Inhalt der Episode
- Wann bezeichnet man eine Situation eigentlich als Konflikt?
- Wie entstehen typischerweise Konflikte? In welchen Szenarien treten Konflikte auf?
- Welche Ursachen haben Konflikte? Welche Konfliktformen gibt es?
- Welche (negativen) Folgen haben Konflikte?
- Welche Chancen können sich aus Konflikten ergeben?
- Wie lassen sich Konflikte vermeiden?
- Wie geht man mit Konflikten am besten um, wenn es doch dazu kommt?
- Was kann man als Außenstehender bei Konflikten tun? Was sollte man vermeiden?
- Wo/wie kann man sich Unterstützung holen (als Involvierter, als Beobachter)? Was sollte man dabei beachten?
Notizen zur Episode
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(Teil)automatisiertes Transkript
Episode Kaizen 2 go 154 – Konfliktmanagement
Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.
Götz Müller: Heute habe ich Jasmin Böttinger bei mir im Podcast Gespräch. Sie ist Feelgood Managerin und Mediatorin. Hallo Jasmin.
Jasmin Böttinger: Hallo Götz. Vielen Dank für die Einladung.
Götz Müller: Schön, dass du dabei bist.
Jasmin Böttinger: Gerne.
Götz Müller: Sag noch zwei, drei Sätze zu dir, was du machst, wie du zum Thema Feelgood Managerin und Mediatorin gekommen bist.
Jasmin Böttinger: Sehr gern. Ja, wie gesagt, ich bin Mediatorin und Feelgood Managerin und kümmere mich in Unternehmen und Organisationen darum, dass sich Mitarbeiter und Angestellte einfach wohlfühlen und das ist mir eine Herzensangelegenheit, dafür habe ich Ausbildungen entsprechend machen dürfen und die haben mich so nach und nach so ein bisschen zu dem Thema gebracht. Ich selber komme aus dem Personalwesen und habe einfach gesehen, wie hoch die Fluktuation ist und wie viele Kosten dadurch entstehen und da gehört nicht nur die Rekrutierung dazu, sondern eben auch die Art der Kommunikation, wie wir im Unternehmen sprechen oder wie wir mit den Menschen umgehen, parallel dazu eben auch das Thema Konflikte und weil das alles im Feelgood Management sehr gut vereint ist, passt das vom Thema so ein bisschen zusammen.
Götz Müller: Genau und heute haben wir uns ja ganz speziell eben das Thema Konflikt rausgepickt und da jetzt zum Einstieg einfach damit wir auch eine Begriffsklärung haben, auch die Zuhörer, wann bezeichnet man eine Situation eigentlich als Konflikt?
Jasmin Böttinger: Also von einem Konflikt spricht man immer dann, wenn ich mich selber länger als, ich sage jetzt mal fünf bis zehn Minuten mit einem Thema beschäftige, ich mich ärgere über etwas oder eben auch mehrere Personen an der Produktivität leiden, weil sie sich so ein Stück weit an einem Thema aufhängen. Das kann ganz klein anfangen und kann unterm Strich nachher auch ganz groß werden.
Götz Müller: Ja, das war schon ein gutes Stichwort – anfangen – was ist so deine Erfahrung, wie entstehen Konflikte? Kann man überhaupt von typischerweise reden?
Jasmin Böttinger: Typischerweise ist ein Konflikt etwas ganz Persönliches. Ich sage immer, das ist so ein bisschen ein Trigger, den man trifft bei einem selber, häufig ist es so, dass ein Bedürfnis, das ich selber habe, oder auch einen Wert, den ich habe, nicht erfüllt wird. Wenn man dann mal genauer hinschaut, zum Beispiel als Führungskraft bin ich immer jemand gewesen, der sehr drauf achtet, dass Menschen pünktlich sind, und wenn ich jetzt erlebe, dass meine Mitarbeiter häufig zu spät kommen, dann ist der Wert, den ich habe in Form von Pünktlichkeit einfach … triggert mich und damit entsteht bei mir schon der Konflikt und somit greift das so ein bisschen über dann auf denjenigen, der da eben regelmäßig zu spät kommt.
