Inhalt der Episode
- Welche Formen der Angebote gibt es und was ist dabei zu beachten?
- Was sind typische Ursachen, wenn Angebote nicht die gewünschte Wirkung erzielen?
- Welche Wirkung können Angebote über den eigentlichen Zweck hinaus noch erzielen?
- Wie sollte ein wirksames Angebot generell aufgebaut sein?
- Was kann man aus verlorenen Angeboten lernen?
Notizen zur Episode
- XING-Profil von Marco Fischer
- Website von Marco Fischer
- Blog-Artikel
- Gastartikel
- Angebots-Quickcheck
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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.
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(Teil)automatisiertes Transkript
Episode 140 – Angebotsprozesse
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Marco Fischer bei mir im Podcast-Gespräch. Er ist Angebotsexperte und darum wird unsere Unterhaltung sich heute drehen. Hallo Marco.
Marco Fischer: Hallo Götz. Ich grüße dich. Freut mich sehr, dass ich heute in deinem Podcast dabei sein kann und mit dir einen gemeinsamen Podcast veröffentliche, der ein mir sehr am Herzen liegendes Thema zum Inhalt hat, nämlich wie du schon gesagt hast, bin ich Angebotsexperte und deshalb kümmere ich mich sehr gerne um das Thema Angebote, besonders Individualangebote. Denn wie du dir vorstellen kannst, jeder ist als Mensch, du, ich, ein Individuum und man möchte auch als ein solches wahrgenommen werden. Das zeigt sich auch bei Angeboten, denn es kaufen nicht Unternehmen von Unternehmen, sondern Menschen von Menschen. Und das ist ein ganz besonderes spannendes Thema und Umfeld für mich, lieber Götz.
Götz Müller: Ja. Ich denke, da werden wir uns intensiv unterhalten. Jetzt möchte ich zum Start so ein bisschen den Rahmen aufspannen – das mache ich ja auch in anderen Episoden – sprich, wenn wir über den Angebotsprozess sprechen, dann kommt ja typischerweise ein bisschen was davor und ein bisschen was danach. Da gibt es so Dinge wie Marketing, da gibt es so Dinge wie Vertrieb, natürlich auch irgendwann mal die Leistungserbringung zum Angebot. Was sind so deiner Ansicht nach die wichtigsten Berührungspunkte mit anderen Prozessen oder Prozessabschnitten?
Marco Fischer: Ja. Kann ich gerne ein bisschen was dazu sagen. Grundlegend ist es ja so, dass der Vertriebsprozess im Marketing durchaus eingeordnet ist, im Rahmen von Vertriebs- und Distributionspolitik, als Bestandteil sozusagen im Marketingmix, das hört sich jetzt ein bisschen kompliziert an, im Sinne von Produkten, Preisen, Distribution und auch das ganze Thema Kommunikation dazu. Da hast du ja auch schon sehr viele Dinge in Podcasts dazu gemacht. Dabei geht es also um alle Aktivitäten und Entscheidungen auf dem Weg eines Produktes oder einer Dienstleistung, vom Anbieter, also vom Hersteller, zum Endverbraucher, also dem Kunden. Und besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen, und das liegt mir besonders am Herzen, ist eine gute Gestaltung der Beziehungen und der direkte Kontakt zum Kunden aus meiner Sicht von fundamentaler Bedeutung. Ich kann das mal an ein paar simplen Beispielen kurz für dich aufzeigen. Ein Kraftwerk, eine neue Fabrik, ein komplexes und medizinisches Gerät oder auch eine komplexe Softwarelösung lassen sich nicht einfach über Massenmedien vermarkten. Folglich ist ein sehr persönlicher Verkauf, einschließlich Beratung und Betreuung des Kunden, sehr wichtig und wenn man sich den Vertriebsprozess mal anschaut, dann erkennt man recht schnell, dass das Angebot dann das letzte und aus meiner Sicht auch das wichtigste Element ist, bevor es in die Umsetzung geht. Manchmal sagt man ja auch Implementierung geht. Und also genau der Übergang zur konkreten Aktion und Aktivität beim Kunden und dort ordne ich das im Endeffekt ein und deshalb liegt mir das auch so sehr am Herzen und ich halte das für sehr wichtig. Man kann einen tollen Prozess gestaltet haben bis zu diesem Punkt und genau dort krankt es dann häufig, dass man im Endeffekt alles wieder einreißt, was man vorher schön aufgebaut hat.
