Kaizen 2 go 162 : Digitalisierung für Monteure


 

Inhalt der Episode:

  • Wie ist der Impuls zur Digitalisierung für Monteure und Servicetechniker entstanden?
  • Begriffsklärung: Monteure/Servicetechniker, was sind typische Tätigkeitsfelder, wie sieht deren typische Arbeitsumgehung aus?
  • Was ist die größte Herausforderungen für diesen Personenkreis?
  • Wie sieht die Digitalisierungslösung der attenio aus? Wie werden die spezifischen Bedürfnisse der Monteure abgedeckt?
  • Wie sieht die Integration in die bestehende IT-Landschaft aus?
  • Wie reagieren die “Betroffenen” generell auf diese Form der Digitalisierung?
  • Welcher indirekte Nutzen ergibt sich zusätzlich?
  • Wie sieht der Einstieg in diese Form der Digitalisierung?
  • Welche Veränderungen ergeben sich in den stationären Abteilungen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode Kaizen 2 go 162 – Digitalisierung für Monteure

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Fedor Titov auf bei mir im Podcastgespräch. Er ist Gründer und Geschäftsführer der attenio GmbH. Hallo Herr Titov.

Fedor Titov: Ja, hallo Herr Müller.

Götz Müller: Sagen Sie noch mal zwei, drei Sätze zu sich selber, vielleicht auch zur attenio schon.

Fedor Titov: Ja, wie gesagt mein Name ist Fedor Titov und, ja, ich bin einer der drei Geschäftsführer von der attenio GmbH und, ja, wir entwickeln Lösungen für die Industrie, für, um genau zu sein, für die Monteure, also die Leute, die tatsächlich Dinge dann zusammenschrauben die Produkte oder zusammenbauen. Und, vielleicht einmal kurz zum Hintergrund, ich habe ursprünglich mal Maschinenbau studiert und habe dann promoviert und bei der Promotion die anderen beiden Mitgründer auch kennengelernt, wo wir in einem Verbundprojekt, in einem Forschungsprojekt, die Inhalte, die Grundsteine dann für das spätere Unternehmen entwickelt haben.

Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen, wenn man den Begriff Digitalisierung in den Raum wirft, dann werden nicht alle Hände hoch gehen, bezüglich dem Thema Monteure und Servicetechniker. Das heißt so zum Einstieg die Frage, wie ist da jetzt der Impuls entstanden, sich genau mit dem Thema, mit der Zielgruppe auch zu beschäftigen?

Fedor Titov: Ja, die Zielgruppe, ich sage mal so, das war gar nicht so der Ursprung, sondern die Überlegung kam … womit wir uns eigentlich beschäftigt haben, ist die Produktivität generell zu steigern. Also wir jetzt gar nicht mit der Lösung, die wir jetzt haben, sondern ursprünglich generell die Produktivität damals in dem Bereich Schiffbau sich besonders anzuschauen und zu gucken, wo haben Monteure oder generell, wo haben die Werften das größte Potenzial sozusagen auch einfach besser zu werden und damals haben wir dann unterschiedliche Analysen gemacht und auch unterschiedliche Studien durchgeführt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Großteil der Arbeitszeit dafür draufgeht einfach Informationen sich zu beschaffen und diese dann auch zu verstehen. Das heißt, der Mitarbeiter ist weniger damit beschäftigt das eigentliche Produkt tatsächlich zusammen zu montieren als jetzt herauszufinden, was und wie muss ich das überhaupt zusammen montieren.

Götz Müller: Ja, vielleicht können wir noch kurz ein bisschen vertiefen. Was sind denn so die typischen Tätigkeitsfelder der Zielgruppe Monteure, Servicetechniker, wie sieht auch deren Arbeitsumgebung aus?