Götz Müller: Obwohl der wahrscheinlich jetzt dich nicht ärgern will.
Jasmin Böttinger: Nein, der will mich nicht ärgern und der hat in dem Moment wahrscheinlich auch gar kein Unrechtsbewusstsein, weil für ihn ist ja im ersten Moment mal alles in Ordnung, er kommt zur Arbeit oder sie.
Götz Müller: Ja. Jetzt hast du die Stichwort Wertekonflikt, oder ich habe es rausgehört, genannt, gibt's auch noch, weil Werte kann man natürlich unheimlich viele identifizieren und jeder hat andere Werte und vielleicht entstehen dadurch schon Konflikte, aber vielleicht noch mal bisschen allgemeiner, gibt’s außer Wertekonflikten noch andere Konfliktarten?
Jasmin Böttinger: Ja, es gibt durchaus andere Konfliktarten. Das heißt, ich kann mit mir in einem inneren Konflikt sein, wenn ich mit mir selber etwas ausmache, wo ich einfach unklar bin, wir haben Konfliktarten zum Beispiel teamübergreifend, abteilungsübergreifend, wo man davon spricht letztendlich, dass in Prozessen oder Strukturen oder Organisationen Konflikte entstehen. Also da gibt's die vielfältigsten Arten an Konflikten. Von mir ausgehend bis hin zur kompletten Organisation und zu Prozessen.
Götz Müller: Mir kommt da jetzt gerade noch ein anderes Thema, vielleicht können wir das nachher noch vertiefen, ich will nicht zu tief abschwenken, aber noch ein bisschen den Aspekt Ursachen vertiefen und vielleicht auch dann von dem abgeleitet Konfliktformen.
Jasmin Böttinger: Also Ursachen sind in der Tat, wenn man sich die Konflikte anschaut wirklich immer persönlich. Das heißt, ich fühle mich in irgendeiner Form, wie ich es vorher gesagt habe, getriggert. Ob das jetzt daher kommt, dass es Werte sind oder Dinge sind, die ich als Person oder als Mensch einfach brauche oder Gefühle, die verletzt worden sind, Konflikte sind immer etwas Persönliches. Die entstehen dann allerdings durch einen bestimmten Rahmen oder durch Tätigkeiten oder durch das Verhalten von einem Menschen mir gegenüber. Und dadurch nimmt das einfach so einen gewissen Raum dann auch an.
Götz Müller: Kann man sagen, dass es im geschäftlich-betrieblichen Umfeld Konflikte gibt, die es im persönlich privaten Umfeld nicht gibt und umgekehrt?
Jasmin Böttinger: Ja, kann man, weil letztendlich im geschäftlichen Kontext ja aufgrund von Strukturen, Abläufen, Prozessen häufig Themen vorgegeben sind, und Rahmenbedingungen geschaffen sind, die ich mir vielleicht im privaten Kontext anders organisieren oder legen würde. Deswegen, ja, in der Rekrutierung sagt man auch so ein bisschen „Es passt nicht immer jeder Mensch zu jedem Unternehmen.“, auf Grund von Leitbild oder von, ja, Organisation im Unternehmen. Auch das muss ein Stück weit immer zu einem auch passen. Wenn ich jetzt, nur mal als Beispiel, das Thema Arbeitszeit nehme, was wir vorher hatten, wenn ich jemand bin, der gern die Zeit flexibel gestaltet und dann im Unternehmen aber Regelarbeitszeiten habe, von 8 Uhr bis 17 Uhr, dann geht die Flexibilität weg und ich habe damit eine strukturelle Situation, die ich schon der Wirtschaft so ein Stück weiter eher zuordne wie dem Persönlichen.