Götz Müller: Ja. Auf den Punkt werden wir mit Sicherheit noch eingehen. Vielleicht zum Start noch mal, du hast es ein bisschen angedeutet mit erklärungsbedürftigen Produkten oder Leistungen: Was sind deiner Ansicht nach Formen von Angeboten, unterschiedliche Formen, über deren Differenzierung man im Grunde aber auch nachdenken sollte, damit man sich klar darüber ist, was mache ich jetzt eigentlich gerade?
Marco Fischer: Ja. Wichtige Frage, Götz. Hinsichtlich der Differenzierung: Man könnte das jetzt sehr wissenschaftlich erklären. Da gibt es … Ich will das nachher noch ein bisschen in einen einfacheren Rahmen bringen, den ich immer für mich so fasse … Man könnte sagen, es gibt zum einen so typische kaufmännische Angebote, mit denen beschäftige ich mich auch. Nicht so sehr mit der rechtlichen Seite, da gibt es Juristen, die sind gut ausgebildet, die sollen das tun, alles prima. Also die kaufmännische Seite liegt mir an sich am Herzen. Zum Zweiten gibt es vertrieblich gesehen erstmal so Angebote, dass man sagt: Okay, ich bestelle entsprechende Produkte oder Dienstleistungen für mich, das ist die eine Seite, auf der anderen Seite brauche ich fremde Angebote, das ist dann die Lieferantenseite und dort findet man a) häufig die typischen Standardangebote mit keinen großen individuellen Anpassungen an Kundenwünsche, die da erforderlich sind. Die sind meistens auch zeitlich befristet. Oder du findest auch so Dinge wie Ausschreibungsangebote, die in einer Ausschreibung eine Rolle spielen mit besonderen Bedingungen. Ich habe das für mich eigentlich in paar wenige Kategorien eingeteilt und habe gesagt, es gibt dort für mich und in dem Zusammenhang mit allen Angeboten für meinen Bereich, den ich eben spannend finde, ganz kurz zusammengefasst, a) die sogenannten nichts-zu-klären- oder alles-klar-Angebote, so habe ich die genannt, ein Standardangebot für zum Beispiel „Ich will eine Festplatte verkaufen.“, „Ich will als Möbelhaus oder wer auch immer Tische, Stühle verkaufen“. Das ist sozusagen ein alles-klar-Angebot. Was eine Festplatte ist weiß jeder, was sie kostet, wie viel Kapazität sie hat etc. Ganz einfaches Beispiel. Dann die sogenannten Schnell-Angebote mit Sonderkonditionen, wo ich sage „Heute 10 Stück zu 9,50 €“. Alles schön. Was ich besonders spannend finde und warum wir uns heute gemeinsam unterhalten sind dann die Individualangebote, wo es wirklich um erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen geht und da wird es eben spannend für mich: Systemlösungen, komplexe Produkte, die Kombination vor allem aus beidem, weil häufig hast du auch Dienstleistungen um Produkte drumherum, damit du sie zum Leben erweckst und das zu transportieren ist ein ganz spannendes Thema.
Götz Müller: Da habe ich eben vor allen Dingen herausgehört, ansatzweise bewege ich mich natürlich selber, ich glaube, jeder, der in irgendeiner Form unternehmerisch tätig ist, bewegt sich in dem Umfeld. Ich habe so zwei ganz große Unterschiede rausgehört, zum Schluss die erklärungsbedürftigen, wo man über Details reden muss und unterm Strich dann irgendwann mal auch der Preis eine Rolle spielt, während vermutlich in meiner Wahrnehmen, bei den Alles-klar- oder Sonderangeboten, da ist das Produkt im Grunde vergleichbar mit vielen anderen und für den Kunden ist der Preis der entscheidende Faktor oder vielleicht der Zeitfaktor – „Hab‘ ich jetzt und kaufe ich halt jetzt.“
Marco Fischer: Korrekt.
Götz Müller: Okay. So. Jetzt glaube ich, ein Stück weit würde Angebot nicht Angebot heißen, sondern würde es wahrscheinlich Kaufvertrag heißen, wenn nicht Angebote manchmal nicht die gewünschte Wirkung erzählen, sprich, wenn es halt nicht anschließend zum Kauf oder zum Vertrag kommt. Was sind deiner Ansicht nach, du hast es, glaube ich, schon ein bisschen angedeutet und ich möchte es jetzt halt vertiefen, was sind typische Ursachen, wenn Angebote also nicht die gewünschte Wirkung erzielen?
