ein Aspekt ist dabei, dass ein Checkpunkt auf einer LPA-Checkliste drei Zustände kennt, grün, gelb, rot, die klassischen Ampelfarben. Genaugenommen können es sogar vier bzw. sogar fünf Zustände sein, dazu gleich mehr.

Eine T-Card hat aber mit der Vorder- und Rückseite nur zwei mögliche Zustände. Natürlich könnte man sich jetzt vielleicht eine dreiseitige Form vorstellen, damit wird die Sache aber in meinen Augen nur unnötig kompliziert gestaltet.

Was man sich vielleicht noch vorstellen könnte, wäre die Abwesenheit der T-Card als dritter Zustand zusammen mit einer geeigneten Kennzeichnung auf dem Board selbst. Am ehesten wäre das dann der rote Zustand in der LPA-Terminologie, der darauf hinweist, dass sich jemand um den Checkpunkt kümmert.

Dann müsste aber entweder das Board selbst eine geeignete Information (über den betreffenden Checkpunkt) tragen oder es müsste noch eine zweite Karte als Platzhalter am Board hängen.

Da aber die Checkpunkte auf den T-Cards eher langfristiger Natur sind und damit nicht zur Dynamik der LPA-Checklisten passen, sehe ich darin eine weitere Hürde.

Damit kommen wir auch schon zu dem oben erwähnten vierten Zustand eines Checkpunkts. Dieser tritt dann ein, wenn ein Checkpunkt oft und lange genug im grünen Zustand geblieben ist. Dann fliegt er nämlich sprichwörtlich von der Checkliste runter, ggf. wird er einfach durchgestrichen und macht Platz für einen neuen Checkpunkt in einer noch freien Zeile (die Anzahl der Checkpunkte sollte immer limitiert sein, vergleichbar zum WIP und den Karten auf einem agilen Kanban-Board.

„Jede Arbeit ist wichtig, auch die kleinste. Es soll sich keiner einbilden, seine Arbeit sei über die seines Mitarbeiters erhaben. Jeder soll mitwirken zum Wohle des Ganzen.“

– Robert Bosch

Natürlich könnte man jetzt auch einfach die betreffende T-Card verschwinden lassen. Typischerweise sind die jedoch aufwändiger gestaltet, so dass das eher einer Verschwendung gleichkommen würde. Und das Board selbst muss ja neutral gehalten sein.

Der Vergleich mit dem agilen Kanban-Board bringt mich jetzt allerdings auf einen weiteren Gedanken.

Bei einem LPA-Board und entsprechenden Karten würde also nicht die Orientierung der Karte (sichtbare Vorder- oder Rückseite) den Zustand des Checkpunkts ausdrücken, sondern die Platzierung in der betreffenden Spalte.

Eine Spalte (die erste) würde den grünen Zustand repräsentieren, ggf. könnte die vertikale Position sogar eine Aussage über die Dauer des Zustands ausdrücken. Je weiter unter (gemessen in Tagen oder im Übergang zu Wochen), desto „grüner“. Wenn dann eine bestimmte Höhe unterschritten wird, kann das ein Indiz für den Zeitpunkt sein, an dem der Checkpunkt überflüssig wird. Er könnte jetzt in eine Sammel-/Parkspalte wandern (könnte man ja vielleicht irgendwas noch mal brauchen).

Eine weitere Spalte würde den gelben Zustand ausdrücken, in dem die Karte bleibt, bis der Checkpunkt grün wird und in die betreffende Spalte wandert.

Eine dritte Spalte würde den roten Zustand ausdrücken. Die Karte würde dort hängenbleiben, bis die damit ausgelöste Maßnahme erledigt ist und der Zustand erstmal auf gelb und dann hoffentlich dauerhaft bei grün bleibt.

Gegen die Spalten zur Zustandanzeige spricht allerdings, dass ein klassisches Kamishibai-Board an sich schon typischerweise mindestens drei Bereiche hat, die für regelmäßige tägliche, wöchentliche, monatliche Aktivitäten stehen. Ein Mix aus beiden Funktionen kommt daher in meinen Augen eher nicht in Frage.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was ist mit dem oben angedeuteten fünften Zustand?

Dabei handelt es sich um keinen separaten Zustand, sondern es wird damit der zeitliche Verlauf des Zustands ausgedrückt. Auf einer klassischen LPA-Checkliste sind das einfach Spalten, die für die entsprechende Checkfrequenz stehen (Schicht/Tag/Woche/…). Damit lässt sich auch sehr einfach nachvollziehen (von der übergeordneten Ebene in deren Checkliste), ob die Checks schon durchgeführt wurden. Das gilt sowohl für die Checks an sich, wie eben auch für die zeitliche Historie.

Die Spaltendimension ist jetzt allerdings schon wie bei einem agilen Kanban-Board für die generellen Zustände belegt. In der Vertikalen kommt zwar die Dauer des Grün-Zustand zum Ausdruck aber der gesamte zeitliche Verlauf fehlt. Außerdem müsste die Aktualität des Checkliste an anderer Stelle zum Ausdruck kommen, bspw. in einem Datumsfeld, natürlich unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zeitlichen Dimensionen.

Ein Stück weit muss ich jetzt also die Überschrift des Artikels relativieren. Ob sich aber T-Cards wirklich auch für LPA einsetzen lassen, käme auf einen Versuch an. Der Vorteil einer klassischen LPA-Checkliste ist mit Sicherheit in der Einfachheit eines Blatt Papiers begründet, das sich ebenso einfach an einen freien Platz auf einem Shopfloor-Board hängen lässt.

Für Ebenen oberhalb des Shop- oder Officefloors – also ohne Kombination mit T-Cards bzw. Kamishibai – würde ich weiterhin die einfache Checkliste vorziehen.

Wenn Sie wissen möchten, wie die Einführung von Layered Process Audits in Ihrem Verantwortungsbereich aussehen können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Welche Erfahrungen haben Sie mit Kamishibai und/oder Layered Process Audits gemacht? Welche Gedanken haben Sie bzgl. einer Kombination der beiden Konzepte? Wie würden Sie das gestalten?

Sie können einen Kommentar hinter­lassen, indem Sie hier klicken.

Oder teilen Sie den Artikel, gerne mit Ihrem Kommentar, auf Ihrem bevorzugten Social-Media-Kanal und lassen andere an Ihrer Erkenntnis teilhaben.

Jetzt eintragen und Artikel/Denkanstöße zukünftig per eMail erhalten.

Artikel teilen auf ...

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.