Fedor Titov: Ja, es ist natürlich stark abhängig davon, was ich für ein Produkt habe. Wir haben den Fokus jetzt speziell auch besonders, ich sag mal, komplexe und variantenreiche Produkte. Also wir reden da häufig von entweder der Stückzahl 1 oder Kleinserien und das heißt, dort habe ich jetzt nicht, wie ich sage mal, im Automobilbau irgendwie einen Takt von ein paar Minuten, wo die Tätigkeiten sich immer wiederholen, sondern ganz im Gegenteil, der Monteur kriegt in der Regel irgendwie eine Zeichnung und vielleicht noch eine Stückliste von allen Komponenten, die da mit rein müssen in sein Produkt oder in eine bestimmte Baugruppe, und dann fängt er mit seiner Arbeit an. Also in der Regel ist es am Anfang, wie gesagt, so circa ein Drittel der Zeit, fängt er damit an sich überhaupt zu erkundigen was kommt hier überhaupt mit rein, wie gehören die Teile zusammen, wie stehen die zueinander, wie müssen die vielleicht, mit welchem Drehmoment müssen bestimmte Schrauben angezogen werden und und und. Weil man muss sich ja vorstellen, er hat dieses Produkt noch nie gesehen. So und im nächsten Schritt geht es dann los, dass er sich die Teile beschafft. Das heißt ein Teil der Teile werden vielleicht angeliefert, einen anderen Teil muss er sich von irgendwo holen in seiner Montage und die bereitet er sich dann vor. Dann kommt Werkzeugvorbereitung, das heißt, er muss irgendwie sich überlegen, mit welchem Werkzeug muss ich das machen, brauch ich einen Schraubendreher, das kennt ja jeder auch von zu Hause, wenn ich was zusammenbauen muss, brauche ich jetzt einen Kreuz- oder Schlitzschraubendreher oder vielleicht doch etwas ganz anderes. Das muss natürlich alles vorbereitet werden. Dann kommt die eigentliche Montage, das heißt tatsächlich der Teil, wo er dann schraubt, schweißt, klebt oder was auch immer er dann gemacht. Gefolgt von einer gewissen Nachbereitung, die auch nicht ganz zu unterschätzen. Und dann gibt’s natürlich auch noch so Tätigkeiten, die jetzt nichts mit der eigentlichen Aufgabe zu tun haben, wie mal auf Toilette zu gehen zum Beispiel.

Götz Müller: Okay. Das heißt, ich höre so ein bisschen raus, wenn ich das durch die Lean-Brille betrachte, die größte Herausforderung für den Personenkreis ist im Grund die relativ hohe Rüstzeit mit all diesen Details. Ich würde das unter die Kategorie Rüsten einsortieren.

Fedor Titov: Ja, gut. Also wir definieren das so, dass wir sagen, die größeren Herausforderungen oder die größeren Potentiale sind tatsächlich in der Informationsphase. Das eigentliche Rüsten, also zum Beispiel jetzt das Werkzeug umzubauen, das ist dann der kleinere Anteil davon.

Götz Müller: Ja, ich würde es halt als eine Form von informationellem, mentalen Rüsten bezeichnen.

Fedor Titov: Das kann man sicherlich machen.

Götz Müller: Genau. Okay. Und in welcher Form greift da jetzt Digitalisierung?