Götz Müller: Ja, das richtig. Wobei ich mir andererseits mit dem Pünktlichsein auch vorstellen könnte, wenn ich mit jemanden vereinbart habe, ins Kino zu gehen oder wo auch so ein fester Startpunkt irgendwo wichtig ist und er oder sie kommt zu spät, würde mich das wahrscheinlich auch nicht wirklich freuen.
Jasmin Böttinger: Da bin ich bei dir, wenn es ums Thema Pünktlichkeit geht, ja. Wenn ich jetzt jemand bin, der sagt, ich möchte ganz flexibel sein oder mir ist Flexibilität als Solches wichtig, dann habe ich da wieder einen Anknüpfungspunkt einfach, wo ich sage „Hm, passt jetzt vielleicht nicht ganz so zu meinem Lebensstil vielleicht oder auch zu meiner Vorstellung, wie ich das gerne haben möchte, in der Organisation.“
Götz Müller: Jetzt glaube ich würde man über Konflikte nicht reden, wenn sie nicht Folgen, typischerweise negative Folgen, haben. Was sind so Folgen, die dir immer wieder begegnet sind.
Jasmin Böttinger: Negative Folgen können im schlimmsten Fall sein, dass Arbeitnehmer kündigen, das heißt, das Unternehmen verliert Know-how, Wissensträger, aber auch, was mir häufiger schon vorgekommen ist, dass Arbeitnehmer häufig krank sind dadurch. Das sind natürlich dann so die schlimmsten Themen. Ich will gar nicht sagen im besten Fall, aber im Normalfall ist es eher so, dass die Produktivität im Alltag leidet, dass wir uns wahnsinnig viel mit dem Konflikt als Solches dann beschäftigen und dass wir uns nicht mehr um unsere Arbeit kümmern oder um das, was letztendlich im Unternehmen das Ziel ist.
Götz Müller: Ja oder ich könnte mir vorstellen, dass vielleicht irgendwelche Koalitionsbildungen und ähnliche Dinge passieren.
Jasmin Böttinger: Das kommt natürlich dazu, ja, dass man unter Umständen dann und unterschiedliche Fronten hat oder abteilungsübergreifend, wenn der Konflikt mehrere Abteilungen betrifft, einfach da dann entsprechend noch mal, ja, an der Produktivität merkt man es meistens, dass man einfach nicht mehr gemeinsam an einem Strang zieht, um ein Ziel zu verfolgen, sondern dass wir mehr Arbeitszeit damit vergeuden, diesen Konflikt zu bearbeiten. Im besten Falle bearbeiten, im schlimmsten Falle dann austragen.
Götz Müller: Jetzt heißt es schön, zumindest habe ich irgendwann mal vor vielen Jahren, glaube ich schon, den Spruch gehört, es gibt auch Chancen bei Konflikten. Das würde ich ganz gerne ein bisschen vertiefen. Was sind denn Chancen? Das hört sich ja erstmal paradox an.
Jasmin Böttinger: Ja, es hört sich paradox an. Die größte Chance aus dem Konflikt heraus ist, die Menschen um sich herum besser zu verstehen, Klärung für sich und für die Abteilungen oder für die Betroffenen entsprechend zu bekommen und gegebenenfalls damit eben auch eine Gemeinschaft wieder neu zu beginnen oder zu erhalten, die dann als Team oder, ja, gemeinsam an einem Strang zieht und in eine Richtung geht.
