Kaizen 2 go 272 : Digitales A3-Management


 

Inhalt der Episode:

  • Welche Vor- aber auch Nachteile hat das klassische A3-Formular?
  • Was ist Deine Empfehlung zur Einführung von A3 Management?
  • Welche Herausforderungen können im Shopfloor-Kontext entstehen?
  • Wie geht damit um, auch bzgl. der Einbeziehung erfahrener älterer MA und FK, die aber einen eher IT-fernen Hintergrund haben?
  • Wie vermeidet man, dass Powerpoint- und Excel-Schlachten entstehen, aber die Essenz des A3-Managements verloren geht?
  • Wie sieht ein Einstieg in die Nutzung von digitalem A3-Management aus?

Notizen zur Episode:


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(Teil)automatisiertes Transkript

Episode 272 : Digitales A3-Management

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Michael Meiss bei mir im Podcastgespräch, schon zum, wenn ich es richtig weiß, zum dritten Mal. Er ist Berater-Kollege, auch im Kontext Lean und macht auch viel mit Digitalisierung in dem Umfeld. Hallo Michael.

Michael Meiss: Hallo Götz.

Götz Müller: Ja, schön, dass du heute wieder dabei bist. Wir haben uns wieder ein spannendes Thema ausgesucht, wo, glaube ich, zwei Welten ein Stück weit auch zusammenkommen, A3-Management. Vielleicht zum Einstieg, weil nicht jeder wirklich weiß, unter Umständen, um was geht es da, so ein bisschen Hintergrundinformationen zum A3-Management.

Michael Meiss: Ja, also im Prinzip, der A3-Report als solches ist um die 60 Jahre alt, geht zurück auf Juran, einen Amerikaner, was seine Grundidee damals war, war das Thema Problemlösungen, Entscheidungsgrundlagen und Strategie auf einem Blatt Papier zusammenzubringen, ja, einem Blatt Papier. Das ist der große Vorteil seiner Zeit gewesen. Dass das nicht auf verschiedenen Blättern irgendwo verteilt ist, sondern dass man sich wirklich fokussieren muss, konzentrieren muss, alle Informationen auf ein Blatt Papier zu bringen. Toyota hat das, wie viele andere Dinge auch, als Vorreiter wirklich angewendet und hat seinerzeit einfach ein Blatt A3, vom Format her, gewählt. Daher kommt immer der Name A3, viele fragen da, wo kommt das her? Einfach nur von seiner Zeit möglichst. großen Formaten, was noch elektronisch versendet werden konnte via Fax, A3. Das A3-Formular ist eigentlich somit, kann man wirklich sagen, das ist die papiergewordene Repräsentation des Toyota-Problemlösungsprozesses. Darauf kommt es eigentlich an diese an. Diese acht Schritte der Problemlösung nach Toyota, die müssen sauber strukturiert abgebildet sein. Im Grunde basiert der A3-Report damit auch auf dem PDCA-Zyklus, den auch sehr viele kennen im Lean-Umfeld, denke ich, dass ist einfach die Basic, ja, dass man den PDCA-Zyklus wirklich anwendet und im Prinzip ist der A3-Report, so kann man es eigentlich zusammenfassen, das ist die Schablone für die Analyse- und Handlungsschritte beim Lösen eines Problems, auch für Strategieentscheidung und sowas anwendbar, aber da, wo wir jetzt von der Anwendung reden, ist eigentlich das Thema: Wie löse ich strukturiert ein Problem?

Götz Müller: Genau. Und was mir persönlich eben an dem Stück Papier auch so gut gefällt, weil da eine Sache, finde ich, viel deutlicher rauskommt, wie wenn ich PDCA annehme, da habe ich diese vier Buchstaben und da erlebe ich es immer mal wieder, vorsichtig ausgedrückt, dass Menschen denken „Ha ja, vier Buchstaben, 25% pro Schritt“ und das ist aber genau, meiner Ansicht nach, einer der zentralen Punkte, wo ich auf dem Stück Papier sehe: Nein, das P, das sind über 50%.