Fedor Titov: Na ja, ein Kollege von mir hat mal eine Folie gezeigt, die fand ich sehr, sehr treffend und zwar … ganz früher, ich sage mal so vor fünfzig, sechzig Jahren, da hat der Konstrukteur ein Produkt oder eine Produktidee getuscht, auf Papier hat er das gemalt, wie er sich das vorstellt, hat das in die Montage gegeben und der Monteur hat dann genau danach mit den gleichen Grundlagen das Ganze gebaut. So, dann kam die Zeit, dann kamen irgendwann mal die ganzen CAD-Rechner, erstmal noch 2D alles. Das heißt der Konstrukteur hat genau das Gleiche gemacht, nur halt eben in digital und nicht mehr auf Papier, hat aber ausgedruckt und dem Monteur gegeben. Das heißt, die Informationen oder die Informationsbasis, die Grundlage, die war immer noch die Gleiche. Und irgendwann haben wir angefangen, mit 3D zu konstruieren. Das heißt, der Konstrukteur hat eine viel bessere Kenntnis vom Produkt, er kann das komplette Design, er kann bestimmte Dinge überprüfen, ob die aneinanderstoßen, ob es Probleme gibt, inwieweit sieht die Baugruppe von der anderen Seite aus, und so weiter und so fort, aber was macht er? Er bricht das immer noch runter auf eine bestimmte Ansicht oder auf einige wenige Ansichten, er druckt das aus und gibt es dem Monteur. Das heißt, für den Monteur hat sich in den letzten fünfzig, sechzig Jahren relativ wenig getan, während sich für den Konstrukteur natürlich, also für denjenigen, der das Produkt sozusagen entwirft, für den sind ganz neue Möglichkeiten entstanden, der kann das Produkt viel besser verstehen. Und genau da sehen wir einen Medienbruch und das ist auch der Punkt, wo wir Digitalisierung jetzt für die spezielle Gruppe natürlich sehen. Das heißt, um genau diese Medienbruch zu vermeiden und die Informationen, die vorhanden sind, diese, in natürlich an einer guten Art und Weise für den Monteur, ich sage mal zu selektieren und ihm dann bereitzustellen.

Götz Müller: Okay, da denke ich jetzt, ich muss aber natürlich dann auch sofort drüber nachdenken, wie integriere ich das in die für den Konstrukteur bestehende IT-Landschaften, weil heute mache ich ja, wie sie es … oder vorher hatte ich es so gemacht, wie sie es ausgedrückt haben, ich habe es halt ausgedruckt und mit dem Medienbruch lebe ich halt erstmal. Wenn ich das vermeiden will, werde ich weiter drüber nachdenken müssen, wie baue ich das zusammen.

Fedor Titov: Genau. Also, es gibt ja bereits heute unterschiedliche Ansätze, also ich meine, ganz klassisch, sage ich mal, wird nach Stückliste und Zeichnungen montiert. So, das ist überwiegend, vor allem, wie gesagt im Bereich der der Einzel- beziehungsweise Kleinserienfertigung. Und was viele heute machen, die haben das auch, also die verstehen die Herausforderung, die sehen, dass es deutlich mehr Informationen gibt, die für die Monteure relevant sind, also selbst, wenn sie alleine von Stückliste und Zeichnung sprechen, die Zeichnung kommt aus dem CAD-Programm, die Stückliste typischerweise aus dem ERP-Programm, aber dann gibt es ja natürlich noch deutlich mehr Unterlagen, die irgendwo bereitliegen. Die einfachste Form der Digitalisierung, die viele bereits machen ist, dass sie das dem Monteur jetzt nicht mehr ausdrucken, sondern dass sie ihm jetzt vielleicht kennt einen Laptop oder einen fest installierten PC in die Montage hineinstellen, wo er Zugriff auf die ganzen Dateien, ich sag mal jetzt einfach als PDF hat. So und das spart schon mal Papier, das ist natürlich vorteilhaft, aber es löst eigentlich nicht das Problem, also weil eine PDF hat ähnliche Nachteile wie Papier. Und dann gibt es auch welche, die gehen dann sozusagen einen Schritt weiter und sagen „Okay, ich habe ja die ganzen Systeme und ich habe ja die ganzen Daten, also nehme ich doch einfach, was weiß ich, eine ERP-Instanz, zum Beispiel, ein CAD-Instanz und die gebe ich dem Monteur und die stelle ich ihm zur Verfügung. Das ist möglich und dadurch schaffe ich die Möglichkeit, dem Monteur deutlich mehr Informationen zu besorgen oder dass er überhaupt Zugriff darauf hat. Das hat aber natürlich das Problem, dass diese Information zum einen immer noch nicht miteinander verknüpft sind und zum anderen, ich gebe Systeme, die eigentlich für ganz andere Personengruppen und für ganz andere Tätigkeiten bestimmt sind, jemandem, der eigentlich das Produkt montieren soll. Und das heißt, das sind eigentlich sehr komplexe Systeme, wo der Motor gar nicht die Zielgruppe ist. So und Sie haben aber natürlich recht, um die Informationen so darzustellen, wie wir das machen, müssen wir diese Informationen oder die Daten, die es gibt, miteinander verknüpfen. Also das Thema Schnittstellen, sage ich mal. Und das ist genau das, was wir machen, Wir gucken uns immer an, welche Informationen verwendet die Montage, gucken uns dann an, in welchem IT-System liegen sie, In der Regel, sage ich mal, es gibt natürlich die zwei großen, also wie gesagt CAD oder PDM und ERP. Das sind die zwei großen Lager und dann gibt es natürlich noch weitere Zusatzinformationen, die zum Beispiel auf Netzlaufwerken in Form von PDFs liegen oder klassisch natürlich Excel-Tabellen. Und diese Informationen verknüpfen wir und selektieren sie dann so, dass der Monteur genau seine richtigen Informationshäppchen bekommt.

