Inhalt der Episode
- Was ist denn CSR eigentlich und welche Aspekte unternehmerischen Handelns fallen darunter?
- Wie ist CSR entstanden?
- Welche Auswirkungen hat CSR?
- Welche Rolle spielen die Geschäftsprozesse bei der CSR? Wie wirkt CSR auf Geschäftsprozesse, wie wirken Geschäftsprozesse auf die CSR?
- Wer sind die „Mitspieler“ bei CSR?
- Was sind deren Rollen/Funktionen/Aufgaben?
- Wie kann der Einstieg in CSR aussehen?
- Wie wird sich CSR weiterentwickeln?
Notizen zur Episode
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Wenn Sie selbst ein interessantes Thema für eine Episode im Umfeld von Geschäftsprozessen haben, können Sie mir das auf dieser Seite mit Vorbereitungsfragen vorschlagen.
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(Teil)automatisiertes Transkript
Episode Kaizen 2 go 147 – CSR und Geschäftsprozesse
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Isabelle Sprenger bei mir im Podcast-Gespräch. Sie ist Beraterin für Nachhaltigkeitsfragen. Hallo Frau Sprenger.
Isabell Sprenger: Hallo, Herr Müller.
Götz Müller: Klasse, dass es heute geklappt hat. Sagen Sie mal noch zwei, drei Sätze zu sich als Person.
Isabell Sprenger: Ja. Ich komme von der Unternehmensseite in das Thema Nachhaltigkeit und bin seit 2018 selbständig, berate Unternehmen zu dem Thema. Eigentlich der Ausgangspunkt war mein privates, persönliches Interesse, und ja, wie wir alle konsumieren, wie wir essen, wie wir uns fortbewegen und da hatte ich die Chance, das immer mehr auch in mein Arbeitsgebiet zu integrieren, was eigentlich die Kommunikation ist. Ich komme also vom Journalismus in das Thema.
Götz Müller: Jetzt habe ich als Titel für die Episode den englischen Begriff CSR, also Corporate Social Responsibility, genommen. Damit würde ich ganz gerne jetzt anfangen den Begriff überhaupt einmal, und dann eben auch Nachhaltigkeit als deutsches Pendant einfach mal noch mal begrifflich fassen, was das ist und was dazu gehört, was das unternehmerische Handeln angeht.
Isabell Sprenger: Ja, Corporate Social Responsibility kommt ja aus dem Amerikanischen und ich muss sagen, dass ich ihn so nicht verwende, ist aber sehr gebräuchlich. Ich würde eher sagen corporate responsibility, Unternehmensverantwortung, weil ich denke, dass dieses Thema sozial ein bisschen für Verwirrung gesorgt, weil es so bisschen auf vorige Handlungsweisen zu dem Thema verweist, nämlich dass es eigentlich mehr um Volunteering oder um Spenden oder Förderprogramme geht und das ist dieses ja eigentlich nicht, sondern es geht um die gesamthafte Unternehmensverantwortung, die Nachhaltigkeit zum Ziel hat, um das auch mal zu trennen. Es ist ja nicht beides dasselbe. Verantwortlich sind wir als Privatpersonen und sind eben auch Unternehmen natürlich dafür, was sie tun und wie sie mit der Umwelt und den Menschen umgehen und das Thema Nachhaltigkeit ist eben letzten Endes das Ziel von einer guten Unternehmensverantwortung, um die Begriffe mal zu trennen.
Götz Müller: Wenn ich das richtig verstehe, dann … wenn wir wieder auf … wenn ich mich jetzt noch einmal auf CSR beziehe, dann gibt's da, glaube ich, schon Aspekte, die sind verpflichtend und zum Teil aber auch freiwillig. Ist das Verständnis so richtig?
