Kaizen 2 go 211 : Strategieentwicklungsprozesse


 

Inhalt der Episode:

  • Die Entwicklung einer Strategie ist kein Prozess, der täglich mehrfach durchlaufen wird. Warum ist es trotzdem sinnvoll, hier einem strukturierten Prozess zu folgen?
  • Was charakterisiert eine erfolgreiche Strategie?
  • Welche Aspekte sind bei der Strategieentwicklung wichtig für den Erfolg?
  • Wo sind Strategieprozesse grundsätzlich relevant?
  • Welche Personen sollten an der Strategieentwicklung beteiligt werden?
  • Welche Vorbereitung ist zur Strategieentwicklung notwendig?
  • Wie sieht ein Strategieentwicklungsprozess grundsätzlich aus? Welche Schritte werden dabei durchlaufen? Welche Fragestellungen werden in den Schritten aufgegriffen und beantwortet?
  • Wie lässt sich der Prozess methodisch unterstützen?
  • Welche Rolle hat ein Moderator im Strategieentwicklungsprozess, wann sollte man auf externe Unterstützung zurückgreifen?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 211 : Strategieentwicklungsprozesse

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Stefan Pastuszka bei mir im Podcastgespräch. Er ist Strategie- und Innovationsberater, Redner und Autor. Hallo Herr Pastuszka.

Stefan Pastuszka: Hallo, Herr Müller. Ich freue mich, dass ich hier sein darf. Ich bin, wie sie gerade schon gesagt haben, Strategie- und Innovationsberater und ich helfe Menschen und Organisationen, Klarheit und Struktur in komplexe Zusammenhänge zu bringen, damit sie eine bessere Zukunftsentscheidungen treffen können. Strategie und Innovation, das sind so meine Schwerpunktthemen. Innovation ist das, was mich besonders motiviert und Strategie ist das, was man bei allem, was man vorhat braucht.

Götz Müller: Genau. Und das haben wir uns ja heute zum Schwerpunkt genommen und jetzt in meinem Weltbild ist Strategie jetzt kein Produktionsprozess zum Beispiel, den ich zigfach am Tag, in der Stunde unter Umständen, durchlaufe und trotzdem habe ich jetzt mal diesen Titel gewählt. Also es ist, glaube ich, und da werden sie mir, hoffe ich, ziemlich schnell zustimmen oder eben nicht und dann haben wir auch eine spannende Diskussion, hier eben den Begriff Prozess zu verwenden und eben strukturierten Prozess zu verwenden. Was sind da Ihre Gedanken, warum ist es sinnvoll?

Stefan Pastuszka: Also erstmal, Strategie zu entwickeln ist meines Erachtens eine Notwendigkeit und Sie haben ja auch schon gesagt, das ist jetzt nichts, was man mehrfach am Tag durchläuft oder besonders häufig macht, wobei ich aber sagen muss, man sollte sich öfters mit der Strategiethematik beschäftigen. Das heißt, das Thema muss immer irgendwo auf der Agenda sein und demzufolge macht es auch Sinn, das mit einem Prozess zu unterstützen. Nur das ist dann kein Prozess mit einer hohen Wiederholungsrate, aber es hilft, wenn man sich ein Prozess vornimmt, indem man immer mal wieder draufschaut, der einen zwingt, das eben oben auf der Agenda zu haben und sich, ja, zu definierten Zeitpunkten, die wichtigen Fragen zu stellen und zu versuchen, gute Antworten darauf zu finden und auch zu schauen: Ist man da überhaupt noch auf dem richtigen Weg?

Götz Müller: Weil ich denke eben eine Strategie ist ja nichts, was ich für den Schrank mache, sondern ich sollte mir das ja anschauen immer wieder, immer wieder schauen: Passt meine Strategie noch, muss ich sie anpassen?

Stefan Pastuszka: Absolut, genau. Das ist es. Also frei nach Darwin: Nicht dasjenige Lebewesen ist das Widerstandsfähigste, was das Stärkste ist, sondern das, was sich am besten an Veränderungen anpassen kann und das gilt auch für eine Strategie. Also es hilft wenig, wenn ich eine super tolle Strategie ausarbeite und die dann einfach in die Schublade legen und nach fünf Jahren schaue, ob das alles so gekommen ist. Das bringt mich nicht weiter, sondern ich muss immer regelmäßig, und deswegen auch noch mal das Stichwahl Prozess, schauen „Passt das alles noch so?“, denn die Welt dreht sich weiter und viele sagen, die dreht sich schneller als vorher, das ist zweifelhaft, aber es gibt einfach viele Veränderungen im Umfeld und deswegen muss man da immer wieder draufschauen, gucken, was hat sich da getan, was ist passiert, was bedeutet das für uns und wo müssen wir da unsere Strategie eventuell anpassen.

Götz Müller: Jetzt kann man ja eben von einem klassischen Prozess, zum Beispiel Produktionsprozess, kann man ziemlich gut sagen, ob der gut funktioniert oder nicht funktioniert, ein erfolgreicher Prozess ist, und jetzt an der Stelle dann auch zum Einstieg die Frage: Was charakterisiert denn eine erfolgreiche Strategie?