Götz Müller: Ich könnte mir vorstellen, wenn man jetzt über Konflikten nachdenkt oder akzeptiert hat, dass sie existieren, kommt man ziemlich schnell auf die Fragestellung „Okay, kann ich sie vermeiden und wenn ja, wie kann ich Konflikte vermeiden?“
Jasmin Böttinger: Ich glaube, wir haben in unserem Alltag, und das ist auch gut so, viel mit Menschen zu tun und immer da, wo Menschen aufeinandertreffen, werden wir Konflikte nicht vermeiden können, aber wir können natürlich ein bisschen Prophylaxe betreiben, indem wir offen sprechen und offen sprechen auch so ein bisschen über unsere Sorgen und Nöte und Ängste ein Stück weit, da Transparenz schaffen, weil dann hat das Gegenüber oder haben die Kollegen, die Führungskräfte, einfach auch die Möglichkeit, entsprechend eine andere Perspektive auch einzunehmen, um zu verstehen, warum ich vielleicht, in der Situation jetzt gerade nicht ganz so begeistert bin oder auch angefressen bin.
Götz Müller: Mir geht jetzt gerade noch ein Begriff, Meinungsverschiedenheit. durch den Kopf, was ich jetzt so aus dem Bauch raus irgendwo als eine Art von Vorstufe bezeichnen würde, was vielleicht auch wieder was mit Werten zu tun hat, wann würdest du sagen, also a) ist es erstmal so und wenn ja, wann ist irgendwie der Übergang von der bloßen Meinungsverschiedenheit, man muss mit jedem einer Meinung sein und, ich glaube, auch da kann es wieder eine Chance sein, sich darüber klar zu werden gemeinsam, wann wird es zum Konflikt?
Jasmin Böttinger: Das ist ein schwieriger Grad. Also eine Meinungsverschiedenheit ist immer dann erledigt, wenn ich mich danach umdrehen kann und sagen kann „Okay, aber der andere hat seine Meinung, seine Perspektive, das kann ich so akzeptieren, aber es ist seins.“ Ein Konflikt wird es meistens dann, wenn man die Sachebene so ein bisschen verlässt und eher in Richtung Beziehungsebene geht und sich jemand dann persönlich angegriffen fühlt oder unverstanden fühlt. Aber das ist schon ein schwerer Grad, da eine ganz klare Abstufung zu treffen. Aber wie ich vorher mal gesagt hatte, wenn ich merke, mich beschäftigt das Thema einfach mehr als über diese Diskussion oder Unterhaltungen aus, dann würde ich schon von einem Konflikt sprechen, einem kleinen.
Götz Müller: Okay. Wenn jetzt klar ist, ich kann im Grunde den Konflikt nicht vermeiden und verhindern, das heißt, ich habe irgendwann den Konflikt, was mache ich jetzt, wie gehe ich damit am besten um?
Jasmin Böttinger: Am besten gehe ich damit um, indem ich erstmal für mich schaue, habe ich einen Einfluss drauf. Also es gibt ja, wie vorher gesagt habe, gewisse Prozesse, Regularien, die ich vielleicht gar nicht in der Hand habe und dann gilt es für mich persönlich zu klären, ich sage immer ganz gerne „Love it, change it or leave it.“ Es ist leider so, manche Themen kann ich als Person nicht beeinflussen und die Themen, die ich beeinflussen kann, da einfach in die maximale Transparenz zu gehen, in die Offensive gehen, mit den Menschen, die es betrifft, entsprechend in die Klärung gehen, solange ich dazu selber noch in der Lage bin. Es gibt ja auch eskalierte Konflikte, wo ich einfach so eingeschüchtert bin oder so viel Angst und Sorge habe auch, ein Stück weit, dass ich da vielleicht gehemmt bin, blockiert bin und mich gar nicht traue, ein Stück weiter zu gehen.
Götz Müller: Was wahrscheinlich immer unbewusst der Fall sein kann, wenn es halt hier auch Hierarchieunterschiede gibt zwischen den zwei Konfliktparteien.
Jasmin Böttinger: Zum Beispiel, ja.
Götz Müller: Okay. Jetzt könnte ich mir vorstellen, und andeutungsweise habe ich es auch rausgehört bei dir, man kann ja auch Außenstehender sein, also im Grunde ist man gar nicht direkt am Konflikt beteiligt, nimmt den aber wahr, wozu vielleicht die zwei Konfliktpartner gar nicht mehr so Lage sind … Was kann ich da tun, was sollte ich tun, was sollte ich vielleicht aber auch nicht tun?