Götz Müller: Okay. Jetzt verändert sich ja für die Betroffenen doch einiges. Wie sieht so die klassische Reaktion aus, weil jetzt Papier oder halt mal ein PDF, wie sie es gesagt haben, ist ja im Grunde nicht so viel anders. Das hat ja viel mit Veränderung von Gewohnheiten zu tun. Was sind so die Reaktionen, denen sie begegnen.

Fedor Titov: Ich sage mal so, die Reaktionen sind sehr durchmischt. Also wir haben eine Zeitlang gedacht, dass das tatsächlich auch vielleicht was mit dem Alter zu tun hat. Da würde ich aber abstreiten. Sondern ganz im Gegenteil, das ist natürlich so ein bisschen typabhängig. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass, sowas wie sich informieren oder nach Informationen zu suchen oder generell zu suchen, das sind lästige Zeiten, lästige Tätigkeiten und wenn man jemandem aufzeigen kann, diese lästigen Tätigkeiten, auf die du keine Lust hast, die können wir dir hiermit abnehmen, dann, egal wie seine Vorbehalte gegenüber Digitalisierung sind oder gegenüber neuen Veränderungen allgemein vielleicht, der ist zumindest am Anfang definitiv weniger skeptisch als davor. Aber das ist halt wichtig, dass man denjenigen die Vorteile aufzeigt und zwar nicht allgemeine Vorteile für die Firma jetzt, sage ich mal, sondern auch die Vorteile für ihn persönlich und, ein Punkt, den wir bis jetzt noch gar nicht angesprochen haben, der aber sehr, sehr wichtig bei dem Thema Digitalisierung ist, weil das auch einfach eine Chance ist, ist das Thema das, ich sage mal generellen Informationskreises. Also was momentan passiert mit den Zeichnungen ist, die werden in die Montage gegeben, so, der Monteur macht damit irgendetwas, baut sein Produkt zusammen und stellt fest, er hat ein Problem. Er hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Die eine ist, er ruft bei dem Konstrukteur zum Beispiel und sagt „Ich habe da ein Problem.“ Die andere Möglichkeit ist, er nimmt irgendwie einen Stift und schreib das auf, was er beobachtet hat oder was anderes macht auf diese Zeichnung. Was damit passiert, ist häufig noch nicht mal irgendwie geregelt. So und alleine diese Rückmeldung beziehungsweise diese Probleme, die in der Montage entstehen, diese überhaupt systematisch aufzunehmen und wieder zurück zu melden beziehungsweise Information auch mal von der Montage wieder in die Entwicklung beispielsweise einfließen zu lassen, das ist momentan einfach relativ schwierig. Mit der Digitalisierung kann ich den Mitarbeitern natürlich die Möglichkeit stellen, auf ganz einfach ein Foto zu machen von der Montage. Aber dieses Foto ist halt nicht einfach nur, wie man das so schön noch von früher von den Fotoapparaten, von den Digitalkameras hatte, DSC01850, also irgendeine nichtssagende Nummer, sondern dieses Foto ist dann direkt an den Arbeitsschritt an das richtige Bauteil, an den Auftrag gekoppelt. Und das ist natürlich ein enormer Mehrwert für ihn und mit genau diesen zwei Argumenten, also tatsächlich dieses „Du musst weniger suchen und kannst dich viel mehr auf deine Arbeit konzentrieren und du bekommst die Möglichkeit auch, falls Probleme da sind, diese auch tatsächlich strukturiert aufzunehmen, zu dokumentieren.“, das sind in der Regel Mehrwerte, die die Mitarbeiter verstehen und auch zu schätzen wissen. Und dadurch sinkt auch die Hürde, das Ganze dann einzuschicken.