Isabell Sprenger: Um eigentlichen Sinne gibt es eigentlich erst ein Gesetz, das mehr Nachhaltigkeit zum Ziel hat, aber das wird mehr, und zwar ist dass dieses Richtlinie-Umsetzungsgesetz, das große Unternehmen dazu verpflichtet, über ihre sogenannten nichtfinanziellen Leistungen zu berichten, also ihre Nachhaltigkeitleistungen. Das betrachten wir im engeren Sinne als ein Nachhaltigkeitsgesetz sozusagen, aber natürlich gibt es auch schon Offenlegungs- und Transparenzpflichten und selbstverständlich darf ein Unternehmen nicht einfach irgendwelche Abfälle unsachgemäß entsorgen oder Dinge in den Gewässer leiten oder so. Da gibt's natürlich schon Auflagen und auch Compliance- und Governance-Gesetze, die aber noch nicht bisher darunter fallen zu sagen, wir müssen alle gemeinsam mehr Anstrengungen unternehmen, um nachhaltiger zu werden, im Sinne von weniger Ressourcen verschwenden und weniger CO2 in die Atmosphäre ableiten und so weiter. Das wird jetzt kommen im Zuge von den, ja, drastischeren Auswirkungen der Klimaerwärmung und unseren Verpflichtungen, die wir auch international eingegangen sind, die 2015 ja beschlossen wurden die Sustainable Development Goals, wo es eben darum geht und auch die Klimaziele. Ja, da haben wir uns viel vorgenommen und auch viel zugesagt und die Zeit wird knapper, das zu erreichen wir merken, dass es schwierig wird und in dem Zuge gibt's verschiedene Player, die jetzt sagen, wir müssen wohl mit mehr Regulierung reagieren, mit mehr Gesetzen. Also auch im zu gefangen der Klimakonferenz in Kattowitz hat sich gleich die EU, die ja wichtiger Player ist für uns und auch ein wichtiger Regulierer zu Wort gemeldet und hat gesagt, in welchen Branchen es künftig zu mehr Regulierung und zu mehr Gesetzen kommen wird.
Götz Müller: Auch wenn Sie es jetzt ein Stück weit ausgeklammert haben, das S, also das social, in der Vorbereitung ging mir so durch den Kopf, wo kommt es denn her und keine Ahnung, warum, ich hatte dann auf jeden Fall mal den Impuls, da sind plötzlich die Fugger eingefallen, was ja schon irgendwo in der Größenordnung 500 Jahre her ist, die ja durchaus, was jetzt zu eben diesen sozialen Aspekt, Mitarbeiter und so angeht, könnte fast schon, aus meiner Sicht, Laie, also die Urväter bezeichnen. Wo kommt denn das Thema überhaupt her?
Isabell Sprenger: Ja. Das hat vielfältige Wurzeln, also wie sie richtig sagen, es gibt den Gedanken, dass wirtschaften an sich nicht nur ein Selbstzweck ist sozusagen, den gibt's ja schon lange, den gibt es tatsächlich schon seit der Antike. Bei Aristoteles hat es den schon gegeben und dann auch im Mittelalter mit diesem Begriff des ehrbaren Kaufmanns, dass man gesagt hat, man muss schon gucken, dass man eine gewisse Verantwortung übernimmt, sich an gewisse Regeln hält, Fairness und so weiter und auch etwas für seine Mitarbeiter tut, das ist dieses Thema der Fugger tatsächlich, das gab es dann auch in der frühen Neuzeit. Also das Thema hat schon eine lange Geschichte und ist nicht gänzlich neu. Auch diese ersten Anfänge von dem, was wir heute auch gerne als Definition nehmen, zu sagen, wir dürfen nur so viel Holz einschlagen zum Beispiel wie auch nachwachsen kann, das ist ja auch nicht neu. Das hat alles seine bekannten Wurzeln und diese soziale Komponente, die ist tatsächlich auch schon alt. Ich habe nur, und da habe ich auch viele Mitstreiter inzwischen, so ein bisschen Zweifel daran, wenn wir dieses sozial so in den Vordergrund rücken, dass da zu viel Gewicht drauf liegt. Es geht ja eben nicht nur um die gesellschaftlichen und sozialen Aspekte, es geht um eine Gesamtverantwortung, da spielen die zwar eine Rolle, aber es gab so eine Tendenz und das kommt auch aus dem Amerikanischen, doch zu sehr auf diese Wohltätigkeit abzuzielen und das finde ich dann missverständlich. Letzten Endes muss eine Unternehmensverantwortung, wie ich sie verstehe, aufs Kerngeschäft ziehen und sagen nicht „Wie gebe ich mein Geld aus?“ sozusagen, also „Wie tue ich etwas Gutes damit?“, sondern „Wie erwirtschafte ich es erst und ist das im Einklang mit Natur und Gesellschaft?“.
Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen über die sagen wir mal direkten Konsequenzen eben auf Gesellschaft, auf Natur, Ressourcen und solche Dinge gibt's noch euch vielleicht indirekte, zumindest nehme ich immer mal wieder wahr, so aus dem Augenwinkel heraus, das Unternehmen auch damit, in Anführungszeichen, werben, dass sie sich dieser Verantwortung bewusst sind. Was würden Sie sagen, wie kann man die Auswirkungen an der Stelle greifen und auf wen hat seine Auswirkung?
Isabell Sprenger: Also es ist tatsächlich auch da vielfältig dieses Werben mit dem Thema Nachhaltigkeit. Das war eine Weile richtig in und schien so ein Alleinstellungsmerkmal und da gab’s auch ganz hübsche Nachhaltigkeitsberichte in schönen Farben und so weiter. Das hat nicht mehr mit dem zu tun, was wir heute unter Nachhaltigkeit verstehen und auch die Nachhaltigkeitsbericht haben sich stark gewandelt. Es ist schon so, dass man natürlich, wenn man sich wirklich ernsthaft auf diesem Weg begeben hat,, zu sagen wir wollen nicht mehr Teil des Problems sein, wir wollen Teil der Lösung sein, also gucken wir strukturiert in unserer Wertschöpfungskette, wo sind wir denn Teil des Problems, also wo verstoßen wir denn gegen zentrale Prinzipien der Nachhaltigkeit, wenn man diesen Weg glaubhaft beschreitet, dann muss man natürlich auch gucken, dass man seine Stakeholder mit ins Boot holt und dann muss man auch darüber kommunizieren, nach innen wie nach außen und dann findet man in der Regel auch damit Anklang, also ich kenne kein anderes Beispiel. Aber es gibt eben auch die Facette, das Unternehmen damit werben und im engeren Sinne, ja, vielleicht in einem Produktbereich nachhaltig sind oder sich auch diesen Weg gemacht haben, aber noch kein nachhaltiges Unternehmen sind und da ist manchmal auch so ein bisschen dieses Greenwashing mit im Spiel, dieses sich schöner Färben als man eigentlich schon ist. Man muss ja auch sagen, es ist ein langer Weg, den man da beschreitet, wenn man ein Unternehmen aufgebaut hat und erst, wenn es schon läuft auch diese Facette mit in die Steuerung integrieren will, dann hat man da häufig einen längeren Weg vor sich.
Götz Müller: Das heißt, ich höre so ein bisschen raus, als Differenzierungsmerkmal, sei es, dass es Kunden angeht, sei es, dass es Mitarbeiter angeht, tritt es definitiv im Hintergrund.
Isabell Sprenger: Das würde ich nicht sagen. Es ist ein starkes Differenzierungsmerkmal. Das sieht man an den Unternehmen, die da schon den weiten Weg gegangen sind. Die haben nämlich genau das nicht, was heute überall grassiert, sozusagen, nämlich dieses Thema Fachkräftesuche und diese Recruitment-Problematiken, denn die Unternehmen, die da schon erfolgreich sind, die haben einen ganz großen Zulauf gerade von jungen, gut qualifizierten Leuten, weil die eben genau das bieten, was die heutzutage suchen, nämlich dieses Arbeiten mit Sinn.
Das wird alles so verständlich und klar, wenn man sich auf diesem Weg macht, zu sagen, wir sind nicht mehr Teil des Problems, wir wollen gucken, dass wir nachhaltige Lösungen für meinetwegen bestimmte Materialien finden, die … meinetwegen fossile Brennstoffe oder die Kunststoff-Problematik, die ja ein riesen Thema ist. Kunststoff ist ein wunderbarer Werkstoff, der ist formbar und so weiter, aber macht uns große Probleme, wie wir alle wissen, weil es erdölbasiert ist, aber es gibt mittlerweile Alternativen, also wenn man sagt, wir wollen das nicht mehr, dann kann man sich da durchaus auf den Weg machen, andere Stoffe zu finden, die gleichen Materialqualitäten haben.