Jasmin Böttinger: Also was ich ganz schwierig finde ist, wenn man sich einmischt. Einmischen insofern, es gibt so Vorstufen von einem Konflikt, wo man mit Sicherheit kollegial noch mal beratend tätig sein kann oder auch seine Perspektive sagen kann und sagt „Mensch, ich habe wahrgenommen im Moment streitet ihr euch häufiger oder da ist unterschwellig irgendwas, kann ich was tun?“, also Hilfe anbieten, das schon. Wenn ich selber als Außenstehender allerdings das Gefühl habe, das lässt sich gar nicht mehr klären mit so einem einfachen Kaffeegespräch, dann wäre meine Empfehlung in der Tat, die Führungskräfte mit einzubinden, weil letztendlich auch ein Stück weit gerade in den Organisationen, die auch Verantwortung tragen, dass ein gewisses Klima herrscht in der Abteilung oder im Team, solche Themen eben zu klären.
Götz Müller: Jetzt stelle ich aber vielleicht mal die ein bisschen provozierende Frage, wenn einer der beiden die Führungskraft ist?
Jasmin Böttinger: Ja, dann gibt es unterschiedliche Varianten. Das hängt jetzt ein bisschen von der Größe des Unternehmens ab, also in den meisten größeren Unternehmen gibt das dann die Möglichkeit, Betriebsräte mit einzuschalten oder andere Schnittstellen anzusprechen. In kleinen und mittelständischen Unternehmen ist das natürlich ein bisschen schwieriger. Da kann es hilfreich sein, sich von außen jemanden zu holen. In den meisten Fällen ist es allerdings so, dass entweder die Führungskräfte übers Geld entscheiden oder eben dann die Geschäftsleitung oder die Inhaber, sodass mein Tipp in der Tat der wäre, die nächsthöhere Stufe zu wählen. Einfach mit einem informativen Gespräch beziehungsweise, auch dem Willen, diesen Konflikt zu lösen, also nicht in Form von anschwärzen, also niemanden verpetzen oder an den Pranger stellen, sondern es sollte einfach der Wille da sein diesen Konflikt zu lösen und vielleicht auch schon der Versuch unternommen worden sein, das entsprechend mit der Führungskraft im ersten Schritt mal zu klären, aber wenn man da nicht mehr weiter kommt, sich wirklich am Hilfe noch mal von, entweder den gleichwertigen Positionen holen, also vielleicht gibt es ja noch eine zweite Führungskraft im Unternehmen, die man dann mal ansprechen kann und sagen kann „Mensch, ich komme hier nicht weiter, bitte hilf mir.“ oder dann gegebenenfalls, wenn die Strukturen so klein sind, dass es wirklich ein kleineres Unternehmen ist, wo nicht noch mal eine zweite Führungskraft da ist, gegebenenfalls auch mit dem Inhaber oder dem Geschäftsführer noch mal in Austausch gehen.
Götz Müller: Jetzt noch mal nachgefragt, kann man irgendetwas identifizieren, wo man sagt, das würde ich jetzt nicht machen, im Sinne von „Die Hand auf die heiße Herdplatte ist halt nicht so gesund“, gibt es irgendeine Ausschlussgeschichte?
Jasmin Böttinger: Ja. Menschen an den Pranger stellen. Also was ganz schlimm ist in so einer Situation ist, wirklich Menschen vorzuführen oder schlecht zu reden oder die Situation als solche … den Menschen quasi schlecht machen vor jemandem, sondern immer versuchen aus der Perspektive drüber nachzudenken, wie bekomme ich den Konflikt gelöst. Und nicht darüber nachzudenken, was hat der mir getan, sondern in dem Moment fühle ich mich ja betroffen und möchte Hilfe haben und nicht sagen „Du bist Schuld“, sondern „Ich sehe ein Problem …“, also immer bei sich so ein Stück weit zu bleiben, damit man nicht in diese Situation kommt zu sagen „Du bist, du hast, du machst …“ Und das ist schwer. Das ist sehr, sehr schwer in so einer Konfliktsituation.