Götz Müller: Ok, und man darf ja dann durchaus auch darüber nachdenken, was hat das Unternehmen davon, was ist also der größere Vorteil?

Fedor Titov: Natürlich, sonst würde das hier niemand machen. Für das Unternehmen, also wir sagen in der Regel, wir adressieren immer drei Stellschrauben. Die eine ist das Thema Produktivität. Das heißt, wenn der Mitarbeiter weniger Zeit aufbringt herauszufinden, was muss ich machen, dann hat er mehr Zeit das dann tatsächlich auch zu machen. Wir hatten mal, da würde ich eine kurze Anekdote erzählen, wir saßen einmal auf der Werft und haben das Vorarbeitern und Meistern vorgestellt, die Vision damals noch und dann stand einer der Vorarbeiter auf und meinte endlich „Endlich. Endlich muss ich nicht zu meinem befreundeten Konstrukteur gehen und mir alle Zeichnungen auf mein privates Handy runterladen lassen, weil ich es einfach satt habe, bei jeder Nachfrage und die irgendwie vierhundert Meter ins Meisterbüro zu gehen. So und das sind eigentlich so Beispiele einfach für Verschwendung, sage ich mal. Also wie gesagt, Produktivität. Der zweite Punkt ist das Thema Qualität. Dadurch dass wir immer kontextbezogene Informationen anzeigen, also, ich sag mal, zum Beispiel das Drehmoment einer Schraube. Das heißt, wenn der Kunde sowas pflegt, dann sieht der Monteur zu jeder richtigen Schraube sein richtiges Drehmoment. Dann kann er das nicht in einer Tabelle falsch ablesen. Das heißt, wir adressieren auch, dass weniger Montagefehler einfach passieren. Und der dritte Punkt ist sicherlich das Thema Flexibilität. Das heißt haben ja heute das Problem, sie müssen entweder Leiharbeitskräfte integrieren oder sie bauen stark Mitarbeiter auf. Ich war gerade letztens bei einem Kunden, die mir erzählt haben, die haben im letzten Jahr irgendwie ein Drittel der Belegschaft aufgebaut, das heißt, solche die Leute müssen irgendwie integriert werden, die sind zwar in ihrem Fach gelernt, aber sie haben von den Produkten jetzt relativ wenig Erfahrung damit und das heißt, diese Leute möglichst schnell einzubringen, für sowas helfen mir natürlich solche Systeme.

Götz Müller: Ja. Sehr, sehr spannend. Jetzt kann man ja unter der Überschrift Digitalisierung, 3D vor allen Dingen auch das Stichwort, kann man ja noch weitere Dinge, sagen wir mal, unterbringen. Was sind so Gedanken, wo sich sowas noch einsetzen lässt. Sie hatten ja schon zwei Themen genannt, Werftbau, Schiffsbau, da kommen sicher noch die weiten Wege dazu.