Stefan Pastuszka: Das ist eine extrem gute Frage. Also eine erfolgreichen Strategie … ich versuche mal zu sagen, was ist denn eine erfolgversprechende Strategie, denn ob eine Strategie erfolgreich war, das weiß man immer erst hinterher, weil hinterher sind wir immer alle schlauer und es gibt, glaube ich, auch viele Strategien, die erstmal super erscheinen, aber dann vielleicht auch nicht zielführend waren. Und lassen Sie uns mal kurz überlegen, was ist denn eigentlich eine Strategie: Also in der simpelsten Definition ist ja eine Strategie ein langfristiger Plan, um ein konkretes Ziel zu erreichen und das bedeutet, ich kann erst dann feststellen, ob meine Strategie erfolgreich war, wenn ich dieses Ziel erreicht habe oder eben auch nicht. Und von daher, wir können ja die Zukunft nicht wirklich vorhersehen. Wir können nur Annahmen darüber treffen und, ich habe es vorhin schon mal gesagt, wir können versuchen, uns die relevanten Fragen zu stellen und müssen versuchen, gute Antworten darauf finden. Ob dies dann die richtigen Antworten sind, das wissen wir nicht, aber es geht darum, die unter heutigen Gesichtspunkten erfolgversprechendste Strategie zusammenzubauen.

Götz Müller: Ich glaube, Sie haben ein wichtiges Stichwort gesagt,
wo ist denke, dass wahrscheinlich wir zwei und manch andere, die sich aktiv mit dem Thema Strategie auch beschäftigen, das ganz natürlich machen, nämlich den Aspekt Ziel, mir also vorher ein Ziel zu setzen, damit ich mir dann eine Strategie entwickle, um das Ziel zu erreichen. Ich glaube, also mir ist es durchaus auch schon begegnet, dass der Begriff Strategie ganz groß in den Raum gehängt wurde und wenn man dann aber nachfragt hat: Ok und woran richtet sich die Strategie aus?
Dann hat genau dieses Stichwort Ziel gefehlt.

Stefan Pastuszka: Also Ziel ist auch, also meiner Ansicht nach, eine wesentliche Ingredienz für eine Strategie. Das heißt, also ich bin erstens der überzeugen und jeder braucht eine Strategie für irgendetwas, auch wenn das vielleicht nicht jeder als Strategie dann bezeichnet, aber meistens, wenn es um ein großes Ziel geht, das erreicht werden soll und dieses Ziel ist nicht besonders einfach zu erreichen und es ist vielleicht auf verschiedenen Wegen zu erreichen, dann braucht man eine Strategie. Aber das Ziel ist eben eine wesentliche Voraussetzung. Im Prinzip kann man so ein Strategieentwicklungsprozesse in drei Fragen charakterisieren. Die erste Frage ist: Wo wollen wir hin? Die zweite Frage ist: Wo stehen wir heute? Und die dritte Frage ist dann: Welcher ist denn der erfolgversprechendste Weg zum Ziel? Und selbst ein Navi im Auto braucht diese Fragen. Das heißt erstens: Wo will ich hin? Ich muss ein Ziel eingeben, auch schon bei so einer simplen Sache, sonst kriege ich nichts Vernünftiges raus. Dann findet das Navi selber heraus, wo es gerade ist. Gut, das ist jetzt relativ einfach in Koordinaten anzugeben. Im Business ist das ein bisschen komplizierter. Aber wenn ich nicht weiß, wo ich heute bin, ist es auch schwierig, den richtigen Weg zum Ziel zu finden. Und dann letztendlich gibt es verschiedene Varianten. Es gibt dann vielleicht den schnellsten Weg, es gibt den kürzesten Weg und es gibt den ja ökologischsten Weg mit dem geringsten carbon footprint und da muss ich dann eine unternehmerische Entscheidung treffen. Aber ohne das Ziel geht es nicht. Ich brauche ein Ziel und häufig, um da auf Ihre Bemerkung auch ein bisschen einzugehen, häufig wird auch an manchen Stellen die Notwendigkeit eines Ziels in Frage gestellt. Reicht es nicht vielleicht, wenn wir einfach nur eine superflexible Organisation sind, die sich ideal auf die Kundenanforderungen oder auf die Entwicklung gemacht einstellt? Dann komme ich auch irgendwo hin. Ja, aber selbst dann würde ich sagen, ist schon ein Ziel implizit gegeben. Nämlich, dass ich auch morgen noch als Organisation existieren möchte und dass ich eben flexibel sein möchte. Das sind auch Ziele, die man irgendwie erreichen muss.

Götz Müller: Ja, und ein Stück weit, würde ich sogar sagen, ich verwende da immer ganz gern den sehr universellen Begriff des Metaziels an der Stelle, nämlich dieser Gedanke, ich möchte nicht immer flexibel auf meine Kunden einstellen. Das ist ja deine Sache, das wird mir immer bei der Metapher des Navigationssystems bleiben: Ich muss dem Navigationssystem nicht nur sagen, wo ich hin will, sondern ich muss eben, Sie haben es angedeutet, zwei, drei Möglichkeiten eingrenzen. Nimm den kürzesten, nimm den schnellsten, nimm den ökologischen Weg zum Beispiel, das kann, ich glaube, kein vernünftiges Navigationssystem der Welt wird mir das leisten, wenn ich es ihm nicht sage.

Stefan Pastuszka: Vielleicht in Zukunft schon, wenn es meine Präferenzen kennt. Ich meine, das ist ja auch eine Sache, die sich immer weiter entwickelt, wobei jetzt ein bisschen vom Thema Strategie vielleicht abrücken. Aber wenn durch genügend Datensammeln irgendwann klar ist, dass ich sozusagen schnell ans Ziel kommen möchte und der kürzeste Weg nicht immer der schnellste ist, dann wird sich das wahrscheinlich auch in der Zukunft automatisch regeln, aber wenn sie jetzt diese verschiedenen Wege betrachten, dann in dem Kontext der Strategieentwicklung würde ich das als die strategischen Optionen bezeichnen. Die strategischen Optionen, für die man sich hinterher aktiv entscheiden muss. Das Beispiel mit dem Navi, das war ein ziemlich ziemlich plattes eigentlich, und in der Businesslandschaft und auch sonst wo, wo Strategien gefragt sind, da ist es nicht so einfach zwischen den Alternativen zu entscheiden. Weil nehmen wir mal an, ich habe ein großes Ziel und es gibt wirklich verschiedene Wege, wie ich das erreichen kann, dann sind damit meistens der Einsatz von Ressourcen verbunden. Das bedeutet, ich muss eine Menge Geld ausgeben, ich muss meine Organisation vielleicht umbauen, ich muss eine Akquisition tätigen, was auch immer, für was ich mich entscheide. Meistens sind dadurch Ressourcen gebunden und das bedeutet auch, dass ich nicht mal eben sagen kann „Oh, das war jetzt der falsche Weg, ich mache jetzt auch doch etwas anderes“, nachdem ich das einen Monat ausprobiert habe. Also das ist, würde ich mal sagen, die Eigenschaft von strategischen Entscheidungen. Dass sie dann strategisch sind, wenn es weh tut, wenn es die falschen waren.