Michael Meiss: Ja, genau. Bin ich ganz bei dir. Eher 50, manchmal 60%, ja, auch wo man ganz klar, bevor du in irgendeine Maßnahme reinspringst, kommt halt erst das Thema: Was ist das Problem? Was ist eigentlich mein Zielzustand, wo ich hinwill? Ja, wer keinen Zielzustand hat, braucht im Prinzip eigentlich gar nicht anfangen, weil er gar nicht definieren kann, wie groß sein Problem eigentlich ist. Ja. So Kennzahlen, all diese Dinge, Ursachenanalyse, 5 W, ja, das wissen wir alle, die sich mit dem PDCA-Zyklus beschäftigen, dass das P ganz, ganz entscheidend ist und das kommt auf dem A3-Formular besser rüber als mit vielen anderen Dingen. Bin ich ganz bei dir, ja.

Götz Müller: Aber ich vermute mal, du kennst auch Fälle, wo dann, sofort die Lösung aus der Hüfte geschossen wird und das P bei Weitem nicht mal 25% sind.

Michael Meiss: Ganz klar, das ist dieser typische Aktionismus, schnell vorwärts, Hauptsache Maßnahmen, ja, hat ja seinerzeit auch Rother in seinem Buch schön zusammengefasst, als er die Toyota Kata entwickelt oder vorgestellt hat. Die Struktur der Verbesserungskata ist genau dieses Thema, ja, dass man wirklich erst denken und dann handeln, ja. Nicht auf den Aktionismus aufspringen.

Götz Müller: Genau. Jetzt, glaube ich, sind da ein paar Beispiele, nicht Beispiele, ein paar Vorteile schon klar gewesen, das vorher darüber nachdenken, nicht schnell aus der Hüfte schießen … jetzt hat natürlich aber das Stück Papier, sonst würde man ja gar nicht darüber reden, natürlich auch den einen oder anderen Nachteil, dass man vielleicht das noch vertiefen, weil das ja der Ausgangspunkt ist, überhaupt über den Aspekt Digitalisierung auch hier nachzudenken.

Michael Meiss: Nochmal kurz ein Vorteil: Man braucht halt wirklich ein Blatt Papier, einen Bleistift, Radiergummi und kann anfangen, ja, brauchen wir überhaupt nicht darüber reden. Ich kann es überall anwenden, auch das ist klar. So Nachteile, wo hängt es wirklich an der Stelle. Wenn wir jetzt mal klassisch über ein Stück Papier reden, dann habe ich halt manchmal wirklich schlechte Lesbarkeit, wenn ich mit anderen zusammenarbeite, weil es handschriftlich erstellt ist, manchmal einfach nicht zu lesen, ja. Ich brauche, um es zu archivieren am Ende noch zusätzliche Schritte. Ich muss scannen, ablegen, sowas. Ich kann nicht ganz so einfach teilen, manchmal ein Foto machen oder halt scannen. Für mich ganz entscheidend ist das Thema, dass ich Aufgaben aus verschiedenen A3-Reports nicht pro Person zusammenfassen kann, geht mir ganz oft so, ja, dass ich auch zehn, zwanzig A3-Reports als Verantwortlicher für irgendwelche Maßnahmen gelistet bin und mir das dann mühsam wieder zusammensuchen muss, ja, was sind meine Maßnahmen heute oder das ganze Thema, dass man, ich sage mal, über verschiedene A3-Reports hinweg nicht reporten kann. Ich war gerade in einem großen Projekt unterwegs, wo an vielen Standorten mit A3-Reports sehr sauber gearbeitet wurde, und in der Zentrale saß dann eine Kollegin, die hat wöchentlich in einer Excel-Liste, die Stamminformationen zusammengefasst, wo läuft welcher A3 und so weiter. Und das sind halt Dinge, wo ich immer, ich sage mal, mit dem klassischen A3-Stift auf Papier komme, das würde ich als Nachteil sehen. Und vielleicht noch mal zusammenfassend, ja, wenn ich einfach sage, diese klassische Form, ja, das passt meiner Meinung nach nicht mehr zu der digitalen Arbeitsweise, wie wir sie im Jahr 2021 an vielen Stellen haben und auch wirklich haben wollen, ja, ist ja ganz klar, da wird ja wird sehr viel gedrückt in die Richtung, ja, so. Wenn ich dann aber komme und sage, wir wollen aber klassisch auf Papier an der einen Stelle, das passt meiner Meinung nach nicht unbedingt zusammen.