Fedor Titov: Ja. Ich sage mal, von der Branche her, also wir haben bei den Werften angefangen, haben dann aber festgestellt, dass das natürlich nicht nur ein Problem auf den Werften ist, sondern wir haben dann als nächstes sozusagen uns angeguckt, wie ist das eigentlich im Bereich Schaltschrankmontage, also haben die dort die gleichen Probleme, ist das dort auch einsetzbar und sind dann darüber dann auch an deutlich kleinere Produkte gegangen. Wir sind auch im Bereich der Medizintechnik tätig und die sind ja, verglichen zu einem Schiff, ist so ein medizintechnisches Gerät ja doch sehr, sehr klein und wir haben festgestellt, dass eigentlich die wichtigsten Kriterien, das ist ja das, was ich vorhin auch schon kurz erwähnt hatte, eigentlich die Komplexität und der Variantenreichtum des Produktes ist. Das heißt, je geringer die Stückzahlen kann man auch sagen, desto wichtiger wird natürlich so eine Lösung.

Götz Müller: Ja. Mir kommt da jetzt sofort noch ein weiterer Fall in den Sinn, wo ich selber beratend tätig bin, nämlich im Bereich von Unfallinstandsetzung von Autos, wo, jeder Unfall an sich schon mal jeder anders ist, das heißt, wenn ich das Auto zerlegen muss immer wieder eine andere Situation. Dann sind es ja ganz oft eben markenunabhängige Werkstätten, das heißt, da kommt auch diese Breite, diese Menge, diese Masse dazu und manchmal, ich habe selber mal so einen Fall beobachtet, wo halt, der Karosseriebauer vergebens irgendwo, er hat sie schon irgendwann gefunden, aber er hat sehr lang nach der Schraube gesucht, wo die denn da unten drin sitzt, weil er sich vielleicht dann wieder gesagt hat „Bevor ich jetzt rüber laufe irgendwo und an einen Monitor gehe und da was nachgucke, suche ich halt mal weiter.“ Man weiß ja immer nicht, wie lange suchen muss. Da könnte ich mir definitiv auch vorstellen, dass da erheblich Unterstützung durch solche Themen möglich ist.

Fedor Titov: Wie gesagt, wir sehen das so: Prinzipiell überall, wo ich solche Tätigkeiten habe, dass ich, ich sage mal, ein Produkt auseinanderschrauben, meinetwegen noch gefunden muss, also so wie im klassischen Service oder TL-Reparatur, dann aber auch wieder zusammenschrauben, auch Richtung Montage, da ist das Produkt generell jetzt erstmal einsetzbar. Man muss natürlich gucken, wo sind die Potentiale dafür, weil ganz wichtig ist natürlich, ich benötige die Daten. So. Das heißt, ich muss bestimmte Dinge über das Produkt auch digital wissen. Das heißt, in der Regel hat die Datenherrschaften oder die Datenhoheit ja der Hersteller. Und man muss natürlich gucken, in wie weit komme ich auch an sinnvolle Daten heran jetzt, wenn ich jetzt zum Beispiel eine Reparaturwerkstatt oder ein bestimmtes Unternehmen bin, was selber das gar nicht herstellt, sondern nur umgeht mit den Produkten, da muss natürlich gucken, wie komme ich an diese Daten ran und das ist eigentlich dabei so ein bisschen der Knackpunkt. Man kann aber generell sagen, wenn ich die Daten habe selber, also das ist jetzt wie gesagt komplett produktunabhängig, dann kann ich eine Digitalisierung in diese Richtung gehen.

Wie gesagt, dann muss man nur bewerten, welche Anforderungen habe ich, also wir stellen auch immer mehr fest, dass natürlich jedes Unternehmen und jeder Kunde einen bestimmten Bedarf hat, was er damit erreichen möchte. Jeder hat, ich sag mal, auch ein anderes Problem. Der eine möchte jetzt Anleitungen für seine Montage erzeugen, also Entwicklung von ich nenne es mal so ein bisschen, so eine Ikea Bauanleitung für seine Produkte dann erstellen. Der andere sagt, ich möchte mir einen Teil meiner Zeichnung sparen, das heißt, ich möchte die Funktion dem Monteur geben damit ich mir die Zeichnungserstellung mir auch einfach sparen kann, also da gibt es ganz unterschiedliche Motivationen, aus denen heraus das Ganze dann entsteht und das müssen wir dann natürlich mitberücksichtigen.