Götz Müller: Ja, da geht's jetzt schon in eine Richtung, die mich definitiv interessiert. Wenn wir über Material reden, dann ist für mich der nächste Schritt nicht weit weg, eben Geschäftsprozesse. Was würden Sie sagen, welche Rolle spielen dann Geschäftsprozesse beim Thema Nachhaltigkeit? Und zwar, ich denke mal in beiden Richtungen, also einerseits vom Prozess auf die Nachhaltigkeit und umgekehrt von der Nachhaltigkeit auch auf den Prozess.
Isabell Sprenger: Geschäftsprozesse spielen immer eine Rolle, wenn man diesen Weg beschreitet, weil man ja in der Regel in der Wertschöpfungskette Dinge verändern will. Also, das fängt an bei der Materialgewinnung, das geht über, ja, auch Logistikprozesse, wo man auch zum Beispiel geteilte Infrastrukturen als Weg wählen kann, bis hin zum Recycling und zum Abfall oder zur Lagerwirtschaft und bei all diesen Dingen geht es natürlich auch darum, Ressourcen nicht zu verschwenden, Prozesse zu optimieren, auch Digitalisierung spielt eine Rolle, ist übrigens eng verbrüdert und verschwestert mit dem Thema Nachhaltigkeit und wird auch Konferenzen und Fachforen eigentlich immer gemeinsam angeboten. Und die Theorie ist eigentlich heute oder die Überzeugung, dass die beiden zusammen gehören, wenn man erfolgreich sein will.
Götz Müller: Wenn wir jetzt über Prozesse reden, bin ich dann immer relativ schnell eben auch bei den Menschen, die in den Prozessen tätig sind, aber umgekehrt auch Menschen, die von Prozessen beeinflusst werden. Was würden Sie sagen, wer sind so insgesamt die Mitspieler beim Thema Nachhaltigkeit? Wenn wir mal so einen ganz breiten Bogen schlagen, so ganz umfassend das Thema betrachten.
Isabell Sprenger: Ja, das Thema kann uns ja alle inzwischen nicht mehr kalt lassen. Wir alle haben damit tägliche Berührungspunkte, wir als Privatperson und die Unternehmen und dann gibt es natürlich noch die öffentliche Hand, es gibt den Gesetzgeber und die alle haben natürlich unterschiedliche Rollen, das ist klar, die Gesetzgebungsseite, habe ich eben gesagt, die wird künftig sich lauter zu Wort melden, das ist so, und bei den Unternehmen ist es so, im Moment sind von solchen gesetzgeberischen Dingen vor allen Dingen die Großen, also die börsennotierten Unternehmen und die Finanzdienstleister, also Banken und Versicherungen betroffen. Da gibt's so ein gewisses Delta von Unternehmen, die unterhalb dieser Größenordnung sind, also kleinere und mittelständische Unternehmen, die zum Teil, wenn sie nicht gerade Lieferanten sind und da auch Auflagen haben, so ein bisschen rausfallen aus dem Thema und sich vielleicht noch nicht genügend damit befassen. Und ansonsten, wie Sie sagen, jeder hat da seine Rolle im Unternehmen. Führungskräfte, die Unternehmensleitung, im Grunde kann so ein Thema nur funktionieren, wenn es glaubhaft vorgelebt wird. Das sieht man zum Beispiel bei den Dieselskandalen, die hatten auch alle eine sehr große Compliance-Abteilung, aber trotzdem hat es nicht funktioniert, also es muss einfach glaubhaft im Unternehmen auch vorgelebt werden und dann erst kann es getragen sein.
Götz Müller: Ja, ich möchte es noch bisschen weiter vertiefen, weil jetzt Gesellschaft, Politik, Unternehmen ist auch irgendwie was relativ abstrakt ist, man kann es nicht wirklich greifen, zum Schluss bleibt es aber doch an, ich sage es mal ein bisschen flapsig, an der einzelnen Nase hängen, sprich an der einzelnen Person, was sind dann, wenn wir jetzt mal, Führungskräfte, Unternehmensleitung haben sie schon sagt, Mitarbeiter, was sind dann deren konkrete Rollen, welchen Einfluss üben die dann auch raus?
