Wo das Pull-Prinzip auch wichtig ist und eine bessere Wirkung als Push erzielt

Pull-Prinzip

Das Pull-Prinzip ist eine der Grundlagen von Lean Production und im Lean Management allgemein. Deshalb ist es um so verwunderlicher, dass an einer wichtigen Stelle immer wieder und meist sehr konsequent dagegen verstoßen wird.

Dabei habe ich jetzt natürlich nicht klassische Wertströme im Sinn oder von Lean Gedanken und Prinzipien abgeleitete Konzepte wie agiles Projektmanagement oder vergleichbares, die beispielsweise mittels Kanban-Methoden und dem damit verbundenen Pull-Prinzip den Work-in-Progress (WIP) beschränken und dadurch auch die Durchlaufzeit reduzieren.

Mir geht es jetzt vielmehr darum, wie Lean an sich oft eingeführt wird. Da beschließt die Geschäftsführung, dass Lean und zugehörige Methoden und Werkzeuge eingeführt werden sollen (was erstmal grundsätzlich begrüßenswert ist). Dann werden tolle Programme aufgestellt und die untergeordneten Führungskräfte und die Mitarbeiter werden – manchmal sprichwörtlich über Nacht – mit dem Anspruch konfrontiert, dass sich doch bitte auf Knopfdruck auch die Arbeitsweise, das Selbstverständnis und die zugrundeliegende Kultur verändern soll. Alles ziemlich „pushy“ halt.

Dabei wird ein wichtiges physikalisches Prinzip übersehen, das nicht erst Newton Gültigkeit hat: Druck bewirkt Gegendruck.

Selbst wenn diesbezüglich und im übertragenen Sinn (wir Geschäftsführung denken und beschließen und ihr Belegschaft macht mal) nicht der blanke Taylorismus aus allen Poren spritzt, steht immer und ganz natürlich die Frage bei jedem Einzelnen im Hintergrund „was hab' ich davon bzw. was bedeutet das für mich?“

„Alle Kraft, die wir fortgeben, kommt erfahren und verwandelt wieder über uns.“

– Rainer Maria Rilke

Viel besser wäre es, sich im übertragenen Sinn einer Kundenorientierung auch Gedanken zu machen, wie eine mögliche Antwort auf diese Frage(n) aussieht. Gleichzeitig sollte auch hier die Individualität berücksichtigt werden, die ja auch im generellen Pull-Prinzip verborgen ist (dem einzelnen Kunden ist es ja grundsätzlich auch egal, ob beim Autobauer seiner Wahl am gleichen Tag noch tausend andere Autos vom Band rollen).

Die Antworten auf diese Frage(n) sollten sich im Idealfall die Menschen selbst geben. Im Sinn der Toyota Kata bzw. der Coaching-Kata ist es die Aufgabe der Führungskräfte diese Frage bewusst zu machen und Antworten einzufordern. Auch wenn das für beide Seiten nicht unbedingt bequem sein muss (darf?), hat das viel mit dem oft beschworenen Respekt zu tun.

Dass die richtige Balance zwischen „Kundenbedürfnissen“ und Henry Fords schnelleren Pferden in dieser Situation alles andere als leicht zu finden sein wird, steht vermutlich außer Frage. Gleichzeitig sehe ich das als große Chance, damit der Führungsverantwortung gerecht zu werden und das gleichzeitig als echte Herausforderung in der Führungsrolle (statt bloß Kraft Amtes anzuweisen) zu begreifen und anzunehmen, ohne einfach bloß den alten Taylor aus der Schublade zu ziehen.

Interessanterweise sind die zugrundeliegenden Gedanken zur Schaffung guter Arbeitsbeziehungen gar nicht so neu, sondern schon vor über 75 Jahren im Training Within Industry die Grundlagen des Job Relations Training gewesen und auf der entsprechenden Merkkarte verankert.

  • Menschen müssen als Individuen behandelt werden.
  • Mitarbeiter vorher über Veränderungen informieren, die sie betreffen werden.

Der optimale Nutzen durch Lean Management wird erst bzw. nur erreicht, wenn die Mitarbeiter aus eigenen Antrieb und auch zum eigenen Nutzen (der durchaus bewusst gemacht werden darf) ständig über Verbesserungen nachdenken (können & dürfen) und auch die Freiheit bekommen, die Ideen selbst auszuprobieren. Dazu gehört dann auch, dass mal was schiefgeht (selbst wenn man das als Führungskraft vielleicht hat kommen sehen).

Erst dadurch entsteht auch im Bereich der Verbesserungen ein Pull-Prinzip, was dann auch zur übergeordneten Selbsterhaltung aller Lean-Prinzipien beiträgt und verhindert, dass entsprechende Initiativen im Sande verlaufen.

Wenn Sie wissen möchten, wie das Job Relations Training in Ihrem Verantwortungsbereich aussehen können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über dieses Formular auf oder greifen Sie einfach zum Telefon und rufen Sie mich unter 0171-7342717 an.

Falls die Umstände für Sie aktuell eine Kontaktaufnahme verhindern, legen Sie sich doch eine Wiedervorlage an.

Frage: Wo haben Sie noch kein zufriedenstellendes Maß an Mitwirkung der Mitarbeiter bei Verbesserungen erreicht? Was wäre dadurch möglich? Wie ließe sich eine bessere Mitwirkung erreichen?

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