Götz Müller: Das ist jetzt ein Punkt, den möchte ich noch kurz ein bisschen vertiefen unter der Überschrift Veränderung, weil ich mir vorstellen könnte, dass es jetzt bei diesen Daten generierenden Bereichen, Abteilungen auch Veränderungen notwendig macht. Was sind das für Dinge und welche Auswirkung hat es unter Umständen?

Fedor Titov: Also vielleicht mal generell, wir versuchen natürlich, das System so anzubinden, dass es in den angrenzenden Abteilung, also jetzt Entwicklung oder Planung und so weiter, keinen Mehraufwand gibt, so das ist erstmal die wichtigste Regel, diesen Versuch zu umgehen, weil man muss auch dazu sagen, die ganzen Informationen, die liegen ja bereits vor, die Sachen, zum Beispiel so etwas wie Zeitpunkte, die sind ja schon längst geplant. Das Modell ist schon längst entwickelt. Das heißt, wir greifen nur darauf zu. So und für uns ist es wichtig natürlich, dass wir dann unser System so anbinden, dass niemand anderes sozusagen einen Mehraufwand dazu hat. Ganz im Gegenteil, wir greifen bestimmte Aspekte von benachbarten Bereichen auf, die wir vereinfachen beziehungsweise zum Teil sogar einsparen. Das ist das, was ich eben gesagt habe, wenn ich weniger Zeichnung ableiten muss, weil früher, um mal zu meinem Beispiel vom Anfang zu kommen, da war die Zeichnung sozusagen ja mein Produkt. Heute habe ich mein Produkt in 3D mit allen möglichen, ja, mit allen möglichen Details. Dieses muss ich aber ja nach wie vor, natürlich unterstützend durch die Programme, aber trotzdem nach wie vor, manuell runterbrechen war auf, so wie ich das auch als Maschinenbauer gelernt habe, auf die eine Hand voll Schnitte, irgendwie vier von jeder Seite plus einen so ein bisschen schräg von oben und das ist ja aber etwas, was ich manuell machen muss. Wenn ich dem Monteur aber natürlich die Datengrundlage liefere, auch mit dem 3D Modell, und ihn auch dazu befähige, das produktiv zu benutzen, dann brauche ich zum Teil diese Zeichnungen gar nicht mehr. Und wenn ich auf diese verzichten kann, dann habe ich auch etwas in der Konstruktion gespart.

Götz Müller: Genau und ich könnte mir eben auch vorstellen, der Konstrukteur, weil er in der Regel das Ding ja selber gar nicht zusammenschraubt, muss ja immer so bisschen in die Glaskugel gucken, was könnte den Menschen da draußen helfen, aber wirklich wissen tut er es nicht, weil während, wenn das dann erst draußen entsteht, so wie der Monteur es braucht …

Fedor Titov: Das ist ja das typische Problem, also ich meine, in vielen Unternehmen sagt der Konstrukteur, wieso kann der Monteur das nicht montieren und der Monteur sagt, der hat doch keine Ahnung, was er da macht, das ist ja nichts Neues, aber deswegen, einen gewissen Austausch haben die ja auch schon, den brauchen sie natürlich auch.

Götz Müller: Gut. Wenn der ein oder andere jetzt zuhört und sagt „Hey coole Sachen, das trifft ja genau mein Problem, wie sieht dann so der klassische, wenn man das sagen kann, der klassische Einstieg in die Form der Digitalisierung aus? Wie geht man da vor?