Götz Müller: Mir schoss jetzt gerade noch ein anderer Aspekt in den Sinn, der da wahrscheinlich eine starke Verwandtschaft hat, nämlich der Punkt Mobbing, wo ja, glaube ich, wie gesagt, in meinem laienhaften Weltbild, ein Konflikt halt auch mal in Richtung Mobbing, ja, eskalieren kann.
Jasmin Böttinger: Ja, das stimmt. Wobei bei Mobbing sind es häufig unterschwellige und intrigerische, wenn ich's mal so sage, Handlungen, die da vonstatten gehen, die teilweise auch gar nicht bewusst wahrgenommen werden, weder von den Kollegen, noch von einem selber im ersten Schritt. Das wird natürlich hintenraus extremer, aber häufig fällt Mobbing gar nicht so schnell auf wie ein Konflikt, sondern das passiert über eine längere Zeit und auch wirklich ganz bewusst. Und bei einem Konflikt ist es eher so, dass es unbewusste Handlungen sind, die zu einem Konflikt führen oder eben auch, ja, eine Beziehung zwischen zwei Menschen oder eine andere Rollenverteilung, die dann so einen Konflikt mit auslösen.
Götz Müller: Jetzt haben nur viel über, ja, ohne dass wir es so ausgedrückt haben, aber viel über interne Themen gesprochen, also intern, innerhalb eines Unternehmens, ich hatte es vorher ganz kurz angedeutet, mir kamen dann eben auch Situationen in den Sinn, wo das außerhalb von Unternehmen der Fall ist, ich habe da halt einfach eine meiner Branche, nämlich das Baugewerbe im Kopf und ich mache mir diesen, vielleicht etwas harten, Ausdruck, dass auf den Baustellen letzten Endes Krieg herrscht, was ja auch eine Art von Konflikt ist, auch wenn er vielleicht nicht mehr mit Waffen ausgetragen wird, aber schon mit harten Bandagen.
Jasmin Böttinger: Der Ton auf dem Bau ist deutlich rauer als in manchen anderen Branchen, das ist wohl richtig. Dadurch, dass da mehrere Gewerke aufeinandertreffen ist ja ein Bau meistens, ja, abhängig ein Stück weit auch von einem gewissen Zeitplan, so wie jetzt mein Einverständnis jetzt dafür ist und unterschiedlichen, aufeinanderfolgenden, ja, Gewerken und da ist es natürlich möglich, dass genauso Konflikte entstehen und wenn man von außen drauf schaut ist die Herausforderung, dass letztendlich immer einer so ein Stück weit als Vermittler tätig sein sollte, kann, darf oder auch muss.
Götz Müller: Ja. Da kommt mir jetzt aber in den Sinn, wo wir jetzt so kurz drüber reden, im Grunde gibt es den gar nicht. Es hat jeder seine eigene Agenda, muss er haben, also auch ein Architekt als Vertreter des Bauherrn oder der Bauherr selber, wenn er irgendeine aktive Rolle einnimmt, ist ja Teil des, ja, Kuddelmuddels, um es mal so zu nennen. Da gibt es diesen Unabhängigen gar nicht, außer es läuft mal einer an der Baustelle vorbei und hört wie da rumgebrüllt wird.