Götz Müller: Ja, das ist ein guter Punkt, den möchte ich ein bisschen vertiefen, im Sinne von, klar wir lösen uns jetzt von dem Navi-Kontext und wir gehen wieder zurück auf die Unternehmens-Strategische-Ebene, und das möchte ich aber noch ein bisschen weiter auflösen: Wo sind denn dort, im Unternehmenskontext, wo sind denn dort Strategieprozesse grundsätzlich relevant?

Stefan Pastuszka: Ja, die kann es an verschiedener Stelle geben und das durchdringt eigentlich das ganze Unternehmen. Also das Top-Beispiel ist natürlich die die Strategie fürs gesamte Unternehmen. Das heißt, wo wollen wir hin in Wettbewerb, also eine Wettbewerbsstrategie beispielsweise, wo das ganze Unternehmen betrachtet wird. Es gibt aber dann auch funktionale Strategien, wie zum Beispiel eine Marketingstrategie oder ich kann auch eine HR-Strategie haben, also für Personal, wo dann Elemente drin vorkommen können wie: Wie werden wir der beste oder der attraktivste Arbeitgeber? Solche Sachen. Das sind alles Anlässe für eine Strategieentwicklung. Es kann auch im Produktmanagement, da kann man sich Gedanken machen über Produkteinführungsstrategien, also go-to-market-Strategien. Strategie ist ein Thema, das durchzieht das ganze Unternehmen.

Götz Müller: Und hat natürlich dann ziemlich schnell, wenn ich mich jetzt auf einzelne Elemente fokussiere dann den weiteren Punkt, dass ich drüber nachdenken muss: Wen hole ich denn jetzt hier mit an den Tisch oder mit an die leere Wand oder wie auch immer ich das konkret mache.

Stefan Pastuszka: Absolut, absolut. Das ist extrem wichtig, da das richtige Team zusammenzustellen und das gehen auch unterschiedliche Unternehmen sehr unterschiedlich an. Es gibt Unternehmen, die machen vielleicht ihre Strategie hinter verschlossenen Türen, ja, oder das macht vielleicht auch nur einer, der Geschäftsführer, weil er sagt „Da brauche ich niemanden anders für, das mache ich alleine.“ oder „Das mache ich auf dem Flug von hier nach Hongkong.“.
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, aber es hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, unterschiedliche Perspektiven und unterschiedliches Knowhow einfach einzubinden.
Das bedeutet, wenn ich in diverses Strategieteam aufstelle und mit divers meine ich jetzt nicht nur im Sinne von Geschlecht, sondern auch vom Background, von funktionalen Kenntnissen, dann kann ich ein besseres Ergebnis einfach produzieren und deswegen, ich bin ein Freund und Verfechter von Co-Creation, das bedeutet eben Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichem Charakter zusammenzubringen und die gemeinsam Strategien entwickeln zu lassen, dann hat man nämlich die wichtigen Diskussionen schon während des Entstehungsprozesses und nicht erst hinterher, wenn man sich schon vielleicht halb auf irgendwelche Sachen festgelegt hat.

Götz Müller: Ja. Jetzt möchte ich das insofern noch ein bisschen vertiefen, in mein Weltbild spätestens wenn ich nicht bloß mit mir selber etwas ausmache, aber durchaus da ja auch, muss ich gewisse Vorbereitungen treffen, um dann eventuell nicht mittendrin vielleicht Sachen nachzuholen, wo ich erkenne nebenbei „Hätte ich da doch besser vorher schon darüber nachgedacht.“ oder „Hätte ich vielleicht mal mindestens darüber nachgedacht, wen möchte ich denn dazu einladen.“.

Stefan Pastuszka: Ja, also wen möchte ich dazu einladen, also das sollte man sich unbedingt vorher überlegen. Also von daher, also ganz wichtig ist natürlich, sich im Vorfeld überhaupt klar zu werden, was ist überhaupt hier der Betrachtungsgegenstand, für den ich eine Strategie entwickeln möchte und was ist der Anlass überhaupt. Ich nehme hier wieder das Beispiel, attraktivster Arbeitgeber beispielsweise zu werden, dann würde ich natürlich andere Leute einladen zur Strategieentwicklung als wenn mein Thema beispielsweise Akquisitionsstrategie sein würde. Also von daher das Thema bestimmt die Zusammensetzung vom Team und dann geht es darum, unterschiedliche Perspektiven einfach einzubinden. Und Vorbereitung, ich sage mal kommt drauf an. Man sollte sich meines Erachtens nicht zu sehr vorbereiten. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen komisch. Also man sollte sich ein Bild verschaffen. Bei der Strategieentwicklung geht's um Verständnis des Umfeldes, in den ich mich befinde mit meinem Betrachtungsgegenstand, also zum Beispiel beim Unternehmen, wer sind da die Wettbewerber, was sind die Trends bei den Kunden, was passiert da draußen. Viele Unternehmen, die gucken ja sehr gerne … die wissen sehr viel über das, was intern passiert, aber der Blick nach außen kommt oftmals zu kurz, weil man eben auch viel mit operativen Dingen beschäftigt ist. Also macht es Sinn, sich darüber Gedanken zu machen und sich einzulesen, vielleicht auch mal ein Artikel vom Zukunftsforscher zu lesen, was passiert da draußen und was wird in Zukunft vielleicht passieren. Solche Vorbereitung ist auf jeden Fall sinnvoll und auch zu wissen, was die Wettbewerber tun. Während sich schon konkrete Gedanken über Optionen zu machen, also konkrete Ideen vorzubereiten, das halte ich eher für kontraproduktiv, denn dann kommen die Teilnehmer mit vielleicht schon vorgefertigten Meinungen in den Strategieentwicklungsprozesse. Und vielleicht kennen Sie das, das ist immer schwer von einer Idee, die man schon hat loszulassen. Deswegen ist am besten, wenn man sich noch keine konkreten Lösungsideen ausgedacht hat.