Fedor Titov: Zunächst einmal muss man uns irgendwie kontaktieren oder warten bis wir sie kontaktieren. Also einen gewissen Kontakt muss man natürlich haben und sobald diese erfolgt ist, kommen wir vorbei und diskutieren natürlich darüber, wir gucken uns auch sehr gerne direkt beim Ersttermin einfach an, wie sieht die Montage aus, und gucken uns an, welche Herausforderung beziehungsweise welche Probleme, Motivationen gibt es dort von dem prinzipiellen Kunden aus. Was ich auch vorhin erwähnt habe, das kann ganz unterschiedlich sein. Das kann sein, dass sie jetzt in der nächsten Zeit ganz viele Mitarbeiter aufbauen müssen, es kann sein, dass man sagt „Wir haben das mal durchgerechnet und drucken jeden Tag 2000 Blatt aus.“ oder sowas. Also das kann komplett unterschiedlich sein oder man sagt, man will generell einfach ein Stück in die Richtung Digitalisierung machen und dann schauen wir uns an, wie können wir dort helfen, also an welchen Stellschrauben, wo ist genau der Mehrwert für die Mitarbeiter, arbeiten das dann aus und wenn das dem Kunden dann zusagt, dann starten wir da rein. In der Regel suchen sich Kunden, vor allem größere Kunden haben ja mehr als ein Werk und mehr als eine Montagelinie, dann sucht man sich einen Bereich aus und sagt „Ok, hier erwarten wir eigentlich besonders große Potentiale oder hier haben wir besonders große Probleme.“ und dann bauen wir das da, dann realisieren wir das für diesen Teil in der Regel erstmal am Anfang.

Götz Müller: Ja, und da höre ich auch raus, das dreht jetzt nicht alles auf den Kopf, sondern es ist auch ein Stück weit eine inkrementelle Form des Einstiegs.

Fedor Titov: Ja, also es verändert schon natürlich die Arbeit des eigentlichen Mitarbeiters, also des Monteurs selber. Allerdings muss man sagen, solche Digitalisierungsprojekte oder generell, wenn ich etwas umbauen will, man will sich das natürlich erst mal angucken und man kann sich im Vorfeld sehr viele Gedanken machen und sagen „Das lohnt sich so und so viel“, es ist natürlich etwas anderes, sobald es dann tatsächlich in der Montage dann drin ist, sage ich mal und deswegen gehen viele einfach diesem Weg.

Götz Müller: Ja, ich höre auch raus, es ist jetzt nicht eine Veränderung, wie vor dem Berg, wo ich stehe wenn ich sage ich für neues ERP-System ein, wo ich dann irgendwann so einen Schalter umlege oder im anderen Extremfall die Dinge parallel mache, was ja auch wieder nicht produktiv ist.

Fedor Titov: Der Vergleich zu einem ERP-System ist sehr gut, da gibt es viele Aspekte zu. Nein, das ist nicht so, als würde ich ein neues ERP-System einfügen oder einführen. Wir sind da deutlich flexibler. Generell wir sind ja auch ein relativ junges Unternehmen, uns gibt es jetzt seit zweieinhalb Jahren und wir reagieren da natürlich auch gerne auf Kundenanforderungen, bestimmte Wünsche und da lassen wir mit uns reden und für uns ist auch wichtig, anders jetzt als bei so einer ERP-Einführung, dass solche Dinge auch schnell gehen. Weil viele Kunden haben das Problem jetzt. Das sind natürlich strategische Themen, aber trotzdem sind die Probleme und die Potentiale oder auch zum Teil Verluste, die werden jetzt gefahren, die haben jetzt das Problem. So und dann müssen wir relativ zügig darauf reagieren, so dass man, ich sage mal in einer kurzen Zeit, vielleicht in ein, zwei Monaten auch bereits mit den ersten Monteuren, mit ersten Teilbereichen auch starten kann.

Götz Müller: Und dann eben sieht, was habe ich davon. Die Frage stellt sich unterm Strich immer jeder.

Fedor Titov: Genau.

Götz Müller: Gut, Herr Titov. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Da waren spannende Dinge drin, spannende Aspekte, es ist immer wieder was, auch für mich, etwas Neues zu lernen. Deshalb noch mal vielen Dank.

Fedor Titov: Ja, sehr gerne.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Fedor Titov zum Thema Digitalisierung für Monteure. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 162.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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