Götz Müller: Ja, und ich könnte mir vorstellen, es provoziert dadurch unter Umständen den Widerstand, weil es, ja, eben nicht in die Zeit passt, der aber mit der Sache an sich erstmal gar nichts zu tun hat.

Michael Meiss: Ich bin ganz bei dir. Das provoziert Widerstand. Wie will ich Leuten, gerade mal im administrativen Bereich, oder wo auch immer, wie will ich die zu automatisierten Workflows bringen, wenn ich dann aber komme und sage: Und jetzt machen wir von Hand, füllen wir jetzt einen A3 aus. Dann sagen die sofort: Was willst du von mir hier? Weshalb sollen wir automatisieren? Weshalb sollen wir digitalisieren? Wir, die, sage ich mal, wir, die jetzt, als Verantwortliche die Tools an den Mann bringen müssen, ja, wenn wir dann mit handschriftlich anfangen, das passt nicht zusammen.

Götz Müller: Mhm. Genau. Gut. Jetzt nehmen wir uns mal das nächste Thema vor, irgendwann muss ich mit etwas neuem, in Anführungszeichen, neu ist es ja nicht mehr, mit etwas Neuem anfangen, also mit A3-Management. Jetzt stellt sich, glaube ich, also zumindest erlebe ich es nicht nur da, an vielen anderen Stellen ja auch, immer wieder dann die Frage: Fange ich jetzt gleich digital an oder lerne ich erstmal die Basics? Was ist da deine Erfahrung, deine Empfehlung?

Michael Meiss: Das ist nicht mal die Frage. Für mich ist hier eher die Frage: Fangen wir direkt richtig an, sprich sauber, vollständig, konsequent, ja, oder probieren wir mal ein bisschen rum an der Stelle? Wir fangen mal an, etwas zu versuchen, A3, ja, so, ich würde wirklich sagen, am Anfang, wenn ich anfange A3-Management einzuführen, muss ich erstmal das Verständnis erzeugen, diese strukturierten Vorgehensweise beziehungsweise der Essenz des A3-Management. Worum geht das? Das ist der Anfang aller Dinge. Und lieber langsam, bis alle das verstanden haben. Und dann, ob man dann analog startet oder digital startet, das würde ich einfach ein bisschen abhängig machen von der Arbeitsweise der Mitarbeiter, ja, viele junge Leute, die wissen teilweise gar nicht mehr, was ein Stift ist, die sind das so derartig gewohnt, digital natives, ja, so, was will ich die in Papier zwingen? Weshalb? Ja, deswegen, mit solchen Leuten würde ich direkt digital anfangen, aber und das ist das ganz Wichtige, es kommt nicht auf das Digitale an, sondern es kommt darauf an, die Struktur verstanden zu haben. Das ist wichtig und danach würde ich einfach sagen, je nachdem, ob digital oder analog. Das ist bei mir von den Mitarbeitern ein bisschen abhängig, wie ich da anfange.

Götz Müller: Ja, das ist im Grunde, ich würde sagen, das ist die Antwort, die ich jetzt hören wollte.

Michael Meiss: Ja, das ist die Antwort, wissen wir beide, nur so kann das funktionieren.