Götz Müller: Bevor man, ein Stück weit, weil Sie das Stichwort Lösung genannt haben, bevor man überhaupt sein Problem wirklich verstanden habe.

Stefan Pastuszka: Ganz genau. Denn das kann während der Diskussion und während der Analyse sich auch durchaus noch verändern.

Götz Müller: Und ich glaube aber diesen Aspekt Ziel, also sprich Strategie gleich, vereinfacht ausgedrückt, der Weg und da kann es dann durchaus interessant sein, in eine Diskussion einzusteigen. Da wird jetzt wahrscheinlich die Metapher mit dem Navigationssystem sehr hinken, aber dieses Ziel, wenn ich jetzt mal sage „Ok, da sitzen vier Menschen im Auto, wenn die jetzt am Anfang darüber diskutieren, ja, wo fahren wir denn hin“, dann wird die Diskussion, wie man dahinkommt noch lange nicht relevant sein.

Stefan Pastuszka: Das ist richtig. Deshalb hat so ein Strategieprozess auch typischerweise eine Struktur und die geht los eben mit dieser ersten wichtigen Frage: Wo wollen wir denn überhaupt hin? Also, ich finde das ist ein sehr schönes Beispiel, das Sie gerade gebracht haben, die vier Leute im Auto, die sich erstmal einigen müssen, wo sie überhaupt hinwollen, ja. Das muss man zuerst machen und typischerweise würde man starten mit der Vision und der Mission, also sobald man sich festgelegt hat, also für was machen wir hier überhaupt eine Strategiebetrachtung, nehmen wir hier mal das Beispiel für eine Firma. Und dann reden wir über Vision: Wie stellen wir uns die Zukunft vor, wie sind wir als Unternehmen darin verortet, was haben wir zu der Zukunft beigetragen und was sind die großen Ziele, die dahinter stecken, die wir erreichen müssen? Das ist ein ganz wichtiger Prozess, der ganz am Anfang steht, das muss man sich überlegen und da muss man auch ein gemeinschaftliches Bild entwickeln. Das wäre zum Beispiel die Frage, diese vier Leute, die da im Auto sitzen, wieso fahren die überhaupt irgendwohin? Das wäre dann die Mission oder purpose, neudeutsch gesagt. Wozu sind wir eigentlich da? Was ist der Sinn und Zweck der Veranstaltung? Beides zusammen, da muss man eben klar sein, vielleicht wollen die vier Leute in den Urlaub fahren und dann können wir natürlich überlegen: Wo soll der sein? Und da muss man eben gemeinsames Bild finden. Und das Beispiel gefällt mir, da kommen unterschiedliche Sichtweisen zusammen und am Ende müssen aber alle sagen, ja, das soll es sein, da wollen wir hin und dann kann man auch vernünftig erst in Strategieentwicklungsprozesse einsteigen, denn wenn sich das Ziel während des Strategieprozesses ändert, dann wird es schwierig.

Götz Müller: Ja, ich bleib jetzt mal bei dem Beispiel, unter Umständen muss mir eine ganz andere Frage stellen, bevor ich im Auto sitze. Ich muss mir zum Beispiel vielleicht die Frage stellen, oder als Parole ausgeben: Wir wollen als Familie eine schöne Zeit verbringen. Und dann erst kommt unter Umständen die Frage: Ja, wir möchten im Auto verreisen, weil es die und die Randbedingung hat und dann erst sitze ich irgendwann im Auto. Wenn ich aber mich entscheide, es geht mir primär darum, eine schöne Zeit verbringen, ist ja das Auto selber noch nicht mal notwendigerweise besetzt.

Stefan Pastuszka: Cool. Genau richtig. Also bleiben wir jetzt bei diesem Beispiel, finde ich super, dann machen wir jetzt mal einen Strategieprozess für. Also, nehmen wir an, dass die Mission ist, wir wollen eine gute Zeit haben hier im Urlaub, so, und dann machen wir die Vision. Also sagen die Dame des Hauses möchte gerne Meer haben und Strand haben, der Herr des Hauses möchte gerne biken gehen und das Kind, sagen wir mal, wie man es aus der Werbung kennt „Ich will Kühe.“. Also muss man sich erst mal irgendwo auf ein gemeinsames Zukunftsbild verständigen und dieses Zukunftsbild könnte dann zum Beispiel heißen, wir fahren auf irgendeine Insel beispielsweise, also wo es dann Berge hat und man kann biken und es hat auch das Meer und Strand und es hat auch Kühe. So. Und dann stellt sich eben diese Frage: Wie ist das zu erreichen? Ja, und deswegen, diese Frage „Fahren wir da mit dem Auto oder nehmen wir das Flugzeug oder vielleicht etwas ganz anderes?“, das ist dann die Frage der strategischen Optionen und diese Frage der strategischen Optionen, also die Frage nach dem richtigen Weg, die stellt sich ständig dann auch angesichts beispielsweise der finanziellen Möglichkeiten. So eine Option, wenn man … also Optionen müssen sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen, wobei es in diesem Fall tatsächlich so wäre, also entweder ich fahre mit dem Auto oder ich fliege, aber das würde ich dann solche strategischen Optionen unter verschiedenen Kriterien abwägen. Zum Beispiel die typischen drei Kriterien sind einmal die Machbarkeit, dann die Eignung und die Akzeptanz und unter Abwägung dieser drei Kriterien suche ich mir den besten Weg aus und, ja, in diesem Fall wäre es vielleicht relativ einfach, dann zu antworten. Aber ich sage es noch mal, im Business-Kontext können solche Abwägung dann sehr schwierig sein und brauchen am Ende dann eine unternehmerische Entscheidung und das rechnet einem dann auch kein Excel aus, was das richtige ist.