Marco Fischer: Ja. Haben wir häufig, deshalb sprechen wir heute miteinander, weil kurze Mini-Einleitung, erst in den letzten zwei-drei Tagen habe ich mir wieder so etwa drei Angebote anschauen dürfen und dort auch wieder genau das vorgefunden, was ich dir gerne mit auf den Weg geben möchte für den Podcast. Ich sehe immer wieder, dass das zu lösende Problem des Kunden nicht richtig erkannt und seine damit verbunden Wünsche, der dahinterstehender Nutzen, häufig nicht komplett im Angebot berücksichtigt sind. Das bedeutet also, er findet sich nur zum Teil wieder. Das hatten wir vorhin schon in der einen Fragestellung. Du hast einen tollen Vertriebsprozess, aber du findest das in dem Angebot nicht wieder. Zudem ist ein weiterer Punkt, dass die Klarheit der Aussagen, die inhaltliche Gestaltung häufig sehr viel Luft nach oben. Das sehe ich immer wieder. Und eine eindeutige Nachvollziehbarkeit des angebotenen Etwas, sage ich häufig, für den Kunden wirklich greifbar gemacht ist. Und ein Punkt, den man häufig nicht so sieht, der mir aber auch immer wieder begegnet. Da habe ich so eine schöne Aussage dazu … Compliance tötet Kundenlösungen, sage ich häufig. Was meine ich damit? Du hast Großunternehmungen, Banken und Versicherungen mit ihrer Regulierung. Das schränkt natürlich sehr stark den Spielraum für entsprechende Individuallösungen und Individualangebote ein. Manchmal ist es dann eine Überregulierung, die das durchaus beschneidet. Ähnliche Dinge hast du im Pflegebereich, also der Pflegebranche oder teilweise im öffentlichen Dienst mit ihren strengen Dokumentationsanforderungen. Wenn ich da manchmal in andere Länder schaue, wie Estland, da kannst du elektronisch wählen, da kannst du eine elektronische Staatsbürgerschaft beantragen, du kannst viele behördliche Services elektronisch regeln, das finde ich manchmal schade, aber kurzum, das Thema „Habe ich alles im Angebot? Findet der Kunde sich wieder? Findet er den Nutzen wirklich transportiert?“ also „Genau das wollte ich haben und genau das erreiche ich im Ergebnis damit.“ ist eigentlich der Hauptpunkt.
Götz Müller: Ja. Was würdest du sagen … also ich glaube, da kommt das, was wir ganz am Anfang schon besprochen haben, eben, dass der Angebotsprozess mit anderen Prozessen interagiert, da Voraussetzungen geschaffen werden. Was würdest du sagen, was sind genau die Ursachen, dass solche Dinge fehlen? Ich muss ja erstmal den Punkt finden, an dem ich den Hebel ansetze.
Marco Fischer: Ja. Also zum einen vielleicht die Frage noch etwas anders formuliert, was kann man dagegen tun? Gegen Compliance, um das Letzte kurz aufzugreifen, ist es natürlich schwierig anzukommen. Was du schon tun kannst, das dringendste Kundenproblem entsprechend zu filtern. Das heißt im Prozess davor, vor dem Angebot, muss man einfach besser werden, ihm Rahmen der Kundenakquise, diese richtig vornehmen. Nach der Erstellung des Angebotes, das wird auch häufig vergessen, und vor Abgabe des Angebotes, das noch mal zu spiegeln beim Kunden. Da ein kleiner Tipp, der sich auch bei mir bewährt hat, vielleicht ein Insider-Tipp oder ein kleiner Impuls im Podcast, dafür machen wir den ja: Ich gehe hin und spiegle das Angebot häufig ohne Preis. Das heißt, der Kunde bekommt von mir rein den Inhalt des Angebotes zu Gesicht, ohne irgendeine Aussage zum Preis, um das dann fachlich-inhaltlich abzugleichen. Dann wird erst der Preis dazu gegeben, damit nichts davon wirklich abgelenkt. Ich möchte keine preisliche Ablenkung. Viele schauen zuerst auf den Preis. Ja, da geht es als erstes um den Inhalt. Und vielleicht ein kleiner Querlink hier im Podcast zu einem Interview, was ich schon gegeben habe, bei Konrad Buck, auch ein guter Kollege, der hat mir mal eine schöne Frage gestellt. Er hat gefragt: Was unterscheidet dein bisher bestes Angebot von einem gewagten Dekolleté? Dort habe ich das noch ein bisschen tiefgreifender beantwortet, kann man gern auf KBquadrat schauen, als Website, oder auch auf meiner Website verlinkt. Ein weiterer Hinweis in dem Zusammenhang, vielleicht Fehler, die immer wieder auftreten. So hätte ich deine Frage jetzt auch verstanden.