Götz Müller: Es muss halt das Verständnis dahinter da sein und dann geht es ein Stück weit auch gar nicht mehr um das Stück Papier, sondern es geht um die Denke, die ich da aufs Papier bringe oder in etwas Digitales.

Michael Meiss: 95% des Erfolgs oder noch mehr ist die Denke, ist diese strukturierte Vorgehensweise, ist die Essenz. Ob digital oder nicht, das ist am Ende etwas, um die Sache einfacher zu machen und besser verwalten zu können, um keine Verschwendungsarbeit zu haben, im Sinne von, was halt Papier mit sich springt, ja, so, das ist der riesige Vorteil und die eigentlichen Nutzen der aus dem A3 kommt, kommt aus der strukturierten Vorgehensweise.

Götz Müller: Genau, genau. Jetzt hatten wir uns ja auch in einer der letzten Episoden oder in der ersten Episode über das Thema Digitalisierung auf dem Shopfloor unterhalten. Und natürlich ist das jetzt hier auch wieder so ein Thema und ich hatte damals ja auch ein bisschen die Frage gestellt, was ist da dein Erleben im Shopfloor? Du hast jetzt Grad berichtet, aus dem, eher Büro-Kontext, habe ich so zumindest rausgehört, wo das Thema Automatisierung schon sowieso vielleicht einen anderen Stellenwert hat. Was ist da deine Erfahrung, was Herausforderungen im Shopfloor-Kontext angeht, mit digitalen Hilfsmitteln eben?

Michael Meiss: Ja, du hast es ja genau richtig gesehen, dieser digitale A3 ist nichts weiter als ein Baustein vom digitalen Shopfloor-Management. Ja, so gehört dort rein, muss aber nicht nur auf dem Shopfloor, sondern kann auch in allen anderen Bereichen angewendet werden. Von der Erfahrungsweise. Wir haben gerade heute eine größere Diskussionen. Ich denke, die Mitarbeiter sind so weit, dass sie auch wirklich digital arbeiten wollen, weil viele erkennen, was das was für Nachteile durch die analoge Welt kommen. Ja, ich habe natürlich oft mal noch ein bisschen Vorbehalte gegen, sage ich mal, den Einsatz von digitalen Hilfsmitteln, haben wir manchmal, ja, oder dass wir sagen, wir haben die fehlenden Möglichkeiten, ja, wir können das überhaupt nicht vor Ort, ja am Shopfloor, das Thema würde ich wirklich sauber ein bisschen trennen an der Stelle. Ich meine, bei den fehlenden Möglichkeiten, ja, das wird sich über kurz oder lang selbst erledigen. Je mehr digitale Informationen Standard werden, dass vor Ort iPads sind, ja, oder das vor Ort am Ende auch Smartphones die Leute haben oder Rechnerzugang, das wird irgendwo der Standard sein, ja. Was die Erfahrung mit den digitalen Hilfsmitteln betrifft … ich meine, das ist meine tiefe Überzeugung, ja, wer am Ende WhatsApp bedienen kann, ja, und wer bei Amazon etwas bestellen kann, der kann auch den digitale A3-Report bedienen. Ja, so auf diesem Niveau, ja, WhatsApp-Bedienung, ja, muss das einfach gestaltet sein. Keine Frage, ja, und dann geht das auch.

Götz Müller: Ja, um eben auch da, und ich glaube, das ist ein gutes Beispiel, weil es da eine ganz natürliche Geschichte ist, und da denke ich jetzt nur mal an meine Mutter, die ist über 80, die hat mit WhatsApp jetzt überhaupt kein Thema, das zu nutzen.

Michael Meiss: Ja, meine Mutter ist 85, die tauscht sich mit den Urenkeln aus. Das ist überhaupt kein Problem.

Götz Müller: Genau, ja.