Götz Müller: Und ich glaube auch ein Stück weit muss ich mir bewusst sein, in welcher Reihenfolge mache ich denn was, weil wir nicht ganz am Anfang entscheiden, ja, wir fahren mit dem Auto, dann schneide ich mir ja unter Umständen ganz viele Möglichkeiten ab.

Stefan Pastuszka: Absolut.

Götz Müller: Und eventuell verliere ich dann viele, vielleicht nicht sprichwörtlich, aber in der Mitwirkung verliere ich vielleicht viele, weil die Großmutter dabei ist, die sagt „Mir wird’s immer schlecht beim Autofahren.“

Stefan Pastuszka: Genau. Völlig richtig. Also von der Definition des Ziels hängt ab, wie die Strategieentwicklung verläuft. Wenn mein Ziel ist, ich möchte schön Urlaub machen am Meer, habe ich automatisch mehr Optionen als wenn ich sage, ich möchte einen Auto-Urlaub machen und ich möchte ans Meer, also das ganz klar. Und deswegen, die ersten Schritte im Strategieentwicklungsprozesse sind die wichtigen. Also wenn ich zum Beispiel, das geht das nicht nur um das Ziel, sondern auch den Betrachtungsgegenstand. Wenn ich den nicht richtig definiere, dann fällt es mir schwer, die richtigen Optionen hinterher herauszuarbeiten. Ich mache mal ein einfaches Beispiel, damit wir mal von Urlaub und Autofahren bekommen. Ein Betrachtungsgegenstand könnte zum Beispiel ein Unternehmen sein, ja, und nehmen wir mal an, dieses Unternehmen stellt Bohrmaschinen her, dann hat dieses Unternehmen aber auch typischerweise ein Wertversprechen oder ein Angebot gegenüber seinen Kunden. Wenn jetzt beispielsweise Sinn und Zweck des Unternehmens nur ist, Bohrmaschinen herzustellen und das Angebot sind einfach Bohrmaschinen, dann bin ich im Wettbewerb mit allen anderen Unternehmen, die eben auch Bohrmaschinen herstellen. Wenn ich aber sage, mein Wertversprechen ist, Menschen zu helfen Löcher in Wände zu kriegen, dann bin ich plötzlich mit ganz vielen anderen Unternehmen auch im Wettbewerb, dann bin ich auch noch im Wettbewerb mit Unternehmen, die Baumaschinen verleihen oder mit Handwerkern, die den Kunden helfen, überhaupt das Loch in die Wand zu kriegen oder oder. Ich kann mir da verschiedene Sachen vorstellen und die saubere Definition des Betrachtungsgegenstands und dessen an dessen Angebot oder Wertversprechen ist das, was den weiteren Strategieprozess sehr stark beeinflusst. Dahingehend, wie breit ich überhaupt denken kann. Lege ich mir ganz am Anfang schon irgendwelche Schranken auf oder mache ich es relativ breit? ich sage noch mal, ich habe vorhin das Stichwort Mission erwähnt, also Mission und Vision, das sind zwei Begriffe, die werden oftmals durcheinandergewürfelt im normalen Sprachgebrauch. Die einen verstehen unter der Vision die Mission und umgekehrt oder es wird zusammen zusammengepanscht sozusagen, aber eigentlich gibt es relativ klare Definitionen und diese Mission, ich habe es gerade auch schon mal angedeutet, im Neudeutschen purpose genannt, die beschreibt den Sinn und Zweck einer Organisation, zum Beispiel eines Unternehmens, da steckt schon das grundlegende Wertversprechen drin und ein ganz tolles Beispiel ist Walt Disney. Also die Mission von Walt Disney selbst war to make people happy und wenn ich mir das so genau anschaue, dann zeigt es die Richtung an und das ist eben das Wichtige bei einer Mission, wie ein Nordstern zeigt die die Richtung an, in die ich mich bewege, aber die Mission muss gleichzeitig genügend Spielraum erlauben, dass ich mir über eine vernünftige Weiterentwicklung des Unternehmens Gedanken machen kann. Also to make people happy erlaubt viele Varianten, wie das wie das sein kann. Wenn Walt Disney von vorne rein gesagt hätte, seine Mission ist es, Zeichentrickfilme zu machen oder Comics zu zeichnen, dann komme ich niemals auf die Idee, einen Themenpark zu eröffnen, sondern alles, was ich später tue dient dazu, um die Mission mit Leben zu erfüllen. Also ist es wichtig, dass diese Mission schon meine Richtung anzeigt, aber eben nicht zu eng gefasst ist, sondern es einfach erlaubt, in der Breite über zukünftige Geschäftsmöglichkeiten nachzudenken.

Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen dass der ein oder andere vielleicht ziemlich überwältigt ist, was die Möglichkeiten angeht und ich glaube, in dem Arm bekommt dann wieder dieser Prozessgedanke als unterstützend, ich greife wieder die Metaebene raus, um eben mir dann nicht Gedanken zu machen, wie vermeide ich jetzt, dass wir uns die Köpfe einschlagen beim Entwickeln einer Strategie, wie vermeide ich, dass wir um den heißen Brei herumreden, wie kriege ich also diese unter Umständen ja sehr unterschiedlichen Menschen, wie kann es gelingen, die in einer sehr universellen Vorgehensweise auch wiederum, weil Walt Disney etwas ganz anderes ist, wie wenn ich darüber diskutiere was ist der tollste Familienurlaub, die ich als Familie verbringen will, und trotzdem glaube ich, kann ich da einen großen Rahmen außenrum legen und das ganze Ding in Prozess nennen.

Stefan Pastuszka: Auf jeden Fall. Prozess hilft und ist wichtig. Ich habe das auch schon mehrfach, glaube ich, jetzt gesagt, sorry, wenn ich nicht da wiederhole, beim Strategie entwickeln kommt es darauf an, sich die richtigen Fragen zu stellen und zu versuchen, gute Antworten darauf zu finden und es gibt natürlich Mechanismen, die mir helfen, diese Fragen zu stellen und das würde ich mir jetzt mal auch als Teil des Prozesses vorstellen. Da gibt es verschiedene Verfahren, wie man da rangehen kann, jetzt beispielsweise meine neue Strategieentwicklungsprozesse Strategy Explorer, das ist eine canvas-basierte Methode. Das heißt, Sie haben großes Poster, das wird ausgedruckt, an die Wand gehängt und mit Haftnotizen von dem Team bearbeitet und das führt einen als Modell durch die wesentliche Fragestellung durch. Also jetzt in Corona-Zeiten ist es natürlich schwierig, da eng aufeinander zu hocken und zu arbeiten, aber das geht genauso gut auf digitalen Whiteboards. Das Wichtige ist, ich brauche irgendwie einen Rahmen, in dem ich arbeite, der mir hilft, diese Fragen zu stellen. Oftmals ist es schwierig für Menschen, sich mit dem Strategiethema überhaupt zu beschäftigen. Das heißt, da einen Anfang zu finden, denn Strategie, das ist so ein großes Wort, das ist komplex, das ist schwierig und das braucht Experten und „Können wir das überhaupt“ und, ja, also das gibt's auch, dass es da eine gewisse Hemmung gibt, sich mit der Sache einfach mal zu beschäftigen, einfach anzufangen und eben diese Strategy-Explorer-Methode als Canvas, das kann eben diese Hemmschwelle ein bisschen senken, dass man da einfach mal loslegt und ein strategisches Gesamtbild produziert, aber der ganze Prozess, egal wie ich den jetzt gestalte, der steht und fällt mit dem Input, den die Menschen bringen. Das heißt, ich brauche verschiedene Dinge und zwar kann man da gut sagen, das eine ist, ich brauche Vorstellungskraft, Fantasie, Kreativität, einerseits, die da reinkommen müssen. Auf der anderen Seite brauche ich aber auch Wissen und Struktur. So der Prozess Strategy Explorer oder wie ich es auch immer mache, das gibt mir eine Struktur vor, in der ich arbeiten kann, die mich durchleitet. Aber die Qualität dessen, was ich generiere, das steht und fällt mit dem Input. Sie kennen den Spruch: Bullshit in, Bullshit out. Das bedeutet, ich muss einerseits kreativ sein und Vorstellungskraft mitbringen, sonst komme ich überhaupt nicht auf eine vernünftige Vision oder auf eine ansprechende und motivierende Vision, die auch ein bisschen weit greift. Und ohne Fantasie fällt mir auch schwer, interessante Schritte zu finden, die mich zu diesem Ziel bringen könnten. Also Kreativität und Fantasie ist wichtig, aber das Ganze geht natürlich auch nicht ohne Kompetenz. Das heißt, ich muss wissen, von was ich rede, in welchem Umfeld ich mich befinde, wo ich einfach Spiele und das geht eben dann tatsächlich nur über die vernünftige Kombination von Charakteren und Backgrounds im Team.

Götz Müller: Ja, und da kommt mir aber sofort noch die Frage in den Sinn, Sie haben es auch Bild genannt, und Canvas als die Leinwand letzten Endes impliziert es ja auch, was es ja, glaube ich, nicht sein soll, so klassisch Malen nach Zahlen, weil am Anfang ist es eine leere Leinwand. Ich folge zwar einem gewissen Prozess, aber dieser Prozess, wenn ich das mit der Gruppe A mache, wird das Ergebnis völlig anders aussehen wie bei der Gruppe B, obwohl es ein sehr ähnlicher Prozess oder der gleiche Prozess war.

Stefan Pastuszka: Absolut. Das stimmt vor allen Dingen dann, wenn wir sagen, die Zieldefinition ist Teil des Prozesses, was ja üblicherweise der Fall ist. Wenn Sie also zwei Teams draufsetzen und die entwickeln jeweils ein unterschiedliches Ziel, ist klarerweise der Weg, der rauskommt auch ein. Wenn Sie aber jetzt sagen, Sie setzen zwei verschiedene Teams darauf an, eine Strategie zu entwickeln für das gleiche Ziel, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu ähnlichen Ergebnissen kommen, schon größer. Das wäre tatsächlich auch ein schönes Experiment, mal zu machen, gemeinsam irgendwo eine Vision sich zu überlegen, die großen Ziele, die dahinter stecken zu definieren, zu sagen: Das ist die Vorgabe, das ist unsere Mission, das ist der Betrachtungsgegenstand und jetzt go! Und dann wirklich bekommt man, wenn man vielleicht mit unterschiedlichen Teams arbeitet, ein größeres Spektrum von Optionen, vielleicht auch mal radikal andere Ideen raus als wenn man nur mit einem Team arbeitet- Aber wenn sich die Teams jetzt selber noch ihre Ziele vorgeben, dann, klar, dann kommt etwas völlig Unterschiedliches raus.