Götz Müller: Fehler auch an der Stelle. Klar wäre es besser, wenn man sie am Anfang vermeidet, aber man kann ja doch etwas daraus lernen.
Marco Fischer: Genau. Wie eingangs des Podcasts auch schon angeschnitten und kurz schon thematisiert. Das zu lösende Problem des Kunden wirklich in den Mittelpunkt stellen und seine Wünsche diesbezüglich, dass er sich wiederfindet, aber auch, und das noch ergänzend, eine klare Struktur, Gliederung und Inhalt des Angebotes mit ganz klaren Aussagen und die Form, auch da lässt sich viel tun. Wie packe ich alles rein? Nehme ich ein Gesamtdokument, nehme ich Anlagen und wenn ja, in welcher Art und Weise? Es gibt auch häufig, auch das noch als Ergänzung, kein gutes auf den Kunden ausgerichtetes Anschreiben. Also sehr häufig sehe ich, dass gleich mit Angebotstext einfach so begonnen wird. Viele machen sich auch nicht die Mühe, ihre Referenzen im Angebot entsprechend darzustellen. Oder, da kommen wir vielleicht heute noch im Podcast hin, stellen Dinge, die glaube ich, nicht in erster Endkonsequenz für den Kunden wichtig sind, nach vorne. Ich sage mal so, das typische Kleingedruckte, das sollte man also relativ weit hinten unterbringen. Allein bei mir gibt es also so eine grundlegende Standard-Checkliste für Angebote, mit etwas fünfzig Punkten, die ich mir immer wieder hernehme, um zu schauen, welche Fehler oder Unschönheiten sind denn gegebenenfalls im Angebot sind. Also ähnlich wie bei einem Piloten, sich gerne eine Checkliste für die Vermeidung zu entwickeln, ein Pilot ist schon viele Flugstunden geflogen und trotzdem hat er ja seine Checkliste und macht sich noch Gedanken in seinem Cockpit. Also auch vor Abgabe seines Angebots die Checkliste durchgehen und schauen, ob man wirklich abheben, sorry, abgeben kann, aber ich glaube, das ist ein gutes Bild, was es auf den Punkt bringt, und das Hilft auch Fehler zu vermeiden.
Götz Müller: Ja. Wenn wir jetzt gerade bei dem Beispiel Pilot sind, da kann man sich den Worst Case, glaube ich, ziemlich gut vorstellen … so ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert, was war so dein Erlebnis eines Worst Case, wo dir mal was gezeigt wurde?
Marco Fischer: Ja, auch das ist, glaube ich, in guter Erinnerung geblieben. Wenn du so fragst, ich kann das mal ganz konkret schildern, wenn du möchtest, in so ein paar Auszügen.
Götz Müller: Ja, gerne.
Marco Fischer: In dem Angebot ging es am Anfang mit der Anrede ganz profan los mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ beziehungsweise „Sehr geehrter Interessent“, also nichts mit persönlicher Anrede. So das typische dann „Anbei möchten wir Ihnen“ beziehungsweise „möchte ich Ihnen unser Angebot übergeben“ Dann sage ich schon, wenn ich die zwei Sachen lese, lege ich sie eigentlich weg, weil derjenige hat sich weder mit dem Unternehmen noch den Personen, die das Angebot bekommen, in irgendeiner Art und Weise beschäftigt. Aber dann hat man noch mal einen draufgesetzt, ganz krass, würde, glaube ich, meine kleinere Tochter sagen „Bitte beachten Sie folgendes“ stand dann da gleich in der Einleitung …
Götz Müller: Oh oh.