Michael Meiss: Und ich sage, wer das kann, wer grobe Richtung WhatsApp bedienen kann, ja, oder wirst du erleben, dass das immer mehr kommt, digitales Bürgerbüro, ja, bei uns kannst du im Rathaus alles digital erledigen. Ja, also wer in dieser Welt noch dabei ist, ja, der darf am Ende mit dem digitalen A3-Report kein Thema haben, so muss das gestaltet sein und das geht auch so einfach.

Götz Müller: Ja, und ich glaube, ein Stück weit muss man vielleicht, wie soll man es ausdrücken, die Menschen auch gerade anhand von so einem Beispiel ermuntern, sich selbst mehr zuzutrauen.

Michael Meiss: Ach, ja, Ganz klar. Ich muss es halt zeigen, ja, vielleicht ein Beispiel aus meiner Vergangenheit, ja. Ich habe mich jahrelang mit dem Thema der Fertigungsauftragsrückmeldung beschäftigt, ja, also Arbeitsgänge zurückmelden in der Fertigung. Da war immer das Thema: Das können meine Leute nicht, das schaffen die nicht. Also selber im ERP-System zurückzumelden. Wenn man das gut erklärt und den Leuten auch klar macht, warum, weshalb, wieso und gute Übungsbeispiele hat und sowas, dann schaffen das alle.

Götz Müller: Ja, und da kommt für mich ein wichtiger Punkt dazu. Manchmal sind es halt auch die Führungskräfte, die es ihren Mitarbeitern nicht zutrauen, dass im Grunde auch nicht selten ganz offen kommunizieren. Und wenn du das oft genug hörst als Mitarbeiter, dann glaubst du es halt irgendwann auch, nach dem Motto, du kannst das nicht.

Michael Meiss: Ja, vielleicht eher nicht wollen, aber da sind wir ja an der Stelle, dass ich sage: Was ist die Essenz auch von Shopfloor-Management? Das ist ja gerade das Thema, trauen wir uns die Kommunikation dieser Art zu, vor Ort mit meinen Mitarbeitern? Und da, wenn ich gerade Shopfloor-Management eingeführt habe, dann darf das hier keine Frage mehr sein, meine ich.

Götz Müller: Ja. Gut, jetzt kann man das Thema, kommt mir gerade so ein Gedanke, kann man durchaus als eine Art Pendel betrachten, so am einen Extrem die völlig analoge Welt, Papier und Stift und Radiergummi, und am anderen Ende die hundert Prozent digitale Welt, so die PowerPoints und Excel dieser Welt und da passiert natürlich, glaube ich, eine Sache speziell, wenn wir PowerPoint nehmen, wo das Pendel halt gerne mal über den sinnvollen Punkt ausschlägt, und daher die Frage an dich, wie gehe ich damit um, was ist dein Tipp, das zu vermeiden, dass jetzt hier die klassischen PowerPoint-Schlachten stattfinden?

Michael Meiss: Ja, für mich ist das eigentlich die zentrale Frage. Genau das darf nicht passieren. Ja, dazu einfach mal bisschen kurz Hintergrund. PowerPoint ist zwar digital, ist aber meiner Meinung nach für den A3-Report nicht geeignet. Ja, das ist am Ende Fließtext, ja, und dann kann jeder gestalten, wie er denkt im PowerPoint, ja, ich kann nichts auswerten, ja, so also, ich kann keine automatische Workflows aufsetzen, all diese Dinge. Also PowerPoint ist für mich nicht Mittel der Wahl, wenn ich über digitales A3 rede. Das gilt am Ende genauso für Excel, ja, es gibt zwar Vorlagen für A3-Report in Excel, kann man sehen im Internet, aber für mich ist auch Excel nicht das Mittel der Wahl an der Stelle. Ja, weil ich kann halt keine zentralen Auswertungen über einzelne Excel Listen machen, die irgendwo abliegen pro A3. Das wird am Ende, am Ende läuft das darauf hinaus, dass ich mit der technischen Lösung für das A3-Management ganz klar die Essenz im Vordergrund halten muss und das geht meiner Meinung nach nur, wenn ich das auf Datenbank-Basis mache. Wo ich bestimmte Felder habe, die auszufüllen sind, wo auch eingeschränkt ist, was da ausgefüllt werden kann und so weiter, ja, und mit einer Datenbank-Struktur im Hintergrund und einer guten Kommunikationsplattform, ja, die beiden Dinge zusammen, damit denke ich kann man das so aufsetzen, dass es gut geführt ist, also ich nicht in irgendwelche Schlachten ausarten kann und trotzdem alle Informationen gezielt abgegriffen werden können.