Isabell Sprenger: Letzten Endes ist eine strategische Entscheidung, eine geschäftspolitische Entscheidung, ob ich dieses Thema Nachhaltigkeit ernsthaft mit in meine Steuerung übernehmen will oder nicht oder ob ich eben einfach rein die Gesetze erfülle und wenn ich aber dieses erstere tun will, dann habe ich vielleicht nicht den aller einfachsten Weg gewählt, aber ich habe tatsächlich den gewählt, der sicherlich und das ist die Überzeugung vieler Experten heute mit der erfolgversprechendste ist und dann habe ich auch viele Aufgaben im Sinne von Veränderungsprozesse anstoßen, vielleicht Innovationen anstoßen, auch Vorbild sein, das glaubhaft vorleben und auch strategisch nach innen und außen glaubhaft zu verkaufen sozusagen und die Führungskräfte entsprechend natürlich auch das weiter zu tragen. Und dann sucht man sich bei seinen Lieferanten entsprechend auch die, die das Thema auch mittragen oder man verpflichtet sie eben auf genau das, was man haben möchte.
Götz Müller: Ich höre so bisschen raus und da sehe ich dann auch eine ziemlich große Parallele zu mein Thema Lean Management und Co, in dem Augenblick, wo ich die Menschen, sagen wir mal, greifbar mit einbeziehe, gebe ich ihnen auch eine persönliche Verantwortung, vielleicht aber eine gewisse Handlungsfreiheit, Dinge mit zu gestalten und damit aber unterm Strich, glaube ich, doch eben auch da wieder eine Art von Nachhaltigkeit zu schaffen, nicht nur Dienst nach Vorschrift zu machen, sondern eigene Gedanken zu entwickeln, wo kann ich denn noch was verbessern, wie sie es gesagt haben, oder?
Isabell Sprenger: Also das gehört für mich absolut zusammen und da gibt's ja sogar innerhalb dieses ganz, ganz großen Feldes von Nachhaltigkeit dieses Gebiet New Work, wo es eben genau darum geht, dass man weniger eben mit diesen, ja, mit diesen angeleiteten Führungsstrukturen arbeitet, sondern auch mehr Freiheit, im Sinne von, ja, Selbstorganisation, solche Dinge spielen bei New Work noch eine Rolle, das heißt, man hat also bei denen Anhängern dieses Feldes gesagt, es ist einfach nicht erfolgreich gewesen, wie es war, wie es viele Generationen bisher gemacht haben, dass man einfach sozusagen diesen Dienst nach Vorschrift macht. Man kommt von der Hochschule meinetwegen, man setzt sich in ein Hamsterrad und los geht's und man denkt nicht großartig nach, also das sind einfach auch nicht die gefragten Arbeitshaltungen und Arbeitsweisen, die heute Anklang finden bei jungen Leuten. Wenn man die fragt, also ich gebe auch eine Vorlesung über Nachhaltigkeit, wenn man die fragt, wo wollt denn ihr später hin, sagen die, ja, Gehalt und so weiter, Work-Life-Balance, spielt eine Rolle, aber dieses Arbeiten mit Sinn dieses Mitdenkendürfen, das ist für uns wichtig, beteiligt werden und auch überzeugt sein, von dem, was man da tut.
Götz Müller: Okay, jetzt hatten Sie es auch vorhin mal angedeutet, im Grunde, fängt man irgendwann mal mit dem Thema an und je früher man anfängt, im Sinne von dichter an einer Gründung, wenn es Unternehmen sein sollte, das sich jetzt irgendwo neugründet, desto einfacher, habe ich zumindest raus gehört, wird es, wenn ich jetzt aber ein Unternehmen bin, das schon, vielleicht sogar Generationen, lange unterwegs ist, was ist so Ihre Empfehlung in das Thema überhaupt einzusteigen?