Marco Fischer: „Reisekosten werden mit XYZ verrechnet, die Hotelpauschale trägt ABC, wir arbeiten Montag bis Freitag 8-17 Uhr, jede Mehrstunde kostet“ etc. etc. etc. Das heißt, schon die erste Seite, das Anschreiben war komplett unpersönlich, nur mit betriebswirtschaftlichen Drohungen, das sage ich manchmal auch dazu, bestückt, keine Wertschätzung, kein Dank am Anfang, dass genau unser Ansprechpartner sich an unser Unternehmen gewandt hat, keine Einführung ins eigentliche Dokument, was wann wo zu finden ist, wie ich das übergebende Dokument am besten lesen sollte, auch das ist sehr sinnvoll am Anfang einzubauen, hinsichtlich des Aufbau des Dokuments … und natürlich die eigentliche Lösung, die kam erst im hintersten Teil und davor noch die Ich-Darstellung im Sinne von „Was kann ich, wie toll bin ich“, im Sinne von Umsatz, Mitarbeiter, Standorte, aber ein Kunde will schon sehen, was verbindet sich für ihn ein Nutzen mit dem Angebot. Vielleicht gibt dir das schon einen gewissen Eindruck.
Götz Müller: Das kann ich mir gut vorstellen. Ich hatte gerade auch so den Gedanken, im Grunde ähnelt das ja in beide Richtung, im Grunde ähnelt das ja ganz stark einem Bewerbungsprozess, mit einem Anschreiben, dann vielleicht sowas wie ein Lebenslauf, das ist jetzt nicht das Anschreiben, aber er sollte ja auch wiederspiegeln, was der potentielle Arbeitgeber davon hat, dass er mich einstellt.
Marco Fischer: Ja. Durchaus. Sehr gute Analogie, Götz.
Götz Müller: Und da kommt man ja auch nicht … auch da gibt es die Situation „Hiermit bewerbe ich mich …“, also dieses Unpersönliche und ich glaube, speziell bei den erklärungsbedürftigen Dingen, du hast es ja schon gesagt, da wird es ja nicht so sein, dass man irgendetwas blind raushaut, sondern man hat mit jemandem gesprochen und dann sollte man den auch ansprechen. So. Jetzt möchte ich den Punkt noch ein bisschen vertiefen, eben über die Beauftragung hoffentlich dann hinaus. Das heißt, wir haben gerade über das Vorher gesprochen, wo Beziehungsaufbau passiert und ich das dann auch idealerweise ins Angebot einpasse. Was würdest du sagen, was haben gute Angebote über die Beauftragung hinaus für Wirkungen?
Marco Fischer: Ja. Auch eine sehr gute Frage. Das sind verschiedene Botschaften. Zum einen ganz profan die Sichtbarkeit beim Kunden oder beim potentiellen Kunden, aber auch beim Mitbewerb und selbst wenn du ein Angebot verlieren solltest … auch da hast du im Rahmen der Sichtbarkeit erreicht, dass man in ähnlichen analogen Situationen auf dich zukommt. Ansonsten weiterhin natürlich die Wirkung eines guten Individualangebotes ist auch die, dass bei so einem auch sehr umfangreichen Angebot, wo man sich Mühe gemacht, häufig ein ganzes Team mitgewirkt hat beim Auftrag. Das heißt, nach dem Auftrag ist man schnell beieinander, schnell zusammen im Thema und kann sofort loslegen. Man kennt das Ziel, man weiß, was zu tun ist, man weiß, was man da reingepackt hat, Lösung, Dienstleistung etc. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Zudem, wir hatten es eingangs, wenn ich entsprechende Lösungs- oder Produktpartner habe, dann bin ich natürlich auch mit diesen sehr gut verzahnt und man hat sich durch das Angebot und den Angebotsprozess sehr gut kennengelernt. Man weiß, wie ist man miteinander umgegangen, wie ist jeder in seiner Organisation entsprechend aufgestellt. Umgekehrt ist es natürlich auch so, im entsprechenden Angebotsprozess sehe ich auch wiederum wie der Kunde in seiner Beschaffung aufgestellt ist. Das heißt, ich bekomme mit dem Idealangebot, mit Besprechung des Ganzen, wir hatten es ja durchaus, diese Phase, das auch ohne Preis das erst mal zu spiegeln und mit dem Kunden durchzugehen, ein sehr gutes Gespür füreinander. Das heißt: Wie tickt der Kunde? Er lernt mich ein Stück kennen. Das ist, glaube ich, eine ganz gute und wichtige Wirkung, die man damit auch erzielt.