Götz Müller: Ja, und halt, glaube ich, die Freiheitsgrade, die mir klassisch das Stück Papier bietet, auch das in eine digitalen Welt zu bringen, ohne jetzt, und das klang für mich sehr deutlich an, was ja manchmal auch unter Digitalisierung verstanden wird: Ha ja, dann scannen wir halt die Ordner ein und geben den Mitarbeitern ein PDF mit.

Michael Meiss: Ja, das kann nicht die Lösung sein. Das kann es nicht sein, ja. Denn ich muss halt hier wissen: Achtung, ich habe bestimmte Felder, gerade im A3, die müssen ausgefüllt sein und da brauche ich die Informationen, da kann ich das zum Muss-Feld machen, ja beziehungsweise ich brauche freie Felder, wo ich Texte eingeben kann, wo ich Bilder einfügen kann, wo ich Links einfügen kann, heutzutage so in der Art.

Götz Müller: Mhm, ok. Wenn wir uns jetzt mal ein bisschen wieder auf den Prozess der Einführung konzentrieren. Also wie fange ich eben an? Ich meine, früher ganz klassisch: ein Stück Papier raus, Stift raus und anfangen zu schreiben, in Anführungszeichen, vereinfacht, sehr naiv ausgedrückt. Also den Rahmen ein bisschen größer ziehen. Wenn ich also digitales A3-Management anfangen will, weil ich vorher vielleicht noch gar nichts mache an der Stelle, Richtung zum Beispiel Problemlösung, wie sieht dann deine Erfahrung aus, deiner Empfehlung, das Thema anzugehen, wieder mit den Beteiligten vor allen Dingen, wie du es ja auch mehrmals erwähnt hast?

Michael Meiss: Also schritt Nummer 1, ja, auch beim digitalen A3-Management, wenn ich nichts vorher habe, A3-Management, ist das Verständnis aufzubauen, ja. Erst kommt die strukturierte Vorgehensweise, ja, das kommt zuerst. Wenn das angekommen ist, und das ist jetzt nicht so, dass ich das jetzt ein Jahr lang laufenlassen muss, ja, sondern die Mitarbeiter, die müssen diese Struktur verstanden haben. Das kann auch eine Woche sein, bis sie es verstanden haben, zwei-, dreimal geübt, ja, bis man das kann. Und der nächste Schritt ist eigentlich zu überlegen, wollen wir uns ein Stück extra Software kaufen für das Thema, ja, oder wollen wir das mit vorhandenen Standard-Apps abbilden? Ich gucke ja bisschen im Markt, was es so gibt, ja, gibt eine wirklich schöne Anwendung, das ist überhaupt kein Problem, die heißt DigiLEAN, können wir gerne auch verlinken, die ist wirklich nicht schlecht. Und da hat sich jemand, ist ein Norweger, eine norwegische Firma, die haben sich da echte Gedanken gemacht und die haben ein Stück spezielle Software genau für das A3 aufgebaut, ja, sieht gut aus. Ja, Nachteil, wenn ich auf sowas gehe, ist halt, dass dann ganz schnell ich sehr viele solche Insel-Lösungen habe.

Götz Müller: Ja, die Insel-Lösungen ist, glaube ich, das ist genau das, was die allermeisten kennen, hier mal ein Excel, da mal ein Excel, weil das ERP-System zum Beispiel irgendwo ein Defizit hat.