Isabell Sprenger: Also ich bin ein Freund von systematischem Vorgehen. Das passiert häufig nicht. Also ich habe es schon bei vielen Kollegen gesehen und bin da auch selbst leidgeprüft, ich habe auch dieses Thema Nachhaltigkeitsmanagement selbst in einem Unternehmen aufgebaut. Es ist einfach im laufenden Prozess sozusagen, schwierig noch mal innezuhalten und auch die Ruhe zu finden, zu sagen, was ist denn unser nachhaltiger Nutzen unserer Produkte zum Beispiel. Das ist das eine und dann überhaupt ein klares Verständnis davon zu haben, was ist denn nachhaltig und was ist nicht nachhaltig bei uns, was sind denn die Prinzipien der Nachhaltigkeit? Kann man die einfach fassen? Das kann man ja. Und dann zu sagen, wir gehen mal wirklich strukturiert durch die Wertschöpfungskette durch und das ist eben genau mein Ansatz, zu sagen, ich habe da einen strukturierten Planung mit ein paar Punkten und mit denen geht man durch die Wertschöpfungskette durch, vom Ressourceneinsatz, über die Geschäftstätigkeit, die Mitarbeiter zu Governance Fragen und guckt, wo haben wir da Ansatzpunkte, wo läuft etwas nicht im Einklang mit Natur und Gesellschaft und dann einen strukturierten Plan zu machen sagen, wo greifen wir als erstes an sozusagen. Aber da braucht es eben auch noch mal diesen Moment des sich Zurücklehnens und zu sagen, ja, wir entwickeln eventuell auch eine neue Version unseres Geschäftsmodells. Also wenn man nicht gerade gründet und sagt wir machen ein Produktdesign, wo wir von Anfang an die Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt haben, dann ist es eben einfach auch schwerer und man hat zum Teil dickere Bretter zu bohren. Nehmen wir einfach die Kleiderindustrie, die irgendwelche Kleidungsstücke herstellt irgendwo in Ländern, wo es erstmal problematisch ist mit der Produktion und mit den Menschenrechten, und dann wird es auch noch Materialien, die zum Teil, je nachdem, vielleicht Funktionsbekleidung oder so, die auch noch dieses Problem haben des Abriebs von Mikroplastik, dann muss man sich etwas überlegen wenn man das nicht mehr will, und dann geht man tatsächlich auch in meinetwegen die Stoffneuentwicklung. Das sind alles Dinge, die macht man ja nicht von heute auf morgen, sondern das muss man strukturiert planen. Man muss es vielleicht erst bei einem Produkt, ausprobieren, um dann es bei den weiteren auch noch nachzuvollziehen und, ja, es ist zum Teil ein längerer Weg als wenn man jetzt sagt, wir gründen ein Startup und wir bedenken von Anfang an, was nehmen wir für Rohmaterialien, wie sieht es in der Logistik aus, wie sieht es beim Gebrauch aus, ist es wiederzuverwenden, ist es recycelbar, ist es abbaubar oder nicht. Und da hat jeder Marktteilnehmer so seine Überlegungen.
Götz Müller: Ja ich könnte mir vorstellen, wo sie das Stichwort Geschäftsmodell genannt haben, ich hatte mir da vor einiger Zeit auch mal Gedanken drüber gemacht und mal so ein paar meiner Kundenbranchen angeschaut und habe ich irgendwie das Gefühl gehabt, da sind ein paar Branchen dabei, ganz anders wie bei einer Neugründung, da hat nicht jemand, so zumindest meine außenstehende Wahrnehmung, mal nicht jemand intensiv drüber nachgedacht, wie sieht denn mein Geschäftsmodell eigentlich, sondern es hat sich über, manchmal auch über Jahrhunderte so hin entwickelt, wo man vielleicht mal bei einem Ochsenkarren angefangen hat und dann irgendwann hat ein Fürst gesagt „Hey, Ochsenkarren ist jetzt nicht so, ich will eine Kutsche haben.“ und irgendwann stand dann der Daimler in seinem Gewächshaus und hat ein Auto gemacht und in dem ganzen Umfeld sind ja noch andere Geschäftszweige entstanden, wo nicht morgens einer aufgewacht ist und gesagt hat „Hey, jetzt werde ich Autoverkäufer.“ Und da könnte ich mir jetzt eben vorstellen, dass das aber unter Umständen auch eine Chance ist, mal intensiver über das eigene Geschäftsmodell nachzudenken und zu gucken, wo komme ich denn eigentlich her und wo muss ich mich vielleicht sogar und, nicht immer unbedingt unter Nachhaltigkeitsaspekten, wo muss ich mich vielleicht hin entwickeln, weil sich der Markt insgesamt ja weiterentwickelt.