Götz Müller: Ja. Ich habe da an einer anderen Stelle, ich glaube, es war auch ein anderer Podcast, wirklich den Kunden konkret zu fragen: Was soll den drinstehen, damit sie es annehmen können? Jetzt nicht unbedingt zum Preis, das würde man eher nicht fragen, aber eben inhaltlich, was würde man konkret erwarten?
Marco Fischer: Genau. Also wirklich hinzugehen und zu sagen „Bitte lieber Kunde, prüfe es inhaltlich und fachlich, ob du das wiederfindest, was du dir gewünscht hast. Ansonsten sag mir bitte, fehlt dir noch etwas, was sind offene Punkte? Was sind Fragen, die sich für dich ergeben, damit wir das abklären können, das noch mal schärfen?“ Und damit ist es auch legitim zu sagen „Ich habe noch keinen Preis im Angebot, sondern ich mache mir dann die Mühe, das auch mit einem Preis zu versehen, wenn wir dort inhaltlich beieinander sind.“, sonst habe ich im Zweifelsfall den falschen Preis, den ich da dranschreibe.
Götz Müller: Ja. Macht total Sinn. Jetzt glaube ich, die meisten, ich gehe einfach mal von mir aus, wenn man Angebot hört, denkt man mit Sicherheit auch einfach erstmal an ein Stück Papier. Sei es jetzt physisch oder halt in Form eines pdfs. Und das wird Sicherheit verstärkt, wenn nicht sogar ausschließlich im B2B-Geschäft der Fall sein. Jetzt haben wir zumindest dieses individuelle Thema im B2C nicht. Gibt es aber doch irgendetwas wo dieser Individualcharakter Sinn macht, wenn ich jetzt mal von einer Postwurfsendung absehe? Wo ich auch da dann diesen Gestaltungsrahmen als Anbieter gewinne und damit meine Chancen einfach erhöhe, wenn ich es gut nutze.
Marco Fischer: Ja. Da müssen wir vielleicht ganz kurz noch mal einen Blick reinwerfen in das Thema „Was macht denn von einer ersten Sichtweise ein wirksames Angebot grundsätzlich so aus?“ und da kann ich einen kurzen Einblick geben. Das sind natürlich an sich viele Elemente, ein paar gern genannt von mir, denn es ist ja bei einem umfangreichen Individualangebot, und meistens sind die etwas umfangreicher und nicht nur 1-2 Seiten, wenn ich von einem Individualangebot auch spreche, sehr stark vom Produkt, der Lösung und der Angebotssituation abhängig. Nichtsdestotrotz, bevor ich die Frage gerne beantworte und da einen Eindruck vermittle, da kurz ein paar Dinge genannt, also auch aus meiner Checkliste, die ich da habe. Wir hatten es auch kurz in den anderen Fragestellungen schon beleuchtet. Ein sehr ordentliches, gutes Anschreiben, ein Begleitschreiben ist schon ein A und O. Man kann darüber nachdenken, ein Deckblatt zu haben, was die Wertigkeit des Angebotes noch mal ganz klar zum Ausdruck bringt. Eine persönliche Ansprache in einem Angebotsschreiben mit einem motivierenden Text ist ein ganz wichtiger Punkt. Eine gute Gliederung. Eine Management Summary, also wie der Name schon sagt, für die, die wenig Zeit haben, noch mal alles kompakt zusammenfasst, was an sich in diesem Individualangebot steckt. Eine Kurzübersicht zu dem Angebot, die Kundenanforderungen, eine ausführliche Darstellung der Lösung des Produktes mit dem Nutzen, ich komme noch mal genau auf diesen Punkt. Wie kann er es bekommen, implementieren? Eine entsprechende transparente Kostenaufwandsübersicht. Referenzen. Am Schluss dann eine eigene Unternehmensdarstellung im Rahmen der Partnerschaft, also nicht so stark „Wer bin ich? Was kann ich?“. Dann das Kleingedruckte und ein paar hilfreiche Anlagen, wo ich dann so ein paar Fakten reinpacken kann. Also zum Schluss nicht nur ein Faktenangebot zu schreiben, sondern ein Nutzenangebot. Die Fakten dann gerne als Anlagen reinzupacken. Wenn wir das jetzt so ein bisschen aufsetzend nehmen auf deine Fragestellung, B2B- und B2C-Geschäft. Da habe ich durchaus auch eine Meinung dazu. Wie bereits auch in unserem Gespräch jetzt ein bisschen erwähnt, wir werden ja an unterschiedlichsten Stellen bewusst und unbewusst mit Angeboten bombardiert. Ich denke, das kennst du ja auch aus deinem täglichen Erleben. Also überall wo du vorbeiläufst, siehst du irgendwelche Werbung. Also im B2C haben wir stark dieses Werbungsthema. Das sind also eher weniger diese Individualangebote. Ich denke, das ist auch gar nicht zu leisten. Es sind also eher Pauschalangebote, im Sinne, du erinnerst dich alles-klar-Angebote. Das ist also häufig die Form sowie Art und Weise, wie man damit konfrontiert wird. Beim B2B ist es eher ein ganzes Team, im Sinne des Buying Centres, was mit verschiedenen Personen, Rollen, Verantwortlichkeiten, Interessen auf der anderen Seite als Einkäufer, Fachabteilung, Geschäftsführung, Technik usw., das Ganze betrachtet und die ich im Rahmen meiner Angebotserstellung auch beachten muss. Also den Blick dieser Rollen einzunehmen. Diese Mühe macht sich im B2C nicht wirklich. Die kann man sich auch nicht wirklich machen. Das ist also ein schnelldrehendes Geschäft.