Michael Meiss: Ja, genau. Das ist das Riesenproblem, wenn ich hier mal machen lasse, jeder guckt sich ein paar Apps an, was er so findet im Internet, ja, das explodiert mir. Ich hatte gerade diese Woche ein Gespräch mit einem Geschäftsführer, der das als eine seiner absoluten Hauptprobleme genannt hat, dass er wieder zurückschneiden muss. Das ist gar nichts gegen die Funktionalität von solchen Apps, die sind teilweise wirklich toll gemacht, aber es führt halt zu Wildwuchs, den man nicht mehr beherrschen kann. Also über diese Frage muss man sich wirklich Gedanken machen. Wenn dann die Entscheidung getroffen ist, in welche Richtung möchte ich gehen, muss ich natürlich die Lösung installieren. Ganz klar. Das ist im Prinzip, wenn ich die 365-Apps nutze, ja, in der Regel bereits geschehen, die sind ja installiert. Dann kommt im nächsten Schritt für mich, wenn ich jetzt in die Richtung 365-Apps gehe, sage ich mal der Aufbau der Listen, die dann notwendig sind, ja, und die Einstellungen, die getroffen werden müssen im Blender und so ein bisschen der Aufbau, da ist man, aus meiner Erfahrung heraus, mit zu anderthalb Tagen Aufwand kriegt man das eigentlich umgesetzt die Dinge. Der nächste Schritt ist dann, dass ich drei, vier Schulungsbeispiel für Mitarbeiter aufbauen muss, ja, und auf Basis mit diesen Schulungsbeispielen dann in die Schulung der Mitarbeiter gehe und ich behaupte einfach, die Schulung am Ende, um das digitale A3 zu bedienen, die ist irgendetwas zwischen zwei und vier Stunden. Also mehr ist es nicht. Wenn man die Struktur verstanden hat, ja, wenn jemand fragt, was ein Problem ist, dann dauert es natürlich deutlich länger. Aber das eigentliche Bedienen, wenn jemand die Struktur A3 verstanden hat, hier reden wir über zwei bis vier Stunden und was man noch immer anbieten sollte oder machen müsste, ist halt am Anfang eine Begleitung. Eine Möglichkeit, wo jemand eine schnelle Rückfrage stellen kann: Achtung an der Stelle hänge ich, helfen Sie mir bitte weiter. Ja, also Begleitung einfach bei Bedarf am Anfang.

Götz Müller: Ja, ja.

Michael Meiss: Für die Einführung.

Götz Müller: Um zu vermeiden, dass Dinge dann halt ja, im Grunde wieder einschlafen, weil jemand mit Kleinigkeiten vielleicht nicht zurechtkommt, es dann aussitzt und vielleicht dann am anderen Ende auch jemand ist, der sagt „ahhh“ und dann schläft es so sang- und klanglos ein.

Michael Meiss: Das ist das Thema, dass man einfach wegen Kleinigkeiten hängen bleibt. Ich bin wirklich ein Freund davon, relativ zügig anzufangen, ja, und begleitet den Start zu machen, ja, als am Anfang alles Mögliche zu schulen sehr, sehr lange, wo sowieso siebzig, achtzig Prozent ich am Ende nicht mehr brauche, ja, sondern eine schnelle Schulung, ein gutes Handbuch dabei und dann Begleitung am Anfang und dann kriegt man in der Regel solche Prozesse sauber auf die Schiene.

Götz Müller: Ja, das ist meiner Ansicht nach das A und O, auch eben, wie du es mehrfach gesagt hast, das Grundprinzip dahinter oder darunter zu erklären. Also, wenn wir wieder auf das WhatsApp-Thema gehen, dass WhatsApp halt einfach eine Möglichkeit ist, schnell mit jemandem zu kommunizieren, dass es aber nicht unbedingt das Beste ist, um große Diskussionen zu führen.