Götz Müller: Und ich glaube, es braucht aber eben trotzdem so etwas wie diesen Rahmen, der Strategy Explorer, der implizit einen großen Teil des Prozesses vorgibt, dadurch dass ich die einzelnen Felder da habe und nacheinander.
von Feld 1 zu Feld 2 oder von A nach B gehe und halt nicht von D das Alphabet rückwärts oder von Z aus das Alphabet rückwärts mache, und ich glaube dann, das ist zumindest meine Erfahrung, ist immer noch wertvoll, so etwas ganz Einfaches wie einen Moderator zu haben, der mal die Gruppe immer wieder vor die, bleiben wir bei der Metapher, vor die Leinwand holt.

Stefan Pastuszka: Absolut. Das ist richtig. Also es ist auch sehr empfehlenswert, einem Moderator dazu zu nehmen. Also der Strategy Explorer ist in meinem neuen Buch beschrieben und das Buch ist sehr detailliert dahingehend, wie man überhaupt Strategie entwickelt, wie man den Workshop ausrichtet, was für Menschen man dazu einlädt, was man tun kann, wenn es mal klemmt mit der Kreativität, hat viele Beispiele drin, wie man da vorgehen kann, von denen man sich etwas abgucken kann und meine Empfehlung ist immer, man sollte ein Moderator auswählen. Das kann auch jemand aus dem Unternehmen oder aus dem Team sein, aber derjenige sollte sich in die Methode einarbeiten. Das heißt, er sollte zumindest mal das Buch durcharbeiten und sich ein paar Beispiele anschauen, damit der versteht, so funktioniert das. Aber das kann auch ein Externer sein. Ich mache das immer sehr gerne und habe da einen Prozess auch schon mit einigen Unternehmen und Teams durchgezogen. Und da hilft es natürlich auch wenn externer Moderator dabei ist, der vielleicht die Diskussion ein bisschen besser noch einfangen kann und noch Impulse von außen geben kann. Das ist nämlich ein wichtiger Aspekt auch, dass man versucht eben ein bisschen weiter als nur bis zu einen Unternehmensgrenzen zu denken. Also von daher, ein Moderator ist auf jeden Fall empfehlenswert, damit sich die anderen Teammitglieder auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren können und damit das Ganze auch nicht ausufert und wenn man es sich leisten kann, dann sollte man vielleicht ein externer Moderator sich nehmen. Dann kann man auch noch von der externen Sichtweise profitieren.

Götz Müller: Ja, ich glaube, ich würde sogar noch einen weiteren Aspekt ergänzen. Selbst wenn in der Moderator … diese externe Sichtweise ist sicher ein wertvoller Punkt, aber der andere ist eben, er ist halt auch unparteiisch. Also das erlebe ich durchaus, in manchen Szenarien wenn die Moderationskompetenz im Team vorhanden ist, dann aber diese Neutralität aufzubringen und sich nicht vor allem nicht in den Augen der anderen auf eine Seite zu schlagen, das ist ja das, in meinem Erleben manchmal auch das ganz Gefährliche, dass ich halt diese Parteilichkeit in den Augen der anderen unter Umständen nicht loswerde und dann habe ich fast schon verloren.

Stefan Pastuszka: Das stimmt. Das ist sicherlich eine Schwierigkeit. Wobei es werden immer Meinungen und unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen, die irgendwie zusammengeführt werden müssen. Es ist jetzt, der Moderator sollte sich natürlich sowieso auf keine Seite schlagen, aber ich sehe ein, für jemanden, der da im Unternehmen ist, ist es vielleicht dann vielleicht, ja besser, wenn er mit der Meinung der Geschäftsführung geht als mit der Meinung der Experten, die dazu eingeladen wurden. Von daher, ja, das kann ein Risiko sein, also externer Moderator bringt diese Schwierigkeit nicht mit. Aber ganz generell möchte ich dazu noch mal sagen, es ist wichtig, dass unterschiedliche Meinungen aufeinander prallen und die zu moderieren ist auch wichtig, denn nur durch einen gescheiten Diskurs ergibt sich auch ein vernünftiges Bild und eine vernünftige Strategie. Also das Blödeste wirklich ist, wenn alle einer Meinung sind, also wenn es so ein Konsensprodukt ist. So ein Konsensprodukt ist meistens Mist. Es ist besser, wenn wirklich da unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen und man sich dann einigt. Von daher, ich präferiere zum Beispiel als Entscheidungsfindungsmethode, wenn es also wirklich hart auf hart kommt, consent decision-making, dass man eben nicht versucht, einen Konsens herzustellen, sondern eher mit dem Zustand „Das ist gut genug für jetzt und sicher genug, um es auszuprobieren.“ und sozusagen keine großen Widersprüche, also nicht dass ich es gut finden muss, aber ich kann damit leben.

Götz Müller: Um eben zum Schluss, und vielleicht diesen Gedanken des Bildes noch mal aufzugreifen, um dann eben ein schönes Bild zu haben, vor das alle hintreten können und dann, da greife ich jetzt den Punkt von vorhin auf, um dann auch sagen zu können „Ja, okay und jetzt kaufen uns eine Bohrmaschine und dann bohren wir an der Stimme des Loch hin, um dort das Bild aufzuhängen.