Götz Müller: Wobei es ja vielleicht durchaus auch in dem Umfeld Dinge gibt, wo man ja ein paar Euro mehr auf den Tisch legt. Ich denke jetzt mal so an den fahrbaren Untersatz oder irgendetwas, was man sich auf ein Grundstück stellt, sprich ein Haus, eine Immobilie.
Marco Fischer: Ja. Das ist natürlich trotzdem inzwischen ziemlich standardisiert, also verschiedenste Pakete, die ein Auto hat und die man dort reinpackt. Trotzdem ist noch ein gewisser, auch beim Auto, bin ich ein bisschen affin dafür, weil vor kurzem musste ich meines wechseln … rein beruflich gesehen war ich, muss ich ehrlich sagen, sehr enttäuscht, weil du es gerade angeschnitten hast … sind durchaus auch Preiskategorien, die nicht ganz ohne sind, aber trotzdem macht man sich überhaupt keine Mühe. Auch dort wird all das, was wir heute hier schon besprochen haben, überhaupt nicht angewandt. Also dort wird im Vorfeld weder richtig gefragt, welchen Nutzen ich mit diesem fahrbaren Untersatz verbinde, sondern eher Dinge im Sinne „Oh, nur noch diese Woche 20 Prozent Rabatt“ und genau auf das Modell und so weiter. Das heißt, die ganze Kundenergründung fällt auch da weg, ohne jetzt zu sehr in das Autothema reinzugehen. Wobei wie gesagt B2C eher dieses klassische für mich auch häufig ist MediaMarkt- oder Saturn-Thema, ja, oder Handys verkaufen mit einer bestimmten Ausstattung. Beim B2B wiederum habe ich durchaus eben eine sehr umfangreiche und gute Betreuung, die notwendig ist und beim B2C wiederum passiert viel über Emotionen. Nehmen wir das Thema Auto. Autos werden über Emotionen verkauft, ja. In dem Invidualangebotsumfeld, in dem ich unterwegs bin, da spielen die Emotionen jetzt nicht so stark eine Rolle, aber der Nutzen wiederum, ja, mit dahinterstehenden Fakten. Manchmal gibt es auch so diese Kette MVN, kennst du sicherlich auch: Merkmale, Vorteile und die entsprechend nutzen. Das macht es dort aus und das ist jetzt nicht so die klassische Kette, die du im B2C findest. Das heißt, du hast dort mehr den digitalen Handel, das Online-Marketing. Das ist entscheidend für B2C, während im B2B, wenn ich jetzt kurz zusammenfassen sollte, eine gute Beziehung zu Schlüsselpersonen, zu den Käufern, unabdingbar ist für ein entsprechend gutes Angebot.
Götz Müller: Ja. Macht Sinn. Jetzt hast du vorhin schon angedeutet, so zum Abschluss ein bisschen … Jetzt nehmen wir einfach mal an, wir haben es halt verloren … was würdest du sagen, was sind die Dinge, auch vielleicht in Form einer Checkliste, die man jetzt nutzen kann, irgendein Fehler wird es ja gewesen sein, wenn es hoffentlich nicht nur der Preis war, um es beim nächsten Mal besser zu machen? Was sind deiner Ansicht nach wichtige Lerneffekte, die ich aus verlorenen Angeboten mitnehmen kann?
