Was ein Berater nie mitbringt …

Zeit

Die Antwort auf diese einfache Frage ist ebenso einfach, hat aber in der Konsequenz Folgen auf verschiedenen Ebenen. So wie die Frage nur fünf Wörter enthält, genügen bei der Antwort sogar vier Buchstaben.

Was bringt also ein Berater nie mit?

Zeit. Er bringt nie Zeit mit, zumindest keine außer seiner eigenen im Rahmen der Beratung.

Je nach Blickwinkel nimmt er sogar Zeit weg.

Aber mal ganz von vorne.

Um welche Zeit(en) geht's eigentlich?

Im Lean-Kontext denkt man möglicherweise zuerst an folgende Zeiten: Durchlaufzeit, Bearbeitungszeit, vielleicht noch Rüstzeit und Liegezeit und in diesem Zusammenhang dann in die Zeitverschwendung.

Die Zeit, um die es mir jetzt hier geht, ist die Zeit die Menschen zur Verbesserung einsetzen (müssen), um Verbesserungen, bspw bei den oben genannten Zeiten, zu erzielen.

Diese Zeit kann ein Berater nie mitbringen. Die Verfügbarkeit dieser Zeit wird ausschließlich durch die Prioritäten im betreffenden Beratungskontext bestimmt, also indirekt durch die verantwortlichen Entscheider.

Diese Zeit unterliegt dann auch einem Homöopathie-Effekt, sorgt also praktisch immer für eine gewisse Erstverschlimmerung, weil sich die positiven Auswirkungen der eingesetzten Zeit eben erst mit der Zeit zeigen. Manchmal tritt der gewünschte Verbesserungseffekt auch erst nach dem zweiten, dritten oder weiteren Anlauf ein. Was aber ganz natürlich ist, weil man sonst ja schon vorher gewusst hätte, was der einzig richtige Weg zur Verbesserung gewesen wären und sich dann die Frage gefallen lassen müsste, warum man bisher die Zeit zur Verbesserung hat verstreichen lassen.

Die eigentliche Fragestellung ist also, ob die notwendige Zeit besser für etwas anderes eingesetzt werden sollte, bspw. für das klassische Tagesgeschäft oder zum Löschen von sprichwörtlich ausgebrochenen Feuern oder anderen unerwarteten Dingen.

„Ein Irrtum entsteht nicht durch einen Mangel an Wissen, sondern durch mangelndes Urteilsvermögen.“

– John Locke

In diesem Zusammenhang ist es dann hilfreich, wenn die allgemein verfügbare Zeit nicht zu 100 % für die Wertschöpfung und deren Unterstützung verplant wird (80 % ist eine typischerweise angemessene Grenze). Auslastungen über 80 % führen ganz schnell zur Überlastung mit allen negativen Effekten, speziell auf die Durchlaufzeit, übrigens egal ob es sich um die menschliche Zeitressource dreht oder die von Maschinen oder anderen technischen Ressourcen.

Falls die verfügbare Zeit schon zu 100 % verplant ist, tritt der Effekt ein, dass der Berater eben vermeintlich Zeit wegnimmt. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass es sich eben oft um Zeit für das Tagesgeschäft handelt, in der man typischerweise auch Routine hat und es deshalb „liebgewinnen“ hat. Selbst wenn es objektiv keinen Spaß macht, ist es doch etwas bekanntes und damit innerhalb der Komfortzone.

Die Verbesserungen und damit etwas neues finden ebenso typischerweise außerhalb der Komfortzone statt und sind dabei mit notwendigen Lernerfahrungen und möglicherweise anfänglichem Nichtwissen verbunden.

Wenn Nichtwissen innerhalb der betreffenden Organisation eher einen negativen Beigeschmack hat, ist es auch kein Wunder, wenn die genannten Effekte verstärkt auftreten.

Und oberflächlich betrachtet, geht es scheinbar nur darum, Zeit aufbringen zu müssen, nur weil (mal wieder) ein Berater im Haus ist.

Gleichzeitig spielt die Einstellung der Entscheider und Führungskräfte auch zum zeitlichen Aufwand eine entscheidende Rolle beim Erfolg für Verbesserungsbestrebung, grundsätzlich auch unabhängig davon ob dafür externe Unterstützung in Anspruch genommen wird oder die Erfahrung der eigenen Mitarbeiter genutzt, auf- und ausgebaut wird. Das gilt insbesondere auch für den eigenen zeitlichen Einsatz der Entscheider und Führungskräfte im Lean-Kontext.

Im Kern kann die notwendige Mitwirkung dieser beiden Personenkreise durch keine (externe) Beratung ersetzt werden!

Frage: Welche externen Faktoren beeinflussen Verbesserungsthemen in Ihrem Verantwortungsbereich? Welche Aspekte bleiben dabei vordergründig verborgen? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

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