Michael Meiss: Genau. Das muss man halt verstanden haben. Ich vergleiche das gerne auch mit dem Thema, was ich ja wirklich lange geschult habe, Auftragsteuerung, Fertigungsauftragssteuerung. Wer die Fertigungsauftragssteuerung per se nicht verstanden hatte, der tut sich natürlich unendlich schwer, das in einem Stück Software abzubilden. Das ist nichts anderes, ja, also wer weiß, was er da tut oder eine Bestellanforderung ausfüllt, ja, wenn ich weiß, was eine Bestellung ist, dann tu ich mich viel leichter, die Bestellung am Ende in der Software abzubilden. Das ist immer dasselbe Problem.

Götz Müller: Ja, und es gilt, glaub ich, auch hier eben dieser etwas derbe Spruch mit dem digitalen Scheißprozess. Den kann ich auf alles anwenden.

Michael Meiss: Ja, der passt hier, der passt hier hundert Prozent, aber hundert Prozent. Wer wird das Grundthema nicht verstanden hat und nur, sage ich mal unstrukturiert, irgendwie an das Thema rangeht der wird das nicht beherrschen, das in ein Datenbankformat einzugeben. Wer das verstanden hat, ok, was ist mein Problem, was ist mein Zielzustand, ja, wer alles das verstanden hat, der findet sich auch, meine ich, sehr schnell zurecht in einer gut geführten Datenbanklösung. Nichts anderes ist das hier.

Götz Müller: Ja. Es bestätigt, das ist im Grunde auch Wasser auf meine Mühlen, das Problem sitzt meistens vor dem Bildschirm, und nicht dahinter.

Michael Meiss: Kann man so ausdrücken, aber ich würde einfach meinen, das Problem an der Stelle sitzt nicht unbedingt vor dem Bildschirm, ja, also sprich der Benutzer, sondern das Problem an der Stelle, warum tun sich viele schwer, ist einfach, dass der Prozess nicht gut erklärt ist, nicht sauber im Vorfeld strukturiert ist. Dort ist das eigentliche Problem. Wenn man den Prozess klar macht und in dem Sinne haben wir hier mit dem A3-Management das klassische Beispiel eines sauber strukturierten Prozesses, ja. Das ist ja an sich das Thema. Der Prozess ist klar strukturiert, ich muss ihn sauber abbilden in einer geführten Lösung, ja, nicht wo gar kein Bild möglich ist, im Sinne von Excel, ja, ich kann irgendwie Datumsfelder so als nächste Woche und sowas eingeben. Das muss sauber strukturiert sein und es muss gut begleitet sein. Dann funktioniert das, dann habe ich immer noch zwei, drei Mitarbeiter am Ende, die sich einfach ein bisschen verweigern, aber das ist in der Regel beherrschbar das Thema.

Götz Müller: Ja, und das hat mit Digitalisierung meiner Ansicht nach dann auch wieder gar nichts zu tun. Das habe ich fast in allen Dingen, wo halt irgendwas Neues passiert.

Michael Meiss: So ist das. Ein paar Verweigerer oder die einfach immer irgendeine Ausrede finden, die gibt es immer, aber ich sage mal die 80% der Mitarbeiter, die wollen, die fange ich hier ganz sauber ab. Da habe ich kein Problem, sehe ich kein Problem, hat sich bisher auch noch nie ein Problem ergeben.

Götz Müller: Gut. Prima. Michael, ich danke dir für deine Zeit. Das war wieder eine spannende Diskussion mit dir und ich habe so das Gefühl, das wird nicht unsere letzte Episode gewesen sein.

Michael Meiss: Ja, immer gerne, weil es tut sich zu dem Thema Digitalisierung wirklich viel, ja, aber ich muss es halt, ich muss es gut begleitet aufsetzen und da sind ganz viele Baustellen, die rund um das Thema Digitalisierung im Moment sich auftun.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Michael Meiss zum Thema Digitales A3-Management. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 272.

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Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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