Warum jeder Kunde ist

Kunde

Wenn im Lean-Kontext (und hoffentlich auch sonst) der Begriff Kunde verwendet wird, hat vermutlich jeder ein klares Bild von dessen Rolle und warum es sich lohnt, sich an dessen Bedürfnissen zu orientieren.

Im letzten Artikel [1] hatte ich etwas über interne Kunden geschrieben und sich daraus ergebende Erwartungen und Aufgaben an die diese.

In diesem Artikel will ich das auf die Spitze treiben, in dem ich jeden im Unternehmen zum Kunden mache. Und im Grunde lässt sich das auch auf externe Lieferanten ausdehnen.

Dann stellt sich natürlich die Frage, wie komme ich darauf und welche Konsequenzen ergeben sich aus diese Annahme bzw. These?

Im Grunde ist der erste Teil der Fragestellung ganz einfach.

Was braucht man, um etwas zu „verarbeiten“? – Wobei mit „verarbeiten“ – und deshalb die Anführungszeichen – auch Tätigkeiten gemeint sind, die keine Veränderung an dem „etwas“ bewirken, also bspw. auch Transport oder Lagerung.

Um etwas zu „verarbeiten“, braucht neben dem „etwas“ auch einen Prozess. Dabei ist meine Prozessdefinition einfach die Kombination aus einem Verhalten und der zugehörigen Kommunikation. Und dabei kommt es gar nicht darauf an, ob man jetzt auch ein Prozessbewusstsein hat oder nicht. Der Prozess ist einfach da, wie auch die Schwerkraft oder Massenanziehung da ist. Und die Kommunikation kann auch implizit sein, indem das „etwas“ dadurch zu mir „spricht“, dass „es“ einfach mal da ist und schon durch die bloße Anwesenheit einen Prozess in Gang setzt.

Langer Rede, kurzer Sinn: Da ist also auch der Prozess als eine Form des Inputs, einer Eingangsgröße eines Verarbeiters, eines Menschen. Also wird dieser Mensch automatisch zum Kunden. Man könnte jetzt sagen, er wird zum Kunden des Prozesses, zumindest aber zum Kunden der Person (hoffentlich noch keine KI), die diesen Prozess bereitgestellt hat, definiert hat.

Also ist unter diesem Blickwinkel eben jeder immer auch Kunde. Und daraus ergeben sich eben auch Konsequenzen.

„The buck stops here.“

– Harry S. Truman

Die Konsequenz, dass dieser „Jeder“ in der Abhängigkeit von der Qualität des definierten Prozesses steht – Stichwort „Garbage in, Garbage out“.

Dass dieser Prozess so gestaltet sein sollte, dass der betreffende Kunde gut mit ihm arbeiten kann.

Dass der betreffende Kunde Wissen um diesen Prozess haben sollte, dass er u.U. damit Erfahrung sammeln muss.

Dass er gefragt werden sollte, wie denn der Prozess beschaffen sein sollte, damit er gut damit arbeiten kann.

Dass seine Antworten auf diese Frage dann auch gehört, berücksichtigt und ernstgenommen werden sollten.

Dass man diese Antworten und die notwendigen Überlegungen aber auch einfordern darf. Aber dass man sich bei den Antworten auch irren darf (weil man bspw. noch nicht ausreichendes Wissen und/oder Erfahrung damit hat).

Nach dieser etwas längeren Hinführung stellt sich auch noch die Frage, wer ist Lieferant des Prozesses?

Auch da will ich noch etwas ausholen. Die Bereitung bzw. Definition der Prozesse sind weitere Prozesse, verallgemeinert die sogenannten Führungsprozesse.

Dass die Menschen, die in bzw. mit Führungsprozessen arbeiten, einfach auch Führungskräfte genannt werden, dürfte vermutlich auf der Hand liegen.

Und natürlich sind die damit auch Kunden – dieser Führungsprozesse – also von sich selbst.

Sie sind also Kunden und Lieferanten zu gleich. Könnte man jetzt Führungsschizophrenie nennen. Nicht dass ich damit andeuten will, dass Führungskräfte schizophren sind. Aber ein Dilemma kann es schon sein und das muss man halt aushalten. Dafür steht halt auch etwas mehr auf dem Gehaltszettel.

Und leider kommt man aus dieser Nummer auch nicht raus – solange man Führungskraft ist.

Das Beste, was man in meinen Augen daraus machen kann, ist eben für gute Prozesse zu sorgen, beginnend bei den eigenen Führungsprozessen (speziell der Selbstführung, die wiederum jeden betrifft, auch Nicht-Führungskräfte).

Die gute Botschaft ist … man muss es nicht unbedingt ganz alleine machen. Man kann das – in Maßen – auch delegieren, man kann das einkaufen, man kann sich beraten lassen (dann kann man den Berater auch mal verfluchen [2]).

Fällt insgesamt in die Kategorie am Prozess arbeiten, nicht bloß im Prozess.

Was man aber nicht los wird, ist die Verantwortung dafür (auch dafür gibt's die Sache mit dem Gehaltszettel).

[1] Wo und was Pull noch zieht
[2] Warum Lean ein Fluch sein kann – und warum man als Berater auch mal verflucht werden darf

Frage: Wo sind Sie in Ihrem Verantwortungsbereich auch mal Kunde? Wo sind Sie Lieferant? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

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