Trotzdem haben Fehler im Regelbetrieb (der Produktion) natürlich in der Regel unerwünschte Auswirkungen (Qualitätsmängel, Nacharbeiten, Korrekturen, …) und es sollte vermieden werden, zumindest den gleichen Fehler zweimal zu machen (eben weil nach dem ersten Auftreten geeignete Maßnahmen getroffen wurden).
Gleichzeitig gibt es aber eine Art von Situation, in der Fehler mehr oder weniger bewusst vermieden werden. Dadurch werden ebenfalls große Lernchancen versäumt.
Die Situation, von der ich hier rede, tritt auf, wenn Tests durchgeführt werden, bspw. wenn gegen festgelegte Grenzwerte und Qualitätsstandards getestet wird.
Ein übliche Vorgehensweise ist dabei, dass man sich langsam an diese Grenzwerte und den Test als bestanden erklärt, wenn es bis zum Erreichen des Grenzwerts nicht zu einem Ausfall der betreffenden Funktion gekommen ist.
Typischerweise wird dann der Test beendet, weil man ihn eben definitionsgemäß bestanden hat.
Der viel bessere, weil erkenntnisreichere Weg wäre es, wenn die Testreihe jetzt trotzdem fortgesetzt würde, bis es zum Ausfall der zu testenden Funktion kommt und damit eben im Grunde zu einer Fehlerfunktion, deren Ursachen und Randbedingungen aber die Chance böte, weitere Erkenntnisse über das Fehlverhalten zu sammeln.
– Winston Churchill
Sehr vereinfacht ausgedrückt, kann man Erkenntnis über die Folgen von Überdruck in einem Luftballon erst dadurch gewinnen, indem man einen zum Platzen bringt.
Natürlich ist dieser Luftballon dann kaputt und mit dem bloßen Platz des Ballons ist man auch nicht schlauer, wenn man den Zeitpunkt bspw. nicht mit einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommen, die Bilder und die Ballonreste intensiv untersucht hat.
Und natürlich kostet das zusätzlich Zeit, bis zum Fehlerfall und für die anschließende Untersuchung, für die auch zusätzliche Ausrüstungen und Fachleute notwendig sind. Möglicherweise ist auch die Testdurchführung bis zum Fehlerfall nicht zerstörungsfrei, d.h. das Testobjekt ist im Anschluss nicht mehr verwendbar.
Aber die Erkenntnisse können sprichwörtlich unbezahlbar sein.
Aus der Auswertung des Fehlerfalls können sich Hinweise zur frühzeitigen Fehlererkennung ergeben, die dann in Design-Änderungen oder Frühwarneinrichtungen resultieren. Oder es entstehen Erkenntnisse über Wechselwirkungen mit anderen Systemkomponenten, die entweder die Fehlerwirkungen mindern oder verstärken können. Oder es ergeben sich neue Einsatzfälle des Testobjekts (Stichwort Post-its).
Auch die bloßen Auswirkungen eines Fehlers können vage im Dunkeln bleiben, bis dieser das erste Mal aufgetreten ist. Das passiert dann typischerweise besser unter überwachten Laborbedingungen als unkontrolliert und unbeobachtet in der „freien Wildbahn“.
Im Extremfall erfordert der Fehlerfall ein Re-Design, weil das Auftreten zwar extrem unwahrscheinlich ist, die Auswirkungen dann aber fatal wären. Dass würde dann auf jeden Fall ungeplante Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen verursachen und die Time-to-Market und Kosten negativ beeinflussen.
Frage: Wo können gezielte Fehler in Ihrem Verantwortungsbereich nützlich sein? Wie gehen Sie mit solchen Fehlern um? Welche Konsequenzen können sich daraus ergeben?
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