Stefan Pastuszka: Ja, also das wäre schön. Also wenn ich von einem strategischen Gesamtbild spreche, dann muss das nicht unbedingt gezeichnet sein. Obwohl ich visualisiere auch, also ich arbeite in meiner Praxis als Berater auch mit Visualisierungstechniken. Ich zeichne auch auf der großen Fläche. Das ist insbesondere dann hilfreich, wenn man mit dem Team gemeinsam zu erstmal Vision arbeiten möchte, da hat man plötzlich eine ganz andere Diskussion als wenn man nur mit Worten diskutiert, sondern man zeichnet ein reichhaltiges Bild der Zukunft, aus dem man dann ableiten kann, die großen Ziele, die dahinter stecken. Das sprengt natürlich den Rahmen eines einfachen Strategy-Explorer-Workshops. Wenn ich da von einem strategischen Gesamtbild spreche, dann bedeutet das, alle Schritte der Strategieentwicklung, das sind so typischerweise sechs Schritte vom Startpunkt, das heißt, für was mache ich eine Strategie bis zum erfolgversprechendsten Weg in die Zukunft, sind da alle Schritte drauf und die Zusammenhänge sind sichtbar. Das ist jetzt kein Bild, dass man sagt „Schönes Landschaftsbild“, aber es ist ein inhaltlich logisches und zusammenhängendes konsistentes Bild und das bietet eine ideale Ausgangsposition, um daraus sozusagen die nächsten Schritte abzuleiten und das ist auch typischerweise innerhalb eines Tages machbar, also wenn man sich wirklich konzentriert, wenn man dranbleibt, dann kann man innerhalb eines Tages in diesem Prozess einmal durchlaufen und hat dann eine Basis, mit der man weiterarbeiten kann. Vielleicht hat man nicht alle Menschen im Raum … also vielleicht gibt's Sachen, die man doch ein bisschen besser recherchieren muss. Vielleicht hat man auch nicht die Leute im Raum, die die finalen Entscheidungen treffen können. Von daher würde ich so einen Strategieprozess auch eher als eine Iteration bezeichnen und wenn man das nach diesem Modus macht, erstmal einen Tag für einen komplettes Bild, ich nenne das auch den Startup-Modus, dann hat man zumindest einen Prototypen der Strategie, den man dann im weiteren Verlauf noch schärfen kann, bevor meiner sagt jawohl. Aber um den Abschluss zu finden, es ist ein Gesamtbild und das Team hat es gemeinsam entwickelt und das Feedback, was ich bisher erhalten habe war immer: Wow. Wir wissen jetzt, wo wir lang müssen. Wir wissen, wo die Prioritäten liegen und damit arbeiten wir weiter. Und ein Feedback war auch, dass selbst eine Vision- und Mission-Statement-Entwicklung in dem kurzen Prozess heute noch verwendet wird. Also und das sind Feedbacks, über die ich mich dann sehr freue. Also von daher: dieses kompakte und die Arbeit im Gesamtbild ist sehr viel hilfreicher als wenn man verschiedene Tools an unterschiedlichen Stellen verwendet, die man sich selber irgendwo ein bisschen zusammenbastelt.

Götz Müller: Und ich glaube, da eben ist es definitiv dann sinnvoll, von Prozess zu reden, eben auch damit auch alle Beteiligten ein gutes Gefühl haben: Ja, das war es nicht nur Zufall, sondern wir können uns in einem halben Jahr, einem Jahres noch mal anschauen und wir wissen noch, wie wird dazu gekommen sind und wir sind nur am Tisch gesessen und haben gewürfelt.

Stefan Pastuszka: Ganz genau, ganz genau. So ist es und was jetzt aus dieser Strategy-Explorer-Methode herauskommt, das ist die Richtung. Ich habe es ja bezeichnet als den erfolgversprechendsten Weg, der dann kurz und knackig auf den Punkt gebracht werden muss. Aus den bestehenden Optionen wird der zusammengesetzt und das kann man dann idealerweise in Form von einem oder zwei Sätzen sagen. Wir erreichen unsere Vision, also Klammer auf, das ist dann die und die und die, ja, indem wir erstens, zweitens, drittens tun. Ja und das muss dann weiter ausgearbeitet werden, in einem, Sie sagen in einem weiteren Prozess, und das muss dann immer mal wieder angeschaut werden. Also beispielsweise turnusmäßig, wenn ich sage alle halbe Jahre oder vielleicht einmal im Jahr, kann ich mir auch unterschiedlich überlegen, wie ich das angehen. Dass ich vielleicht einmal im Jahr ein sogenanntes Strategy Retreat mache, so heißt das jetzt Neudeutsch, wo man sich wirklich in Klausur begibt, irgendwo, wo man und nicht gestört wird, in irgendeiner Hütte in Alpen oder irgendwo im Grünen und da wirklich großen strategischen Fragen diskutiert und ein andermal im Jahr, vielleicht einfach nur kurz zusammen kommt und schaut: Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Oder aber etwas Spezifisches macht, wenn man feststellt: Oh, unsere Grundannahmen werden gerade ganz gehörig infrage gestellt, Stichwort Corona ist über uns gekommen, da muss man sich logischerweise überlegen: Was für Einflüsse hat das, was bedeutet das für unsere Strategie? Müssen wir irgendwo anpassen, nachziehen, sonstiges? Von daher, das ist der Startpunkt, von dem aus man eintritt in einen kontinuierlichen Prozess.

Götz Müller: Das war ein wunderbares Stichwort, Abschlussstichwort: Kontinuierlicher Prozess, da kriege ich leuchtende Augen. Herr Pastuszka, ich danke Ihnen für Ihre Zeit, für die spannende Diskussion.

Stefan Pastuszka: Und ich bedanke mich ganz herzlich für die super Fragen und mir hat ebenfalls Spaß gemacht, das Thema mit Ihnen zusammen mal zu beleuchten.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Stefan Pastuszka zum Thema Strategieentwicklungsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 211.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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