Marco Fischer: Ja. Verloren ist gut. An sich, die wenigsten wollen natürlich nicht verlieren. Das ist erstmal so das erste Thema.
Götz Müller: Mhm.
Marco Fischer: Du hast die Frage bewusst gestellt, ich halte sie auch für wichtig, weil nichts ist hundert Prozent und natürlich gehört es genauso dazu, dass man auch ein Angebot verlieren kann. Ich würde dann nicht hingehen, wie das auch der ein oder andere tut, und sagen „Ja, ist jetzt vorbei. Ende, aus. Weg zum nächsten.“ Tut man sicherlich, ich nehme den Begriff noch mal, schnelldrehenden Geschäft – „Da kann ich mich doch nicht darum kümmern.“ – aber wenn ich wirklich viel Herzblut und Mühe in so ein Individualangebot gesteckt habe, was ich immer tue, dann gehe ich definitiv noch mal auf den Kunden zu, um das Ganze nach zu besprechen. Das heißt, ich möchte herausfinden, welche Elemente waren gut, welche sind verbesserungswürdig, für die nächste ähnliche Angebotssituation, sodass man Punkte hat, die man eventuell verbessern kann. Und viele sagen jetzt „Ja, meistens verliere ich das eh nur wegen dem Preis.“ Da sage ich definitiv: „Nein, der Preis ist es nicht.“ Ich nehme an, du kennst auch den Taxis? Genau, der hatte das Thema mal sehr umfassend beleuchtet, hat auch so ein schönes Beispiel mit dem Toilettenpapier. Also wenn es der Preis machen würde, hätten wir im Supermarkt nur noch eine Sorte Toilettenpapier, weil komplett vergleichbar und wenn es der Preis macht, müsste sich genau der durchsetzen. Das ist aber nicht der Fall. Und erst vor kurzen hatte ich ein Individualangebot, was ich betreut hatte. 30 Anbieter im Rahmen einer Lösung, die gesucht wurde, eine Individuallösung, die ich betreut hatte, unter die letzten zwei gekommen, der entsprechende Anbieter und er hat es verloren. Was war am Ende das, was es ausgemacht hat? Es war nicht der Preis. Es war genau eine einzige Referenz, die gefehlt hat, ganz konkret. Und das zweite war ein Spannungsfeld zwischen der IT und dem Fachbereich, wo der Fachbereich gesagt hat „Okay, ich will die Referenz, weil die ist gut für mein Bauchgefühl.“ und die IT hat gesagt „Eigentlich haben die eine tolle technische Lösung und die hätte ich gerne.“ und der Fachbereich hat sich durchgesetzt. Und solche Dinge herauszufinden ist durchaus wichtig und man sieht wieder, der Preis war es eben nicht. Also kurzum auch dort sich die Mühe machen, das einer Nachbetrachtung zu unterziehen, halte ich für sehr wichtig.
Götz Müller: Ja und eben aus dem Fehler lernen, weil im Grunde kann man nur aus Fehlern lernen. Das, was man richtig gemacht hat, wusste man wahrscheinlich vorher schon und darum macht man es richtig.
Marco Fischer: Ja. Und wenn du gestattest noch einen Satz dazu, weil ich sagte Fachbereich – Gefühl. Was machst du eigentlich im Individualangebot? Du verkaufst dort am Ende, wenn du es ganz klar betrachtest, ein gutes Gefühl und Sicherheit an den Kunden. Und wenn er das hat, wenn du das erreicht hast, dass er ein gutes Gefühl mit dir, deiner Lösung, deiner Dienstleistung hat und sich dort damit sicher fühlt, dann wird er genau dein Angebot nehmen. Und das ist die, finde ich, spannende Herausforderung, das immer wieder zu erreichen.
Götz Müller: Ja. Das war ein wunderbares Schlusswort, dass Gefühl auch eine wichtige Rolle spielt. Marco, ich danke dir für deine Zeit.
Marco Fischer: Ich dir auch Götz, dass du mich eingeladen hast und wir die Möglichkeit hatten, das mir sehr am Herzen liegende Thema Individualangebote und verschiedensten, ja, Dingen, die sich damit verbinden, gemeinsam zu beleuchten.
Götz Müller: Ja. Ich danke dir.
Marco Fischer: Danke, Götz. Ich wünsche dir eine schöne Woche.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Marco Fischer zum Thema Angebotsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 140.
Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.
Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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