Jasmin Böttinger: Meine Empfehlung ist auch da, einfach so transparent wie möglich. Der Tonfall, mag sein, dass der auf der Baustelle einfach noch mal oder im Baugewerbe einfach von vorne rein oder vom Grund her schon sehr offen und ehrlich ist, was natürlich auch auf der Beziehungsebene ab und zu mal aufstoßen kann, aber wenn man da einfach eine gewisse Transparenz schafft und Offenheit auch schafft, die Themen aus der Welt zu bekommen, kann man vielen Konflikten auch schon vorbeugen. Ich sage jetzt aus meiner Rolle heraus als Mediatorin ist es auch ein Stück weit so, dass manche Themen einfach eskalieren und dann man nicht drumrum kommt, eben auch gegebenenfalls sich wirklich extern Unterstützung zu holen, wobei das noch relativ selten passiert.
Götz Müller: Da könnte es aber vielleicht auch schon wieder die Chance sein, wenn ich in den Konflikt oder das latent vorhandene Konfliktszenario, auch wirklich aktiv adressiere, dass man vielleicht ein Thema löst, was schon viel, viel länger besteht.
Jasmin Böttinger: Unbedingt ja. Also, sobald ich die Offenheit habe und die Transparenz halt auch habe dem anderen gegenüber und das offen anspreche und sage „Du, ich habe hier gerade ein Thema, das beschäftigt mich, wie kriegt man das gelöst?“, hat man häufiger die Möglichkeit, so ein Thema zu klären, als wenn ich vor mich hin bruddel und einfach mein Geschäft weitermache.
Götz Müller: Ja. Das ist jetzt noch mal ein wunderbares Beispiel, denn da habe ich sofort etwas vor einem geistigen Auge, wo letzten Endes genau die Situation existiert, dass, ja, eine Führungskraft, die aber selber sehr aktiv mitarbeitet, mit einer Situation nicht zufrieden ist, weil sie aber stark in den Arbeitsprozess eingespannt steht, sie, ja, eine zeitliche Chance schon gar nicht hat, das Thema zu lösen und deshalb dann, wie du es wunderbar ausgedrückt hast, als ob du dabei gewesen wärst, vor sich hin bruddelt.
Jasmin Böttinger: Ich glaube, dass das häufig im Arbeitsalltag passiert. Oder ich glaube das nicht nur, ich weiß das und ich sehe das, dass wir uns so in unserem Hamsterrad befinden, durch Zeitdruck, durch Termindruck, dass wir gar nicht mehr die Möglichkeit haben, mal kurz so eine Vogelperspektive einzunehmen und mal schön von oben drauf zu gucken und manchmal muss man da wirklich ganz bewusst sagen „Ich nehme mir jetzt mal die halbe Stunde Zeit und gucke mir das mal an. Wo hängt es denn gerade oder was ist das Problem?“ Nur meistens ist es dann schon soweit, dass der Konflikt schon da ist. Dass das gar nicht, ja, im Vorfeld auffällt, sondern dass erst die Extremsituation passieren muss, dass mal jemand den Kopf hebt und sagt „Oh, hoppla, hier hätte ich reagieren müssen oder hätte präventiv schon mal was tun können.“
Götz Müller: Wobei ich glaube, im Grunde ist es fast nie zu spät.
Jasmin Böttinger: Nein, das ist es nicht. Die halbe Stunde kann unter Umständen ein Vielfaches der Zeit hinterher wieder irgendwo einsparen oder sogar zurückgewinnen, in Anführungszeichen, wenn nämlich die Produktivität wieder in ein normales Maß kommt.
Jasmin Böttinger: Definitiv. Das ist so.
Götz Müller: Gut. Jasmin, ich fand, das war eine spannende Unterhaltung und, wie gesagt, im darüber sprechen ist mir da wieder die ein oder andere Situation in den Sinn gekommen, wo ich jetzt auch noch mal bisschen mit ein bisschen anderen Augen als Externer draufgucke und dann noch mal drüber nachdenken werde. Deshalb, ich danke dir für deine Zeit.
Jasmin Böttinger: Sehr gerne. Vielen Dank für die Einladung.
Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Jasmin Böttinger zum Thema Konfliktmanagement. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 154.
Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.
Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.
Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.