Isabell Sprenger: Ja. Das ist auf jeden Fall eine Chance, also, vor allen Dingen möglichst bald, denn die Problematiken verschärfen sich ja. Und gleichzeitig ist es so, dass die Konsumenten, ja, vielfach schon für sich eine Entscheidung getroffen haben, also dieses Thema Nachhaltigkeit spielt ja eine gleichwertige Rolle im Reigen der Verkaufsargumente, also die Kunden wollen heutzutage gerne wissen, ob ein Produkt fair produziert ist, ob es recycelbar ist oder abbaubar oder all diese Dinge, ob Menschenrechtskonflikte da eine Rolle spielen oder nicht. Und das muss natürlich für Unternehmen eine Rolle spielen, die auch morgen noch existieren wollen und genauso ist es mit zum Beispiel eben diese Mobilitätsfragen oder Antriebsfragen. Natürlich sind das dann auch wieder dickere Bretter, die zu bohren sind, aber es ist auf jeden Fall eine Chance, sich frühzeitig selbst Gedanken zu machen über eine Transformation des Geschäftsmodells als zu warten, dass von außen die Regulatorik zugreift und die Ressourcen immer knapper werden und die Auflagen immer größer.
Götz Müller: Ja, und ich glaube, da hat mir dann eben nicht diese Entwicklungsmöglichkeit, weil dann sagt halt einer, ja, jetzt sperren wir die Innenstädte für Diesel.
Isabell Sprenger: Ganz genau und dann ist es ja schon zu spät.
Götz Müller: Genau. Okay. Vielleicht so ein bisschen Richtung Abschluss. Dinge entwickeln sich ja, sie kommen irgendwoher und sie gehen auch irgendwo hin und das wäre jetzt so meine Frage zum Abschluss, was würden Sie sagen, wie wird sich das Thema generell weiterentwickeln, was zeichnet sich vielleicht schon ab oder auf was kann man fast schon warten?
Isabell Sprenger: Also ich glaube, dass dieses Thema nachhaltiges Wirtschaften einfach immer mehr Anhänger finden wird, immer mehr zunehmen wird und das sieht man einfach auch auf den sozialen Medien, da gibt es auf Instagram und Facebook, es gibt so viele Gruppen, die auch so viele Anhänger zum Teil oder Influencer, die einfach in ihren Alltag versuchen diese Dinge zu integrieren und auch Firmen, die viele, viele Follower haben und es wird täglich mehr, die einfach auch neue Produkte geschaffen haben, die eben diesen Nachhaltigkeitskriterien genügen und letzten Endes glaube ich, dass gewisse traditionelle Industrien oder Sparten da dringend ein Umdenken brauchen und ob zusammen mit diesem Digitalisierungsüberlegungen letzten Endes durch eine Art von Tunnel durchmüssen, damit sie wirklich sich zukunftsfähig machen.
Götz Müller: Ja, ich denke, die Zukunftsfähigkeit und da sehe ich eine große Gemeinsamkeit eben wieder zu den Geschäftsprozessen, das ist das, wo man eben gestalterisch, unternehmerisch tätig sein muss und nicht abwarten kann, was da vielleicht von außen passiert, weil ich sonst nur getrieben bin.
Isabell Sprenger: Genau.
Götz Müller: Gut. Ich fand es eine spannende Unterhaltung. Ich habe da Gemeinsamkeiten gesehen, ich habe da Wechselwirkungen gesehen und ich habe definitiv keinen Widerspruch gesehen, deshalb danke ich Ihnen für Ihre Zeit und für die interessanten Aspekte.
Isabell Sprenger: Vielen Dank auch, hat mich sehr gefreut.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Isabell Sprenger zum Thema Nachhaltigkeit und Geschäftsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 147.
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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
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